Mitnachbar und Inwohner

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  • Jettchen
    Erfahrener Benutzer
    • 16.10.2011
    • 1355

    Mitnachbar und Inwohner

    Die Suche betrifft das Jahr oder den Zeitraum: Erste Hälfte des 18.Jh.
    Genauere Orts-/Gebietseingrenzung: Sülzdorf bei Römhild
    Fernabfrage vor der Beitragserstellung genutzt [ja/nein]:
    Zur Antwortfindung bereits genutzte Anlaufstellen (Ämter, Archive, Datenbanken):


    Hallo ihr Thüringenforscher!
    Was versteht ihr unter der Kombination von "Mitnachbar und Inwohner"?
    Hat der Betreffende eine eigenes Anwesen besessen?
    Der Ort Sülzdorf wurde um 1717 (nach restloser Zerstörung im 30-jähr. Krieg) wieder gegründet. Mein Ahn muss aber erst einige Jahre später dort zugezogen sein.
    Danke für euere Mithilfe!
    Jettchen
  • viktor
    Erfahrener Benutzer
    • 17.01.2007
    • 1187

    #2
    Der Mitnachbar ist ein Vollbürger, der an den Gemeindeversammlungen teilnehmen konnte und auch musste. (Aktives und passives Wahlrecht) Man konnte erst nach bestimmten Auflagen und gegen Zahlung einer Geldsumme oder Sachleistungen an die Gemeindekasse durch Abstimmung der Gemeindeversammlung Mitnachbar werden, auch bedurfte es eines verlässlichen Bürgens, der Zustimmung des Lehnherrns sowie "ein beglaubigtes Attestat seines Herkommens und seines Benehmens".
    Dann erst entschied "die Mahl" (Gemeindeversammlung) " ob er wie ein Nachbar gehalten werden soll".

    Alles klar?

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    • Jettchen
      Erfahrener Benutzer
      • 16.10.2011
      • 1355

      #3
      Hallo Viktor,
      ein herzliches Dankschön für deine Antwort. So ungefähr hatte ich dies schon auch gewusst, so verständlich erklärt hatte ich es aber noch nie gelesen! Das ist prima.
      Stutzig gemacht hatte mich allerdings die Kombination von Mitnachbar und Inwohner.
      Schließt sich das nicht eigentlich gegenseitig aus?
      Vielleicht findest du oder eine anderer noch die Zeit, mir dies zu erklären.
      Vielen Dank
      von Jettchen

      Kommentar

      • Brunoni
        Erfahrener Benutzer
        • 07.04.2012
        • 2185

        #4
        Hallo Jettchen,

        ich habe einen KB-Eintrag 1700 gelesen, da wurde ... als Mitnachbar, zur Miete wohnend in des ... Haus genannt. Einige Jahre später wird er wieder erwähnt als ... der des ... Haus gekauft.
        Der Mitnachbar wurde bei mir immer als Mieter oder Verwandter genannt, der berechtigt war, in dem Haus zu wohnen.
        Selbstverständlich trafen auf den Mitnachbar alle Kriterien zu wie von Viktor beschrieben.
        Sollte ich auf dem Holzweg sein, lasse ich mich gern belehren.

        Viele Grüße
        Bruni

        Kommentar

        • Jettchen
          Erfahrener Benutzer
          • 16.10.2011
          • 1355

          #5
          Hallo Bruni,
          jetzt passt das für mich alles zusammen! Mein Ahn war also Vollbürger in Sülzdorf, hatte aber das Haus, in dem er mit seiner Familie gelebt hatte, nicht als Eigentum besessen (daher die Formulierung "Inwohner"). Ich dachte immer, offensichtlich fälschlicher Weise, dass ein Vollbürger damals eigenen Besitz haben musste.
          Ein herzliches Dankeschön
          von Jettchen

          Kommentar

          • viktor
            Erfahrener Benutzer
            • 17.01.2007
            • 1187

            #6
            Zitat von Jettchen Beitrag anzeigen
            Stutzig gemacht hatte mich allerdings die Kombination von Mitnachbar und Inwohner.
            Schließt sich das nicht eigentlich gegenseitig aus?
            Eigentlich nicht, der Inwohner kann dort wohnen ohne Mitnachbar zu sein und der Mitnachbar kann dort nicht (in)wohnen

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            • Acanthurus
              Erfahrener Benutzer
              • 06.06.2013
              • 1657

              #7
              Viktor, wo kann man sich zum Thema belesen? Die Arbeiten Arno Langes zur sächsischen Bauernforschung sind bekannt.

              Danke, A.

              Kommentar

              • viktor
                Erfahrener Benutzer
                • 17.01.2007
                • 1187

                #8
                Ich hab's aus einer Thüringer Dorfchronik (Sättelstädt), die ein ehemaliger Dorfpfarrer geschrieben hat und die ich mir vor Jahren kopiert habe. Bei sowas probiere ich immer was über google Bücher-Suche. Oder ich klappere einen großen Verbundkatalog (OPAC) nach allen möglichen Stichworten ab.
                Das meiste findet man in kleinen Veröffentlichungen von emsigen Heimatforschern des 19.Jahrhunderts und die lassen sich durchaus finden.
                Es ist jetzt nicht so, dass da sich jemand kapitelweise über z.B. den Mitnachbarn auslässt. Das muss man sich halt selbst zusammensetzen.

