Im Backofen gefunden

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  • Xtine
    Administrator
    • 16.07.2006
    • 28377

    Im Backofen gefunden

    Hallo,

    anbei ein besonders trauriger Sterbeeintrag.

    Beerdigt wurde Catharina, das im Backofen der Unteren Mühl gefundene Kind.
    Gefunden und getauft.

    Wie verzweifelt die Mutter wohl war, daß sie ihren Säugling (nehme ich mal an) in den Backofen legte
    Angehängte Dateien
    Viele Grüße .................................. .
    Christine

    .. .............
    Wer sich das Alte noch einmal vor Augen führt, um das Neue zu erkennen, der kann anderen ein Lehrer sein.
    (Konfuzius)
  • WeM
    Erfahrener Benutzer
    • 26.01.2017
    • 1906

    #2
    grüß euch, hallo Christine,


    traurig auf jeden Fall.
    Was der Mutter durch den Kopf ging, können wir nur spekulieren.
    Vll. erhoffte sie sich vom Backofen etwas Schutz für das Kind - im November wollte sie es wohl nicht einfach irgendwohin legen.
    Von welchem Tag ist der Sterbeeintrag? Lesen kann man nur "eodem obiit" also "am selben (Tag) starb".
    Gefunden wurde das Kind am 19. November.


    Viele Grüße, Waltraud

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    • sternap
      Erfahrener Benutzer
      • 25.04.2011
      • 4072

      #3
      falls es sich bei der unteren mühl um das mühlviertel handelt; mir wurden gemauerte kachelöfen gezeigt, dabei erwähnte man, dass man frühgeborene und frische säuglinge im dampflschacht warm hielt, also in der kachelnische, wo man den hefeteig gehen ließ.


      alternativ habe man sie in nähe des ofens, in ein tischtuach gebunden, aufgehängt wie in einer hängematte.



      es besteht die zwar vom kindsmord entlastende, aber nicht weniger traurige möglichkeit, dass die gebärende zu arm war, ihr kind durch decken oder am ofen zu wärmen und es deshalb in den brotofen legte, wo es schnell gefunden werden sollte.
      freundliche grüße
      sternap
      ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
      wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




      Kommentar

      • Huber Benedikt
        Erfahrener Benutzer
        • 20.03.2016
        • 4650

        #4
        dampflschacht

        Dampfeschacht...ein wunderbares Wort, welches ich mindestens 50 Jahre nicht mehr gehört habe
        "Dampfe" nennt/ nannte man (bei uns im Woid) den Hefe(vor)teig.
        I muass na grod s Dampfe amocha....
        Ursus magnus oritur
        Rursus agnus moritur

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        • SarahEmelie
          Erfahrener Benutzer
          • 18.06.2014
          • 124

          #5
          Hallo,

          Meine Oma berichtete mir auch davon, dass ihre Großmutter einen ihrer Söhne, der wohl ein Frühchen gewesen sein soll, in einer Kiste auf/an/in den Ofen gestellt habe. Das wäre damals wohl ein Ersatz für heutige Brutkästen gewesen. Der kleine Sohn wurde übrigens erwachsen und gründete, wenn auch sein Leben lang etwas kränklich, eine eigene Familie.

          Das könnte also auch hier ein Beweggrund der Mutter gewesen sein. Allerdings würde es mich dann wundern, weshalb keine Eltern bzw. keine Mutter in dem Eintrag genannt worden ist. So oder so ist es ein sehr trauriger Fund.

          Liebe Grüße
          Sarah

          Kommentar

          • Geschichtensucher
            Erfahrener Benutzer
            • 03.09.2021
            • 733

            #6
            Ich kann das bestätigen, in unserer Familie wurde um 1930 ein Zwillingspaar geboren, man sagte: "Die... haben ein kräftiges Mädchen gekriegt und dann war noch so was Kleenes dabei, das liegt jetzt im Backofen, mal sehen, ob das was wird."
            Das kräftige Mädchen fiel später, nach einer Hirnhautentzündung, der Euthanasie zum Opfer und das "Kleene" lebt immer noch.
            Beste Grüße, Iris

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            • Xtine
              Administrator
              • 16.07.2006
              • 28377

              #7
              Hallo Waltraud,

              Zitat von WeM Beitrag anzeigen
              Von welchem Tag ist der Sterbeeintrag? Lesen kann man nur "eodem obiit" also "am selben (Tag) starb".
              Gefunden wurde das Kind am 19. November.
              der Eintrag ist vom 7.12.1776 und der Eintrag ist aus Oberfranken.

              Was mich auch wundert, daß keine Eltern angegeben sind. Es ist ein kleiner Ort, da sollte man mitbekommen, wenn ein Kind vermißt wird.
              Ich gehe daher eher davon aus, daß es eine ungewollte Schwangerschaft war und das Kind "entsorgt" wurde
              Viele Grüße .................................. .
              Christine

              .. .............
              Wer sich das Alte noch einmal vor Augen führt, um das Neue zu erkennen, der kann anderen ein Lehrer sein.
              (Konfuzius)

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              • Gudrid
                Erfahrener Benutzer
                • 22.04.2020
                • 1253

                #8
                Zitat von Huber Benedikt Beitrag anzeigen
                dampflschacht

                Dampfeschacht...ein wunderbares Wort, welches ich mindestens 50 Jahre nicht mehr gehört habe
                "Dampfe" nennt/ nannte man (bei uns im Woid) den Hefe(vor)teig.
                I muass na grod s Dampfe amocha....
                Meine Schwiegermutter nannte das so, die Hefe ging da schön auf im warmen Bratrohr. Und einer ihrer Söhne kam in die Röhre rein nach der Geburt, weil er nicht so recht gedeihen wollte.

