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#11
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Hallo.
Meine Großeltern mütterlicherseits haben oft über ihren Erfahrungen gesprochen, die Großmutter eher als der Großvater. Sie hat einen Bombenangriff - noch als Schulmädchen - knapp überlebt, ohne körperliche Folgen. Eine Schulkameradin ist gestorben. Mit dem Bruder meiner Großmutter mütterlicherseits hatte ich wenig zu tun, er war im 2. Weltkrieg, jedoch hinter der Front, als Dolmetscher. Die Schwester meines Großvaters mütterlicherseits hat vom Krieg nie etwas erzählt bzw. nicht mir. Die Großmutter väterlicherseits - den Großvater väterlicherseits habe ich nicht gekannt, der ist vor meiner Zeit gestorben und zu jung gewesen, um in den Krieg zu sehen, vielleicht hat man ihn zum Volkssturm eingezogen, das wäre möglich - hat nie etwas über früher erzählt bzw. wenn dann nicht mir. Sie hat gearbeitet, ein Dach über dem Kopf gehabt und das dürfte für sie gepasst haben. Wobei sie auch nicht ewig vorausgeplant , sondern - so sehe ich das rückblickend, etwas verklärend - "im Hier und im Jetzt" gelebt hat. Auch die Schwester meiner Großmutter väterlicherseits hat nie etwas von früher erzählt. Der Bruder meiner Großmutter väterlicherseits ist zum Volkssturm einzogen worden, als Schuljunge, das weiß ich aus erster Hand. Mehr Details weiß ich nicht mehr, das Gespräch ist zu lange her. Herzliche Grüße Andrea Geändert von Andrea1984 (17.05.2021 um 14:33 Uhr) |
#12
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Das kenn ich, Lutz! Wir haben ja damals nicht viel von der Welt sehen dürfen und da hab ich Opa immer gefragt "Warst du mal in Italien?" - "Einmal." war die Antwort. Bei den meisten Ländern natürlich geflunkert.
Der andere Opa hat nichts erzählt. Er war Lokführer. (Das reicht eigentlich, um sich so Gedanken zu machen.) Aber mein Onkel weiß, daß er wiederholt Züge mit beschädgten Loks von der Ostfront zurückholen mußte. Die beiden Opas haben sich sehr gut verstanden. Vermutlich konnten sie sich mit ganz wenigen Andeutungen über ihre Erlebnisse austauschen. |
#13
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Was unsere Großeltern (bzw. Eltern/Urgroßeltern, je nach Generation) mitgemacht haben, können wir uns schwer vorstellen. Da hat wohl jeder auf seine/ihre Art versucht, das Erlebte zu verarbeiten (ob erfolgreich oder nicht).
Im Nachhinein weiß ich nicht, ob es ein Glück oder ein Verlust war, dass meine Opas nie vom Krieg erzählt haben. Mein Opa mütterlicherseits war Offizier, es gibt Fotos von ihm hoch zu Ross. Hat er an Gräueln der Wehrmacht mitgewirkt? Er war religiös erzogen, ein liebevoller Sohn und Bruder (das weiß ich aus alten Briefen), später ein sehr sanfter, feiner Herr. In russischer Kriegsgefangenschaft hat er seinen rechten Arm verloren. Aber ich habe nie gehört, dass er über die "Russen" geschimpft hätte. Eher war noch seine Frau (meine Oma) an seiner Stelle verbittert, auch wie lange ihr der Ehemann genommen war. Von ihr hörte ich auch manchmal (sehr leise), dass Hitler ja nicht nur Schlechtes gemacht hätte. Etwas mehr hat Opas Schwester (die unverheiratet mit im Haushalt lebte) erzählt, wie sie ausgebombt wurden, und dann im Oberland evakuiert waren, wo das Klavier untergebracht war, und dass dann Flüchtlinge in der Schwabinger Wohnung einquartiert waren. Habe ich mir leider nicht genauer aufgeschrieben. Jedenfalls ging es ihr ziemlich gut, noch während der Kriegsjahre ist sie mit Kollegen regelmäßig Skifahren gegangen. Von meinem anderen Opa habe ich erst im Zuge meiner Familienforschung erfahren, dass er auch an der Front und in französischer Kriegsgefangenschaft war. Irgendwie hatte ich angenommen, dass das Sudetenland bis zur Vertreibung ein eher friedlicher Ort war. Auch er sprach nie vom Krieg, war eher ein lustiger und aufbrausender Typ, nicht grüblerisch und rückwärtsgerichtet. Seine Frau hat dagegen einige wenige Male von der Flucht erzählt, tagelang in einem Güterzug mit einem Eimer als Toilette. Das fand sie so beschämend. Dass sehr viele andere Menschen sehr viel mehr gelitten haben, war ihr wohl zu ihren Lebzeiten nicht mehr zu vermitteln. Trotz aller Widersprüchlichkeiten vermisse ich meine Großeltern immer wieder (kennt Ihr das Lied "Großvater" von STS?). Nachdenkliche Grüße Bienenkönigin |
#14