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                • Acanthurus
                  Erfahrener Benutzer
                  • 06.06.2013
                  • 1657

                  #9
                  Danke.

                  Kommentar

                  • Kasstor
                    Erfahrener Benutzer
                    • 09.11.2009
                    • 13440

                    #10
                    Hallo,

                    aus einem Beitrag in dem Wochenblatt des Landwirtschaftlichen Vereins zu Bayern 1822 http://books.google.com/books?id=XJ5...bar%22&f=false :

                    "Also ein Gesetz, welches die Erfordernis zur Ansässigmachung näher bestimmt, möchte am zweckmäßigsten sein, damit hiedurch der fleißige Mensch aufgemuntert, und mit dem Staate als Unterthan oder Beisaß näher verbunden werde, auch, damit der Willkühr des Gemeinde-Ausschusses zur Einwilligung der Aufnahme der Gemeindeglieder gesteuert werde.
                    In den Rhein- und Main-Gegenden bestehen desfalls zweckmäßige Vorschriften. Aus diesen möchten nachstehende Punkte zu einem zu erlassenden Gesetze der vollen Erwägung würdig sein.
                    1. Es darf weder eine Heuraths-Bewilligung noch eine Duldung im Orte bewilliget werden, wenn nicht vorher die Ansässigmachung im Orte als Mitnachbar ( Gemeinde-Mitglied) oder als Beisaß erwirkt ist.
                    2. Die Erfordernis zur Erwirkung der Aufnahme als Mitnachbar oder Beisaß ist: a) die Volljährigkeit, nämlich er muß das 21te Jahr zurückgelegt haben;
                    b) die Erfüllung der Militärpflicht, nämlich, er muß entweder den Abschied oder die definitive Befreiung vom Militärdienste vorlegen; uebrigens ist jener, welcher den Militärdienst persönlich abgeleistet hat, vor allem zu berücksichtigen. c) Die gute Aufführung sowohl in Ansehung der Moralität als auch des Fleißes, woraus man erkennt, daß derselbe Weib und Kinder ernähren könne. d) das Vermögen von 200 fl. für Mitnachbar, und 100 fl. für Beisaß, welches der Supplikant allein, oder mit jenem seiner Braut beibringt.Es wird nicht erfordert, daß es in liegenden Gütern bestehe, sondern es kann auch bares Geld oder ein Kapitalbrief sein.
                    Bei Ortskindern, und besonders, wenn dieses Ortskind die persönlichen Militärdienste geleistet hat, ist auf das Vermögen nicht so genau zu sehen, und es genügt die gute Aufführung, der Fleiß, und die körperliche Fähigkeit, sich ernähren zu können. In diesem Falle hat das Ortskind Anspruch auf die Annahme als Mitnachbar oder Beisaß im Geburtsorte, und kann ihm nie verweigert werden. "

                    Freundliche Grüße

                    Thomas
                    FN Pein (Quickborn vor 1830), FN Hinsch (Poppenbüttel, Schenefeld), FN Holle (Hamburg, Lüchow?), FN Ludwig/Niesel (Frankenstein/Habelschwerdt) FN Tönnies (Meelva bei Karuse-Estland, später Hamburg), FN Lindloff (Altona, Lüneburg, Suderburg)

                    Ceterum censeo progeniem hominum esse deminuendam

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                    • viktor
                      Erfahrener Benutzer
                      • 17.01.2007
                      • 1187

                      #11
                      Das ist ein guter Fund. Das ist zwar schon aus einer recht späten Zeit, stellt aber eine hervorragende Ergänzung dar insofern es auf die Kernziele hinweist: Die vollzogene willige Ansässigmachung und die wirtschaftliche Selbständigkeit durch Vermögen oder Arbeitskraft.

                      Mal ehrlich, wünscht sich nicht mancher auch für heute wieder ein wenig diese strengeren Einbürgerungsregeln zurück?

                      Den Link zu diesem Thema habe ich nun auch unter Wissenswertes über unsere Thüringer Ahnen eingesetzt

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                      • Jettchen
                        Erfahrener Benutzer
                        • 16.10.2011
                        • 1355

                        #12
                        Danke, Thomas, für diese ausführliche Ergänzung! Jettchen

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                        • Juanita
                          Erfahrener Benutzer
                          • 22.03.2011
                          • 1425

                          #13
                          Mir wurde von einem AF einmal erklärt, daß ein Einwohner eines Ortes eben Einwohner ist, unabhängig, aber in Städten nicht unbedingt eingebürgt, denn sonst würde er sich Bürger nennen. Ein Inwohner dagegen lebt als Mitbewohner in einem Haushalt oder zur Miete.
                          Sorry, falls meine Erklärung etwas holprig klingt!
                          Juanita

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                          • viktor
                            Erfahrener Benutzer
                            • 17.01.2007
                            • 1187

                            #14
                            Bürger konnten sich sowieso nur Einwohner einer Gemeinde mit Stadtrecht nennen, nachdem sie in die Bürgerliste aufgenommen worden sind.

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                            • Jettchen
                              Erfahrener Benutzer
                              • 16.10.2011
                              • 1355

                              #15
                              Danke für alle weiteren Ergänzungen. Da der Sohn meines Ahns dann "Bürger" im benachbarten Ort wurde, helfen mir auch diese Erläuterungen weiter.
                              Viele Grüße
                              von Jettchen

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