Vertrauenswürdigkeit der Angaben im DGB

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  • Melanie_Berlin
    Erfahrener Benutzer
    • 31.12.2007
    • 1300

    Vertrauenswürdigkeit der Angaben im DGB

    Hallo,

    Ich habe mir heute eine mehrseitige Ahnentafel aus Band 169 des Deutschen Geschlechterbuches kopiert. Der Verfasser ist mittlerweile verstorben, das Buch erschien schon 1975. Orte des Geschehens: heutiges Sachsen und Sachsen-Anhalt (überwiegend), heutiges Bayern. Zeit: 1820er bis zurück ins 14. Jahrhundert (und angeblich noch mehr, was dann im Stadtarchiv Schweinfurt hinterlegt wurde).

    Natürlich freue ich mich über die Daten, aber es kommen gleichzeitig auch Fragen auf, was die Glaubwürdigkeit der Angaben betrifft. Ich gehe nicht davon aus, dass irgendjemand die Daten überprüft hat, bevor das Buch gedruckt wurde. Also muss ich mich jetzt darauf verlassen, dass alles stimmt?

    Geburtsdaten werden teilweise nur errechnet wiedergegeben und trotzdem springt der Autor dann eine Generation weiter. Wie denn? Wenn er die Taufe nicht nachweisen konnte, weiß er doch nicht mit Sicherheit die Eltern. Es sind manchmal die Hochzeits- und Sterbedaten angegeben und ich hoffe schon fast, dass der Autor daraus die Eltern entnommen hat. Bloß bei einer Hochzeit 1774 wurden doch eigentlich noch keine Eltern des Paares erwähnt (jedenfalls ist mir das zu der Zeit nie untergekommen).

    Auch gibt es "Ortssprünge", die ich so nicht nachvollziehen kann. Z.B. gab es eine Sophia Charitas Hilliger, wo nur das Sterbedatum bekannt war und über das Alter ihr Geburtsjahr berechnet wurde. In den Kirchenbüchern des Sterbeorts wurde aber nichts zur Taufe gefunden. Es soll dann ein Verwandter des Autors den Tipp gegeben haben, in Freiberg zu suchen, wo es die berühmte Glockengießerfamilie Hilliger gab. Und da wurde in einem Bericht einer Fachzeitschrift eine Sophia Charitas Hilliger erwähnt, die 1717 geboren wurde, was auch zu dem errechneten Jahr passt. Und nur weil das Jahr stimmt und auch die Namen (auch wenn Charitas selten ist...), nimmt der Autor an, dass das "die" Sophia Charitas Hilliger sein muss?

    Mit der Erforschung seiner Familie hat sich der Autor schon seit den 20er/30er Jahren beschäftigt und als Quellen sind nur ganz allgemein Bibliotheken, Archive, Kirchenbücher etc. angegeben. Fünf Jahre vor Erscheinen des Bandes hatte ein Verwandter von ihm auch eine Familiengeschichte herausgebracht (habe ich auch vorliegen). Dort sind die Vorfahren allerdings nicht sonderlich umfangreich behandelt (halbe Seite). Anfang der 80er Jahre brachte dann ein weiterer Verwandter eine Nachkommenliste heraus (habe ich auch vorliegen). Und alle scheinen sich auf die gleichen Angaben zu stützen, ohne die genaue Quelle anzugegeben.

    Was mache ich denn jetzt? Alle Daten überprüfen? Das würde ja ewig dauern und sicherlich auch nicht so einfach sein, wenn es um die Zeit vor dem 30jährigen Krieg geht. Übernehme ich die Daten in meinen Stammbaum ohne sie zu prüfen, aber mit dem Vermerk, woher ich diese Informationen habe, d.h. ich mache meine Sekundärquelle zur Primärquelle?

