Plaudern wir hier in der Plauderecke doch mal über das Vormundschaftsrecht im 16. Jahrhundert

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  • Rolf Stichling
    Erfahrener Benutzer
    • 21.06.2011
    • 791

    Plaudern wir hier in der Plauderecke doch mal über das Vormundschaftsrecht im 16. Jahrhundert

    Guten Abend zusammen,

    ich habe eine Reihe von alten Testamenten (natürlich nur in digitaler Kopie) ergattert und knoble daran rum.
    Bevor ich mich dem nächsten Testament zuwende, würde ich gerne noch die letzte offene Frage zu dem gerade transkribierten Testament lösen.

    Es geht um das Vormundschaftsrecht im 16. Jahrhundert.

    Nach meinem bisherigen Verständnis war damals der Vater der Herr im Haus (zumindest offiziell im Außenverhältnis - ob er zu Hause etwas zu sagen hatte, mag im Einzelfall unterschiedlich gewesen sein) und vertrat die Angelegenheiten seiner Kinder.
    Wenn der Vater starb, wurde den Kindern meist ein Vormund zugeteilt. Die Mutter wurde oft nicht als vertretungsberechtigt (-fähig) angesehen.

    Was aber, wenn die Mutter starb?
    Da der Vater die Kinder ohnehin vertrat, gab es nach meiner bisherigen Auffassung dann doch keine Notwendigkeit, den Kindern einen Vormund zu geben. Habe ich da recht?

    So, in dem Fall, der mit dem unten angefügten Testament geregelt werden sollte, kommt es offenbar zu einer "Protestation/Beschwerde" der Vormünder der Kinder gegen das Testament, das der Vater nach dem Tod der Mutter neu aufgestellt hatte.
    Wieso hatten die Kinder überhaupt einen Vormund?

    Quelle bzw. Art des Textes: Testament Jahr, aus dem der Text stammt: 1589 Ort und Gegend der Text-Herkunft: Erfurt Namen um die es sich handeln sollte: Stichling Und der letzte Teil: Auf der Vormünder aufsuchung und Bitten, und auch befehlich ? ? und ???? ????? dieses Nach Empfindt (?) ist diese ??????tliche


    Mich würde einfach mal interessieren, wie Ihr die Sache seht.




    Herzliche Grüße und viel Erfolg bei der Suche nach den Ahnen.

    Rolf Stichling

    PS. Ich suche die Herkunft von

    Tobias Stichling. Er erhielt als Gürtlermeister 1697 in Weimar das Bürgerrecht und stammt dem Bürgerbuch nach aus Erfurt.
    In Erfurt gibt es aber so viele Stichlinge! Von welchem Zweig der Stichlinge in Erfurt mag mein Tobias abstammen?
    1688 hat er seine Lehre als Gürtler in Erfurt beim Gürtlermeister Hucke begonnen. Jetzt suche ich die Eltern von Tobias.
  • Artsch
    Erfahrener Benutzer
    • 14.07.2013
    • 1933

    #2
    Hallo Rolf Stichling,

    vielleicht wurde im Ehevertrag dahingehend etwas vereinbart und damit die Kinder aus dieser Ehe abgesichert.

    Beste Grüße
    Artsch

    Kommentar

    • Rieke
      Erfahrener Benutzer
      • 13.02.2012
      • 1285

      #3
      Hallo Rolf Stichling,

      Vielleicht hilft dieser neuzeitliche Beitrag mit einem Absatz ueber die Entstehung des Vormundschaftsrechts auf S. 6 ff?

      Ich habe mal interessehalber ein bisschen 'gegockelt', aber habe nichts gefunden, wonach den Kindern eines Witwers Vormuender beigegeben werden muessen, es sei denn, die Kinder befanden sich nicht in 'vaeterlicher Gewalt'.

      Liebe Gruesse
      Rieke
      Meine Spitzenahnen....
      waren arm aber reinlich. Ihr Motto? Lieber leere Taschen als volle Hosen.

      Kommentar

      • AUK2013
        Erfahrener Benutzer
        • 21.05.2013
        • 901

        #4
        Hallo

        Da der Vater die Kinder ohnehin vertrat, gab es nach meiner bisherigen Auffassung dann doch keine Notwendigkeit, den Kindern einen Vormund zu geben. Habe ich da recht?
        Für die meisten Familien trifft dies sicherlich zu.
        Aber wenn das liebe Geld ins Spiel kommt...........

        Hatten die Kinder Vermögen und starb die Mutter, wurde dem Vater die Vormundschaft hinsichtlich des Vermögens übertragen.

        Heiratete der Vater zum zweiten mal, sollten die Kinder aus erster Ehe geschützt werden. Man entzog dem Vater die Vormundschaft und stellte sie unter gerichtliche Mitwirkung bzw. bestellte Vormünder aus der mütterlichen Verwandtschaft.

