Weinkäufliche Kopulation

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  • 2Emilia
    • 20.07.2014
    • 210

    Weinkäufliche Kopulation

    Die Suche betrifft das Jahr oder den Zeitraum: 1808
    Genaue Orts-/Gebietseingrenzung: Bromskirchen, Hessen-Nassau
    Konfession der gesuchten Person(en): evangelisch
    Bisher selbst durchgeführte Internet-Recherche (Datenbanken): familysearch
    Zur Antwortfindung bereits genutzte Anlaufstellen (Ämter, Archive):

    Liebe Mitforscher,
    bei den digitalen Kirchenbüchern der Mormonen sind auch Duplikate von KB aus Bromskirchen/Hessen-Nassau. Da bin ich über ein Copulationsprotokoll der Pfarrei Bromskirchen 1808 gestolpert, in dem es am Anfang heißt:
    "Im Jahre 1808 am 8. Mai (Zahlen ausgeschrieben) wurden, nach geschehener in hiesiger Pfarr-Wohnung am 17. April geschehener weinkäuflichen Kopulation und darauf in hiesiger Pfarrkirche am 17. und 24. April und 1. Mai ordnungmäßig geschehener Aufkündigung, und am 13. April 1796 gnädigst erhaltener Befreiung von Krigs-Diensten - und unter dem 13. April vom Friedensgericht des Kantons Frankenberg konfirmierter Ehegatten, und Einwilligung des Bräutigams Vormund, und der Braut Vater getraut, und ehelich eingesegnet (Namen)...."
    Was bedeutet "weinkäufliche Kopulation"? und mussten die Eheleute jedesmal vom Friedensgericht konfirmiert werden - oder ist das eine andere Konfirmation als die der evangelischen Kirche?
    Kann mir jemand diese mysteriösen Bestimmungen erklären? Vielen Dank für Eure Mühe und viele Grüße
    Bruno
  • 2Emilia
    • 20.07.2014
    • 210

    #2
    Liebe Mitforscher,
    da offenbar niemand mit meinen Fragen was anfangen kann: Ich habe es inzwischen in Schriftstücken gefunden. Die "weinkäufliche (auch leikäufliche) Kopulation" ist eine vor dem Pfarrer und zwei Zeugen geschlossene kirchliche Verlobung (meistens im Pfarrhaus), offenbar nur in der evangelischen Kirche, und zwar nahezu ausschließlich in Hessen. Bei einem gefundenen Hinweis hieß es, dass es das auch in Oldenburg gegeben hat. Ist wohl um 1870 rum abgeschafft worden!
    Die Konfirmation ist der bewusste Eintritt in die evangelische Kirche, und die Mitgliedschaft ist Voraussetzung für eine kirchliche Trauung. Wenn einer/eine der Brautleute kein Mitglied ist, kann es keine kirchliche Trauung geben, nur einen Gottesdienst zum Zwecke der Eheschließung. Offenbar wird das in evgl. Pfarreien aber inzwischen unterschiedlich gehandhabt. Vielleicht kann jemand von Euch was damit anfangen!
    Viele Grüße
    Bruno

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    • Der Suchende
      Gesperrt
      • 04.07.2008
      • 2360

      #3
      Kirchenbuch ?

      Hallo Emilia.
      Bist Du sicher das dies die offiziellen Kirchenbücher sind ?
      In diesem Zeitraum (1808 - 1813) war Hessen von Napoleon (Königreich Westphalen) besetzt und dieser hat - zwar über die Pfarrer - eigene Bücher (Urkunden) führen lassen.
      In anderen Gemeinden steht im Schriftkopf deshalb "Pfarrer und Beamter".
      Diese "Bücher" sind meist ausführlicher als die Kirchenbücher. Bei Geburten und Sterbefällen werden die Urkunden von 2 Zeugen mit unterschrieben.
      Grüße
      Heinrich

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      • 2Emilia
        • 20.07.2014
        • 210

        #4
        Guten Abend, Heinrich,
        Du hast Recht: Bei jedem neuen Jahrgang steht zwar nur, dass der Pfarrer das Heiratsprotokoll geschrieben hat. Aber am Schluss jedes Jahrgangs ist er dann "Pfarrer und Inspektor", also ein beauftragter Beamter. Insofern wird es wohl so was sein wie ein Standesbeamter. Was mich stutzig macht: Überall, wo ich bei Standesämtern unter französischer Besatzung Eintragungen gesehen habe, war es ein Formblatt mit Lücken, in die dann die Namen und Daten eingetragen wurden. In Bromskirchen ist aber auch in dieser Zeit jede Eintragung komplett handschriftlich erfolgt - allerdings, wie ich gerade noch mal nachgeschaut habe, "durch den Inspektor, der die Trauung verrichtet hat", unterschrieben. Danke für den Hinweis!
        Viele Grüße
        Bruno

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        • sven345
          Erfahrener Benutzer
          • 22.10.2013
          • 160

          #5
          Hallo,
          Weinkauf ist eine frühneuzeitliche Form der Übernahme eines Kolonats, zB eines Meierhofes. Dabei hat Weinkauf nichts mit dem Getränk zu tun, sondern ist verwandt mit dem Wort Gewinn. Ich habe das bei einigen meiner Vorfahren, zB erkaufte ein Vater für seine Tochter bei einem Besitzerwechsel und zur Hochzeit seiner Tochter eine Meierstelle für 20 Thaler.
          mfg Sven345

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          • Andreas Krüger
            Erfahrener Benutzer
            • 03.12.2006
            • 258

            #6
            Weinkauf

            Hallo,

            möge es nutzen.

