Beruf Erbschenk einer kleinen Ortschaft im 18. Jhdt.

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • mq73
    Erfahrener Benutzer
    • 03.11.2011
    • 252

    #16
    Vielen Dank für eure zahlreichen Tipps und Erklärungen! Jetzt kenn ich mich aus!
    Liebe Grüße
    Andreas

    Kommentar

    • Anna Sara Weingart
      Erfahrener Benutzer
      • 23.10.2012
      • 15113

      #17
      Zitat von henrywilh Beitrag anzeigen
      ... Der "Erbschenk" war der Inhaber einer "Erbschenke", die mit vererbbarem Schenkrecht ausgestattet war. Das ist der Kern der Anfrage.
      Dorfrichter kann der zugleich gewesen sein, zeitlich und regional gewiss unterschiedlich. Unwichtig. ...
      Nein, das kann man so nicht behaupten. In dem Fall hätte es in Deutschland viel häufiger die Bezeichnung "Erbschenke" gegeben haben müssen, wenn es nur an einem Brau- oder Schenkrecht gelegen hätte. Es war aber normal, dass man mit dem Erwerb einer Gaststätte auch das Schenkrecht erbte, das ist doch selbstverständlich. Dafür verwendete man nicht extra den Begriff Erbschenke.

      Es ist aber seltener, dass ein Erbgerichtsamt an den Besitz einer Schenke gekoppelt war, so wie dies im Fall Altenhain der Fall war. Der Beleg dazu ist in oben angeführter Quelle zu lesen.

      Fazit: das an den Besitz der Schenke gekoppelte Erbgerichtsamt führte dazu, dass in Altenhain diese Schenke als Erbschenke bezeichnet wurde.
      Viele Grüsse
      Viele Grüße

      Kommentar

      • Anna Sara Weingart
        Erfahrener Benutzer
        • 23.10.2012
        • 15113

        #18
        Nachtrag/Korrektur: nach Lektüre bin ich mir meiner letzten Behauptung nicht mehr sicher. Ob zu unserem fraglichen Zeitpunkt im 18. Jht. das Erbgerichtsamt in Altenhain noch existierte, bzw. das Richteramt noch an den Besitz der Erbschenke gekoppelt war, ist nicht belegt. Daher muss man konstatieren: der Erbschenk in Altenhain war wahrscheinlich Betreiber oder Besitzer der Erbschenke, einer Gaststätte, aber mehr kann man leider nicht genau definieren, insbesondere welche (vererbbaren) Privilegien dazu gehörten zu jenem Zeitpunkt.
        Viele Grüsse
        Viele Grüße

        Kommentar

        • henrywilh
          Erfahrener Benutzer
          • 13.04.2009
          • 11784

          #19
          Zitat von Anna Sara Weingart Beitrag anzeigen
          Es war aber normal, dass man mit dem Erwerb einer Gaststätte auch das Schenkrecht erbte, das ist doch selbstverständlich. Dafür verwendete man nicht extra den Begriff Erbschenke.
          Umgekehrt wird ein Schuh draus!
          Wenn jedes Wirtshaus mit einem vererbbaren Schenkrecht versehen gewesen wäre, wäre der Zusatz "Erb-" ganz und gar überflüssig gewesen, weil es dann ja ausschließlich Erbschenken gegeben hätte.
          Da es aber auch "Krüge", "Schenken", Wirtshäuser ohne vererbtes Schenkrecht gab, war es natürlich sinnvoll, für jene, die mit einem solchen versehen waren, die Bezeichnung "Erbschänke", "Erbkrug" zu verwenden.
          Schöne Grüße
          hnrywilhelm

          Kommentar

          • Anna Sara Weingart
            Erfahrener Benutzer
            • 23.10.2012
            • 15113

            #20
            OK. Ja. Du hast Recht.
            Hier ist es auch ausführlich:
            - https://books.google.de/books?id=eOZ...rechte&f=false
            - https://books.google.de/books?id=3B9...rechte&f=false

            Es gab also Gastrechts-Konzessionierungen, die entweder:
            1.) an eine Person vergeben wurden, oder
            2.) an ein Gasthaus gekoppelt waren, solch ein Gasthaus nannte man Erbkrug, da man das Recht mit dem Erwerb des Hauses erbte

            Viele Grüsse
            Zuletzt geändert von Anna Sara Weingart; 08.09.2018, 23:46.
            Viele Grüße

            Kommentar

            • henrywilh
              Erfahrener Benutzer
              • 13.04.2009
              • 11784

              #21
              Ja, die alten Zeiten.
              Es gab - zumindest in Norddeutschland - auf dem platten Land sogar "Erbschulen".
              Da vererbte der alte Schulmeister seine Stelle auf seinen Sohn!
              Schöne Grüße
              hnrywilhelm

              Kommentar

              • rigrü
                Erfahrener Benutzer
                • 02.01.2010
                • 2559

                #22
                Wobei man den Wortbestandteil "Erb-" nicht so eng wie heute definieren sollte. Genauso wie man eine Erbschänke samt Konzession an seine Erben weitergeben konnte, war es möglich sie einfach zu verkaufen.
                rigrü

