Ur-Opa, unschuldig im NKWD-Speziallager?

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  • Kaputznick
    Benutzer
    • 01.09.2010
    • 86

    Ur-Opa, unschuldig im NKWD-Speziallager?

    Hallo und einen lieben Gruß an alle Familienforschungsinteressierten.
    Als erstes; ich weiß nicht genau in welches Forum ich mit meiner Frage gehöre, habe nichts passendes gefunden, deshalb schreibe ich erst einmal in dieses allgemeine Forum.
    Meine Oma erzählte mir vor kurzem etwas über Ihren Vater( Ernst Schmengler), was für mich etwas verstörend war. Er hat während des zweiten Weltkriegs in seinem Viertel in Magdeburg, Spenden für die NS-"Wohlfahrt" gesammelt. Somit war er wohl auch Mitglied der NSDAP. Nach dem Krieg wurde er dann denunziert. Auf einen Brief hin, in dem nur die Anschrift stimmte; weder Vorname noch Geburtsdatum, wurde er bei der Polizei vorgeladen. Da er sich nichts vor zu werfen hatte ging er hin. Kurze Zeit später wurde er wie man heute weiß, ins NKWD-Speziallager 1 nach Mühlberg gebracht. Er starb dort im Jahr 1947, was meiner Oma erst Mitte der 70er Jahre durch einen BRD-Suchdienst bestätigt wurde.
    Ich weiß, lange Einleitung aber nun meine Fragen: hat das damals gereicht um ihn dort ein zu sperren? Meine Oma sagt, er war unschuldig. Ich will das natürlich glauben; aber was wenn nicht? Gibt es heute noch Unterlagen, vielleicht von der Magdeburger Polizei oder dem sowjetischen Millitär, in dem ich mehr über die "Anklagepunkte" gegen meinen Ur-Opa finden könnte?
  • Brigitte Bernstein
    Erfahrener Benutzer
    • 02.08.2010
    • 590

    #2
    Hallo Kaputznick!
    Ich glaube kaum das Du da noch Unterlagen findest. Seit Jahren versuche ich heraus zu finden was mit meinem Großonkel geschehen ist. Er soll nach dem Krieg hingerichtet worden sein. Ich habe sogar den Kirchlichen Suchdienst eingeschaltet, aber weder die Archive von Trautenau und Zamrsk noch Troppau wo er im Krieg stationiert war haben Unterlagen. Überall gillt er nur als vermisst. Ich werde wol aufgeben müssen
    Grüße Brigitte
    Suche im Raum Trautenau, Parschnitz, Alt Rognitz, Deutsch Prausnitz, Bausnitz und Lampersdorf. Meine Namen Rasch, Staude, Reichelt, Letzel,

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    • gki
      Erfahrener Benutzer
      • 18.01.2012
      • 4840

      #3
      Hallo Kaputznick,

      ich empfehle den Archipel Gulag als Lektüre. Danach weißt Du wie die Stalinisten tickten. Mit anderen Worten: Ich halte es durchaus für möglich, daß jemand unschuldig in so ein Lager kam.

      Eine andere Frage ist, wie unschuldig ein NSdAP-Mitglied war oder sein konnte.

      Die Mitgliederkartei der Partei ist weitgehend erhalten und Du könntest dort wohl weitere Informationen erhalten.
      Gruß
      gki

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      • Henry Jones
        Erfahrener Benutzer
        • 31.12.2008
        • 1417

        #4
        Hallo,

        ich glaube da wurden sehr oft auch Personen aus reiner Willkür eingesperrt, Siegermacht halt. Die haben auch Jugendliche usw. nach Kriegsende nach Russland verschleppt, wo sie wie Kriegsgefangene arbeiten mussten. Anklagen wurde einfach erfunden und irgendwelche (drastischen) Urteile erwirkt, leider!

        Aber in deinem Fall empfehle ich dir eine (neue) Anfrage beim DRK-Suchdienst in München (https://www.drk-suchdienst.de/de/node/36). Dort sind die auch die Gefangenenakten zu den Speziallagern mittlerweile archiviert. Entsprechend könnte über deinen Uropa auch dort etwas vorliegen.

