Hallo allerseits,
in einem Buch über die Geschichte der christlichen Sexualmoral (Georg Denzler 1988: "Die verbotene Lust. 2000 Jahre christliche Sexualmoral") habe ich zu meiner Überraschung eine ganze Reihe von Aussagen bezüglich der Eheschließung gefunden, die aus meiner Sicht durchaus auch genealogisch interessant sind.
Beispiele:
- bezüglich des Zeitpunktes, ab wann eine Ehe als rechtsgültig anzusehen sei, gab es ursprünglich einen entscheidenden Unterschied zwischen der christlich-römischen und der germanischen Auffassung: bei den Germanen war der erfolgte Geschlechtsakt der entscheidende Zeitpunkt (daher wurde das Paar häufig von Zeugen "zu Bett" gebracht, mehr oder weniger öffentlich entkleidet und der erste Geschlechtsakt ebenfalls vor Zeugen durchgeführt), im christlich-römischen Recht war der entscheidende Zeitpunkt der freiwillige, mündliche Vertrag beider Partner, bei dem noch nicht einmal Zeugen anwesend sein mussten (d.h. auch ein mündlicher Vertrag ohne Zeugen wurde - wenn auch kaum zu beweisen - als gültig angesehen)
- die Frage, welchen Zweck eine Ehe habe bzw. welcher der zu bevorzugende Grund sei (gegenseitige Treue, Erzeugung von Kindern, Vermeidung von "Unzucht") war in den christlichen Kirchen immer wieder in Diskussion und wurde auch immer wieder mit anderen Schwerpunkten beantwortet (wichtig beispielsweise für die Frage, ob Unfuchtbarkeit eines Partners die Ehe ungültig machen könne!)
-enge Verwandtschaft als Ehe-Hinderung und einer der ganz wenigen möglichen Scheidungsgründe war anscheinend schon recht frühzeitig in der Diskussion, wobei kirchlicherseits die Verwandtschaft als Hinderungsgrund im Hochmittelalter zeitweilig so weit gefasst wurde, dass sie kaum noch beweisbar war und (schon mit Rücksicht auf den Adel, bei dem dadurch die Auswahl all zu sehr engeschränkt wurde) nach einiger Zeit wieder stark zusammengestrichen wurde
- in der katholischen Kirche wurde die Eheschließung vor dem Pfarrer und zwei Zeugen erst mit dem Konzil von Trient 1563 verbindlich und mit dem dreimaligen "Aufgebot" verbunden. Grund für die Regel: da auch nach kirchlicher Tradition eine Ehe mit dem gegenseitigen mündlichen Versprechen auch weiterhin selbst dann als gegeben angesehen wurde, wenn es keinerlei Zeugen und keinen christlichen Segen gab, sollte verhindert werden, dass die Kirche womöglich eine ungültige Ehe segne. Außerdem gaben die Aufgebote der Kirche zumindest noch etwas Zeit, andere mögliche Hinderungsgründe zu prüfen. In den protestantischen Kirchen gab es erst später entsprechende Regelungen!
- die öffentliche Eheschließung wurde, obwohl sie nicht zwingend vorgeschrieben wurde, seitens der Kirche auch deshalb angeraten, um Frauen vor Männern zu schützen, die sie betrügen wollten.
- erst im 19. Jahrhundert fingen weltliche Behörden an, nur solche Ehen als zulässig anzusehen, bei denen die Partner nachweisen konnten, sich und etwaige Kinder finanziell selbst versorgen zu können (und die Kirchen ließen sich darauf ein). Das könnte vielleicht erklären, weshalb es ab dieser Zeit einen deutlichen Anstieg an unehelichen Geburten gab...
Beste Grüße!
in einem Buch über die Geschichte der christlichen Sexualmoral (Georg Denzler 1988: "Die verbotene Lust. 2000 Jahre christliche Sexualmoral") habe ich zu meiner Überraschung eine ganze Reihe von Aussagen bezüglich der Eheschließung gefunden, die aus meiner Sicht durchaus auch genealogisch interessant sind.
Beispiele:
- bezüglich des Zeitpunktes, ab wann eine Ehe als rechtsgültig anzusehen sei, gab es ursprünglich einen entscheidenden Unterschied zwischen der christlich-römischen und der germanischen Auffassung: bei den Germanen war der erfolgte Geschlechtsakt der entscheidende Zeitpunkt (daher wurde das Paar häufig von Zeugen "zu Bett" gebracht, mehr oder weniger öffentlich entkleidet und der erste Geschlechtsakt ebenfalls vor Zeugen durchgeführt), im christlich-römischen Recht war der entscheidende Zeitpunkt der freiwillige, mündliche Vertrag beider Partner, bei dem noch nicht einmal Zeugen anwesend sein mussten (d.h. auch ein mündlicher Vertrag ohne Zeugen wurde - wenn auch kaum zu beweisen - als gültig angesehen)
- die Frage, welchen Zweck eine Ehe habe bzw. welcher der zu bevorzugende Grund sei (gegenseitige Treue, Erzeugung von Kindern, Vermeidung von "Unzucht") war in den christlichen Kirchen immer wieder in Diskussion und wurde auch immer wieder mit anderen Schwerpunkten beantwortet (wichtig beispielsweise für die Frage, ob Unfuchtbarkeit eines Partners die Ehe ungültig machen könne!)
-enge Verwandtschaft als Ehe-Hinderung und einer der ganz wenigen möglichen Scheidungsgründe war anscheinend schon recht frühzeitig in der Diskussion, wobei kirchlicherseits die Verwandtschaft als Hinderungsgrund im Hochmittelalter zeitweilig so weit gefasst wurde, dass sie kaum noch beweisbar war und (schon mit Rücksicht auf den Adel, bei dem dadurch die Auswahl all zu sehr engeschränkt wurde) nach einiger Zeit wieder stark zusammengestrichen wurde
- in der katholischen Kirche wurde die Eheschließung vor dem Pfarrer und zwei Zeugen erst mit dem Konzil von Trient 1563 verbindlich und mit dem dreimaligen "Aufgebot" verbunden. Grund für die Regel: da auch nach kirchlicher Tradition eine Ehe mit dem gegenseitigen mündlichen Versprechen auch weiterhin selbst dann als gegeben angesehen wurde, wenn es keinerlei Zeugen und keinen christlichen Segen gab, sollte verhindert werden, dass die Kirche womöglich eine ungültige Ehe segne. Außerdem gaben die Aufgebote der Kirche zumindest noch etwas Zeit, andere mögliche Hinderungsgründe zu prüfen. In den protestantischen Kirchen gab es erst später entsprechende Regelungen!
- die öffentliche Eheschließung wurde, obwohl sie nicht zwingend vorgeschrieben wurde, seitens der Kirche auch deshalb angeraten, um Frauen vor Männern zu schützen, die sie betrügen wollten.
- erst im 19. Jahrhundert fingen weltliche Behörden an, nur solche Ehen als zulässig anzusehen, bei denen die Partner nachweisen konnten, sich und etwaige Kinder finanziell selbst versorgen zu können (und die Kirchen ließen sich darauf ein). Das könnte vielleicht erklären, weshalb es ab dieser Zeit einen deutlichen Anstieg an unehelichen Geburten gab...
Beste Grüße!
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