                Kommentar

                • zeilenweise
                  Erfahrener Benutzer
                  • 10.07.2018
                  • 322

                  #23
                  Zitat von henrywilh Beitrag anzeigen
                  Es gab - zumindest in Norddeutschland - auf dem platten Land sogar "Erbschulen".
                  Da vererbte der alte Schulmeister seine Stelle auf seinen Sohn!
                  Das gab es auch in Süddeutschland. Die Gründe dafür waren vermutlich ganz praktisch: Zum einen ist die Lehrerfamilie in der Regel die gebildetste Familie im Dorf, wo wahrscheinlich die meisten Bücher, Musikinstrumente und Zeichensachen zu finden waren. Es liegt also nahe, dass die Söhne von Lehrern wiederum Lehrer wurden. Zum anderen war der Nachfolger oft verpflichtet, dem Vorgänger Zahlungen zu leisten - quasi als Pension. Das ist natürlich am unkompliziertesten zu realisieren, wenn es in der Familie bleibt.
                  Häufig gehen aus den Lehrerfamilien dann auch Geistliche hervor, denn neben der Lehrerwohnung war natürlich das Pfarrhaus der andere gebildete Ort des Dorfes. Lehrer hatten ja ohnehin auch oft kirchliche Aufgaben zu übernehmen, etwa die Orgel im Gottesdienst spielen.
                  Gruß, zeilenweise

                  Kommentar

                  • Malte55
                    Erfahrener Benutzer
                    • 02.08.2017
                    • 1625

                    #24
                    Sehr schön, ein märchenhaftes Universallexikon in einem Thread!
                    Und da der Erbschenk natürlich auch die großen Schankstube geerbt hatte, erbte ein jedes Kind im Dorf seinen Platz in der neuen Erbschule. Und wenn sie nicht gestorben sind, hatten sie auch nix zu vererben...
                    Malte

                    Kommentar

                    • rigrü
                      Erfahrener Benutzer
                      • 02.01.2010
                      • 2559

                      #25
                      Gibt es einen Beleg für die "Erbschulen"? Dass ein Schulmeistersohn Schulmeister wurde und ein Pfarrersohn Pfarrer, kam sicher , u. a. aus den o. g. Gründen, immer wieder vor. Institutionalisierte "Erbschulen" kann ich mir aber nicht vorstellen.


                      Kurzer Widerspruch zu "Zum einen war die Lehrerfamilie in der Regel die gebildetste Familie im Dorf ...": Formal war der Pfarrer, allein schon wegen seines Studiums, deutlich gebildeter als der Schulmeister. Kaum ein Pfarrer, der nicht eine Universität von innen gesehen hätte. Je weiter man in der Vergangenheit zurückreicht, desto weniger hoch waren hingegen die Ansprüche an die Schulmeister.
                      rigrü

                      Kommentar

                      • Verano
                        Erfahrener Benutzer
                        • 22.06.2016
                        • 7819

                        #26
                        Zitat von rigrü Beitrag anzeigen

                        Kurzer Widerspruch zu "Zum einen war die Lehrerfamilie in der Regel die gebildetste Familie im Dorf ...": Formal war der Pfarrer, allein schon wegen seines Studiums, deutlich gebildeter als der Schulmeister. Kaum ein Pfarrer, der nicht eine Universität von innen gesehen hätte. Je weiter man in der Vergangenheit zurückreicht, desto weniger hoch waren hingegen die Ansprüche an die Schulmeister.

                        Ich verewige mich auch mit einem Beitrag zum „märchenhaften Universallexikon“:


                        Hier das * beachten:



                        Was gab es früher in den ärmeren Orten des Landes für Schullehrer?
                        Weber, Schneider, Steinmezger, Schuhflicker, abgedankte Soldaten, …

                        Viele Grüße August

                        Die Vergangenheit ist ein fremdes Land, dort gelten andere Regeln.

                        Kommentar

                        • zeilenweise
                          Erfahrener Benutzer
                          • 10.07.2018
                          • 322

                          #27
                          Zitat von rigrü Beitrag anzeigen
                          Institutionalisierte "Erbschulen" kann ich mir aber nicht vorstellen.


                          Kurzer Widerspruch zu "Zum einen war die Lehrerfamilie in der Regel die gebildetste Familie im Dorf ...": Formal war der Pfarrer, allein schon wegen seines Studiums, deutlich gebildeter als der Schulmeister. Kaum ein Pfarrer, der nicht eine Universität von innen gesehen hätte. Je weiter man in der Vergangenheit zurückreicht, desto weniger hoch waren hingegen die Ansprüche an die Schulmeister.
                          Da hast du vollkommen recht! Da ich aus einer katholischen Gegend komme, gab es in den Pfarrhäusern aber keine Familie und keine Söhne, sondern nur alleinstehende Herren (jedenfalls formal :-)). Insofern gab es da nix zu vererben, weder genetisch noch finanziell noch beruflich.
                          In den drei genealogisch eng zusammenhängenden Dörfern, mit denen ich mich gerade befasse - Mainaschaff, Kleinostheim und Dettingen - gab es tatsächlich so etwas wie Lehrerdynastien, mit einem durch die Generationen deutlich ansteigenden Grad an Ausbildung und Bildung. Von einer "Erbschule" als feste Institution kann da natürlich trotzdem nicht die Rede sein.
                          Gruß, zeilenweise

