Erneuerung eines Lehens bei Herrenfall bzw. Mannfall

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  • consanguineus
    Erfahrener Benutzer
    • 15.05.2018
    • 5525

    Erneuerung eines Lehens bei Herrenfall bzw. Mannfall

    Hallo zusammen!

    Mein Anliegen ist nicht primär genealogischer Art, aber dann am Ende doch wieder.

    Es geht um das Lehnsrecht im Mittelalter. Starb der Lehnsherr ("Herrenfall"), dann wurde dem Lehnsnehmer ein neuer Lehnsbrief ausgestellt. Starb umgekehrt der Lehnsnehmer eines erblichen Lehens ("Mannfall"), dann wurde seinem Erben ebenfalls ein neuer Lehnsbrief augestellt. So weit, so einfach.

    Nun gab es aber viele Fälle, ich möchte sagen, sie stellten bei Lehnsbindungen zwischen Territorialherren und deren ritterlichen Vasallen und zwischen letzteren und deren Aftervasallen die Regel dar, in denen sowohl Lehnsherr als auch Belehnter nicht aus einer Person bestanden, sondern aus einem "Familienverband". Das stellte für den Lehnsnehmer insofern eine sinnvolle Regelung dar, als sie die Wahrscheinlichkeit erhöhte, ein Lehen in der Familie zu behalten, da meistens ein Agnat zur Stelle war um in den Vertrag einzutreten.

    Wie wurde es in denjenigen Fällen mit der Ausstellung eines Lehnsbriefes gehandhabt, in denen irgendeine mitbelehnte Person starb? Wurde dann auch gleich ein neuer Lehnsbrief ausgestellt (was ja immer mit Kosten verbunden war), oder wurde das Lehen nur ausdrücklich erneuert, falls der Senior der Familie, also beispielsweise der älteste Bruder als Repräsentant, starb? Dieselbe Frage stellt sich umgekehrt für den Familienverband der Lehnsherren. Ich habe bisher nur Fälle kennengelernt, in denen lediglich bei Tod des jeweiligen Ältesten ein neuer Lehnsbrief ausgefertigt wurde. Aber kann man das als generelle Regel annehmen?

    Der Bezug zur Genealogie tritt nun hier zutage. Wenn ich einen Lehnsbrief vorliegen habe, also die Erneuerung eines Lehens, dann darf ich doch (unter der Annahme, daß nur bei Tod des jeweiligen Seniors ein solcher ausgestellt wurde) davon ausgehen, daß diejenige Person, welche nun, im Gegensatz zum vorigen Lehnsbrief, nicht mehr erwähnt wird, der älteste (Überlebende) einer Anzahl von Brüdern war (falls sicher ist, daß es sich um Brüder handelt). Falls ich aus anderen Quellen nicht ersehen kann, in welcher Folge mehrere Brüder altersmäßig rangieren, dann wäre doch also eine Reihe von Lehnsbriefen ein gutes Hilfsmittel, hier Ordnung hineinzubringen. Oder habe ich einen Denkfehler gemacht?

    Vielen Dank für eure Ideen!
    Zuletzt ge?ndert von consanguineus; 15.07.2018, 21:05.
    Suche:

    Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
    Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
    Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
    Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
    Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
    Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561
  • Roswitha
    Erfahrener Benutzer
    • 10.10.2009
    • 507

    #2
    Hallo consanguineus,
    auch ich habe Kopien von Lehnsbriefen, die mir sehr geholfen haben, weil die Kirchenbücher aus dieser Zeit nicht mehr vorhanden waren. Die Lehen betrafen auch einen Familienverband, also die Nachkommen des ersten Lehnsnehmers.
    Die Lehen wurden nur erneuert, wenn der älteste starb und an einen Bruder, Halbbruder (den älteren) oder einen Sohn weitergegeben wurde. Immer an die männliche Linie. Die Mitlehnsnehmer wurden namentlich genannt.
    Viele Grüße
    Roswitha
    Suche nach Kreutzburg, Kreuzburg, Creutzburg, Creuzburg.

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    • consanguineus
      Erfahrener Benutzer
      • 15.05.2018
      • 5525

      #3
      Hallo Roswitha,

      vielen herzlichen Dank für Deine Antwort! Genauso, wie Du es beschreibst, kenne ich es auch aus den mir vorliegenden Urkunden. Ich habe meine Frage gestellt, weil ich wissen wollte, ob man das generell als Regel annehmen kann. Wenn es so wäre, dann wüßte man sicher, daß derjenige, der in einem neuen Lerhnsbrief nicht mehr genannt wird, der älteste Bruder oder Vetter gewesen sein muß.

      Die ergänzende Frage ist aber nun diese: falls von einer Anzahl von Brüdern einige Ritter geworden, andere Knappen geblieben sind, hat dann der älteste Ritter das Seniorat inne, auch wenn er einen älteren Bruder hatte, der es vorzog, Knappe zu bleiben? Oder geht es strikt nach dem Lebensalter, ungeachtet des Ranges?
      Zuletzt ge?ndert von consanguineus; 15.07.2018, 09:52.
      Suche:

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      • Roswitha
        Erfahrener Benutzer
        • 10.10.2009
        • 507

        #4
        Hallo consanguineus,
        genau kann ich deine Frage nicht beantworten. Ich gehe davon aus, das es nicht zwingend nach dem Alter ging, wenn der Vater einen anderen Erben bestimmt hatte. Er wird den bevorzugt haben, der sich als der Tüchtigere erwiesen hat. Aber das ist nur eine Vermutung von mir.
        Vielleicht antwortet noch jemand, der besser über dieses Thema informiert ist.
        Viele Grüße
        Roswitha
        Suche nach Kreutzburg, Kreuzburg, Creutzburg, Creuzburg.

