Versuch, die biographische Lücke im Lebenslauf eines Pastors zu schließen

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  • consanguineus
    Erfahrener Benutzer
    • 15.05.2018
    • 5533

    Versuch, die biographische Lücke im Lebenslauf eines Pastors zu schließen

    Hallo zusammen!

    Andreas Bötel wurde 1653 in Halberstadt geboren, auch wenn er dem Konsistorium über sein Alter offenbar andere Angaben gemacht hat. Er schrieb sich 1665 in der Universität Helmstedt ein, dürfte sein Studium aber tatsächlich erst um oder kurz nach 1670 begonnen haben. Möglicherweise war er Mitte der 1670er Jahre bereits fertig. 1692 erhielt er die Stelle des Adjunkts in Semmenstedt. Ein Jahr später wurde er dort Pastor.

    Was tat Andreas Bötel in der immerhin um die 15 Jahre währenden Zwischenzeit? Im Pfarrerbuch seiner Heimat, der späteren Provinz Sachsen, wird er nicht aufgeführt.

    Zunächst gibt es das Protokoll seines Examens vor dem Konsistorium anläßlich der Vergabe der Stelle des Adjunkts in Semmenstedt. Es heißt dort, er habe "zu Halberstadt und Halle frequentiret und 2 Jahr in Jehna absolviret". Was mag sich hinter dieser kryptischen Aussage verbergen? Hat er in Jena noch einmal studiert und einen Abschluß gemacht? Wen oder was hat er in Halberstadt und Halle frequentiert?


    Protoc(ollum): Exam(inis) Bötels und
    Vahlbergs hab ((?)) in Consist ((?))
    W(olfenbüttel). d(en) 21. Jan(uarii). 1692.

    Andreas Bötel aus Halberstad
    sein Vater sey ein Brauer und
    Bekker gewehsen, 34 Jahr alt
    habe zu Halberst(adt) und Halle
    frequentiret und 2 Jahr in
    Jehna absolviret, hette ein
    Collegiu(m) positivu(m) Theolog(icum): und Metaph.
    Ethic: gehalt(en)

    Conrad(us): Andr(eas). Vahlberg sey aus
    Heber bürtig sein Vater Past(or):
    loci, 31 Jahr alt hette hier und zu
    Helmstedt freque(n)tirt und über
    2 Jahr absolviret, hette Dogm:
    Colleg: unter Heigeln und Metaph: auch Dogm:
    unter Titio gehalt(en) /


    Aus dem "Führungszeugnis" der Martinikirche zu Halberstadt geht tatsächlich hervor, daß Andreas Bötel "sich in die Fremde begeben [hat]". Während er sich in Halberstadt aufhielt, scheint er sowohl in St. Martini, als auch in anderen Halberstädter Kirchen gelegentlich gepredigt zu haben ("in unser St. Martini Kirch, und sonst in der Stadt, sich concionando hören laßen"). Nun ist es schwer vorstellbar, daß jemand mehr als zehn Jahre in einer Stadt lebt, ohne einem echten Broterwerb nachzugehen. Sein Vater war geraume Zeit schon tot und es ist denkbar, daß Andreas das väterliche Erbe verzehrte. Dieses dürfte allerdings nicht unermeßlich gewesen sein, und wurde ohnehin unter mehreren Brüdern aufgeteilt. Irgendeinen Beruf wird Andreas Bötel ausgeübt haben. Wäre es denkbar, daß er an einem der Halberstädter Gymnasien, vielleicht dem Martineum, als Lehrer tätig war?


    Vorzeiger dieses H(er)r Andreas Böhtell,Theologiae
    Studiosus, aus Halberstadt bürtig, hat vormahls
    die gantze Zeit über, so Er sich hier aufgehalten,
    einen Christlichen Erbahren Wandel geführet,
    Gottes Wort fleißig gehöret, und des Beichtstuels
    wie auch Gebrauch des Hochwürdigen Abend=
    mahls sich zu rechter Zeit bedienet, also daß
    Er in seinem hie geführten Leben nicht allein
    kein Ärgernis, sondern vielmehr hingegen ein
    gutes Exempel gegeben, Uberdem hat Er
    seinem Studio gemäß verschieden mahl bey
    Uns in unser St. Martini Kirch, und sonst in
    der Stadt, sich concionando hören laßen, nicht
    ohne Vergnügen daran die ihn gehöret. Nach
    derselben Zeit hat Er sich in die fremde bege=
    ben, und zweifeln Wir nicht, Er werde auch in
    derselben, als einem Christlichen Studioso ge=
    bühret, sein Leben geführet haben. Alßdann
    über obiges von Uns ein glaubwürdiges Zeug=
    nis begehret, so haben Wir solches hiemait
    gebührend ertheilen wollen, so geschehen Halberstadt
    den 10ten Februarij. Anno 1692


    Wer hat Ideen, wie man weiterforschen könnte?

