prüften Pfarrer die Personenangaben vor Heirat?

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  • MarthaLU
    Erfahrener Benutzer
    • 13.02.2013
    • 509

    prüften Pfarrer die Personenangaben vor Heirat?

    Ich habe ja einige seltsame Figuren in Bearbeitung, und nun stehe ich vor einem neuen Problem. Drei Brüder, und jeder hat andere Angaben zum Elternhaus gemacht laut Heiratseintrag. Nr 1 gab an Reichen in Böhmen. Nr. 2 gab an Böhne in Sachsen, Nr. 3 Böhme in Westfalen. Da die Herren nicht alle so ganz legalen Beschäftigungen nachgingen, liegt für mich nahe, sie hätten selber dies und das den Pfarrern erzählt.

    Aber kann das überhaupt so sein? Oder verlangten Pfarrer Belege der Abstammung? Oder kann es so sein, dass sie selber korrekt Böhne oder ähnliches gesagt haben und die Pfarrer haben den Ort gesucht und eine Region ergänzt im Kirchenbuch? Stattgefunden haben die 3 evangelischen Trauungen 1815, 1824 und 1827, in Berlin und zweimal Brandenburg. Alle drei geben an, die Eltern seien nicht mehr am Leben, also Genehmigungen des Elternhauses werden nicht genannt.

    Mir fehlt da leider die Erfahrung mit Kirchenbucheinträgen, daher wäre ich froh über Meinungen.

    Besten Dank!
  • GiselaR
    Erfahrener Benutzer
    • 13.09.2006
    • 2173

    #2
    Hallo Martha,
    normalerweise durfte ein Pfarrer nicht trauen, wenn nicht eine sogenannte Dimission vorlag, also eine offizielle "Entlassung" aus der Heimatgemeinde durch den dortigen Pfarrer. Dieser stellte sie nur aus, wenn nach dortigen Kenntnissen kein Ehehindernis vorlag, z.B. bereits bestehende Ehe oder gültige Verlobung, fehlende Zustimmung der dortigen Eltern, .... Wenn dies nicht möglich war, sollten Zeugen benannt werden. Aus dem Bergischen Land und benachbartem Westfalen, das damals auch preußisch war, weiß ich, dass auch eine Bescheinigung vorgelegt wurde, wenn die Eltern verstorben waren. War das nicht möglich, wurden auch Zeugen benannt, und/oder der Bräutigam/die Braut mussten dies unter Eid erklären.

    Wenn alles nicht ging, bemühte man sich um eine behördliche Genehmigung.

    Also einfach so ging so etwas i.d.R. nicht ab.
    Grüße
    Gisela
    Ruths, Gillmann, Lincke,Trommershausen, Gruner, Flinspach, Lagemann, Zölcke, Hartz, Bever, Weth, Lichtenberger, von der Heyden, Wernborner, Machwirth, von Campen/Poggenhagen, Prüschenk von Lindenhofen, Reiß von Eisenberg, Möser, Hiltebrandt, Richshoffer, Unger, Tenner, von Watzdorf, von Sternenfels

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    • Andre_J
      Erfahrener Benutzer
      • 20.06.2019
      • 1899

      #3
      Zitat von MarthaLU Beitrag anzeigen
      Da die Herren nicht alle so ganz legalen Beschäftigungen nachgingen, liegt für mich nahe, sie hätten selber dies und das den Pfarrern erzählt.
      Hallo,
      für Geld gibt es alles, auch Bescheinigungen von dimittierenden Pfarrern.

      Und wenn es nicht ganz legal zuging, waren diese auch nicht unbedingt echt.

      Der verheiratende Pfarrer hatte wichtigers zu tun, als die Echtheit zu prüfen. Einfach anrufen oder e-mail schreiben ging ja noch nicht.
      Gruß,
      Andre

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      • Schischka
        Erfahrener Benutzer
        • 10.02.2015
        • 343

        #4
        Hab auch so einen Fall im Jerichower Land; die Tücke der Vornamenhäufung ... Da wurde scheinbar Auskunft zur falschen Person gegeben (gleicher Familienname, ähnliche Vornamen, nahe beieinanderliegende Geburtsdaten) und nur über die Standesbezeichnung habe ich relative Sicherheit: eine Bauerntochter (Halbspänner) hätte vielleicht doch irgendwann zu hören bekommen und sich um Änderung bemüht, wenn Tagelöhnertochter im Kirchenbuch ihrer neuen Gemeinde steht.
        Ich fürchte manchmal, die Pfarrer hatten allzu leichten Zugang zum Meßwein ... ;-)

