Gefälschtes Wappen von 1814, Thüringen?

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  • MarthaLU
    Erfahrener Benutzer
    • 13.02.2013
    • 509

    Gefälschtes Wappen von 1814, Thüringen?

    Liebe Wappenexperten,

    Ich habe neues Material bekommen und bin irritiert über ein Wappenbild, das einem Brief beiliegt. Leider darf ich es nicht veröffentlichen im Forum, aber vielleicht kann mir trotzdem jemand auf die Sprünge helfen. Ich glaube, es ist nur eine Fälschung.

    Was ich konkret wissen möchte: Die Form des Wappenschildes hat doch eine große Bedeutung ? Die ist nämlich auf anderen Bildern dieses Wappens deutlich anders. Auch höchst auffälllig sind die Farben der 2 Fähnlein auf dem Helm. Auf anderen Bildern ist eines weiß-blau, das andere umgekehrt. Bei meinem Bild ist bei beiden die weiße Farbe oben. Weiter sehe ich das Bild seitenverkehrt, ist das bedeutsam oder durfte man tatsächlich wechseln? Und schließlich ist die "Umrandung" total verschieden. Bei meinem Bild eine Art grüner Lorbeerkranz oder so, bei anderen Bildern zweifarbige Wellen.

    Oh bitte nicht schimpfen, ich bin echt total ahnungslos und kann es nicht profimäßig schildern. Könnt ihr daraus entnehmen, dass das Wappen gefälscht ist? Diese Frage ist für mich sehr entscheidend. Oder würde ein Adliger sein Wappen schonmal ausschmücken...ich kanns mir nicht vorstellen.


    Vielen, vielen Dank sagt Martha


    PS: Je länger ich das angucke, desto klarer kommt es mir vor wie eine Parodie. Sieht echt aus wie ein Lorbeerkranz drum rum. Unten hängen zwei Christbaumkugeln oder Orden dran, ehrlich. Also am liebsten würde ich es einem Wappenexperten per Mail zuschicken. Öffentlich ist halt ausgeschlossen, da Archivmaterial. Es wäre bedeutsam für meine Arbeit, wenn sich da tatsächlich einer lustig gemacht hat.
    Zuletzt ge?ndert von MarthaLU; 31.10.2019, 21:37.
  • Anna Sara Weingart
    Erfahrener Benutzer
    • 23.10.2012
    • 15111

    #2
    Zitat von MarthaLU Beitrag anzeigen
    ... Die Form des Wappenschildes hat doch eine große Bedeutung ? ...
    Nein, die Form ist nicht so wichtig. Ein Schild ist ja der Gegenstand, mit dem man sich gegen Hiebe auf den eigenen Körper zu verteidigen sucht. Je nachdem, ob man als Ritter oder Fußsoldat unterwegs war, und je nach Art und Weise der gegnerischen Waffen, wurden die Schilde praktikabel angepasst. Das Wappenmotiv auf den Schilden blieb aber gleich.
    Die zeichnerische Umsetzung erfolgte je nach Zeitgeschmack und regionaler Tradition unterschiedlich. Zum Beispiel im Barock wurden die Darstellungen geschwungener
    Viele Grüße

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    • Robert K
      Erfahrener Benutzer
      • 29.04.2019
      • 282

      #3
      Hallo Martha,


      leider habe ich keine konkrete Vorstellung vom Aussehen der/des beschriebenen Wappens, insofern ist eine Einschätzung "ins Blaue hinein" nur schwer möglich.
      Dennoch gebe ich Dir ein paar Anmerkung zu Deinen Ausführungen:
      • Die Form des Schildes ist unmaßgeblich und lässt bestenfalls einen Rückschluss auf eine Epoche oder eine Region zu.
      • Im Sinne der heraldischen Höflichkeit ("Courtoisie") werden Wappen manchmal gespiegelt dargestellt. Dieses Stilmittel wird eigentlich nur dann angewendet, wenn sich zwei Wappen, die eine Zusammengehörigkeit ausdrücken sollen, nebeneinander befinden (bei "Allianzwappen" z.B.).
      • Die Tinkturen sind durch den Blason definiert. Weichen sie ab, so kann das verschiedene Gründe haben:
        • Der Künstler hatte falsche Informationen oder sich vertan.
        • Alte Farben können sich im Laufe der Zeit verändern (silber wird z.B. zu schwarz).
        • Es handelt sich um ein anderes Wappen, vielleicht der gleiche Stamm, aber eine andere Familie.
        • etc.