    Ich bin etwas verwirrt. Danke für eure Inputs.
    Viele Grüße,
    Melanie
  • gustl
    Erfahrener Benutzer
    • 25.08.2010
    • 676

    #2
    Liebe Melanie,

    vor mir liegt ein Sonderdruck aus "Deutsche Ahnen in Listenform" ... herausgegeben und verlegt von der Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte in Leipzig von 1927. Was Dir vorliegt, sind, nehme ich an, die Veröffentlichungen des Starke Verlages. Korrigiere mich bitte, wenn ich falsch liege.

    Frage doch bitte bei diesem Verlag an (es kann auch Degener sein, Du wirst es ja wissen), ob dort noch ein Exemplar der ersten Veröffentlichung liegt oder ob sie wissen, wann Deine Ahnenliste zum ersten Mal veröffentlicht wurde.

    Unser privates Familienarchiv umfasst 140 Akten, in denen sich Stammbäume und zu denen die Quellenangaben befinden, wenn die Daten vom Begründer des Archivs selbst gesammelt wurden sowie die gesamte Korrespondenz. Ihm sind aber auch Stammbäume zugeschickt worden, die sich ähnlich gestalten wie das, was Dir vorliegt. Da wird dann von drei möglichen, aber nicht nachgewiesenen Vorfahren der genommen, der dann zu Goethe führt und von dort geht es schnurstracks zu Karl dem Großen.

    Es wurde und wird allerlei Schindluder getrieben. Ich habe auch schon bei einem Forscher unsere Vorfahren entdeckt, aber dort, wo wir einen berühmten Namen haben, hat er den, der den Namen berühmt gemacht hat, während bei uns der weniger berühmte Bruder als direkter Vorfahre vorkommt. Dieser Forscher bezieht sich auf eine Veröffentlichung, die 1937 erschienen sein soll, dann aber nie von unserer Familie autorisiert worden ist. Das wüsste ich. Die Forschung wurde bis 1977 fortgeführt, ergänzt, berichtigt, vervollständigt, erweitert, aber das berührt die veröffentlichte Liste der direkten Vorfahren nur insofern, als dem Verfasser ein Archiv zugänglich wurde, dass ihn seine Vorfahren, die bis 1348 mit allen Quellen nachgewiesen sind, wahrscheinlich aber nicht nachweisbar bis zum Jahr 1024 zurückverfolgen lässt. Genau wegen des Satzes "nicht nachweisbar" hätte er das nie veröffentlicht. Es steht nur in den Akten, er hat sich allerdings mit anderen ausgetauscht darüber, Korrespondenz ist vorhanden. Sonst wüsste ich auch das nicht.

    Was also tun? Wenn die ursprünglich eingereichte Liste identisch ist mit der, die Du gefunden hast, dann bleibt Dir tatsächlich nichts anderes übrig, als allen Widersprüchen nachzugehen.

    Was im übrigen die Angabe der Quellen betrifft, so hat sich unser Autor auch mit den ganz allgemeinen Angaben begnügt. Aber wie gesagt: die genauen Quellenangaben sind vorhanden.

    Um Dich aber nicht vollends zu entmutigen: Auch unser Forscher lebte und forschte in Sachsen-Anhalt und hier im Forum gibt es etliche aus dem Land der Frühaufsteher, die sich bestens auskennen.

    Liebe Grüße
    Cornelia

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    • Alex71
      Erfahrener Benutzer
      • 18.04.2007
      • 592

      #3
      Hallo Melanie,

      manche Forscher arbeiten mit Wahrscheinlichkeiten an den Stellen, wo eindeutige Belege fehlen. Wenn ein seltener Name wie "Charitas" an zwei unterschiedlichen Stellen auftaucht und die Zeitangaben dazu nicht im Widerspruch stehen, kann mit ziemlich großer Sicherheit davon ausgegangen werden, dass es sich um dieselbe Person handelt. Eine gewisse Irrtumswahrscheinlichkeit bleibt natürlich immer bestehen. Trotzdem werden die Daten bis zum Beweis des Gegenteils übernommen. Das kann man so machen, wenn man es entsprechend kennzeichnet. Seit Popper wissen wir, dass nicht die Ansammlung wahren Wissens der Motor jeglichen Erkenntniszuwachses ist, sondern die systematische Eliminierung von falschen Aussagen durch empirische Falsifikation. Eine Hypothese bleibt so lange bestehen, bis sie logisch widerlegt wird.