                          Kommentar

                          • Anna Sara Weingart
                            Erfahrener Benutzer
                            • 23.10.2012
                            • 15113

                            #28
                            Zitat von zeilenweise Beitrag anzeigen
                            ... Da ich aus einer katholischen Gegend komme, gab es in den Pfarrhäusern aber keine Familie und keine Söhne, sondern nur alleinstehende Herren... Insofern gab es da nix zu vererben, weder genetisch. ...
                            Hallo,
                            wenn die Intelligenz vererbt wird, und die meisten Studierten eines Landes (Pfarrer) sich nicht reproduzieren durften, führte dies zu einer negativen Selektion, dass heißt die Ungebildeten vermehrten sich überproportional. Auf die Dauer wurden (werden) katholische Gesellschaften den Anderen unterlegen.

                            Da viele Intellektuelle des 18. und 19. Jht. von protestantischen Pfarrern abstammen, fragt man sich, was wäre gewesen, wenn deren Väter keine Kinder hätten kriegen dürfen.
                            Viele Grüsse
                            Viele Grüße

                            Kommentar

                            • zeilenweise
                              Erfahrener Benutzer
                              • 10.07.2018
                              • 322

                              #29
                              Das mag ja etwas sein, was protestantische Leute sich erzählen, aber...
                              Ein Studium setzt zwar Intelligenz voraus - aber nicht jeder intelligente Mensch studiert auch. Ich hatte in meinem Beitrag dezidiert die Bildung betont, nicht die Intelligenz. Und darauf hingewiesen, dass Lehrerfamilien diese Bildung multiplizierten. Es gibt auch Fälle, wo Pfarrer einem begabten Bauernkind zu weiterer Bildung verhalfen, dessen Eltern vielleicht nicht auf die Idee gekommen wären, den Sohn aufs Gymnasium zu schicken.

                              Ich denke, dass die Industrialisierung ein wesentlicher Faktor war, die Durchschnittsintelligenz der Bevölkerung zu erhöhen. Die Eisenbahn erhöhte die Mobilität, die Arbeitsmigration zu den Städten und Fabriken sorgte für eine höhere Durchmischung und einen höheren Grad an Allgemeinwissen (einfach dadurch, dass es in einer Stadt mehr Angebote gibt). Viele Arbeitervereine wurden gegründet aus dem Wunsch, sich weiterzubilden - das geschah auch im katholischen Milieu (Stichwort Kolping).

                              Im Rahmen der Familienforschung habe ich erst begonnen, mich mit dem Katholizismus aus sozialgeschichtlicher und kultureller Perspektive zu befassen, und war recht überrascht, festzustellen, dass Protestanten die Katholiken offenbar für rückständig halten. Interessant, das jetzt sogar hier im Forum anzutreffen.
                              Gruß, zeilenweise

                              Kommentar

                              • henrywilh
                                Erfahrener Benutzer
                                • 13.04.2009
                                • 11784

                                #30
                                Zitat von rigrü Beitrag anzeigen
                                Gibt es einen Beleg für die "Erbschulen"? Dass ein Schulmeistersohn Schulmeister wurde und ein Pfarrersohn Pfarrer, kam sicher , u. a. aus den o. g. Gründen, immer wieder vor. Institutionalisierte "Erbschulen" kann ich mir aber nicht vorstellen.
                                Da ich nicht gern als jemand da stehe, der aus Jux und Dollerei ein Hirngespinst in den Raum stellt, muss ich mich nochmals zu Wort melden.

                                Von "Erbschulen" habe ich zum ersten Mal in einer Schulfunk-Sendung des NDR gehört, vor Jahrzehnten. Da besichtigte ein Superintendent einen alten Dorfschullehrer und alles war furchtbar. Er schickte ihm dann einen Absolventen der neu eingeführten Lehrerseminare. Den wollte der alte Schulmeister zum Mistfahren schicken und fiel fast in Ohnmacht, als der junge das verweigerte und auch noch eine eigene Kammer mit Tisch und Bett verlangte. Der Superintendent kam wieder und wollte den Alten aus dem Amt jagen, der aber sagte: "Das können Sie nicht, dies hier ist nämlich eine Erbschule! Ich habe die Stelle von meinem Vater geerbt" ... usw. Na ja, schließlich ließ er sich überreden, Ende gut, alles gut.

                                Belege zu finden, scheint wirklich sehr sehr schwer zu sein. Ich kann nur dies bieten:
                                Erbschulmeister.png
                                ESM2.png

                                Vermutlich müsste man in Bestandslisten von Archiven suchen.

                                Also, wer mir glaubt, hat etwas gelernt.
                                Wer nicht, der hat natürlich alles Recht dazu.
                                Schöne Grüße
                                hnrywilhelm

                                Kommentar

                                Lädt...
                                X