      • Weitere Elemente wie z.B. Schildhalter (oftmals Löwen), Ranken und Verzierungen befinden sich außerhalb des eigentlichen Wappens und sind somit unwichtig bei der Beurteilung. Auch hier geht es mehr um Geschmack und Zeitgeist.



      Ich empfehle die Seite von Dr. Bernhard Peter (Welt-der-Wappen) und das Heraldik-Wiki als Lektüre. Hier werden die heraldischen Regeln und Begriffe m.E. nach sehr anschaulich und erschöpfend erklärt.


      Alternativ könntest Du uns ja den Namen der Familie nennen und einfach zwei Skizzen der voneinander abweichenden Wappen hier einstellen, wenn Du schon leider keine Originale zeigen darfst. Vielleicht kann der eine oder andere dann mehr zu Deinen Fragen beitragen.


      Beste Grüße
      Robert

      Kommentar

      • MarthaLU
        Erfahrener Benutzer
        • 13.02.2013
        • 509

        #4
        Hallo ihr beiden,

        Die Antworten haben mir sehr geholfen, auch die Hinweise auf Lesestoff. Habe vorhin einiges durchgeguckt und verstehe nun schon etwas mehr. Vielen, vielen Dank!
        Eigentlich bleibt für mich jetzt nur noch zu klären: Wenn jemand nun ein bestimmtes Wappen hatte, dann würde er das doch sicherlich korrekt präsentieren. Ich komme damit nochmal zurück auf die Form des Schildes. Ich habe hier nämlich den Fall, dass im Original ein "Franzosenschild" vorliegt, in dem Dokument ist der Schild jedoch einfach rechteckig.

        Das sollte ein klarer Hinweis sein, dass jemand anderes das Wappen missbraucht hat? Darum geht es im Kern, hat also jemand anderes dieses Wappen abgemalt, vielleicht sogar lächerlich gemacht? Nochmal zu den Orden, die wie Christbaumkugeln unter dem Schild hängen. Diese sind rosa und hellblau, ist das farblich überhaupt denkbar oder deutet auch hin auf Parodie? Sorry, aber das ganze ist wirklich ein sonderbares Dokument, und es gibt auch aus anderen Gründen ernsthafte Vermutung, jemand könnte ein fremdes Wappen missbraucht haben.


        Danke euch sehr! LG Martha

        Kommentar

        • Robert K
          Erfahrener Benutzer
          • 29.04.2019
          • 282

          #5
          Hallo Martha,

          wie ich schon schrieb: Die Form des Schildes ist egal!
          Vergleiche doch mal mit den hier gezeigten Formen:

          Abb. 1 stellt das von Dir erwähnte "Franzosenschild" dar, Abb. 2 hingegen die moderne französische Form (Zitat aus Deinem Beitrag: "...einfach rechteckig.").
          Die Ordensketten sind auch nichts ungewöhnliches bei "prunkvolleren" Darstellungen, vergl. auch exemplarisch hiermit:


          Ich verstehe nicht, wie Du darauf kommst, dass sich jemand mit einem falschen (=nicht das seiner Familie) und dann auch noch verfälschtem (so verstehe ich Deine Aussagen) Wappen schmücken sollte. Werden auf dem beschriebenen Dokument keine Namen genannt?

          Es wäre wirklich erheblich einfacher, wenn man dieses geheimnisvolle Dokument einmal in Augenschein nehmen könnte...