      Wenn es ein seriöser Beitrag in dem DGB ist, hat der Autor seine Quellen angegeben. Ich schließe mich der Meinung von UnFassbar an. Die dubiosen Daten sollten nachgeprüft werden. Du kannst ja zunächst die Angaben aus dem DGB übernehmen, aber natürlich immer mit Quellenangabe. Ich sehe nichts Verwerfliches daran, Sekundärquellen in die eigene Arbeit miteinzubeziehen - vorausgesetzt wie gesagt, diese sind von Dritten als solche identifizierbar und werden später sukzessive durch Primärquellen unterfüttert.

      Viele Grüße
      Alexander

      Herkunft meiner Ahnen bei Google Maps

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      • Melanie_Berlin
        Erfahrener Benutzer
        • 31.12.2007
        • 1300

        #4
        Zitat von Alex71 Beitrag anzeigen
        Wenn es ein seriöser Beitrag in dem DGB ist, hat der Autor seine Quellen angegeben. Ich schließe mich der Meinung von UnFassbar an. Die dubiosen Daten sollten nachgeprüft werden. Du kannst ja zunächst die Angaben aus dem DGB übernehmen, aber natürlich immer mit Quellenangabe. Ich sehe nichts Verwerfliches daran, Sekundärquellen in die eigene Arbeit miteinzubeziehen - vorausgesetzt wie gesagt, diese sind von Dritten als solche identifizierbar und werden später sukzessive durch Primärquellen unterfüttert.

        Viele Grüße
        Alexander
        Guten Morgen Alexander,

        Ich habe ja jetzt eine Nacht drüber geschlafen und bin zum selben Schluss gekommen, denn du hier vorschlägst. Grundsätzlich kann ich die Daten ersteinmal übernehmen, aber immer mit dem Hinweis auf meine Quelle (DGB Band 169) und auch mit dem Vermerk, dass dies oder jenes noch nachgewiesen werden muss, sofern es möglich ist.

        Ich denke schon, dass es sich um einen vertrauenswürdigen Autor handelt. Er hatte sich mit der Herkunft des Dichters Friedrich Rückert beschäftigt und sehr viel im Laufe seines Lebens zusammengetragen und alles dem Stadtarchiv Schweinfurt übergeben. Ich habe denen bereits eine E-Mail geschrieben und sobald ich eine Antwort habe, kann ich dort auch noch einmal anfragen, ob eventuell alle Aufzeichnungen, die letztlich zur Ausgabe des DGB führten, dort im Original vorliegen (d.h. sämtliche Notizen und Quellen). Falls dem so ist, werde ich wohl mal einen Urlaub in Schweinfurt machen und mich intensiv mit dieser Linie beschäftigen.
        Viele Grüße,
        Melanie

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        • Melanie_Berlin
          Erfahrener Benutzer
          • 31.12.2007
          • 1300

          #5
          Ich danke nochmal allen, die mir hier antworteten. Anscheinend ist es wohl gar nicht so falsch, auch kritisch an solche Veröffentlichungen heranzugehen. Schade, dass der Autor nicht mehr lebt, sonst könnten meine Zweifel sicher schnell beseitigt werden.

          Momentan habe ich etliche genealogische Baustellen, in den nächsten zwei Wochen stehen einige Termine in Archiven in Schwerin und Berlin an. Ich muss mich erst einmal sortieren und eins nach dem anderen machen. Gut, dass ich die Bücher hier habe, somit weiß ich immer, dass es da noch viel zu tun gibt. Bis dahin kann ich ja erst einmal die Unmengen online QUellen sichten, die es zu den einzelnen Familien gibt. Vielleicht lassen sich auch so schon einige Zweifel klären.

