Liebe Mitforscher,
ich bin vor kurzem zum ersten Mal auf eine für nichtig erklärte Ehe gestoßen, auf deren möglichen Hintergrund ich mir keinen wirklichen Reim machen kann:
Herr A heiratet im Herbst 1936 Frau B. Er ist "freireligiös", sie evangelisch. Sie heiraten sowohl standesamtlich als auch evangelisch. Ungewöhnlich: die Mütter der beiden sind bei der standesamtlichen Trauung die Trauzeugen. Im Herbst 1937 wird die Ehe für nichtig erklärt, was ich aus einem Randvermerk im standesamtlichen Heiratseintrag erfahren habe (der Kirchenbucheintrag enthält keinen Hinweis auf die Annulierung). Der Nichtigkeitsbeschluss ist weder in der Sammelakte noch in den Unterlagen des Landgerichts erhalten (diese haben laut Auskunft des Archivs größere Lücken wegen eines Bombentreffers). Die Meldekarten der beiden sind unvollständig (Grund unbekannt), es ist dadurch nicht zu klären, wie lange die beiden zusammen gelebt haben. Hinweise auf gemeinsame Kinder gibt es ebenfalls nicht auf den Meldekarten.
Vorgeschichte: Herr A hatte 1926 eine Frau aus Holland geheiratet und hatte mit ihr zwei Kinder. Aus der Sammelakte zur zweiten Ehe geht hervor, dass die Ehe 1932 geschieden wurde, nachdem die Frau schon vor einiger Zeit mit dem einzigen noch lebenden Kind zu ihrer Mutter nach Holland zurückgekehrt war. Die Scheidung hatte die Frau beantragt, Begründung: Ehebruch des Mannes mit Frau C. Unklar ist, ob der Ehebruch vor oder nach ihrer Rückkehr nach Holland stattfand.
In den 1950er Jahren hat Herr A noch einmal geheiratet, die Ehe endete mit dem Tod der Frau. Das Standesamt will mir keine Auskunft aus der Sammelakte zu dieser Ehe geben, obwohl beide Ehepartner seit mehr als 30 Jahren tot sind. Begründung: die Interessen des Ehemannes würden meine Interessen überwiegen, auch bezüglich möglicherweise darin enthaltenen Informationen zur Ehe mit Frau B. Erst wenn die Unterlagen in mehr als 10 Jahren ins Archiv gehen, darf ich Auskunft bekommen. (Wobei ich vermute, dass die Angaben zur zweiten Ehe wegen des Bombentreffers sowieso nur nach Auskunft von Herrn A aufgenommen worden sein dürften.)
Ich habe keine Hinweise darauf, dass aus der dritten Ehe von Herrn A ein Kind hervorgegangen ist (die Sammelakte zu seinem Sterbeeintrag ist nicht mehr erhalten).
Frau B hat 1940 erneut geheiratet, die Ehe endete mit dem Tod ihres Mannes in den 1990ern. Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder hervor. Die Unterlagen zur Ehe wurden im Krieg zerstört.
Welchen Reim würdet ihr euch darauf machen? Aus welchen Gründen kann die Ehe für nichtig erklärt worden sein? Und wie lange haben die beiden vermutlich zusammengelebt, sprich wie lang dauerte damals ein Verfahren zur Feststellung der Nichtigkeit einer Ehe?
(Offensichtliche Verstöße gegen die "Nürnberger Gesetze" habe ich nicht gefunden. Allerdings hatten sowohl Herr A als auch Frau B jeweils einen unbekannten Großvater, und nicht alle Taufeinträge der Großeltern von Herrn A sind online verfügbar. Die Heiratsurkunde der Eltern von Herrn A mit Angaben zu den Großeltern ist aber in den Aufgebotsunterlagen enthalten. Zum unbekannten Großvater wurde jeweils in den Aufgebotsunterlagen versichert, er sei "deutschblütig" und "evangelisch" - wie auch immer man das bei einem unbekannten Großvater wissen will...)