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Zitat:
Vielleicht treffen sich ja deine Großeltern und meine Großeltern irgendwo auf ein Bier, das wäre doch was. Passieren kann ihnen dabei nichts, sie sind ja schon tot. Herzliche Grüße Andrea |
#15
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Hallo,
habe da andere Erfahrungen gemacht. Zwar habe ich meine Großväter nicht mehr erlebt. Doch haben mir meine Großmütter immer breitwillig Auskunft auf meine Fragen gegeben wie Was habt ihr vor 1933 gewählt mit der Fangfrage und wie habt ihr ihr es bei der Ja -Abstimmung gehalten. So war es auch mit den Kriegserlebnissen. Natürlich kamen die Allgemeinplätze zuerst doch wenn sich ein Gespräch entwickelt hat dann kamen auch mehr Hintergründe und Verhaltensweise zu Tage. Zudem gab es Onkels ... zu befragen auch wieder ehr eine Offenheit etwas mal auszusprechen. Ich hatte ein Onkel der vom ersten bis zum letzten Kriegstag im Einsatz war, der wollte auch nicht reden, doch hat er bereitwillig auf Fragen geantwortet. Es kam wohl auf die Atmosphäre an. In der Familie war das Thema nicht Tabu. Doch in der Gesellschaft war das Thema bis in die 70ziger Jahre ein Tabu. Ich kann mich noch an eine Ausstellung Ende der Siebziger in meiner Heimatstadt erinnern. Als Jugendlicher gefragt erhielt man keine Antworten. Das geht dich nichts an. Oder im Verein, kein Gespräch möglich, obwohl es ein Thema unter den "Kameraden" war. Mit vielen Grüßen |
#16
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Mein väterlicher Opa hat in zwei Kriegen "gedient". Erzählt hat er nicht viel obwohl er bestimmt viel erlebt hat wie ich seinem Wehrpass entnehmen konnte der nach seinem Tode bei mir gelandet ist.
Mitgemachte Gefechte 2. - 4.9.16 Stellungskämpfe im Wytschaete Bogen 5.9.- 29.10.16 Schlacht an der Somme 30.10.-24.12.16 Stellungskämpfe in der Champagne 25.12.16 - 29.1.17 Ruhe in Lothringen 30.1.-5.4.17 Kämpfe an der Aisne 6.4.-27.5.17 Doppelschlacht Aisne-Champagne 28.5.-13.6. ? 17 Stellungskämpfe am Chemin des Dames 4.6. (?) -22.6.17 Erstürmung der franz. Stellg. östlich La Royere FE 8.7.17 Erstürmung der feindl. Stellg beiderseits der Royere Fe 14.3.-9.9.17 Abwehrschlacht bei Verdun Im II.WK war er als Kraftfahrer in einer Verpflegungseinheit, da war es wohl etwas ruhiger. Ich glaube er hat sich nicht als "Held" gefühlt und somit gab es einem kleinen Jungen der ich damals war wohl auch nichts zu erzählen. Ich habe auch nicht gefragt, für mich war Krieg kein Thema obwohl Ruinen in der Stadt tolle Spielplätze waren. Die Eltern von meinem Opa sind bei einem Luftangriff in der Heimat umgekommen, die Gräber habe ich mit Oma gepflegt. Mehr wollte ich dazu garnicht wissen. Heute weiß ich durch meine Forschungen dass sie nicht durch diesen Luftangriff umgekommen sind sondern einige Tage später im Lazarett wohl "entsorgt" wurden weil die Behandlung zu viele Kräfte gebunden hätte. Diagnose: Altersschwäche, sie starben plötzlich beide innerhalb von 24 Stunden. Mein mütterlicher Opa ist im I.WK zweimal für längere Zeit in Schützengräben und Bombentrichtern verschüttet gewesen. Darunter hat er sein restliches Leben lang gelitten und ist früh gestorben. Heute nennt man das wohl posttraumatische Belastungsstörung, aber welche Soldat hat damals keine Störung aus dem Krieg mitgebracht. Ich kann es verstehen wenn sie nicht darüber geredet haben. Und ch war nicht neugierig und habe nicht gefragt. Geändert von Balle (17.05.2021 um 23:47 Uhr) |
#17
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"Kriegsenkel" und die transgenerationale Traumabelastung ist ja seit jüngerer Zeit ein Thema, das zunehmend an Aufmerksamkeit gewinnt. Wenn Fakten überliefert sind oder in der eigenen Forschung entdeckt werden und man sich damit auseinandersetzen kann, dann erklärt sich einem diese oder jene eigene Verhätltensweise ...
Und so dicht wie die beiden großen Kriege beieinander lagen, sind wohl so manche von uns gleichzeitig Kriegsenkel und -urenkel. Sabine Bode hat mir dahingehend die Augen geöffnet und nicht viel Gegenwärtiges an online verfügbarem reicht da heran. (Also auch ein sehr ambitioniertes, aber bewußt nicht genanntes Onlinekongressprojekt ist mir weithin allzu esoterisch für eine konkrete Auseinandersetzung.) |
#18
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Hallo zusammen. Mein Opa erzählt auch nichts über Krieg.