        Gruß

        Arno
        >>>>>>>>>>>>>>>>>>

        Liebe Grüße

        Arno

        Kommentar

        • Rolf Stichling
          Erfahrener Benutzer
          • 21.06.2011
          • 791

          #5
          Der Text sagt im Prinzip genau das was ich dachte:

          Kinder bekommen einen Vormund, wenn sie nicht unter der väterlichen Gewalt stehen.

          Wenn die Mutter gestorben ist, dann ist die väterliche Gewalt doch unverändert da.



          Da muß ich jetzt mal drüber schlafen.
          Zuletzt geändert von Rolf Stichling; 03.02.2016, 02:19.
          Herzliche Grüße und viel Erfolg bei der Suche nach den Ahnen.

          Rolf Stichling

          PS. Ich suche die Herkunft von

          Tobias Stichling. Er erhielt als Gürtlermeister 1697 in Weimar das Bürgerrecht und stammt dem Bürgerbuch nach aus Erfurt.
          In Erfurt gibt es aber so viele Stichlinge! Von welchem Zweig der Stichlinge in Erfurt mag mein Tobias abstammen?
          1688 hat er seine Lehre als Gürtler in Erfurt beim Gürtlermeister Hucke begonnen. Jetzt suche ich die Eltern von Tobias.

          Kommentar

          • Rolf Stichling
            Erfahrener Benutzer
            • 21.06.2011
            • 791

            #6
            Das hat sich überschnitten

            Zitat von AUK2013 Beitrag anzeigen
            Heiratete der Vater zum zweiten mal, sollten die Kinder aus erster Ehe geschützt werden. Man entzog dem Vater die Vormundschaft und stellte sie unter gerichtliche Mitwirkung bzw. bestellte Vormünder aus der mütterlichen Verwandtschaft.
            War das gängige Praxis? Habe ich noch nie gehört.

            Ahnenforschung bildet und man lernt jeden Tag dazu!

            Danke.
            Herzliche Grüße und viel Erfolg bei der Suche nach den Ahnen.

            Rolf Stichling

            PS. Ich suche die Herkunft von

            Tobias Stichling. Er erhielt als Gürtlermeister 1697 in Weimar das Bürgerrecht und stammt dem Bürgerbuch nach aus Erfurt.
            In Erfurt gibt es aber so viele Stichlinge! Von welchem Zweig der Stichlinge in Erfurt mag mein Tobias abstammen?
            1688 hat er seine Lehre als Gürtler in Erfurt beim Gürtlermeister Hucke begonnen. Jetzt suche ich die Eltern von Tobias.

            Kommentar

            • gki
              Erfahrener Benutzer
              • 18.01.2012
              • 4842

              #7
              Hallo Rolf,

              "Es geht um das Vormundschaftsrecht im 16. Jahrhundert. "

              Ich bezweifle, daß das damals im Gesamtforschungsgebiet der Mitglieder hier einheitlich geregelt war. Du solltest also angeben _wo_ es bei Dir diese Fälle gab.

              Ich kenne das aus dem 17./18. Jahrhundert in Niederbayern auch so, daß es auch beim Versterben der Mutter Vormünder gab, eben des Erbes wegen, wohl nicht wegen der eigentlichen Erziehung.
              Gruß
              gki

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              • Rieke
                Erfahrener Benutzer
                • 13.02.2012
                • 1285

                #8
                Zitat von Rolf Stichling Beitrag anzeigen

                Wenn die Mutter gestorben ist, dann ist die väterliche Gewalt doch unverändert da.
                Hallo Rolf Stichling,

                Nicht unbedingt. Die Kinder koennen ja auch ausser Hauses bei Verwandten untergebracht worden sein, weil der Vater ja sicherlich einem Erwerb nachgehen musste und anderes zu tun hatte, als nur Kinderfrau zu sein. Dann stuenden sie eben nicht mehr unter seiner vaeterlichen Gewalt.

                Liebe Gruesse
                Rieke
                Meine Spitzenahnen....
                waren arm aber reinlich. Ihr Motto? Lieber leere Taschen als volle Hosen.

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                • Alter Mansfelder
                  Super-Moderator
                  • 21.12.2013
                  • 4681

                  #9
                  Hallo zusammen,

                  auf dem Gebiet des Gemeinen Sachsenrechts (http://www.wissen.de/lexikon/gemeines-sachsenrecht; Geltungsbereich des Sachsenspiegels, also insbesondere Kursachsen und die unter seiner Oberlehnsherrschaft stehenden Länder) war der Vater das Oberhaupt der Familie. Seiner väterlichen Gewalt unterlagen die Kinder, die noch nicht „zu ihren Jahren gekommen“ waren; die Ehefrau stand unter ehelicher Vormundschaft.