          Ich denke, der größte Auslöser für meine Zweifel ist der Sprung zu bedeutenden Familien. Jeder Hobbyforscher sucht anfangs nach den "Großen und Wichtigen", dem von Verwandten überlieferten verarmten Adel, dem verlorenen Titel, dem versoffenen Schloss (alles sehr überspitzt, aber ich denke, ihr versteht mich). Und wenn dann tatsächlich auf einmal Personen genannt werden, die z.B. Bürgermeister von Leipzig waren, oder jede Menge Ratsmänner, dann die berühmten Glockengießer und dann auch noch ein adeliges Rittergeschlecht... irgendwie ist das zu schön, um wahr zu sein.
          Viele Grüße,
          Melanie

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          • gustl
            Erfahrener Benutzer
            • 25.08.2010
            • 676

            #6
            Hallo an Alex71,

            für Geschichtswissenschaften gilt das, was Du geschrieben hast, nicht. Geschichtswissenschaftler leben von Quellen und die Suche nach ihnen ist eines ihrer Hauptbeschäftigungsgebiete. Ohne Quellen kann, das ist ja logisch in diesem Fach, nichts bewiesen werden.

            Was Deinen vermeintlich seltenen Vornamen betrifft: Charitas war zu gewissen Zeiten ein Modename.

            Nimm an, eine von drei Schwestern hieß Charitas. Sie hatte in gesicherte finanzielle Verhältnisse geheiratet und stand bei den Mädchen ihrer Schwestern, die im selben Jahr geboren wurden, Patin. Die Schwestern lebten in nicht ganz so günstigen Verhältnissen, also gab Schwester Charitas einen Dukaten als Patengeschenk. Zum Dank dafür nannten die Schwestern ihre Töchter ebenfalls Charitas. Und schon brauchst du genaue Quellen, um die Mädchen zuordnen zu können. Cp klappt hier nicht.

            Ich habe, trotz der schon vorher erwähnten genauen Quellenlage, Mühe, die vier gleichzeitigen Moritze aus zwei eng verwandten Familien auseinanderzuhalten und nicht versehentlich dem einen den Lebenslauf des anderen anzudichten. Was der Heimatzeitug gelegentlich passiert ist und jedesmal zu empörten Leserbriefen der betroffenen Angehörigen führte.

            In diesem Sinn fröhliches weiterforschen
            Cornelia

            Kommentar

            • Alex71
              Erfahrener Benutzer
              • 18.04.2007
              • 592

              #7
              Hallo Cornelia,

              Zitat von gustl Beitrag anzeigen
              für Geschichtswissenschaften gilt das, was Du geschrieben hast, nicht. Geschichtswissenschaftler leben von Quellen und die Suche nach ihnen ist eines ihrer Hauptbeschäftigungsgebiete. Ohne Quellen kann, das ist ja logisch in diesem Fach, nichts bewiesen werden.
              genau! Das steht doch gar nicht im Widerspruch zu dem, was ich geschrieben habe: Eine Hypothese bleibt so lange bestehen, bis sie logisch widerlegt wird. Und diese Widerlegung erfolgt im Falle der Geschichtswissenschaft eben durch historische Quellen.
              Aber solche Quellen müssen einerseits erst einmal gefunden werden und bedürfen andererseits immer der Interpretation. Interpretationen sind halt Auslegungssache. Auch der Verfasser der Ahnentafel im DGB 169 hatte sicher mehrere Quellen, auf die er sich berief. Er interpretierte sie auf eine Weise, die Melanie offenbar nicht überzeugt. Nun liegt es an ihr, selbst auf Quellensuche zu gehen, um zu neuen Interpretationen und Erkenntnissen zu gelangen.