        Alternativ bleibt sicherlich der Weg über das russische Militärarchiv (RGWA). Ansonsten kann auch die Dokumentationsstelle weiterhelfen. http://www.dokst.de/main/content/aus...te/internierte

        Für Zivilinternierte gibt es leider keine Rehabilitierung. Aber vielleicht kann da die Dokumentationsstelle weiterhelfen, die bearbeiten solche Fälle (http://www.konsularinfo.diplo.de/Ver...gstellung.html)

        Gruß Alex
        Mitglied im Verein zur Klärung von Schicksalen Vermisster & Gefallener (VKSVG e.V.)
        www.vermisst-gefallen.net (Homepage)
        www.vksvg.de (Forum)

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        • Kaputznick
          Benutzer
          • 01.09.2010
          • 86

          #5
          Vielen Dank für die verschiedenen Links, ich werde gleich mal sehen ob es dort etwas zu finden gibt.

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          • GunterN
            Erfahrener Benutzer
            • 01.05.2008
            • 7960

            #6
            Hallo zusammen,

            hier noch etwas Ergänzungsmaterial:





            Gruß - GunterN
            Meine Ahnen
            _________________________________________

            Kommentar

            • Saure
              Erfahrener Benutzer
              • 27.03.2008
              • 4806

              #7
              Hallo Themenstarter / Themenstarterin,

              können Sie uns bitte noch das Geburtsdatum und den Geburtsort Ihres Ur-Großvaters mitteilen.

              Hatte Ihr Ur-Großvater Ernst Schmengler einen Bruder, der im Krieg gefallen ist ?

              Ich lese gerade in dem Buch
              Klaus Mittermaier
              Vermißt wird ...
              Die Arbeit des deutschen Suchdienstes

              '... Erst 1992 erhielt der Suchdienst direkten Zugang zu den NKWD-Akten, die sich im Staatsarchiv der Russischen Föderration befinden: ...'

              Dieses Buch können Sie sich auch über die Fernleihe besorgen.
              In diesem Buch finden Sie mehrere Seiten zum Thema 'Verschollen in NKWD-Speziallagern'
              Zuletzt geändert von Saure; 06.02.2013, 19:45.
              Viele Grüße
              Dieter Saure

              Jeder Mensch hat etwas, was ihn antreibt.
              Manchmal findet man, was man sucht. Nicht immer sucht man das, was man findet.
              Ab und zu findet man etwas, was man überhaupt nicht gesucht hat, und stellt dann fest, dass es genau das war, was einem gefehlt hat.
              Alle sagten immer, das geht nicht, dann kam jemand, der das nicht wusste, und hat es einfach gemacht.

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              • Kaputznick
                Benutzer
                • 01.09.2010
                • 86

                #8
                Hallo,
                das Geburtsdatum war der 09.02.1896. Der Geburtsort war Gera. Einen Bruder gab es nicht.

                Lieben Gruß Kaputznick.

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                • Saure
                  Erfahrener Benutzer
                  • 27.03.2008
                  • 4806

                  #9
                  Hallo Themenstarter / Themenstarterin,

                  da Sie schreiben:
                  'Kurze Zeit später wurde er wie man heute weiß, ins NKWD-Speziallager 1 nach Mühlberg gebracht. Er starb dort im Jahr 1947, was meiner Oma erst Mitte der 70er Jahre durch einen BRD-Suchdienst bestätigt wurde.',
                  würde mich einmal die Original-Sterbeurkunde und das Schreiben, mit dem die Beurkundung des Todes beantragt wurde, interessieren.

                  Nur zur Info:
                  Ernst Schmengler, geb. am 09.02.1896 in Gera, gest. am ...1947 in Mühlberg

                  Der Gesuchte hatte keinen Bruder.
                  Zuletzt geändert von Saure; 08.02.2013, 10:43.
                  Viele Grüße
                  Dieter Saure

                  Jeder Mensch hat etwas, was ihn antreibt.
                  Manchmal findet man, was man sucht. Nicht immer sucht man das, was man findet.
                  Ab und zu findet man etwas, was man überhaupt nicht gesucht hat, und stellt dann fest, dass es genau das war, was einem gefehlt hat.
                  Alle sagten immer, das geht nicht, dann kam jemand, der das nicht wusste, und hat es einfach gemacht.