                  Ein Vormund oder Kurator/ Tutor (http://drw-www.adw.uni-heidelberg.de...&index=lemmata) wurde von dritter Seite eingesetzt, wenn es innerhalb der Familie zu einem Interessenwiderstreit kommen konnte:

                  Waren im Rechtsstreit die Vermögensinteressen sowohl des Vaters als auch der Frau gegensätzlich betroffen, dann erhielt die Frau einen sog. kriegischen Vormund. Beispiel: Drohte dem Vater die Insolvenz und hatte die Frau ihre Ansprüche aus dem Ehevertrag (Morgengabe und Wiederlegung, Gerade an der Fahrhabe) noch nicht erhalten, dann bekam sie einen kriegischen Vormund, der ihre Interessen im Rechtsstreit wahrnahm.

                  Waren im Rechtsstreit die Vermögensinteressen sowohl des Vaters als auch der minderjährigen Kinder gegensätzlich betroffen, dann erhielten die Kinder einen Kurator. Beispiel: Beim Tod der Mutter (mit oder ohne Wiederverheiratung des Vaters) vertrat der Kurator die Kinder, um deren Interessen am mütterlichen Erbe (Mutterteil und -für die Mädchen- die Gerade) zu wahren.

                  Waren im Rechtsstreit die Vermögensinteressen sowohl der Witwe als auch der minderjährigen Kinder gegensätzlich betroffen, dann bekam die Frau einen kriegischen Vormund und die Kinder einen Kurator. Beispiel: Witwe und Stiefkinder stritten über die Anteile am väterlichen Vermögen.

                  Rechtsgrundlagen waren hier der Sachsenspiegel in glossierter Form (https://de.wikipedia.org/wiki/Sachsenspiegel; http://www.geschichtsquellen.de/repOpus_00720.html), die landesherrlichen Ordnungen, Mandate und Abschiede (z. B. Kursächsische Konstitutionen, http://www.wissen.de/lexikon/kursaec...konstitutionen), gegebenenfalls einzelne Stadtrechte und das örtliche Gewohnheitsrecht.

                  Rolf, ich hoffe, diese Erläuterungen helfen Dir ein bisschen.

                  Zitat von AUK2013 Beitrag anzeigen
                  Heiratete der Vater zum zweiten mal, sollten die Kinder aus erster Ehe geschützt werden. Man entzog dem Vater die Vormundschaft und stellte sie unter gerichtliche Mitwirkung bzw. bestellte Vormünder aus der mütterlichen Verwandtschaft.
                  Der letzte Satz dürfte in dieser Allgemeinheit nicht zutreffen. Es blieb bei der väterlichen Gewalt. Nur bei rechtlicher Auseinandersetzung kam ein Kurator ins Spiel.

                  Zitat von gki Beitrag anzeigen
                  Ich bezweifle, daß das damals im Gesamtforschungsgebiet der Mitglieder hier einheitlich geregelt war.
                  Nein, das war es gewiss nicht. Man darf allerdings nicht vergessen, dass im Alten Reich das Gemeine Recht galt (Corpus Iuris Civilis in glossierter Form, https://de.wikipedia.org/wiki/Gemeines_Recht; https://de.wikipedia.org/wiki/Corpus_iuris_civilis). Es wurde dann und nur insoweit verdrängt, als landesherrliche oder örtliche speziellere Regelungen vorhanden waren.

                  Es grüßt der Alte Mansfelder
                  Zuletzt geändert von Alter Mansfelder; 03.02.2016, 15:09.
                  Gesucht:
                  - Tote Punkte im Mansfelder Land, Harz und Umland
                  - Tote Punkte in Ostwestfalen
                  - Tote Punkte am Deister und Umland
                  - Tote Punkte im Altenburger Land und Umland
                  - Tote Punkte im Erzgebirge, Vogtland und Böhmen
                  - Tote Punkte in Oberlausitz und Senftenberg

                  Kommentar

                  • AUK2013
                    Erfahrener Benutzer
                    • 21.05.2013
                    • 901

                    #10
                    Der letzte Satz dürfte in dieser Allgemeinheit nicht zutreffen. Es blieb bei der väterlichen Gewalt. Nur bei rechtlicher Auseinandersetzung kam ein Kurator ins Spiel.
                    Hallo Alte Mansfelder.

                    von der väterlichen Gewalt habe ich nicht gesprochen.
                    Die Vormundschaft des Vaters betraf nur die Vermögensangelegenheiten der Kinder.

                    Viele Grüße

                    Arno
                    >>>>>>>>>>>>>>>>>>

                    Liebe Grüße

                    Arno

                    Kommentar

                    • Alter Mansfelder
                      Super-Moderator
                      • 21.12.2013
                      • 4681

                      #11
                      Hallo Arno,

                      Zitat von AUK2013 Beitrag anzeigen
                      von der väterlichen Gewalt habe ich nicht gesprochen.


                      das solltest Du aber, denn der Vater ist nicht Vormund seiner Kinder. Vormund/ Kurator im Rechtssinne können nur Dritte sein.

                      Der Kurator ist auf seinen Geschäftskreis beschränkt. Die väterliche Gewalt dagegen umfasst nicht allein die Vermögenssorge, sondern auch die Personensorge (im Grunde nicht anders als heute).

                      Es grüßt der Alte Mansfelder
                      Gesucht:
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