              Ach so, das sollte der Vollständigkeit halber vielleicht auch noch erwähnt werden: Auch Quellen können Fehler enthalten. Das tun sie sogar in großer Zahl, wie ich anhand von Kirchenbüchern leidvoll feststellen musste, und dabei beziehe ich mich nicht bloß auf falsche Geburtsdaten, sondern auf totale Namensirrtümer. Die Beweiskraft einer einzelnen Quelle ist somit als eher begrenzt zu betrachten. Wie gesagt, eine gewisse Irrtumswahrscheinlichkeit muss immer mit einkalkuliert werden. Deshalb ist die Quellenangabe ja auch so wichtig.

              Viele Grüße
              Alexander

              Herkunft meiner Ahnen bei Google Maps

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              • gustl
                Erfahrener Benutzer
                • 25.08.2010
                • 676

                #8
                Hallo Alexander,

                wenn ich Deinen Ausführungen folge, dann ist folgender hypthetischer Fall also möglich.

                Angenommen, ich heiße Meier und betreibe ein wenig Ahnenforschung. Irgendwer hat mir mal erzählt, wir seien eigentlich verarmter Adel. Aha, denke ich, was für eine interessante Hypothese. Ich blättere also in den genealogischen Handbüchern, finde dort eine interessante Familie, die räumlich gar nicht so weit weg ist von meiner Ursprungsfamilie, sagen wir mal nur so 200 bis 300 km Luftlinie. Diese Familie führt ein schönes Wappen, das gefällt mir. Da ich nun von der Hypothese ausgehe, dass dies die adelige Familie ist, zu der wir gehören, beschließe ich, bis zum Beweis des Gegenteils, dieses Wappen auch zu führen und lasse es auf meine Visitenkarten drucken. Zwar schreibt sich die wappenführende Familie etwas anders, sagen wir mal Moiré, aber das kennen wir ja: die Pfarrer haben ja so oft Mist gebaut bis hin zu totalen Namensirrtümern. Und tatsächlich. An einem schönen Sommertag fahre ich mal in den Ort, in dem die Familie Moiré ansässig war. Meiner Hypothese zufolge könnte Gottfried Leberecht Meier aus diesem Ort stammen, denn aus dem Kirchenbuch an meinem Heimatort ist sein Geburtsort nicht ersichtlich. Und tatsächlich, ich finde jemanden, der an demselben Tag wie Gottfried Leberecht geboren wurde. Heureka! Er heißt zwar ganz anders, aber da muss der Pfarrer einem totalen Namensirrtum erlegen sein, widerlegt ist meine Hypothese deswegen noch lange nicht.

                Ich sage Dir eins: ein Pfarrer, dem das mit dem totalen Namensirrtum passiert wäre, der wäre gefeuert worden. Kirchenbücher zu führen war früher eine hoheitliche Aufgabe, die überprüft wurde. Dem Pfarrer ging es nie allein darum, dem lieben Gott die Zahl seiner Schäfchen aufzuschreiben und zu beweisen, welche heiligen Sakramente sie empfangen haben. Darum ging es auch. Es ging aber auch darum, dem Landesherren nachzuweisen, wer und wer genau zu den Soldaten eingezogen werden konnte. Das mit den angeblich falschen Geburtsdaten habe ich Dir in meinem vorigen Beitrag schon erklärt.

                Deswegen habe ich Melanie geraten, sich zu erkundigen, wann ihre Ahnenliste zum erste Mal erschienen ist, denn so ein Mist wär damals nie gedruckt worden. Es gab allerdings einen kurzen Zeitraum in unserer Geschichte, der gefühlte 1000 Jahre gedauert hat, da hat man mit Stammbäumen allerhand Unfug getrieben. Vielleicht lassen sich die Ungereimtheiten so erklären.

                In den gedruckten Ahnenlisten wurden die Quellen allgemein nur sehr summarisch erwähnt, aber auf Anfrage konnte jeder Forscher die genaue Quelle nennen.