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        • consanguineus
          Erfahrener Benutzer
          • 15.05.2018
          • 5525

          #5
          Der Halbspänner-Vater hätte den Pastor vermutlich körperlich gezüchtigt, wenn der aus seiner Halbspänner-Tochter eine Tagelöhner-Tochter gemacht hätte. Die Frage ist nur, ob der Vater je mitbekommen hätte, was im Kirchenbuch steht...
          Suche:

          Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
          Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
          Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
          Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
          Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
          Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

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          • Friedrich
            Moderator
            • 02.12.2007
            • 11321

            #6
            Moin consanguineus,


            ich vermute, dass die wenigsten, wenn überhaupt, davon etwas mitbekamen. Nur wir.


            Friedrich
            "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
            (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

            Kommentar

            • Schischka
              Erfahrener Benutzer
              • 10.02.2015
              • 343

              #7
              Ja, wahrscheinlich hat damals nicht "Hinz und Kunz" in den Kirchenbüchern rumgeblättert. Dem Pastor, der den Sterbeeitrag gefertigt hat, ist das Problem aufgefallen, er konnte es aber nicht zufriedenstellend lösen.
              Falls jemand aus reiner Forscherneugier (mit aktuellem Archion-Zugang) das Problem mal nachvollziehen möchte:
              Mitteldeutschland: Landeskirchenarchiv Magdeburg >Elbe-Fläming >Gütter >Taufen 1832-1881, Trauungen, Beerdigungen, Kommunikanten 1832-1880 > S.167: Koenigstaedt, Dorothea.
              Geburtseinträge dazu: ... >Hohenziatz >Taufen 1766 - 1816 >Seiten 25 und 26. Ich neige dem Eintrag 10 auf Seite 25 zu. Der Familienname des Vaters wurde entsprechend der mundartlichen Aussprache nicht buchstabengetreu (eigentlich Seeger) geschrieben.

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              • Schlumpf
                Erfahrener Benutzer
                • 20.04.2007
                • 355

                #8
                Hallo
                Nun, ich denke, man sollte mal einen Pastor (lutherisch) aus dem Jahre 1801 zu Worte
                kommen lassen. In den lutherischen Gemeinden des Rheinlandes musste man sich auch an
                Kirchenordnungen halten.
                Diese Gemeinde litt damals unter Abwanderung z.B. nach Wuppertal. Dafür sind einige
                Männer aus dem Hessischen zugezogen. Diese mussten bei einer Trauung immer einen
                Losschein vorlegen. Manchmal hat sich der auch bis heute erhalten. Hier aber der Eintrag
                des damaligen Pastors:

                " .... Weil es sich indeß zuweilen ereignen kann, daß das
                dimittirte Paar doch wieder in der Gemeine zu wohnen komt; so kann man
                bei Ertheilung des Losbriefes allemal fragen, wo und wann die Trauung ge-
                schehen soll, und in dem Falle werde ich dann iedesmal in der Kolumne, wo die Zeit
                und der Ort der Trauung angegeben wird, bemerken: Wollen sich da - und
                dann - trauen laßen. Wollen - muß es, wie mir dünkt, deswegen heißen, weil
                sich innerhalb der Zeit, da der Losbrief ist gegeben und der Hochzeitstag festge-
                sezt worden, etwas zutragen kann, wodurch die wirkliche Trauung verhindert
                oder aufgeschoben werden muß.

                Daraufhin hat er auch die Dimissio ins Kirchenbuch eingetragen, was nicht überall so war.
                Wie man sieht, sind die Dimissorialen gewissenhaft ausgeschrieben worden. Eine Prüfung
                durch den Adressaten fand wohl nicht statt, wie auch? Dafür hat der Aussteller aber auch
                ganz genau hingesehen, wenigstens in hiesiger Gegend. Hier ist aber auch zu beachten,
                dass im Rheinland nicht das preußische Landrecht von 1794 galt. Wir hatten eigene Erlasse
                des Kurfürsten zu beachten.

                Viel Spaß damit Schlumpf
                Uns ist in alten mæren wunders vil geseit. von helden lobebæren, von grôzer arebeit,. von fröuden, hôchgezîten, von weinen und von klagen,.