Vielen Dank,
Heike
ich bin vor kurzem zum ersten Mal auf eine für nichtig erklärte Ehe gestoßen, auf deren möglichen Hintergrund ich mir keinen wirklichen Reim machen kann:
Herr A heiratet im Herbst 1936 Frau B. Er ist "freireligiös", sie evangelisch. Sie heiraten sowohl standesamtlich als auch evangelisch. Ungewöhnlich: die Mütter der beiden sind bei der standesamtlichen Trauung die Trauzeugen. Im Herbst 1937 wird die Ehe für nichtig erklärt, was ich aus einem Randvermerk im standesamtlichen Heiratseintrag erfahren habe (der Kirchenbucheintrag enthält keinen Hinweis auf die Annulierung). Der Nichtigkeitsbeschluss ist weder in der Sammelakte noch in den Unterlagen des Landgerichts erhalten (diese haben laut Auskunft des Archivs größere Lücken wegen eines Bombentreffers). Die Meldekarten der beiden sind unvollständig (Grund unbekannt), es ist dadurch nicht zu klären, wie lange die beiden zusammen gelebt haben. Hinweise auf gemeinsame Kinder gibt es ebenfalls nicht auf den Meldekarten.
Vorgeschichte: Herr A hatte 1926 eine Frau aus Holland geheiratet und hatte mit ihr zwei Kinder. Aus der Sammelakte zur zweiten Ehe geht hervor, dass die Ehe 1932 geschieden wurde, nachdem die Frau schon vor einiger Zeit mit dem einzigen noch lebenden Kind zu ihrer Mutter nach Holland zurückgekehrt war. Die Scheidung hatte die Frau beantragt, Begründung: Ehebruch des Mannes mit Frau C. Unklar ist, ob der Ehebruch vor oder nach ihrer Rückkehr nach Holland stattfand.
In den 1950er Jahren hat Herr A noch einmal geheiratet, die Ehe endete mit dem Tod der Frau. Das Standesamt will mir keine Auskunft aus der Sammelakte zu dieser Ehe geben, obwohl beide Ehepartner seit mehr als 30 Jahren tot sind. Begründung: die Interessen des Ehemannes würden meine Interessen überwiegen, auch bezüglich möglicherweise darin enthaltenen Informationen zur Ehe mit Frau B. Erst wenn die Unterlagen in mehr als 10 Jahren ins Archiv gehen, darf ich Auskunft bekommen. (Wobei ich vermute, dass die Angaben zur zweiten Ehe wegen des Bombentreffers sowieso nur nach Auskunft von Herrn A aufgenommen worden sein dürften.)
Ich habe keine Hinweise darauf, dass aus der dritten Ehe von Herrn A ein Kind hervorgegangen ist (die Sammelakte zu seinem Sterbeeintrag ist nicht mehr erhalten).
Frau B hat 1940 erneut geheiratet, die Ehe endete mit dem Tod ihres Mannes in den 1990ern. Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder hervor. Die Unterlagen zur Ehe wurden im Krieg zerstört.
Welchen Reim würdet ihr euch darauf machen? Aus welchen Gründen kann die Ehe für nichtig erklärt worden sein? Und wie lange haben die beiden vermutlich zusammengelebt, sprich wie lang dauerte damals ein Verfahren zur Feststellung der Nichtigkeit einer Ehe?
(Offensichtliche Verstöße gegen die "Nürnberger Gesetze" habe ich nicht gefunden. Allerdings hatten sowohl Herr A als auch Frau B jeweils einen unbekannten Großvater, und nicht alle Taufeinträge der Großeltern von Herrn A sind online verfügbar. Die Heiratsurkunde der Eltern von Herrn A mit Angaben zu den Großeltern ist aber in den Aufgebotsunterlagen enthalten. Zum unbekannten Großvater wurde jeweils in den Aufgebotsunterlagen versichert, er sei "deutschblütig" und "evangelisch" - wie auch immer man das bei einem unbekannten Großvater wissen will...)
Vielen Dank,
Heike
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