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        • consanguineus
          Erfahrener Benutzer
          • 15.05.2018
          • 5525

          #5
          Hallo Roswitha,

          nach Lehnsrecht war es wohl nicht so einfach, jemanden zum Erben zu bestimmen. Ein Lehnsverband bestand ja häufig aus mehreren Personen, die, wenn das Lehen schon lange in der Familie war, durchaus auch gar nicht mehr so nah miteinander verwandt gewesen sein mußten. Entscheidend war nur die Abkunft in direkter männlicher Linie vom ersten Lehnsnehmer bzw. den ersten Lehnsnehmern.

          Ich kann es halt nur für die Fälle sagen, die ich kenne. Aber mich würden die allgemein geltenden Regeln interessieren.

          Ein schönen Sonntag wünsche ich!
          Suche:

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          • Alter Mansfelder
            Super-Moderator
            • 21.12.2013
            • 4660

            #6
            Guten Morgen in die spätmittelalterlich/frühneuzeitliche Lehnsrechts-Diskussionsrunde
            Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
            Ich kann es halt nur für die Fälle sagen, die ich kenne. Aber mich würden die allgemein geltenden Regeln interessieren.
            ich/mich auch - nur: Vor Jahren hat mal ein ausgewiesener Rechtshistoriker (Uniprof und Akademievizepräs.) zu mir gesagt: Im alten Lehnsrecht und in der Lehnsrechtspraxis (!) kennen sich nicht mal die Experten aus. Also: Wirklich Verbindliches wird Dir kaum jemand sagen können - von der Berücksichtigung regionaler und zeitlicher Unterschiede ganz zu schweigen.

            Meine Erfahrungen zu Deinen Fragen sind Folgende (basierend auf einer Vielzahl ausgewerteter Lehnsbücher und -urkunden/briefe):

            Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
            Ich habe bisher nur Fälle kennengelernt, in denen lediglich bei Tod des jeweiligen Ältesten ein neuer Lehnsbrief ausgefertigt wurde. Aber kann man das als generelle Regel annehmen?
            Ich kenne diese Fälle auch und vermute dahinter eine generelle Regel. Logisch wäre es schon, weil ja nur der Älteste der eigentlich Belehnte (= Lehnsträger) ist. In den mir bekannten Quellen (hauptsächlich Harzraum) heißt es regelmäßig etwa: "A als dem Ältesten zu Mitbehuf seiner Brüder B und C und seiner Vettern E und F, seines Bruders D nachgelassenen Söhnen, wird nach dem Tode seines Vaters Z mit folgendem beliehen usw."

            Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
            Wenn ich einen Lehnsbrief vorliegen habe, also die Erneuerung eines Lehens, dann darf ich doch (unter der Annahme, daß nur bei Tod des jeweiligen Senior ein solcher ausgestellt wurde) davon ausgnehen, daß diejenige Person, welche nun, im Gegensatz zum vorigen Lehsbrief, nicht mehr erwähnt wird, der älteste (Überlebende) einer Anzahl von Brüdern war (falls sicher ist, daß es sich um Brüder handelt).
            Ja.
            Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
            Falls ich aus anderen Quellen nicht ersehen kann, in welcher Folge mehrer Brüder altersmäßig rangieren, dann wäre doch also eine Reihe von Lehnsbriefen ein gutes Hilfsmittel, hier Ordnung hineinzubringen.
            Ja, natürlich, sofern sich aus dem Lehnsbrief selbst nicht explizit etwas anderes ergibt. Eine solche Ausnahme wäre z. B. die Eventualbelehnung ("A, B und C, werden belehnt mit … und wenn von diesen oder ihren Nachkommen niemand mehr ist, dann ihre Vettern D, E und F und deren Nachkommen"). Darüber, ob einer der Eventualbelehnten älter war als der Älteste, sagt das natürlich nichts aus.
            Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
            Oder habe ich einen Denkfehler gemacht?
            Also meiner Meinung nach: nein. Ich handhabe das genauso. Schön sind ja Lehnsbriefe, die noch in die Zeit der Kirchenbücher hineinragen und anhand derer man die Reihenfolge der Söhne prüfen kann. In meinen Fällen stimmte bisher die aus den Lehnsbriefen gezogene Schlussfolgerung. Deshalb gehe ich davon aus, dass man auch für die Vor-KB-Zeit methodisch davon ausgehen kann.

            Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
            Die ergänzende Frage ist aber nun diese: falls von einer Anzahl von Brüdern einige Ritter geworden, andere Knappen geblieben sind, hat dann der älteste Ritter das Seniorat inne, auch wenn er einen älteren Bruder hat, der es vorzog, Knappe zu bleiben? Oder geht es strikt nach dem Lebensalter, ungeachtet des Ranges?
            Ich denke, es ging strikt nach dem Lebensalter. In meinen Fällen um 1500 spielt es z. B. keine Rolle, ob ein (bürgerlicher) Mitbelehnter Doktor war, was ihn ja ebenfalls im Rang erhöht.
            Für niederadlige Familien im 15. Jh. kann ich dazu aber nichts sagen: Von meinen kursächsischen Ehrbarmannen, für die ich Lehnsbriefe kenne, war keiner Ritter und wird keiner als Knappe bezeichnet. Und unter meinen schweizerischen und niederrheinischen Vorfahren habe ich zwar Knappen und Ritter, aber für die wiederum gibt es keine Lehnsbriefe, die zur Lösung Deiner Frage beitragen. Aber: Wenn Du den "Rang" Ritter erwähnst, dann darfst Du nicht vergessen, worauf er sich bezieht; auf einen lehnsrechtlichen Vorteil unter standesmäßig Gleichen (hier: ritterbürtigen) wohl eher nicht. Außerdem: So toll ist das Seniorat nun auch wieder nicht, da man als Senior offenbar die ganze Verantwortung und Verwaltung innehatte.

            Zitat von Roswitha Beitrag anzeigen
            Ich gehe davon aus, das es nicht zwingend nach dem Alter ging, wenn der Vater einen anderen Erben bestimmt hatte.
            Ich meine, das wäre nicht gegangen:
            Erbe wird nach Erbrecht vererbt, und da konnte man auch testieren, sofern man zwingende Rechte wie die Gerade nicht beschnitt.
            Lehen dagegen werden nur nach Lehnsrecht weitergegeben, und das man dahingehend letztwillig verfügen könnte, ist mir noch nirgends aufgefallen oder untergekommen. Verkaufen/ verschenken: ja, sofern der Lehnsherr Konsens erteilt. Aber selbstbestimmt vererben: nein.

            Es grüßt der Alte Mansfelder
            Zuletzt ge?ndert von Alter Mansfelder; 15.07.2018, 11:22. Grund: Im vorletzten Absatz den Schluss ergänzt.
            Gesucht:
            - Tote Punkte im Mansfelder Land, Harz und Umland
            - Tote Punkte in Ostwestfalen
            - Tote Punkte am Deister und Umland
            - Tote Punkte im Altenburger Land und Umland
            - Tote Punkte im Erzgebirge, Vogtland und Böhmen
            - Tote Punkte in Oberlausitz und Senftenberg

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            • consanguineus
              Erfahrener Benutzer
              • 15.05.2018
              • 5525

              #7
              Alter Mansfelder, ich danke Dir sehr für die Zeit, die Du Dir genommen hast, Dich meiner Frage so sorgfältig anzunehmen. Das ist mir eine große Hiilfe!

              In dem konkreten Fall, der mich beschäftigt, geht es um die Frage, wie ich die Brüder Heinrich d. Ä. (Knappe), Wedigo (Ritter) und Heinrich d. J. (Ritter) von dem Rode altersmäßig sortieren kann. Daß Heinrich d. Ä. älter ist als sein gleichnamiger Bruder, der als "der Jüngere" bezeichnet wird, versteht sich von selbst. Es ergeben sich nun theoretisch folgende Optionen:

              1. Heinrich d. Ä., Heinrich d. J., Wedigo
              2. Heinrich d. Ä., Wedigo, Heinrich d. J.
              3. Wedigo, Heinrich d. Ä., Heinrich d. J.

              Bislang ging ich davon aus, daß Wedigo in der Mitte rangiert, denn man findet es auch in anderen Generationen, daß der Älteste Heinrich heißt, der nächste Wedigo und der folgende jüngere Bruder (so vorhanden) wiederum Heinrich. Danach war es offenbar egal.

              Diese drei Brüder waren seit 1359 Pfandnehmer (ich bin mal so frei, die lehsnrechtlichen Gepflogenheiten auf das Pfandgeschäft zu übertragen) auf dem Falkenstein. Zum ersten Male taucht im Jahre 1385 ein Revers gegenüber dem Bischof von Halberstadt als Pfandgeber auf. Es reversieren sich Ritter Heinrich d. J. (in der Urkunde allerdings d. Ä. genannt, da sein gleichnamiger Neffe ebendort als d. J. auftaucht) und seine Neffen, die Brüder Heinrich, Wedigo und Friedrich. Ich folgere daraus, daß Wedigo (deren Vater) verstorben war und seine Söhne aus diesem Grunde namentlich als Mitinhaber des Pfandes genannt werden. Da nun der Knappe Heinrich d. Ä. in diesem Revers ebenfalls nicht mehr erwähnt wird, kann er 1. nicht mehr am Leben sein, muß er 2. jünger als Wedigo sein (ansonsten, also wenn er älter gewesen, mithin der Senior gewesen wäre, hätte der Pfandbrief schon vor 1385, nämlich anläßlich seines, des Knappen Heinrich Tod, erneuert werden müssen) muß er 3. auch vor seinem Bruder Wedigo verstorben sein. Wäre Wedigo nämlich zuerst verstorben, wäre Heinrich d. Ä. Senior geworden.

              Weiterhin scheint Heinrich d. Ä., der Knappe, keine zu diesem Zeitpunkt, also 1385, noch lebenden Erben gehabt zu haben, da diese sonst, analog zu Wedigos Söhnen, nach dem Tode ihres Vaters als Mitinhaber des Pfandgutes aufgeführt worden wären.