            Gruß Andreas

            Weinkauf

            Mit Weinkauf wurde in der Grafschaft Lippe, aber auch darüber hinaus, während der Zeit der Leibeigenschaft (1500–1810) ein Antrittsgeld bezeichnet, das bei Übernahme eines Kolonats an den Grundherrn zu zahlen war. Der Begriff Weinkauf hat mit Wein nichts zu tun, sondern stammt von dem niederdeutschen Wort Winkop ab. Die erste Silbe beinhaltet den Ausdruck Gewinn und bedeutet in diesem Fall Nutzungsrecht an Grund und Boden. Win wurde beim Übertragen ins Hochdeutsche zunächst irrtümlich in wien und dann in wein verändert.[1]
            Der in der Regel leibeigene Bauer erkannte mit der Zahlung des Weinkaufs das Eigentumsrecht des Grundherrn an, erwarb damit aber seinerseits gewisse Eigentumsrechte. Übernahm zum Beispiel ein Nachfolger das Nutzungsrecht, so bekam sein Vorgänger eine Abfindung. Manchmal wurde der Weinkauf für das Kolonat im Abstand von einigen Jahren mehrmals fällig. Die Höhe des Weinkaufs richtete sich nach der Größe des Besitzes und dem Wert des Inventars.[2]

            Kommentar

            • Der Suchende
              Gesperrt
              • 04.07.2008
              • 2360

              #7
              Weinkauf

              Hallo.
              Im ersten Beitrag geht es um den Ausdruck "Weinkauf" in Verbindung mit einer Copulation und nicht um irgendwelche Verkäufe oder Überschreibungen.
              Grüße
              Heinrich

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              • Friedrich
                Moderator
                • 02.12.2007
                • 11323

                #8
                Moin zusammen,

                auch ich kenne, wie mein Vorschreiber, den Begriff "Weinkauf" im Zusammenhang mit Hochzeiten. In der den hessischen Landen benachbarten ehemaligen Grafschaft Wittgenstein war der "Begriff" Weinkaufsbrief identisch mit einem Heiratsvertrag.

                Friedrich
                "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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                • sven345
                  Erfahrener Benutzer
                  • 22.10.2013
                  • 160

                  #9
                  Zitat von Der Suchende Beitrag anzeigen
                  Hallo.
                  Im ersten Beitrag geht es um den Ausdruck "Weinkauf" in Verbindung mit einer Copulation und nicht um irgendwelche Verkäufe oder Überschreibungen.
                  Grüße
                  Heinrich
                  Hallo,
                  genau, das beschrieb ich ja auch. Nur der gesetzliche Erbe oder Anerbe ist vom Weinkauf befreit. Daher muß auch eine auf den Hof heiratende Braut diesen Weinkauf leisten. das ist damit eine weinkäufliche Copulation.
                  lg sven345

                  Kommentar

                  • Ditthardt
                    Erfahrener Benutzer
                    • 28.10.2010
                    • 634

                    #10
                    Ich kann bei dieser speziellen Anfrage vermutlich nicht helfen, hätte aber eine Anschlussbemerkung zu den Antworten. In Nassau-Dillenburg ist beim Grundstückserwerb, /-übergabe oder Schuldzahlungen immer von den bei der aufrichtung des vertrages anwesenden weinkauffsleuth die rede, daher nahm ich bisher immer an, dass es sich dabei um zeugen oder bürgen des vertrages handelt. Oft lautet die formulierung auch in etwa: den weinkauff haben getrunken x und y...
                    Also war entweder den leuten um 1500-1600 schon die etymologie des begriffes nicht mehr klar oder er kommt doch von wein
                    Gruß, B a s t i a n
                    ___________________________
                    Kreuzburg (Oberschlesien): Anders
                    Margonin (Posen): Draheim
                    Raum Kolmar (Posen): Saegert
                    Flatow-Czernitza: Heldt/Zimmermann
                    Raum Preuß. Stargard: Hildebrandt/von Zielinski
                    Guttstadt: Wohlgemuth/Rautenberg/Schiminski

                    Kommentar

                    • Friedrich
                      Moderator
                      • 02.12.2007
                      • 11323

                      #11
                      Moin Ditthardt,

                      Zitat von Ditthardt Beitrag anzeigen
                      Oft lautet die formulierung auch in etwa: den weinkauff haben getrunken x und y...
                      Also war entweder den leuten um 1500-1600 schon die etymologie des begriffes nicht mehr klar oder er kommt doch von wein
                      wenn ein solcher Vertrag abgeschlossen wurde, kam es meines Wissens auch zu einem kleinen Umtrunk, manchmal sogar zu einem Festessen.

                      Friedrich
                      "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                      (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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                      • 2Emilia
                        • 20.07.2014
                        • 210

                        #12
                        Hallo, liebe Mitforscher,
                        im "Lexikon des Kirchenrechts und der römisch-katholischen Liturgie" von Andreas Müller (bei Google digitalisiert und einsehbar) heißt es auf S. 571: " Für das Hessendarmstädtische: In den dem früheren Fürstenthume Hessen zugehörenden Parzellen müssen sich die Verlobten, wenn aus dem Ehe-Verlöbnisse eine Verbindlichkeit entspringen soll, vom Pfarrer einsegnen, oder, wie es sonst genannt wird, weinkäuflich copulieren lassen."
                        Nach Herders Konversationslexikon, 3. Auflage von 1905, ist Weinkauf = Leikauf auch bei anderen Rechtsgeschäften (z. B. Abschluss wichtiger Kaufverträge) in manchen Gegenden üblich gewesen: Eine Summe Geldes zur Bekräftigung des abgeschlossenen Rechtsgeschäftes.
                        Ich denke, damit ist die Frage klar beantwortet.
                        Viele Grüße
                        Bruno

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