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                  • Henry Jones
                    Erfahrener Benutzer
                    • 31.12.2008
                    • 1417

                    #10
                    Hallo,

                    in der Liste der verstorbenen NKWD-Speziallagerhäftlinge im Buch "Ich hab dich so gesucht..." mit ca. 40.000 Einträgen scheint kein Eintrag zu Ernst Schmengler, * 09.02.1896 auf. Die Liste ist aber nicht komplett vollständig.
                    Aber ich gehe stark davon aus, dass der Suchdienst Unterlagen hat, insbesondere wenn es in den 70er Jahren eine Benachrichtigung zum Tod gab.

                    Gruß Alex
                    Mitglied im Verein zur Klärung von Schicksalen Vermisster & Gefallener (VKSVG e.V.)
                    www.vermisst-gefallen.net (Homepage)
                    www.vksvg.de (Forum)

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                    • Saure
                      Erfahrener Benutzer
                      • 27.03.2008
                      • 4806

                      #11
                      Hallo Alex,

                      Ihre Aussage:
                      'Aber ich gehe stark davon aus, dass der Suchdienst Unterlagen hat, insbesondere wenn es in den 70er Jahren eine Benachrichtigung zum Tod gab.',


                      deckt sich mit der oben gemachten Aussage:
                      'Er starb dort im Jahr 1947, was meiner Oma erst Mitte der 70er Jahre durch einen BRD-Suchdienst bestätigt wurde.'

                      ich nehme an, BRD-Suchdienst sollte DRK-Suchdienst heißen.
                      Viele Grüße
                      Dieter Saure

                      Jeder Mensch hat etwas, was ihn antreibt.
                      Manchmal findet man, was man sucht. Nicht immer sucht man das, was man findet.
                      Ab und zu findet man etwas, was man überhaupt nicht gesucht hat, und stellt dann fest, dass es genau das war, was einem gefehlt hat.
                      Alle sagten immer, das geht nicht, dann kam jemand, der das nicht wusste, und hat es einfach gemacht.

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                      • Kaputznick
                        Benutzer
                        • 01.09.2010
                        • 86

                        #12
                        Hallo Alex und Saure,
                        ich will hier noch einmal kurz etwas ergänzen, bevor es zu Mißverständnissen kommt. Ernst Schmengler begab sich im August 1945, auf Grund einer Anordnung(Vorladung) hin, zur Polizei. Er sollte wie es hieß mehrere Tage zum Arbeitseinsatz. Das war aber nur ein Vorwandt. Man beschuldigte ihn Blockleiter mit politischen Aufgaben in der NSDAP gewesen zu sein. Er war aber Blockwalter bei der NS-Volkswohlfahrt, betraut mit Spendensammlungen. Meine Ur-Oma hatte noch bis Ende Oktober 1945 mit ihm Kontakt, als er im Gefängnis in Magdeburg saß. Danach nicht mehr. Niemehr. Nach Anwendung eines damals gültigen Gesetzes, wurde er nach einer fünf-jährigen Frist nach dem letzten Kontakt zum 31.12.1950 für tot erklärt. Mitte der 70er Jahre stellte meine Ur-Oma wohl einen Suchantrag nach ihm. Ein genaues Datum konnte ich dafür nicht finden. Auslöser war wohl ein ehemaliger Mitgefangener aus dem Lager Mühlberg der sich bei meiner Ur-Oma meldete und "inoffiziell" über sein Versterben berichtete. Nur ein Antwortschreiben vom DRK ist erhalten geblieben. Dort wurde wie bereits geschrieben, nur kurz der Tod bestätigt. Nach 1990 war ein Antrag auf Rehabilitierung erfolgreich. Es wurde "sogar" eine Entschädigung gezahlt. Ganze 2000 DM war das Leben meines Ur-Opas wert. Das finde ich zynisch. Aber egal.

                        Wie immer mit freundlichen Grüßen Kaputznick.