                Und das ist jetzt alles, was ich zu diesem Thema zu sagen habe.

                Schönen Gruß
                Cornelia

                Kommentar

                • Alex71
                  Erfahrener Benutzer
                  • 18.04.2007
                  • 592

                  #9
                  Hallo Cornelia,

                  Zitat von gustl Beitrag anzeigen
                  Ich sage Dir eins: ein Pfarrer, dem das mit dem totalen Namensirrtum passiert wäre, der wäre gefeuert worden.
                  Keiner der Pfarrer, denen ich diese Fehler nachweisen kann, ist gefeuert worden. Sie waren allesamt in ihrem Ort hochgeehrte Persönlichkeiten, die über Jahrzehnte als Pfarrer tätig waren. Aber sie waren auch Menschen, und Menschen machen nun mal Fehler, in früheren Zeiten erst recht, da man zum einen auf mündliche Aussagen angewiesen war, als es noch kein Personenstandswesen und keine Ausweisdokumente gab, zum anderen die Leute nicht so gebildet waren wie heute, auch die Pfarrer nicht. In fast keinem von mir gesichteten Sterbebucheintrag stimmt beispielsweise die Altersangabe mit dem zugehörigen Taufbucheintrag überein. Sowohl Vor- als auch Familiennamen wurden von den Pfarrern verwechselt, nicht sehr häufig, aber es kam vor. Wohnortangaben waren in vielen Fällen nicht korrekt. Einige Einträge waren ausführlicher als andere, manche Eintragungen wurden auch komplett vergessen. So genau wurde das also alles nicht genommen. Es lag im Ermessen des Pfarrers, wie er seine Bücher führte.

                  Wenn Du mir nicht glaubst, schicke ich Dir gerne ein paar Beispiele von Kirchenbuch-Scans zu.


                  Zitat von gustl Beitrag anzeigen
                  Kirchenbücher zu führen war früher eine hoheitliche Aufgabe, die überprüft wurde.
                  Wer sollte sich denn die Mühe machen, das alles zu überprüfen? Dafür fehlten die technischen Mittel, die Zeit und der Bedarf. Und selbst wenn es überprüft worden wäre, verschwinden dadurch noch nicht die Fehler, denn nachträgliche Korrekturen habe ich zwar auch gefunden, aber kamen insgesamt doch eher selten vor.

                  Ich kann nur davor warnen, die Kirchenbücher als unfehlbare Quellen anzusehen. Wenn ich das gemacht hätte, wäre ich an der Flut von Widersprüchen schier verzweifelt. Erst das Zusammenspiel mit anderen Quellen kann ein schlüssiges Gesamtbild ergeben.

                  Was Dein konstruiertes Beispiel betrifft, das hat mit seriöser Forschung nichts zu tun, da sind wir uns wohl einig. Schade, dass Du mich so missverstanden hast.

                  Viele Grüße
                  Alexander
                  Zuletzt geändert von Alex71; 23.05.2011, 15:11.

                  Herkunft meiner Ahnen bei Google Maps

                  Kommentar

                  • Michael
                    Moderator
                    • 02.06.2007
                    • 5161

                    #10
                    Hallo,
                    bei Kirchenvisitationen wurde teilweise auch die Führung der Kirchenbücher überprüft.
                    Im Deutschen Geschlechterbuch habe ich allerdings auch schon falsche Ortsangaben gefunden, die in den Kirchenbüchern richtig stehen und fehlerhaft transkribiert wurden.
                    Viele Grüße
                    Michael

                    Kommentar

                    • Melanie_Berlin
                      Erfahrener Benutzer
                      • 31.12.2007
                      • 1300