                Gehört eher nicht hierher, aber weil wir gerade beim Bayerischen sind: Hier gibt es eine ganz neue Seite von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, die seit Jahrzehnten bearbeitet wird und jetzt endlich online ist:
                Liebe Grüße
                Gudrid
                Lieber barfuß als ohne Buch

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                • fps
                  Erfahrener Benutzer
                  • 07.01.2010
                  • 2160

                  #9
                  Zitat von Xtine Beitrag anzeigen
                  Was mich auch wundert, daß keine Eltern angegeben sind. Es ist ein kleiner Ort, da sollte man mitbekommen, wenn ein Kind vermißt wird.
                  Ich gehe daher eher davon aus, daß es eine ungewollte Schwangerschaft war und das Kind "entsorgt" wurde
                  Moin,
                  es steht im Eintrag aber nicht, dass das Kind im Backofen verstarb. Ich nehme an, dass es lebend dort gefunden wurde (Mutter unbekannt), denn es wurde ja noch getauft. Es steht auch nichts darüber in diesem Eintrag, ob der Tag des Auffindens auch der Tauftag / der Todestag war. Vielleicht gibt es hierzu ja einen Taufeintrag?
                  Gruß, fps
                  Fahndung nach: Riphan, Rheinland (vor 1700); Scheer / Schier, Rheinland (vor 1750); Bartolain / Bertulin, Nickoleit (und Schreibvarianten), Kammerowski / Kamerowski, Atrott /Atroth, Obrikat - alle Ostpreußen, Region Gumbinnen

                  Kommentar

                  • Xtine
                    Administrator
                    • 16.07.2006
                    • 28377

                    #10
                    Ich kann keinen Eintrag finden, der dazu passen würde.

                    Im Index wird es unter dem "Nachnamen" Backofen geführt. Gäbe es einen Taufeintrag wäre ja auch zumindest die Mutter bekannt.

                    Auf jeden Fall ein trauriger Eintrag
                    Angehängte Dateien
                    Viele Grüße .................................. .
                    Christine

                    .. .............
                    Wer sich das Alte noch einmal vor Augen führt, um das Neue zu erkennen, der kann anderen ein Lehrer sein.
                    (Konfuzius)

                    Kommentar

                    • Friedrich
                      Moderator
                      • 02.12.2007
                      • 11322

                      #11
                      Moin zusammen,


                      vielleicht war die Mutter eine Fremde, die damit wenigstens dem Kind eine Chance geben wollte. Vielleicht hat sie die Backzeit abgewartet und das Kind in den noch restwarmen Backofen gelegt. Also ein Findelkind.



                      Friedrich
                      "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                      (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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                      • WeM
                        Erfahrener Benutzer
                        • 26.01.2017
                        • 1906

                        #12
                        grüß euch,
                        danke Christine für die weiteren Infos.
                        Dieser traurige Fall bewegt Einige im forum wie man an den posts sieht.
                        Aber leider findet man immer wieder Kirchenbucheinträge, wonach (ledige) Mütter anscheinend keinen anderen Ausweg sahen, als ihr Kind als Findelkind irgendwo abzulegen.
                        Dass die Katharina ein Findelkind war, sehe ich wie Andere, die oben geschrieben haben. und m.E. versuchte die Mutter ihrem Kind wenigstens einen geschützten Ablageort zu geben. beim Auffinden hat das Kind gelebt, sonst hätte man es nicht getauft. Auch hätte man ein totes Kind umgehend beerdigt. Zwischen Auffinden und Sterbeeintrag liegen 2 oder 3 Wochen.
                        Ob es wohl üblich war, einem Findelkind den Ort des Auffindens als Nachnamen zu geben?

                        unabhängig vom traurigen Anlass ist es interessant zu lesen, wie man in Zeiten, als es in vielen Häusern nur einen oder zwei beheizbare Räume gab, versuchte, schwachen oder kränklichen Kindern Wärme zu geben.

                        Viele Grüße, Waltraud
                        Zuletzt geändert von WeM; 03.12.2021, 22:44.

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                        • Garfield
                          Erfahrener Benutzer
                          • 18.12.2006
                          • 2142

                          #13
                          Zitat von Friedrich Beitrag anzeigen
                          Moin zusammen,

                          vielleicht war die Mutter eine Fremde, die damit wenigstens dem Kind eine Chance geben wollte. Vielleicht hat sie die Backzeit abgewartet und das Kind in den noch restwarmen Backofen gelegt. Also ein Findelkind.

                          Friedrich
                          Ich interpretiere das auch so. Trotzdem eine traurige Geschichte, aber ich habe hier auch grad wieder viel dazu gelernt.

                          Zitat von WeM Beitrag anzeigen
                          Ob es wohl üblich war, einem Findelkind den Ort des Auffindens als Nachnamen zu geben?
                          Offenbar zumindest nicht unüblich, siehe dieses Thema: Wie ein Findelkind zu seinem Nachnamen gekommen ist... .
                          Viele Grüsse von Garfield

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