              Im Jahre 1386, bereits ein Jahr später, reversieren sich die Rodes erneut gegenüber dem Bischof, und zwar anläßlich des Todes des Ritters Heinrich d. J. Nun ist die erste Generation der Pfandnehmer komplett verstorben. Pfandinhaber sind, wie zuvor, die drei Söhne des Wedigo, nämlich Heinrich, Wedigo und Friedrich. Auch Heinrich d. J. scheint ohne männliche Erben aus der Welt geschieden zu sein, denn weitere Rodes werden nicht aufgeführt.

              Stattdessen werden Hans Marschalk und Friedrich von Bendeleben Mitinhaber, wofür es eigentlich nur zwei Gründe geben kann: entweder, die Rodes benötigten Geld und ließen es zu, daß Marschalk und Bendeleben sich in den Falkenstein "einkauften", worüber es allerdings unter den zahlreichen Urkunden des Hochstifts Halberstadt keine Belege gibt, oder aber Marschalk und Bendeleben sind die Schwiegersöhne Heinrichs d. J. von dem Rode, wofür es allerdings ebenfalls keine Belege gibt. Ich persönlich neige zur zweiten Version. Falls sie nämlich Töchter Heinrichs d. J. geheiratet hätten, so wird dies aller Wahrscheinlichkeit vor der Übernahme des Falkensteins durch die Rodes passiert sein, als nämlich die Rodes noch in ihrer alten Heimat, der Goldenen Aue, lebten und wirkten, aus der auch die Marschalks und Bendelebens stammten.

              Einen vierten Bruder Heinrich hat es, wie ich unlängst feststellte, ebenfalls gegeben, welcher allerdings vor 1345 verstorben ist. Ich vermute, dieser war der älteste von allen, so daß die Reihenfolge folgendermaßen gelautet haben könnte:

              Heinrich (+ vor 1345), Wedigo, Heinrich d. Ä., Heinrich d. J.

              Somit wäre die traditionelle "Rode'sche Ordnung" wiederhergestellt!

              Falls sich jemand wundern sollte, worüber man sich in seiner knappen Freizeit Gedanken machen kann: mir bereiten solche Dinge tatsächlich Freude!
              Zuletzt ge?ndert von consanguineus; 15.07.2018, 14:32.
              Suche:

              Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
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              • Alter Mansfelder
                Super-Moderator
                • 21.12.2013
                • 4660

                #8
                Hallo consanguineus,
                Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                In dem konkreten Fall, der mich beschäftigt, geht es um die Frage, wie ich die Brüder Heinrich d. Ä. (Knappe), Wedigo (Ritter) und Heinrich d. J. (Ritter) von dem Rode altersmäßig sortieren kann.
                normalerweise so und in der Reihenfolge, wie sie in der Aufzählung in (bestenfalls mehreren) Urkunden erscheinen.
                Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                Bislang ging ich davon aus, daß Wedigo in der Mitte rangiert, denn man findet es auch in anderen Generationen, daß der Älteste Heinrich heißt, der nächste Wedigo und der folgende jüngere Bruder (so vorhanden) wiederum Heinrich. Danach war es offenbar egal.
                Diesen gedanklichen Ansatz halte ich für untauglich. Einmal ganz abgesehen davon, dass die "Leitnahmenthese" überholt ist und es eine entsprechende verbindliche Gewohnheit nicht gibt: Wer sagt Dir denn, dass vor Heinrich nicht Friedrich und Ludwig und zwischen Wedigo und Heinrich nicht Hugo und Johann als Kleinkinder verstorben sind?
                Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                Diese drei Brüder waren seit 1359 Pfandnehmer ... auf dem Falkenstein. Zum ersten Male taucht im Jahre 1385 ein Revers gegenüber dem Bischof von Halberstadt als Pfandgeber auf. Es reversieren sich Ritter Heinrich d. J. (in der Urkunde allerdings d. Ä. genannt, da sein gleichnamiger Neffe ebendort als d. J. auftaucht) und seine Neffen, die Brüder Heinrich, Wedigo und Friedrich.
                Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                Ich folgere daraus, daß Wedigo (deren Vater) verstorben war und seine Söhne aus diesem Grunde namentlich als Mitinhaber des Pfandes genannt werden.
                Genau.
                Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                Da nun der Knappe Heinrich d. Ä. in diesem Revers ebenfalls nicht mehr erwähnt wird,