          Beste Grüße
          Robert

          Kommentar

          • MarthaLU
            Erfahrener Benutzer
            • 13.02.2013
            • 509

            #6
            Hallo Robert,

            Es ist eine verworrene Geschichte...trotzdem ganz vielen Dank, Du hilfst sehr. Ich will doch mal versuchen, das Bild hier einzustellen. Muss es trennen vom Text des Briefes. Okay :
            Angehängte Dateien

            Kommentar

            • MarthaLU
              Erfahrener Benutzer
              • 13.02.2013
              • 509

              #7
              Oh, ich glaube, es hat geklappt? ( Bin ein älteres Semester, ist schwierig für mich).Aber die Farben sind völlig falsch gedruckt. Also der Ritter ist schwarz, drum herum ist es dunkelblau, das verstößt ja wohl schon gegen die heraldischen Regeln? Die Schlange ist goldfarben. Und dann guck einmal die beiden Orden unten an, das sieht doch albern aus, oder? Der Helm, das sieht aus wie ein Gesicht, mit Halskette, kann man recht gut erkennen auf dem Minibild. Aber dies Bild steht genau so im Briefkopf eines Adligen, soviel ist sicher.
              Zuletzt ge?ndert von MarthaLU; 01.11.2019, 20:18.

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              • sonki
                Erfahrener Benutzer
                • 10.05.2018
                • 4692

                #8
                Schlange?

                Ist das nicht eher eine stilistische Darstellung vom heiligen Georg (Drachentöter) der mit der Lanze auf den Drachen einsticht?
                Zumindestens gibt es dies als (Stadt-)Wappendarstellung in vielfacher Ausführung.
                Zuletzt ge?ndert von sonki; 01.11.2019, 20:30.
                Слава Україні

                Kommentar

                • Robert K
                  Erfahrener Benutzer
                  • 29.04.2019
                  • 282

                  #9
                  Hallo,

                  mein Tipp wäre Gerstenberger zu Drackendorff [auch Gerstenbergk], siehe auch hier:


                  Den Blason findest Du u.a. hier:
                  Hildebrandt, Adolf Matthias [Bearb.]; Siebmacher, Johann [Begr.]: J. Siebmacher's großes und allgemeines Wappenbuch: in einer neuen, vollständig geordneten u. reich verm. Aufl. mit heraldischen und historisch-genealogischen Erläuterungen (Band 2,3): Der Adel des Königreichs Sachsen; Universitätsbibliothek Heidelberg


                  Wenn Du doch den Namensträger kennst, wäre es doch sicher möglich herauszufinden, welche Orden er in seinem Leben erhalten hat.
                  Bis auf die verfälschten Farben (liegt wohl am Alter und an der Lagerung) kann ich wirklich nichts sonderbares - oder gar "lächerliches"- entdecken.

                  Beste Grüße
                  Robert

                  Kommentar

                  • Hracholusky
                    Moderator
                    • 17.03.2016
                    • 888

                    #10
                    Hallo,


                    wie sonki schon schrieb stellt das Schildbild den hl. Georg als Drachentöter dar. Auf dem Schild ist ein offener gekrönter Helm. Um den Schild ist ein Lorbeerkranz an dem unten zwei Orden bzw. Medaillen hängen. Das deutet dann eher auf eine persönliche Darstellung des Wappens hin. Der Wappenträger hatte diese Orden/Medaillen verliehen bekommen und wollte sie so für jederman sichtbar machen.
                    Zuletzt ge?ndert von Hracholusky; 01.11.2019, 20:48.
                    Mit besten Grüssen
                    Gerd

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                    • Hracholusky
                      Moderator
                      • 17.03.2016
                      • 888

                      #11
                      Hallo Robert,


                      einen Eintrag darüber im ÖStA ist die Wappenbesserung mit Lorbeerkranz vom 17.10.1712. Da ist dann auch das eine Fähnchen geändert wurden.