                      #11
                      Zitat von gustl Beitrag anzeigen
                      Deswegen habe ich Melanie geraten, sich zu erkundigen, wann ihre Ahnenliste zum erste Mal erschienen ist, denn so ein Mist wär damals nie gedruckt worden. Es gab allerdings einen kurzen Zeitraum in unserer Geschichte, der gefühlte 1000 Jahre gedauert hat, da hat man mit Stammbäumen allerhand Unfug getrieben. Vielleicht lassen sich die Ungereimtheiten so erklären.
                      Dazu schreibt der Autor im Vorwort (Juli 1974):

                      "Durch Familientradition angeregt, habe ich schon früh angefangen, mich mit der Familiengeschichte Rückert zu befassen. Mein Vater unterstützte mich darin, wobei er beabsichtigte und hoffte, hierdurch das Gefühl für Zusammengehörigkeit in der Familie im allgemeinen zu fördern. Vorläufige Ergebnisse meiner Arbeiten habe ich in den "Ahnenreihe berühmter Deutscher", Bd. I Nr. XXXIX (Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte, Leipzig 1929) der Öffentlichkeit zugängig gemacht. Diese Ausführung ist sehr ausführlich une enthält, wie der Titel der Schriftenreihe es verlangt, in der Hauptsache nur die Ahnentafel des Dichters [Friedrich Rückert]. Die dort aufgeführten Nachrichten über seine Nachkommen sind in der vorliegenden Stammfolge ergänzt und auf den heutigen Stand gebracht worden.

                      Bis 1939 war dann auch weiteres, recht umfangreiches Material beisammen und die Drucklegung in Aussicht genommen. Aber der Krieg verhinderte sie. Nur einen kurzen Aufsatz über "Die Familie Friedrich Rückerts in Franken" ("Frankenland", Zeitschrift für das Frankenvolk und seine Freunde, Neue Folge, 15. Jahrgang, Heft 5/6, Mai 1963, S. 97ff.) habe ich veröffentlicht.

                      Nach dem Kriege habe ich zunächst die Briefe Friedrich Rückerts zusammengetragen und zur Edition vorbereitet. Erst darauf wurde die Stammfolge weiter bearbeitet. Ein reger Briefwechsel fand statt. Für die Beantwortung meiner vielen Fragen, die sicher manchem unangenehm und lästig waren, möchte ich auch an dieser Stelle danken. Vor und nach dem Kriege wurden auch viele Reisen gemacht, um in Archiven, Kirchenämtern, Bibliotheken usw. Unterlagen zu finden. Verwandte wurde aufgesucht, und Gespräche brachten manche Ergänzungen und Anregungen zu weiteren Forschungen. (...)"

                      D.h. ich werde wohl die im ersten Absatz genannte Veröffentlichung einsehen müssen, in der Hoffnung dort Quellenangaben zu finden. Und die "gefühlten 1000 Jahre" überspringe ich somit ja auch und habe eine höhere Chance auf wahrheitsgetreue Angaben.

                      PS. Ich hoffe, du schreibst hier trotzdem noch.
                      Viele Grüße,
                      Melanie

                      Kommentar

                      • Alex71
                        Erfahrener Benutzer
                        • 18.04.2007
                        • 592

                        #12
                        Zitat von Michael Beitrag anzeigen
                        bei Kirchenvisitationen wurde teilweise auch die Führung der Kirchenbücher überprüft.
                        Hallo Michael,
                        ich will ja gar nicht in Abrede stellen, dass gelegentlich kontrolliert wurde, ob Kirchenbücher geführt wurden. Aber hier ging es ja darum, ob sie auf inhaltliche Richtigkeit hin überprüft wurden - und das ist ganz sicher nicht geschehen. Womit hätte man die Angaben vor der Einführung des Personenstandswesens auch abgleichen sollen?