                kann er 1. nicht mehr am Leben sein,
                Ja, üblicherweise, es sei denn, die beiden anderen Brüder hätten seinen Anteil von ihm erworben.
                Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                muß er 2. jünger als Wedigo sein
                Warum? Wenn er sonst stets vor Wedigo steht, war er gewiss älter.
                Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                (ansonsten, also wenn er älter gewesen, mithin der Senior gewesen wäre, hätte der Pfandbrief schon vor 1385, nämlich anläßlich seines, des Knappen Heinrich Tod, erneuert werden müssen)
                Nicht unbedingt. Es geht ja um Pfandschaft mit Konsens des Lehnsherrn (nehme ich an!), und nicht um ein echtes Lehen mit Wiedereinräumungsverpflichtung (oder?). Unabhängig davon: Wer sagt Dir, dass der Pfandbrief nicht vor 1385 tatsächlich erneuert wurde und nur die entsprechende Urkunde nicht mehr vorhanden ist? Außerdem: Heinrich d. Ä. und Wedigo können alsbald nach einander verstorben sein - dann machte man sinnvollerweise nur einen neuen Brief und verschwendete keine "Kuhhaut"
                Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                muß er 3. auch vor seinem Bruder Wedigo verstorben sein. Wäre Wedigo nämlich zuerst verstorben, wäre Heinrich d. Ä. Senior geworden.
                Wie eben schon gesagt, kannst Du m. E. eine lehnsrechtliche Vorgehensweise nicht ohne weiteres auf eine Pfandschaft anwenden. Eine Pfandschaft ist eine Sicherheit für eine Forderung, und Forderungen sind Erbe und nicht Lehen, es sei denn, dass das Pfand als echtes Lehen vergeben wird.
                Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                Weiterhin scheint Heinrich d. Ä., der Knappe, keine zu diesem Zeitpunkt, also 1385, noch lebenden Erben gehabt zu haben, da diese sonst, analog zu Wedigos Söhnen, nach dem Tode ihres Vaters als Mitinhaber des Pfandgutes aufgeführt worden wären.
                Genau, aber wie gesagt immer unter der Voraussetzung, dass sie nicht ausgezahlt/abgeteilt worden sind.
                Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                Im Jahre 1386, bereits ein Jahr später, reversieren sich die Rodes erneut gegenüber dem Bischof, und zwar anläßlich des Todes des Ritters Heinrich d. J. Nun ist die erste Generation der Pfandnehmer komplett verstorben. Pfandinhaber sind, wie zuvor, die drei Söhne des Wedigo, nämlich Heinrich, Wedigo und Friedrich. Auch Heinrich d. J. scheint ohne männliche Erben aus der Welt geschieden zu sein, denn weitere Rodes werden nicht aufgeführt..
                So wird es gewesen sein.
                Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                Stattdessen werden Hans Marschalk und Friedrich von Bendeleben Mitinhaber, wofür es eigentlich nur zwei Gründe geben kann:
                entweder, die Rodes benötigten Geld und ließen es zu, daß Marschalk und Bendeleben sich in den Falkenstein "einkauften",
                Eher unwahrscheinlich. Bei Abzahlung der Schuld wäre man sie nämlich nicht ohne weiteres wieder losgeworden.
                Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                oder aber Marschalk und Bendeleben sind die Schwiegersöhne Heinrichs d. J. von dem Rode, wofür es allerdings ebenfalls keine Belege gibt.
                Das wäre eine plausible Erklärung, allerdings mangels Beleg nur mit Fragezeichen.
                Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                Falls sich jemand wundern sollte, worüber man sich in seiner knappen Freizeit Gedanken machen kann: mir bereiten solche Dinge tatsächlich Freude!
                Na - da sind wir ja dann schon zwei

                Es grüßt der Alte Mansfelder
                Gesucht:
                - Tote Punkte im Mansfelder Land, Harz und Umland
                - Tote Punkte in Ostwestfalen
                - Tote Punkte am Deister und Umland
                - Tote Punkte im Altenburger Land und Umland
                - Tote Punkte im Erzgebirge, Vogtland und Böhmen
                - Tote Punkte in Oberlausitz und Senftenberg

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                • consanguineus
                  Erfahrener Benutzer
                  • 15.05.2018
                  • 5525

                  #9
                  Hallo Alter Mansfelder,

                  zunächst einmal ein dickes Lob: ich schätze Deinen Scharfsinn und Dein Wissen sehr. Deine Anmerkungen sind mir stets eine große Hilfe und zugleich Anregung, meine Gedanken neu zu denken.

                  Zitat von Alter Mansfelder Beitrag anzeigen
                  normalerweise so und in der Reihenfolge, wie sie in der Aufzählung in (bestenfalls mehreren) Urkunden erscheinen.
                  Leider nimmt mich mein ländlicher Beruf zur Zeit sehr in Anspruch, weswegen ich in aller Kürze antworten werde.

                  1345: Wedigo "nomine Rade" und seine Brüder
                  1346: Heinrich, Wedigo und Heinrich "fratres, dicti vonme Rode"
                  1348: dito, aber inhaltlicher Bezug auf die beiden Urkunden von 1346
                  1349: Heinrich der Ritter (also d. J.), Heinrich und Wedigo (damals Knechte)
                  1356: Ritter Wedigo und Heinrich (also d. J.) sowie der Knecht Heinrich
                  1359: Wedigo und Heinrich, Ritter, und Heinrich, Knecht
                  1366: Wedigo und Heinrich, Ritter, sowie deren Bruder Heinrich d. Ä.
                  1369: Wedigo und Heinrich, Ritter, sowie Heinrich, Knecht

                  Das sind jetzt alle mir bekannten Urkunden, in denen ALLE DREI Brüder erwähnt werden.

                  Offensichtlich wird der Rang dem Alter vorgezogen. Sobald einzelne Personen als Ritter oder Knecht bezeichnet werden, steht der/stehen die Ritter vorne an.

                  Die Urkunde von 1345 stellt Wedigo an prominente Position. Seine Brüder werden zwar erwähnt, aber nicht namentlich. Es geht aber aus dem Kontext klar hervor, daß es sich um die Heinrichs handelt.

                  Die Urkunden von 1346 und 1348 legen die Vermutung nahe, daß tatsächlich ein Heinrich der Älteste ist, gefolgt von Wedigo und Heinrich.

                  Im Jahre 1349 wird Heinrich (d. J. ) erstmals als Ritter erwähnt und steht folgerichtig am Anfang. Heinrich und Wedigo sind die Knappen. Schlußfolgerung siehe oben.

