Unklare Formulierung. Wie würdet Ihr das einschätzen?

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  • consanguineus
    Erfahrener Benutzer
    • 15.05.2018
    • 5527

    Unklare Formulierung. Wie würdet Ihr das einschätzen?

    Frohe Pfingsten!

    Hier die Zeugenliste einer Urkunde von 1342, die mir heute im Internet untergekommen ist:

    Zeugen: Die gestrengen und ehrbaren Henrich von deme Rode, Vogt in Frankenhausen, Heinrich Ricke Ritter, Hermann und Eikehard Gebrüder Richen, Henrich Rosenhain, Gunther Zöllner, Henrich Thuntzenhusen, Henrich Echeln, Hantzelo, Ermetrudis, Andreas und Friedrich Gebr. gen. Margarete.

    Eure Meinung, die entweder auf Erfahrung mit dem Umgang mit dieser Art von Urkunden oder auf gesundem Menschenverstand beruhen kann ist gefragt. Es geht um Heinrich von dem Rode. Ist er der Vogt in Frankenhausen? Oder ist es eine simple Aufzählung, bei der der namentlich nicht genannte Vogt in Frankenhausen zwischen Rode und dem Ritter Heinrich Ricke rangiert? Was meint Ihr?

    Vielen Dank für Eure Hilfe!
    Suche:

    Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
    Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
    Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
    Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
    Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
    Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561
  • Alter Mansfelder
    Super-Moderator
    • 21.12.2013
    • 4661

    #2
    Hallo,

    Heinrich vom Rode ist Vogt in Frankenhausen. In spätmittelalterlichen Urkunden werden Funktionen und militärische Titel wie Knappe und Ritter generell nachgestellt (eigene Kenntnis aufgrund der Auswertung Hunderter solcher Urkunden - auf den sogenannten neuzeitlichen Menschenverstand ist da wenig Verlass)

    Es grüßt der Alte Mansfelder
    Gesucht:
    - Tote Punkte im Mansfelder Land, Harz und Umland
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    • consanguineus
      Erfahrener Benutzer
      • 15.05.2018
      • 5527

      #3
      Ich danke Dir, alter Mansfelder!

      Meine Routine im Auswerten solcher Urkunden hat mich zu demselben Schluß gebracht. Ich habe aber schon etliche Urkunden gesehen, insbesondere solche, in denen Ministerialen gezeugt oder gebürgt haben, welche ein Amt bekleiden, etwa das des Vogtes. Diese werden häufig nur mit dem Vornamen und der Amtsbezeichnung genannt, denn das reichte vollkommen aus, um sie von anderen Zeugen oder Bürgen sicher unterscheiden zu können. Aber auch nur die Amtsbezeichnung ohne jeglichen Namen, die ja ebenfalls eine hinreichende Personenbeschreibung darstellt, habe ich wiederholt gesehen, und zwar umso häufiger, je früher die Urkunde datiert. Diese hier ist allerdings nicht wirklich eine frühe.

      Leider liegt mir, nur zur Sicherheit, keine weitere Urkunde vor, aus der hervorgeht, daß Heinrich Rode wirklich Vogt in Frankenhausen war. Immerhin ist es nicht ganz unwahrscheinlich, da das kurz zuvor schwarzburgisch gewordene Frankenhausen nur einen Steinwurf von der Heimat der Rodes entfernt liegt. Die Rodes waren zu jener Zeit zwar meistens Leute der Hohnsteiner, aber diese waren damals ja "ganz dicke" mit den Schwarzburgern, wie man heute sagen würde.

      Noch einmal meinen Dank!
      Zuletzt geändert von consanguineus; 22.05.2018, 06:59.
      Suche:

      Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
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      • Alter Mansfelder
        Super-Moderator
        • 21.12.2013
        • 4661

        #4
        Guten Morgen,

        alles richtig, was Du schreibst - ich habe dieselben Eindrücke. Aber wie Du schon sagst: 1342 haben wir die urkundenarme Zeit bereits verlassen und auch die Zeit der Ministerialen schon überwunden. Und überdies ist für Niederadlige auch damals ein Aktionsradius von 100 km m. E. keine Besonderheit.

        Es grüßt der Alte Mansfelder
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        • consanguineus
          Erfahrener Benutzer
          • 15.05.2018
          • 5527

          #5
          Guten Morgen, alter Mansfelder,

          ich würde nicht pauschal behaupten, daß die Zeit der Ministerialen 1342 vorbei war. Aber darüber könnte man endlos diskutieren, was mir sogar Freude bereiten würde...

          Ich stimme Dir zu, der Aktionsradius der ritterlichen Familien war erstaunlich weit, zumindest derjenigen Personen, deren Aktivitäten ich nachverfolge. Bei anderen wird es natürlich ebenso sein. Damit meine ich nicht einmal Wanderungen im Rahmen der Ostkolonisation oder solche Prozesse, sondern einfach Veränderungen im Lebenslauf eines Individuums. Ein Mann der Hohnsteiner taucht beispielsweise plötzlich im Halberstädtischen auf. Ich wundere mich manchmal, wohin es mir urkundlich bekannte Personen verschlagen hat. Und frage mich oft, wie wohl diese Verbindungen zustandegekommen sein mögen.