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                • MarthaLU
                  Erfahrener Benutzer
                  • 13.02.2013
                  • 509

                  #9
                  Guten Morgen und danke für die spannenden und auch erheiternden Beiträge. Es ist tatsächlich so, dass ich weit überwiegend zu tun habe mit alten Briefen, Autographen, Büchern und seltener mit Kirchenbucheinträgen. Also zusammengefasst kann ich wohl entnehmen: Nichts ist ganz unmöglich, und klare Hinweise, wie das zustandegekommen ist, lassen sich nicht erkennen. Kriminelle Energien sind hier definitiv nicht ausschließbar. Es handelt sich um eine Familie Ullrich, die ich mittlerweile für das Zentrum eines Literaturfälscherrings halte. Meine Vorfahren v. Gerstenberg waren da mit beteiligt.

                  Die drei Geburtseinträge mit dem Ort konnte ich noch nicht finden. Ausschließen möchte ich Reichen in Böhmen. Den angeblichen Vater Joseph Ullrich fand ich dort tatsächlich, aber er war zu alt, katholisch und ein armer Bauer. Gesucht wird eine reformierte Familie, deren Vater Gutspächter oder Gutsbesitzer war. Und da alle Söhne beruflich erfolgreich waren, einer auch als Goldschmied, glaube ich, es dürfte sich um ein größeres Gut handeln.
                  Die Geschichte aus Jerichow gucke ich mir gleich mal genauer an. Denn mein gefühlter Favorit als Geburtsort ist Böhne bei Jerichow, das irgendwann sogar mal westfälisch war. Die Herren bewegten sich ja im Raum Berlin, Brandenburg, und einer hat eine Zeitlang in Magdeburg gelebt. Ich werde bald Einsicht bekommen in die Kirchenbücher.

                  Also ganz lieben Dank, zumindest kann ich diesen Vorgang jetzt besser einordnen.

                  Martha

                  Kommentar

                  • Andre_J
                    Erfahrener Benutzer
                    • 20.06.2019
                    • 1899

                    #10
                    Zitat von MarthaLU Beitrag anzeigen
                    mein gefühlter Favorit als Geburtsort ist Böhne bei Jerichow, das irgendwann sogar mal westfälisch war.
                    Wann soll das denn gewesen sein?
                    Mir ist nur bekannt, dass das Königreich Westphalen von Napoleons Gnaden bis zur Elbe reichte. Aber jenseits der Elbe?
                    Gruß,
                    Andre

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                    • MarthaLU
                      Erfahrener Benutzer
                      • 13.02.2013
                      • 509

                      #11
                      Da habe ich mich schlampig ausgedrückt, weil die tatsächliche Zugehörigkeit für meine Suche weniger wichtig ist als das, was früher in Zeitungen und Büchern stand. Ich fand sogar eine ganze Reihe Hinweise auf Westfalen, was vielleicht daran liegt, dass die Altmark dazu gehörte? Jedenfalls stört es meine Jerichower Vermutungen nicht, dass Pfarrrer und Buchautoren Böhne in Westfalen lokalisierten. Denn alle Böhne, Bähne usw in Westfalen und Niedersachsen konnte ich schon sicher ausschließen.

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                      • JuHo54
                        Erfahrener Benutzer
                        • 27.12.2008
                        • 1058

                        #12
                        Ihr Lieben,
                        Tatsache ist, dass die Pfarrer sich oft auf die Angaben verlassen mussten, die gemacht wurden. Wenn jemand z.B. Kolonist war aus einer ganz anderen Region oder einem anderen Land, wie sollte er das nachprüfen können ? Besonders Sterbedaten sind mit Vorsicht zu genießen... mein Ururgroßvater kam aus der Oberpfalz und ist in Westpreußen gelandet und dort verstorben. Laut Sterbeurkunde ( sogar standesamtlich) kam er aus dem Würtembergischen.....
                        Liebe Grüße
                        Jutta
                        Es ist nicht das Wissen, sondern das Lernen,
                        nicht das Besitzen, sondern das Erwerben,
                        nicht das Dasein, sondern das Hinkommen,
                        was den größten Genuss gewährt.
                        Carl Friedrich Gauß


                        FN Wittmann und Angehörige - Oberpfalz-Westpreußen/Ostpreußen/Danzig - Düsseldorf- südliches Afrika
                        FN Hoffmann und Angehörige in Oberschlesien- FN Rüsing/Gierse im Sauerland

                        IG Oberpfalz- IG Düsseldorf und Umgebung - IG Bergisches Land - IG Ostpreußen-Preußisch Holland -IG Nürnberg und Franken

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                        • MarthaLU
                          Erfahrener Benutzer
                          • 13.02.2013
                          • 509

                          #13
                          Hallo Jutta,

                          Das ist aber auch ein nettes Beispiel...Es ist also wie immer im Leben, die einen so, die anderen so. Macht die Suche nun auch nicht einfacher.

                          Dankeschön! Martha

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