                  1356, Wedigo ist inzwischen zum Ritter geschlagen worden und rangiert vor seinem Bruder Heinrich d. J., welcher schon einige Jahre zuvor als Ritter bezeichnet wird. Beide werden vor dem Knappen Heinrich d. Ä. genannt.

                  Im Grunde muß ich zugeben, daß die allermeisten Urkunden den Schluß nahelegen, daß der Knappe Heinrich der älteste Bruder ist, gefolgt von Wedigo und dem jüngeren Heinrich. Nur die erste Urkunde paßt nicht in das Bild. Warum könnte Wedigo hervorgehoben worden sein? Es geht um eine von den Lehnsherren genehmigte Schenkung an das Kloster Ilfeld.

                  Was denkst Du?

                  Zitat von Alter Mansfelder Beitrag anzeigen
                  Diesen gedanklichen Ansatz halte ich für untauglich. Einmal ganz abgesehen davon, dass die "Leitnahmenthese" überholt ist und es eine entsprechende verbindliche Gewohnheit nicht gibt: Wer sagt Dir denn, dass vor Heinrich nicht Friedrich und Ludwig und zwischen Wedigo und Heinrich nicht Hugo und Johann als Kleinkinder verstorben sind?
                  Das sagt mir tatsächlich niemand, wobei hier davon auszugehen ist, daß ein als Kleinkind verstorbener Heinrich bei nächster Gelegenheit durch ein gleichnamiges Neugeborenes ersetzt wurde.

                  Ob die Leitnamentheorie wirklich überholt ist, darüber streiten sich die Gelehrten. Mangels einer echten Ausbildung in dieser Richtung will und werde ich mich dazu nicht äußern. Ich will auch gar keine Wissenschaft davon machen, habe aber beobachtet, daß es durchaus typische Namen in bestimmten Familien gibt. Aufgrund sich verändernder Moden wird vielleicht nicht mehr die Mehrzahl der Jungs auf einen dieser Namen getauft. Aber dennoch ist es so.

                  Ein gutes Beispiel ist die Familie meiner Frau, in der ein bestimmter Name gehäuft vergeben wurde (und gelegentlich noch wird). Außerhalb dieser Familie tritt dieser Name äußerst selten auf. Man muß dieses Phänomen nicht in die Schublade "Leitnamen" stecken. Es ist einfach nur ein netter Brauch, der in manchen Familien gepflegt wurde und wird.

                  Viele Grüße über den Berg!
                  Suche:

                  Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
                  Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
                  Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
                  Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
                  Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
                  Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

                  Kommentar

                  • Alter Mansfelder
                    Super-Moderator
                    • 21.12.2013
                    • 4660

                    #10
                    Hallo consanguineus,
                    Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                    1345: Wedigo "nomine Rade" und seine Brüder
                    1346: Heinrich, Wedigo und Heinrich "fratres, dicti vonme Rode"
                    1348: dito, aber inhaltlicher Bezug auf die beiden Urkunden von 1346
                    1349: Heinrich der Ritter (also d. J.), Heinrich und Wedigo (damals Knechte)
                    1356: Ritter Wedigo und Heinrich (also d. J.) sowie der Knecht Heinrich
                    1359: Wedigo und Heinrich, Ritter, und Heinrich, Knecht
                    1366: Wedigo und Heinrich, Ritter, sowie deren Bruder Heinrich d. Ä.
                    1369: Wedigo und Heinrich, Ritter, sowie Heinrich, Knecht
                    Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                    Offensichtlich wird der Rang dem Alter vorgezogen. Sobald einzelne Personen als Ritter oder Knecht bezeichnet werden, steht der/stehen die Ritter vorne an.
                    Ich habe, wie gesagt, keinen Erfahrungswert bezüglich Rittern und Knappen in einer zeitlichen Folge von Lehnsurkunden. Für Deine Fragestellung brauchbar dürften aber jedenfalls die Urkunden sein, in denen alle Brüder noch denselben Rang haben, hier also insbesondere die Urkunden, in denen noch keiner der Brüder Ritter ist. Denn dann müsste die Reihenfolge wie üblich nach dem Alter ausgerichtet sein. - Ansonsten ist es z. B. in den Zeugenreihen anderer Urkunden natürlich meist so, dass die geistlichen vor den weltlichen Zeugen stehen, und innerhalb der jeweiligen Gruppe die Ranghöheren jeweils weiter vorn (also voran die -hochadligen- Herren, dann die Niederadligen, also zuerst die Ritter und danach die Knappen/ Junker, schließlich die Bürgerlichen).

                    Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                    Im Grunde muß ich zugeben, daß die allermeisten Urkunden den Schluß nahelegen, daß der Knappe Heinrich der älteste Bruder ist, gefolgt von Wedigo und dem jüngeren Heinrich.
                    So wird es auch sein, denke ich.

                    Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                    Nur die erste Urkunde paßt nicht in das Bild. Warum könnte Wedigo hervorgehoben worden sein?
                    Das kann alle möglichen, völlig plausiblen Gründe haben. Vielleicht waren die anderen beiden schlichtweg verhindert.