          Grüße aus dem Harz
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          • Alter Mansfelder
            Super-Moderator
            • 21.12.2013
            • 4661

            #6
            Hallo,
            Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
            ich würde nicht pauschal behaupten, daß die Zeit der Ministerialen 1342 vorbei war. Aber darüber könnte man endlos diskutieren, was mir sogar Freude bereiten würde...
            also ich möchte nicht darüber diskutieren, aber wenn Du eine interessante Diskussion darüber lesen willst, dann schau mal in das Archiv der Mailingliste Adel-L, sofern Du dort angemeldet bist. Dort wurde das Thema Ministerialität im letzten Jahr, wenn ich mich recht erinnere, in epischer Breite und sehr interessant diskutiert. Der zeitlich nächste meiner (diesmal nur mutmaßlichen) Vorfahren wurde 1297 explizit in einer Urkunde als "ministerialis" bezeichnet. Danach kommt das Wort in den meine Vorfahren betreffenden Urkunden nicht mehr vor - daher meine Aussage. Das deckt sich im Übrigen mit der allgemeinen Beobachtung, dass sich um/ab dieser Zeit herum langsam der Niederadel als eigener (Geburts-) Stand verfestigt haben soll.

            Es grüßt der Alte Mansfelder
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            • consanguineus
              Erfahrener Benutzer
              • 15.05.2018
              • 5527

              #7
              Keine Sorge, ich habe im Moment auch keine Muße um das lang und breit zu diskutieren!

              Was genau ist diese Mailingliste, von der Du schriebst? Die Diskussion zu dem Thema würde mich sehr interessieren!

              Ich sehe gar keinen grundsätzlichen Widerspruch zwischen einem Ministerialen (Dienstmann) und einem Mitglied des niederen Adels. Die Übergänge sind doch fließend. Es hat ja damals sicher Graf Hohnstein nicht zu seiner Mannschaft gesagt: "So, ab heute, 1.1.1300, werdet Ihr in den Urkunden nicht mehr als "ministeriales" bezeichnet, sondern dürft Euch "niederer Adel" nennen."


              Herzliche Grüße
              Suche:

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              • Anna Sara Weingart
                Erfahrener Benutzer
                • 23.10.2012
                • 15113

                #8
                Hi, Zitat dazu:

                "Das Wort „Niederadel" ist ein Kunstprodukt der Sozialgeschichtsforschung"

                Gruss
                Viele Grüße

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                • consanguineus
                  Erfahrener Benutzer
                  • 15.05.2018
                  • 5527

                  #9
                  Mir gefällt das Wort auch nicht besonders. In dieser Zeit rechnete dieser Personenkreis jedenfalls gar nicht wirklich zum Adel. Mit Adel war "Hochadel" gemeint (auch so ein Wort), also Dynasten, und fing beim "Edlen Herrn" an. Alles darunter, mochte es Ritter, Knappe oder Sohn eines solchen sein, wurde nicht als adelig angesehen. Das schlich sich erst so allmählich ein.

                  Man möge mich korrigieren wenn ich irren sollte.
                  Suche:

                  Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
                  Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
                  Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
                  Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
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                  • Alter Mansfelder
                    Super-Moderator
                    • 21.12.2013
                    • 4661

                    #10
                    Hallo zusammen,

                    die Mailingliste kannst Du einfach googlen, musst Dich dann freilich anmelden. Kann es Dir jetzt über das Handy leider nicht verlinken.

                    Der Begriff Niederadel mag sein und herkommen wo er will, er ist dennoch hervorragend geeignet, deutlich zu machen, dass es um einen eigenen Stand geht, der mit dem hohen Adel wenig gemein hat. Die einen sind jene, die herrschen, die anderen dagegen gehören wie der Rest zu denen, die beherrscht werden.

                    Es grüßt der Alte Mansfelder
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                    • consanguineus
                      Erfahrener Benutzer
                      • 15.05.2018
                      • 5527

                      #11
                      Der Begriff "Niederadel" mag geeignet sein, diesen Personenkreis vom eigentlichen Adel zu unterscheiden. Er ist aber doch nur eine Krücke. "Ritterstand" gefällt mir besser, ist aber auch nicht unproblematisch, zumindest erklärungsbedürftig, da einerseits natürlich auch Edelleute die Ritterwürde erlangen konnten und dies auch taten, andererseits nicht jeder Mann aus dem Ritterstand tatsächlich Ritter war, sondern es vorziehen mochte, Knappe zu bleiben. Ist halt Geschmackssache, welchem Begriff man den Vorzug gibt.
                      Suche:

                      Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
                      Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
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