Pflegekinder

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  • Werner51
    Erfahrener Benutzer
    • 03.07.2017
    • 100

    Pflegekinder

    Meine Urgroßeltern wohnten in Oberlangenau bei Görlitz. Insgesamt hatten sie 12 Kinder. Aus den Sterbeeinträgen weiß ich, dass sie zusätzlich mindestens 3 Pflegekinder aufgenommen haben, die alle im Alter von wenigen Monaten verstarben. Zum Zeitpunkt der Aufnahme hatten sie selbst bereits 6 bzw. 9 eigene Kinder. Die 3 bekannten Pflegekinder hatten alle junge ledige Mütter aus der Umgebung.


    Es kann Zufall sein, dass meine Großmutter 1944 in Breslau ebenfalls ein Pflegekind aufgenommen hat, mit dem sie aus Breslau geflüchtet ist und welches auch später bei ihr lebte.



    Es geht um den Zeitraum 1890 - 1896. War es damals üblich, dass ledige Müttter ihre Kinder abgaben oder abgeben mussten? Spielten finanzielle Gründe eine Rolle? Mich wundert und ich würde gerne mehr über die Gründe erfahren, weshalb meine Urgroßeltern trotz zahlreicher eigener Kinder noch zusätzlich Pflegekinder aufnahmen.


    Weiß jemand mehr über die damalige Situation?


    Beste Grüße
    Werner
  • U.Christoph
    Erfahrener Benutzer
    • 19.08.2008
    • 1213

    #2
    Hallo Werner,

    was sollten ledige Mütter tun? Es gab kein Kindergeld und der Vater zahlte sicher nicht. Wenn die Großeltern weder helfen konnten, noch wollten? Außerdem war ein uneheliches Kind eine Schande. Viele Mütter wurde auch zur "Erholung" geschickt, bekamen dort die Kinder und kamen unbefleckt zurück.
    Oder wenn die Eltern beide früh verstorben sind?

    Viele Grüße
    Ursula
    Zuletzt geändert von U.Christoph; 02.04.2019, 20:33.

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    • Herbstkind93
      Erfahrener Benutzer
      • 29.09.2013
      • 1929

      #3
      Hallo Werner,


      ich nehme an, dass deine Urgroßeltern für diese Kinder Geld bekamen.


      Ein trauriges Extrembeispiel für den Umgang mit Pflegekindern um 1900 stellt die Serienmörderin Elisabeth Wiese dar: "Wieder auf freiem Fuß kam Elisabeth Wiese durch Zeitungsanzeigen von ledigen, etwas besser verdienenden Müttern auf die Idee, gegen eine einmalige Abfindungssumme ihre Dienste als Pflegemutter anzubieten. Den Frauen, die ihr ihre Kinder anvertrauten, erzählte sie, die Kleinkinder seien in weit entfernten Städten von reichen Familien adoptiert worden. Tatsächlich tötete sie die Kinder jedoch und verbrannte deren Leichen in einem Kochherd oder warf sie in die Elbe"


      LG
      Herbstkind
      Dauersuche nach FN Samariter (Samland; Berlin; Spremberg/Lausitz)

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      • AKocur
        Erfahrener Benutzer
        • 28.05.2017
        • 1371

        #4
        Hallo Werner,

        die meisten ledigen Mütter stammten aus ärmeren Verhältnissen. Da spielten finanzielle Gründe sicherlich eine Rolle. Mutterschaftsurlaub gab es nicht und das Leben muss weiter finanziert werden. Da werden die meisten schlicht nicht die Möglichkeit gehabt haben, sich selbst um ihre Kinder zu kümmern.