                        Gruß
                        Alexander

                        Herkunft meiner Ahnen bei Google Maps

                        Kommentar

                        • Mats
                          Erfahrener Benutzer
                          • 03.01.2009
                          • 3390

                          #13
                          Zitat von Melanie_Berlin Beitrag anzeigen
                          Was mache ich denn jetzt? Alle Daten überprüfen? Das würde ja ewig dauern und sicherlich auch nicht so einfach sein, wenn es um die Zeit vor dem 30jährigen Krieg geht.
                          genau das

                          Zitat von Melanie_Berlin Beitrag anzeigen
                          Übernehme ich die Daten in meinen Stammbaum ohne sie zu prüfen, aber mit dem Vermerk, woher ich diese Informationen habe, d.h. ich mache meine Sekundärquelle zur Primärquelle?
                          davon würde ich abraten

                          Hallo Melanie,

                          ich habe meine Mutterlinie im Deutschen Geschlechterbuch gefunden. Einschließlich meiner Wenigkeit. Die Daten hat mein Großonkel erforscht. Viele Informationen hat er von den Leuten selbst gesammelt, bei Familientreffen. Nach seinem Tod in den 80 ern wurden seine Ergebisse im DGB veröffentlicht.

                          Zuerst hab ich mich riesig gefreut, hab alles fleißig abgetippt.....
                          Lass es, wenn Du Dir Deine Datenbank nicht versauen willst.
                          Diese Veröffentlichungen strotzen nur von Fehlern. Seien es 11 jährige Mütter, Elternpaare, die 2 verschiedenen Familien zugeordnet wurden oder jemand, der mehr als 9 Monate nach seinem Ableben Vater wird... alles ist vorhanden.

                          Ich habe anschließend eine neue Datei angelegt, in der ich nur gesicherte Personen aufnehme. Die "verhunzte" Datei nehme ich als Grundlage für einen Archivbesuch. Ich übernehme keine Person mehr ohne die Daten selbst zu prüfen.
                          Es gibt nur 2 Tage im Jahr, an denen man so gar nichts tun kann:
                          der eine heißt gestern, der andere heißt morgen,
                          also ist heute der richtige Tag
                          um zu lieben, zu handeln, zu glauben und vor allem zu leben.
                          Dalai Lama

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                          • Melanie_Berlin
                            Erfahrener Benutzer
                            • 31.12.2007
                            • 1300

                            #14
                            Ich besorge mir derzeit jede Menge zusätzlicher Literatur, die ich in den Quellenangaben finde. Heute z.B. fand ich dann wieder den "Sophia Charita Hilliger, *1717 in Freiberg"-Hinweis, diesmal aus einer privaten Stammtafel. Ohne genaue Quelle und auch genannt in einem extra Absatz ohne erkennbaren Bezug auf den Rest des Textes.

                            Ich werde einen extra Stammbaum erstellen mit den ganzen Infos. Die werde ich nach und nach prüfen und verbessern/ergänzen und dann mit meinem Stammbaum verknüpfen.
                            Viele Grüße,
                            Melanie

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                            • Melanie_Berlin
                              Erfahrener Benutzer
                              • 31.12.2007
                              • 1300

                              #15
                              Ich habe heute eine E-Mail an das Archiv in Magdeburg geschickt und hoffe, dass diese mir den Traueintrag heraussuchen können, aus dem wohl hervorgeht, woher meine direkte Vorfahrin kam. Somit kann ich dann zumindest der "aus Mittweida"-Spur nachgehen. Wenn ich diesen Eintrag vorliegen habe, werde ich die Taufe suchen und somit die Namen der Eltern prüfen können. Wenn das passiert ist, habe ich hoffentlich die Anbindung an die Glockengießerfamilie Hilliger gefunden.

                              Zum Thema "alle Angaben überprüfen": Ich habe hier einen über 80-seitigen Aufsatz über die Hilligers vor mir liegen, der 1906 von einem Pfarrer verfasst wurde, der wohl über 7 Jahre die Kirchenbücher und andere Quellen Freibergs durchsuchte, um einen Stammbaum zu erstellen. Dieser gibt zumindest "richtige" Quellen an. Sollte ich diese dann trotzdem noch prüfen?
                              Viele Grüße,
                              Melanie

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