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                        • gki
                          Erfahrener Benutzer
                          • 18.01.2012
                          • 4840

                          #13
                          Hallo,

                          hier mal ein Link zu den Spendensammelaktivitäten des Winterhilfswerks der Nazis:



                          Ganz so harmlos war das ganze nicht. Meine Großmutter weigerte sich, bei irgendeiner Spende was zu geben, es ging um Wollsachen. Mein Großvater mußte darauf den Verwendungszweck jedes im Haushalt vorhandenen Wollkleidungsstücks schriftlich begründen. Der mehrseitige Brief ist noch (wohl in Kopie) erhalten.
                          Zuletzt geändert von gki; 11.02.2013, 13:10. Grund: Tippfehler
                          Gruß
                          gki

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                          • Saure
                            Erfahrener Benutzer
                            • 27.03.2008
                            • 4806

                            #14
                            Hallo Themenstarter,

                            Sie schreiben oben:
                            'Mitte der 70er Jahre stellte meine Ur-Oma wohl einen Suchantrag nach ihm.'

                            Können Sie vielleicht herausbekommen, bei welcher Organisation Ihre Ur-Oma den Suchantrag damal gestellt hat.
                            Beim DRK der DDR ?
                            Beim DRK-Suchdienst in München ?
                            Beim Volksbund ?
                            Bei der WASt ?
                            Beim Kirchlichen Suchdienst ?
                            usw.

                            Weiter schreiben Sie oben:
                            'Nach Anwendung eines damals gültigen Gesetzes, wurde er nach einer fünf-jährigen Frist nach dem letzten Kontakt zum 31.12.1950 für tot erklärt.'
                            Ist es Ihnen möglich den 'Antrag auf Todeserklärung' und den 'Beschluß' zu besorgen ?

                            Natürlich interessiert mich auch 'Nur ein Antwortschreiben vom DRK ist erhalten geblieben.'.
                            ist es Ihnen möglich, dieses Schreiben hier einzustellen ?

                            Wie ich ja oben schon erwähnt habe, hier ein Buch für ein bißchen Hintergrundwissen:
                            Das Lager Mühlberg wurde mit Beginn des Zweiten Weltkriegs am Ostufer der Elbe zwischen Riesa und Torgau eingerichtet. Zehntausende von Kriegsgefangenen aller Nationalitäten waren hier bis Kriegsende interniert, meist wurden sie in Arbeitskommandos eingesetzt. Nach der Befreiung des Lagers durch die Rote Armee übernahm der sowjetische Geheimdienst NKWD das Kommando. Er nutzte Mühlberg als Isolierungslager für tatsächliche oder vermeintliche Funktionäre des Dritten Reiches, für Kriegsgefangene und Zivilisationen, von denen eine Vielzahl zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion verschickt wurden. Aufgrund der katastrophalen hygienischen Verhältnisse starben Tausende von Insassen, ehe das Lager 1948 aufgelöst wurde. Bis zum Ende der DDR wurde seine Existenz streng geheim gehalten. Hier wird erstmals eine Gesamtgeschichte des Lagers Mühlberg vorgelegt, die das Leben in der Barackenstadt und Funktionieren seiner Administration in zwei Diktaturen nachzeichnet.
                            Zuletzt geändert von Saure; 09.02.2013, 11:46.
                            Viele Grüße
                            Dieter Saure

                            Jeder Mensch hat etwas, was ihn antreibt.
                            Manchmal findet man, was man sucht. Nicht immer sucht man das, was man findet.
                            Ab und zu findet man etwas, was man überhaupt nicht gesucht hat, und stellt dann fest, dass es genau das war, was einem gefehlt hat.
                            Alle sagten immer, das geht nicht, dann kam jemand, der das nicht wusste, und hat es einfach gemacht.

                            Kommentar

                            • Kaputznick
                              Benutzer
                              • 01.09.2010
                              • 86

                              #15
                              Hallo Herr Saure,
                              also zum Thema Suchdienst kann ich sagen, dass die erste Anfrage an den kirchlichen Suchdienst gegangen ist. Danach ist dann auch der DRK-Suchdienst München beauftragt. Ob der kirchliche Suchdienst die Suche an das DRK weiter gab oder ob meine Ur-Oma auch dort einen seperaten Antrag stellte, kann ich aus den Unterlagen leider nicht erlesen.
                              Sie scheinen mit dem Thema gut vertraut zu sein. Wenn Sie mir die Frage erlauben: Sind Sie auch persönlich betroffen oder einfach nur sehr gut geschichtlich belesen?

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