                      Ich bin da gleichfalls der Meinung das es sich hier um ein echtes Wappen handelt und damit auch zugeordnet werden kann.
                      Mit besten Grüssen
                      Gerd

                      Kommentar

                      • MarthaLU
                        Erfahrener Benutzer
                        • 13.02.2013
                        • 509

                        #12
                        Hallo erneut,

                        Oh jetzt bin ich froh, es eingestellt zu haben. Wappenkenner finden das also normal. Ich bin ja blanker Laie und finde diese rosa und blauen Medaillen unten mehr als komisch.

                        Ja, es geht um ein entfernt verwandtes Mitglied der Gerstenberger, das stimmt. Mir war einfach gar nicht klar, dass die erheblichen Änderungen normal sind, also Form des Schildes, fehlende rote Flügel, seitenverkehrt, mal mit und mal ohne Lorbeerkranz. Was man leider auf dem Scan nicht gut sieht, bei meinem Exemplar sind oben die Federn und hellen Stellen der Fähnchen nicht in derselben Farbe wie der Ritter. Federn etc. sind wirklich hellsilbrig, Ritter ist schwarz. Die Farben der Fähnchen sind auch anders, bei Siebmacher steht ja : Fähnlein s., b. und b., s. getheilt. Bei meiner Version ist beide Male oben s. und unten b.. ( PS: sehe grade, 1712 wiederum oben b. und unten s.)

                        Für mich war das einfach zuviel Unterschied, genau dies verwirrte mich so. Ich habe bisher nur bei Adelsfamilien Wappen gesehen, die, abgesehen von Verbesserungen, sehr genau bis ins Detail gleich waren über Generationen. So habe ich was dazu gelernt, ich danke euch sehr! Nach den verliehenen Orden zu gucken, ist allerdings eine geniale äußerst hilfreiche Idee, Manno, hätt ich doch auch drauf kommen können. Bin nämlich fast sicher, er hatte keinen einzigen.


                        Ganz herzlichen Dank, nun sehe ich einiges klarer.



                        LG Martha
                        Zuletzt ge?ndert von MarthaLU; 01.11.2019, 21:37.

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                        • Anna Sara Weingart
                          Erfahrener Benutzer
                          • 23.10.2012
                          • 15111

                          #13
                          "Gerstenbergk oder Gerstenbergk, genannt Müller ... Das Wappen (= in Blau der geharnischte Ritter Sankt Georg zu Fuß, mit seiner Lanze den Drachen durchbohrend) wurde am 10.1.1602 dem Kurfürstlich sächsischen Rat Markus Gerstenberger, Besitzer des Gutes Drakendorf, und seinen Brüdern Michael und Joachim verliehen, als diese in den Reichsadelsstand erhoben wurden. Die Stammreihe des Geschlechts beginnt mit Jakob Gerstenberg, + 1556, Kaufmann und Ratsherrn zu Buttstädt.
                          Georg Heinrich v. Gerstenberg, Patrizier zu Erfurt, erhielt 1712 eine Reichsadelsbestätigung nebst Wappenbesserung.
                          "
                          (Quelle: Rietstap, Wappenbuch)




                          Zitat von MarthaLU Beitrag anzeigen
                          ... Also der Ritter ist schwarz, drum herum ist es dunkelblau, das verstößt ja wohl schon gegen die heraldischen Regeln? ....
                          Dazu Zitat:
                          "Notwendige Ausnahmen von der Farbenregel ... Überlagerung von Motiven: Grundsätzlich wird das großflächige Aneinandergrenzen von Farbe an Farbe bzw. Metall an Metall zwar vermieden. Überdeckungen sind aber erlaubt und gelten nicht als Bruch der Farbenregel, da das überdeckende Motiv als vor oder über dem Hintergrund liegend aufgefasst wird." - https://de.wikipedia.org/wiki/Tingie...er_Farbenregel
                          Viele Grüße

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