                    Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                    Ob die Leitnamentheorie wirklich überholt ist, darüber streiten sich die Gelehrten. ..., habe aber beobachtet, daß es durchaus typische Namen in bestimmten Familien gibt. Aufgrund sich verändernder Moden wird vielleicht nicht mehr die Mehrzahl der Jungs auf einen dieser Namen getauft. Aber dennoch ist es so.
                    Natürlich - unbestritten. Ich wollte damit ja nur vor allem eines sagen: Wenn Heinrich die Söhne Heinrich und Wedigo gehabt hat, darf man nicht den zwingenden Schluss ziehen, dass der väterliche Großvater Heinrich und der mütterliche Großvater Wedigo hieß (oder ähnliches), denn es gibt schlichtweg keine allgemeinverbindlichen Bräuche oder Gewohnheiten, die noch dazu von jedermann beherzigt werden. Mit einem solchen verfehlten methodischen Ansatz wurde aber scheinbar oft Genealogie betrieben. Der Name ist ein kleines Indiz unter vielen - mehr aber auch nicht. Ein netter Brauch - wie Du es genannt hast.

                    Zum Schluss eine interessierte Frage: Weshalb ist es Dir so wichtig, die Altersreihenfolge der Brüder zu klären?

                    Es grüßt der Alte Mansfelder
                    Gesucht:
                    - Tote Punkte im Mansfelder Land, Harz und Umland
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                    Kommentar

                    • consanguineus
                      Erfahrener Benutzer
                      • 15.05.2018
                      • 5525

                      #11
                      Hallo Alter Mansfelder!

                      Nun wird es wirklich spannend! Leider habe ich momentan viel zu wenig Zeit, um dieses Steckenpferd zu reiten.

                      Doch zunächst eine kurze Antwort auf Deine Frage: es ist mir wichtig, die Altersreihenfolge zu klären, weil ich manchmal Perfektionist bin.

                      Heute habe ich freundlicherweise von einem sehr netten Herrn, der im Landesarchiv Magdeburg arbeitet, den Hinweis bekommen, daß das "Copiarium comitum Hohensteinensium" in digitalisierter Form vorliegt. Ich habe darin eine bestimmte Urkunde gesucht, in der ein Herwig von dem Rode erwähnt wird (übrigens die einzige mir bis heute bekannte, in der er erwähnt wird!). Herwig begegnet im Jahre 1339, also zur Zeit der Brüder Heinrich, Wedigo und Heinrich. Ich konnte ihn nie so richtig zuordnen. Er paßt einfach nirgendwo hin mit seinem unüblichen Vornamen.

                      In den Urkunden des Hochstifts Halberstadt wird 1364 von einem Herwig Windoldt berichtet, und, in derselben Urkunde, daß Wedigo von dem Rode der "Oheim" des Herwig sei. Wie wir wissen, war der Oheim der Bruder der Mutter. Also, nahm ich an, daß Herwig Windoldts Mutter eine Rode, nämlich Wedigos Schwester sei. Weiter vermutete ich, daß Herwig (der Leitnamentheorie zufolge) der Vater Wedigos, dessen Brüder und Herwig Windoldts Mutter war. In einer anderen Urkunde wird von einer weiteren Schwester namens Luckhard berichtet, die einen Berthold Vitzthum von Eckstaedt geheiratet hat.

                      Nun stellte sich aber kürzlich heraus, daß der Vater der Brüder Heinrich, Wedigo und Heinrich ebenfalls Heinrich hieß, wie die Ilfelder Regesten berichten. Herwig fiel also wieder durch. In den Regesten der Grafen von Orlamünde, in der die Urkunde von 1339, die ich suchte, unter anderem zu finden ist, wird im Nachtrag noch einiges verbessert und verändert, gerade bei den Rodes. Offenbar war sie (oder aber das Kopiar) so schlecht lesbar, daß es Mißverständnisse gab. Aus diesem Grunde war ich so hinter der Urkunde her!

                      Heute nun habe ich mir das Digitalisat der (deutschen) Urkunde angesehen. Da steht tatsächlich "Hern Herwigen von me Rode". Aus Interesse blätterte ich weiter. Schon bei der folgenden (lateinischen) Urkunde, ebenfalls von 1339, traf mich der Schlag!

                      "...quod dilectus noster Henricus miles dictus de Rode heredibus suis videlicet Herwico militi, Wetigoni, Hinrico et Hinrico, filiis suis necnon Luckehardi filia sua..."

                      Ein winziger Teilsatz nur, aber so aufschlußreich!

                      1. Hat der Kopist ganz offensichtlich aus "Henrico" einen "Herwico" gemacht. Geschrieben sahen diese Namen in der Originalurkunde aller Wahrscheinlichkeit zum Verwechseln ähnlich aus. Sogar die Schrift des Kopisten läßt kaum Unterschiede erkennen. Und alle Welt hat den Fehler weitergetragen!

                      2. Tatsächlich scheint Heinrich also der älteste Bruder zu sein, allerdings derjenige Heinrich, der im Jahre 1345 bereits verstorben war.

                      3. Und mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ist Wedigo der nächstjüngere Bruder! Dann folgen Heinrich d. Ä. und Heinrich d. J. Diese drei Brüder sind seinerzeit sämtlich noch Knappen, also gleichen Ranges.

                      4. Gab es entweder keine weitere Schwester, welche mit einem Windoldt verheiratet war, oder aber sie war bereits verstorben.

                      Über solche Fundstücke kann ich mich so über die Maßen freuen!