        Ich denke mal, dass man meist versuchte, die eigenen Kinder bei Familienangehörigen unterzubringen, z.B. bei Eltern, Geschwistern, etc., je nach Familienverhältnissen halt. Zumindest in den Gegenden, in denen ich forsche, ist mir bisher nicht der Eindruck entstanden, als hätte man die ledigen Mütter + Kinder von der Familie ausgestoßen. Vielleicht kamen die Pflegekinder deiner Urgroßeltern ja auch aus der Familie. Denken könnte ich mir aber auch, dass es Menschen gab, die Pflegekinder entweder aus religiösen Gründen oder auch finanziellen Gründen (also gegen Bezahlung) aufnahmen, denn es hat ja nicht jeder ein williges Familienmitglied, das einen Säugling aufziehen kann und will.

        In diesem Buch gibt es eine gute Übersicht zu den Lebensverhältnissen der Eltern von unehelichen Kindern.
        Das zeitgenössische Wort ist übrigens Ziehkinderwesen. Wenn du danach suchst, findest du zahlreiche auch zeitgenössische Beschreibungen.
        Da das in deinem Zeitraum schon behördlich überwacht wurde, ist es vielleicht möglich, dass es noch Akten zur Ziehelternschaft deiner Urgroßeltern gibt. Müsste man recherchieren.

        LG,
        Antje

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        • Werner51
          Erfahrener Benutzer
          • 03.07.2017
          • 100

          #5
          Vielen Dank für eure Antworten. Alle drei sagen im Prinzip dasselbe aus.


          Die Pflegekinder kamen nicht aus der Familie, sie stammten alle von ledigen Müttern (Dienstmädchen, Dienstmagd) aus umliegenden Orten. Ob die Mütter bei der Geburt oder kurze Zeit später gestorben sind, habe ich noch nicht erforscht. In den Geburts-/Sterbeurkunden der Pflegekinder gibt es keinen Hinweis daraus. Es wird auch in keinem Fall der Name des Vaters genannt.


          Ich nehme an, dass die Vermutung, dass meine Urgroßeltern Geld für die Aufnahme von Pflegekindern bekamen, richtig ist. Dafür spricht auch, dass bei meinem Urgroßvater nie ein Beruf genannt wird. Er wird stets als Inwohner bzw. später als Hausbesitzer bezeichnet. Das Haus als Einnahmequelle.



          Ob sie noch mehr Pflegekinder aufgenommen haben, können nur evtl. noch vorhandene Akten aussagen. Auffällig war für mich, dass die drei bekannten Pflegekinder alle im Alter von nur wenigen Monaten gestorben sind. Von den 12 eigenen Kindern starb nur eins im Kleinkindalter.


          Beste Grüße
          Werner

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          • Feldsalat
            Erfahrener Benutzer
            • 20.08.2017
            • 1078

            #6
            Zitat von Werner51 Beitrag anzeigen
            Dafür spricht auch, dass bei meinem Urgroßvater nie ein Beruf genannt wird. Er wird stets als Inwohner bzw. später als Hausbesitzer bezeichnet. Das Haus als Einnahmequelle.
            Ich denke, dein Urgroßvater wird sehr wohl einer Arbeit nachgegangen sein, auch wenn nirgendwo ein Beruf erwähnt wird (es sei denn, er kam aus einer sehr reichen Familie und hatte es nicht nötig, arbeiten zu gehen). Das Geld für die Pflegekinder kann doch nicht so viel gewesen sein, daß man damit eine Großfamilie mit 12 eigenen Kindern ernähren kann - zumal die erwähnten 3 Pflegekinder sehr früh gestorben sind, dann gab es für sie ja kein Geld mehr.

            In sehr vielen Kirchenbucheinträgen meiner Vorfahren wird auch kein Beruf genannt und die haben mit Sicherheit trotzdem nicht den ganzen Tag zu Hause gesessen

            Sie waren Einwohner, Inwohner, Häusler, Nachbar, Beisasse, Gärtler, Ortsbürger, Gemeindsmann usw. Irgendwie mußten die meistens großen Familien doch ernährt werden, auch wenn das Kirchenbuch leider keine Auskunft gibt, welcher Tätigkeit der Familienvater nachging.

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