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#19
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Zitat:
Mein Vater hat seine Erlebnisse als Lufwaffenhelfer, beim RAD und bei der Wehrmacht immer mal wieder berichtet. Was er zur Wehrmachtszeit erzählt hat, stimmt sehr gut mit dem überein, was in seinem Tagebuch von 1944/45 steht und was erfreulicherweise noch lesbar ist. Wäre er im April 45 nicht desertiert, hätte auch er das Kriegsende nicht erlebt. Er hat übrigens auch berichtet, dass die Waffen-SS beim RAD rekrutiert hat. Gegen Kriegsende waren bei der Truppe demnach nicht mehr nur Freiwillige. Mein Opa war im 1. Weltkrieg und hat weniger davon erzählt. Am ehesten einige Geschichten aus seiner Zeit in französischer Gefangenschaft. Die persönliche Bilanz beider Weltkriege ist verdammt einfach: sie haben unsere Familie an den Rand des Aussterbens gebracht. Gruß E. Schmidt. |
#20
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Ein interessantes Thema. Da gibt es sehr unterschiedliche Facetten.
Da ist zum einen die schulische Geschichte. Unsere Lehrer haben 2x die vorhergehende Geschichte so sehr in die Länge gezogen, dass für die neuere Vergangenheit "keine Zeit" mehr war. Ich erinnere mich noch gut, wie enttäuscht ich war, als wir wieder mit Adam und Eva (resp. der Steinzeit) in der Mittelstufe anfingen. In der Oberstufe wiederholte sich dann die Verzögerungstaktik. Und in der Familie? Da wurden eher die belanglosen Themen aus der betreffenden Zeit besprochen, nichts Politisches. Mit einer Ausnahme: Meine Mutter erzählte immer, dass sie unsägliche Angst um ihren Vater hatte, der wohl kein Blatt vor den Mund nahm und über das herrschende System herzog (eine Tante bezeichnete ihn Jahrzehnte später noch als "Kommunisten" - ob zutreffenderweise, weiß ich nicht). Jedenfalls spielte mein Großvater gerne Schach, und der Wirt seiner Stammkneipe, mit dem er sich oft im Schachspiel duellierte, warnte ihn wohl häufiger, vorsichtiger zu sein. Dieser Wirt war ein eingefleischter Anhänger der NSDAP, aber wohl kein so unebener Kerl. Meine Mutter vermutete, dass die Freundschaft zum Schachpartner ihren Vater vor Schlimmerem bewahrte. Auf Grund seiner Überzeugung meldete sich dieser Wirt freiwillig zum Militäreinsatz. Bei einem Urlaub soll er meinem Großvater gesagt haben: "Otto, ich muss Dir Abbitte tun. Es ist noch viel schlimmer, als Du es vermutet hast." Der Wirt hat den Krieg nicht überlebt. Mein Opa, der schon im 1. WK aktiv gewesen war (als Ulan in Ostpreußen), wurde noch spät eingezogen, aber noch ehe man alles einzog, was noch auf zwei Beinen stehen und ein Gewehr halten konnte. Er hat schlussendlich auch diesen Krieg überlebt, ebenso wie sein Schwager, der ebenfalls an zwei Weltkriegen teilnahm. Über seine Erlebnisse in den Kriegen hat er, zumindest mit mir, nie gesprochen. Irritiert, und später entsetzt, hat mich der Ausspruch meiner Mutter, dass das Hitler-Regime doch auch sein Gutes gehabt habe, man hätte nur nach dem Anschluss von Böhmen und Mähren aufhören sollen. Und das von einer Frau, die in ständiger Angst um ihren Vater gelebt hatte. Wie passt das zusammen? In der Familie meines Vaters waren 3 Brüder im Kriegseinsatz. Einer kam kriegsversehrt zurück, ihm waren in Russland die Zehen abgefroren. Das hinderte ihn aber nicht daran, ein lustiger Kerl zu sein. Der älteste Bruder war lange in französischer Gefangenschaft, war danach schlecht auf alle Franzosen zu sprechen und aß nie wieder Hähnchenfleisch. Mein Vater, der jüngste der drei Brüder, wurde altersgemäß erst spät eingezogen, war einige Zeit in Norwegen und anschließend im Baltikum beim Bodenpersonal der Luftwaffe, wo er mit einer der letzten Maschinen aus dem Kurland-Kessel ausgeflogen wurde. Diese "nackten" Fakten kannten wir als Kinder, und an mehr waren wir nicht interessiert. Heute würde ich mit Sicherheit mehr hinterfragen wollen, aber das nutzt nun auch nichts mehr. Mein Vater war sicherlich, wie viele andere seiner Generation, sozusagen systembezogen in den Krieg hineingeschlittert, nicht jedoch seiner politisch-gesellschaftlichen Überzeugung nach, die war diesen Tendenzen diametral entgegengesetzt. |
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