    Vielen Dank und viele Grüße
    consanguineus
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    Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
    Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
    Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
    Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
    Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
    Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561
  • rigrü
    Erfahrener Benutzer
    • 02.01.2010
    • 2559

    #2
    In aller Kürze:


    - die Bezeichnung "frequentiert" habe ich häufig im Zusammenhang mit dem Schulbesuch gelesen - Halle und Halberstadt dürften also Stationen seiner Schulbildung gewesen sein
    - ein Abgang von einer Lateinschule hat für vielerlei Tätigkeiten qualifiziert, Privatunterricht zum Beispiel
    - ein paar Semester konnten ausreichen, um als Prediger eingesetzt zu werden
    - unter den Studenten in Jena ist er als Andreas "Bonthel" verzeichnet: https://zs.thulb.uni-jena.de/rsc/vie...ticle_00551193 (deswegen hab ich ihn vorher nicht gefunden ...)
    Zuletzt geändert von rigrü; 29.04.2022, 11:50.
    rigrü

    Kommentar

    • consanguineus
      Erfahrener Benutzer
      • 15.05.2018
      • 5533

      #3
      Hallo rigrü!

      Hab 1000 Dank für Deine Ideen!

      Ja, das mit dem Schulbesuch habe ich mir auch schon gedacht. Um das Hochschulstudium kann es bei der "Frequentierung" ja nicht gegangen sein, da Halberstadt keine Universität hat und hatte. Denkbar wäre eine Lateinschule in Halle. In der Matrikel von Jena bin ich auch nicht fündig geworden, da der Name in der gedruckten Matrikel ja bis zur Unfindbarkeit verhunzt wurde. Ob es sich um einen Übertragungsfehler handelt? Ich kenne die Originalmatrikel nicht. Der Gedanke mit dem Privatlehrer ("Informator") kam mir auch schon. So etwas habe ich bei meinen Pastoren-Ahnen bisweilen. Dann wird der Nachweis aber schwer. Vielleicht findet sich eine Patenschaft, bei der der Name Andreas Bötel in Verbindung mit einer solchen Stelle auftaucht.

      Viele Grüße
      consanguineus
      Zuletzt geändert von consanguineus; 29.04.2022, 12:11.
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      Kommentar

      • sternap
        Erfahrener Benutzer
        • 25.04.2011
        • 4072

        #4
        ein anderer bötel.
        für ihn steht geschrieben, der name habe variiert zwischen botil, botel, botell, potel, pöthel, pöthell, bothel oder pothel.
        siehe Beiträge zur urkundlichen Geschichte der stadt Pössneck


        vielleicht helfen die anderen schreibweisen beim auffinden.


        ich meine, lateinische endungen wurden gewählt, wenn die bil
        dung betont werden wollte, pöthius etc.
        Zuletzt geändert von sternap; 29.04.2022, 14:34.
        freundliche grüße
        sternap
        ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
        wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




        Kommentar

        • consanguineus
          Erfahrener Benutzer
          • 15.05.2018
          • 5533

          #5
          Hallo sternap,

          für die hochinteressante Aufstellung aus Pößneck danke ich Dir sehr! Ich denke, es wird sich um die Familie handeln, die ungefähr zur selben Zeit auch im nahen Jena auftritt. Auch dort gibt es einen Nickel. Ob es Verbindungen zur Familie des Pastors gibt, kann ich nicht beurteilen. Dessen Sippe tritt etwas früher als die Pößnecker in das Licht der Geschichte, aber in einer ganz anderen Gegend. Auch sind die Vornamen ganz andere. Vom Gefühl her würde ich sagen, daß nicht alle Bötel-Vorkommen der frühen Neuzeit miteinander in verwandtschaftlicher Beziehung stehen. Das wäre ein ziemlich großer Zufall.

          Was die Schreibweisen "meiner" Bötels angeht, so habe ich schon die wildesten Dinge erlebt, allerdings kein "P" am Anfang. Bei Suchen berücksichtige ich die zahlreichen mir bekannten Varianten. Bei "Bonthel" in der Jenaer Universitätsmatrikel muß es sich um einen Übertragungsfehler handeln. Mit der Aussprache des Namens hat diese Schreibvariante ja nun gar nichts mehr zu tun.

          Viele Grüße
          consanguineus
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          • sternap
            Erfahrener Benutzer
            • 25.04.2011
            • 4072

            #6
            diverse ahnenforscher schnipsel enthalten 5.2.1684 Andreas Bötel , Bürger in Blankenburg.


            was immer auch das heißen soll.




            zu halberstadt gab es einen eustachius von bötel




            hier ist der eustachius gerichtsherr, wir sind ein, zwei generationen vor deinem andreas.



            google schoppt oft textteile zusammen, vielleicht ist andreas aber doch ausgewandert. aus welchem jahrhundert er wohl ist?
            Zuletzt geändert von sternap; 30.04.2022, 00:28.
            freundliche grüße
            sternap
            ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
            wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




            Kommentar

            • consanguineus
              Erfahrener Benutzer
              • 15.05.2018
              • 5533

              #7
              Hallo sternap,

              vielen Dank für die Schnipsel, die, so interessant sie auch sind, mit der eigentlichen Frage nicht viel zu tun haben. Ich habe Dir eine PN geschickt, weil meine Antworten auf die einzelnen Schnipsel thematisch hier nicht in den Thread gehören.

              Viele Grüße
              consanguineus
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              Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

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