                      Die Geburt dieser Brüder (und natürlich der Luckhard) verorte ich um das Jahr 1300. Heinrich von Questenberg, der älteste Sohn Wedigos, heiratet nämlich eine Werther, die Tochter Hermanns von Werther, der 1290 geboren wurde. Sie ist eines der jüngsten Kinder Hermanns und soll 1329 das Licht der Südharzer Welt erblickt haben. Interessant ist, daß der jüngste Heinrich, also der Onkel Heinrichs von Questenberg erst 1386 stirbt und seine beiden nächstälteren Brüder ein ähnliches Alter erreicht haben (Wedigo) bzw. zumindest ziemlich alt geworden sind (Heinrich d. Ä.). Nur der älteste Bruder wurde vielleicht Mitte 40. Es scheint also offenbar nicht jeder im Mittelalter jung verstorben zu sein. Oder, für Skeptiker, es gibt noch eine "Zwischengeneration", welche man wegen Vornamensgleichheit einfach nicht eindeutig erkennt. An diesen Zufall mag ich aber nicht glauben...

                      Viele Grüße vom ob seines Fundes ziemlich glücklichen Consnguineus
                      Suche:

                      Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
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                      Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

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                      • Alter Mansfelder
                        Super-Moderator
                        • 21.12.2013
                        • 4660

                        #12
                        Hallo consanguineus,

                        danke für Deine Antwort und Glückwunsch zu dem tollen Fund! Das ist ein schönes Beispiel dafür, dass man (egal ob schon veröffentlicht oder nicht) einfach einmal selbst in die Originale schauen sollte.

                        Von mir ergänzend noch ein Hinweis auf einen sehr weit verbreiteten, aber in den genealogischen Konsequenzen ganz fatalen Irrtum:

                        Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                        In den Urkunden des Hochstifts Halberstadt wird 1364 von einem Herwig Windoldt berichtet, und, in derselben Urkunde, daß Wedigo von dem Rode der "Oheim" des Herwig sei. Wie wir wissen, war der Oheim der Bruder der Mutter.
                        Genau das stimmt nicht. In jüngerer Zeit benutzt man das Wort Oheim in dieser Bedeutung - das ist richtig. Aber in den allermeisten Urkunden des 13., 14. und 15. Jh., die ich kenne, bezeichnet der deutsche Begriff lediglich ganz allgemein einen Verwandten.

                        Literaturempfehlung dazu, falls noch nicht bekannt: Arnold Berg (Mskr. aus dem Nachlaß), Über Verwandtschaftsbezeichnungen, Ehedispense und Namengebung im Mittelalter, in: Archiv für Familiengeschichtsforschung 1 (1997), S. 368-385 (mit vielen Beispielen aus Quellen).

                        Es grüßt der Alte Mansfelder
                        Gesucht:
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                        • consanguineus
                          Erfahrener Benutzer
                          • 15.05.2018
                          • 5525

                          #13
                          Hallo Alter Mansfelder,

                          vielen Dank für den Hinweis zum Oheim! Du bist also der Ansicht, dieser Begriff bezeichnet in alten Urkunden nur allgemein einen Verwandten, so wie man heute in eher traditionellen Familien "Vetter" sagt und damit jeden männlichen blutsverwandten Namensträger meint? Das ist interessant!

                          In lateinischen Urkunden wird ja häufig zwischen "patruus" und "avunculus" unterschieden. Wären diese Begriffe dann ebenfalls nicht nur austauschbar, sondern darüberhinaus sogar nichtssagend im Hinblick auf die exakte verwandtschaftliche Beziehung?

                          Grüße aus dem Sahel
                          Zuletzt ge?ndert von consanguineus; 18.07.2018, 15:15.
                          Suche:

                          Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
                          Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
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                          Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

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                          • Xylander
                            Erfahrener Benutzer
                            • 30.10.2009
                            • 6446

                            #14
                            Hallo,
                            ohne irgendwo nachzusehen denke ich, dass patruus explizit den Vatersbruder meint und avunculus den Mutterbruder.
                            Viele Grüße
                            Xylander

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                            • Alter Mansfelder
                              Super-Moderator
                              • 21.12.2013
                              • 4660

                              #15
                              Hallo consanguineus,
                              Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                              Du bist also der Ansicht, ...
                              das ist nicht bloß eine Ansicht/meine Meinung, sondern eine Tatsache. Was das für viele "tolle" Ahnentafeln bedeutet, die sich nur darauf stützen, kannst Du Dir ausmalen ...

                              Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                              In lateinischen Urkunden wird ja häufig zwischen "patruus" und "avunculus" unterschieden. Wären diese Begriffe dann ebenfalls nicht nur austauschbar, sondern darüberhinaus sogar nichtssagend im Hinblick auf die exakte verwandschaftliche Beziehung?
                              Soweit ich weiß: nein. Für eine belastbare eigene Meinung fehlt mir zu dieser Frage aber ausreichend Vergleichsmaterial aus eigener Forschung. Soweit meine eigenen Vorfahren in die Zeit der mehr oder weniger ausschließlich lateinischen Urkunden zurückreichen, war ich auf diese beiden Begriffe für die Herstellung eines konkreten Zusammenhangs noch nicht angewiesen.

                              Lies mal den genannten Aufsatz - sehr erhellend!

                              Es grüßt der Alte Mansfelder
                              Gesucht:
                              - Tote Punkte im Mansfelder Land, Harz und Umland
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