Ur-Opa, unschuldig im NKWD-Speziallager?

[Timka24]

Hallo ,

habe hier eben durch einen angegebenen Link meinen Großvater gefunden.

Er steht auch auf den Tafeln in Mühlberg.

Erst 2001 haben wir durch den DRK-Suchdienst erfahren das er dort 1946 verstorben ist.

Vielen Dank !!

Timka

[memo]

Hallo,

da ich mich auch gerade mit Lagern in der sowjetischen Besatzungszone und in Russland befasse, hat mich das Thema - auch wenn ich nichts zu Mühlberg suche - sehr interessiert, und ich danke für diverse Links.

Timka hat auf den Tafeln den Großvater gefunden. Gut.

Zu Ernst Schmengler findet man auf den Tafeln das Todesdatum 22.01.1948.

http://www.lager-muehlberg.de/images/scheffler_schmitt.jpg

Kaputznick geht davon aus, dass er 1947 gestorben ist.

Wer hat diese Tafeln auf welcher Grundlage dort deponiert?

Die anschließende Frage: Wie verlässlich sind Daten auf Gedenktafeln oder Kriegsgräbern?

Gruß, memo

[Saure]

Hallo Themenstarter,

auf Ihre Frage:
'Sie scheinen mit dem Thema gut vertraut zu sein. Wenn Sie mir die Frage erlauben: Sind Sie auch persönlich betroffen oder einfach nur sehr gut geschichtlich belesen?'
möchte ich Ihnen gerne antworten:

Ich habe lange Jahre nach dem Grab meines Vaters gesucht, der, wie sich dann herausstellte, in einem russ. Kriegsgefangenenlager gestorben ist.
In all diesen Jahren habe ich die verschiedensten Instutionen mit meinen Fragen 'genervt', und somit sehr viel Erfahrungen für die Klärung von Kriegsschicksalen sammeln können.

[mühlberger]

Hallo,
das NKWD-Speziallager Mühlberg ist mein Thema, deshalb kann ich vielleicht noch ein paar Einzelheiten ergänzen.

Etwa 1% der Bevölkerung der sowjetischen Besatzungszone wurde 1945-1948 verhaftet und in die NKWD-Speziallager verbracht. Eigentlich sollten das im Wesentlichen (nach den sowjetischen Befehlen) führende Nationalsozialisten sein, de facto wurde jeder mitgenommen, der der Besatzungsmacht verdächtig war. Der Verdacht entstand über Mitgliedschaft in NSDAP, Hitlerjugend oder anderen Organisationen. Die weitere Untersuchung sah meist so aus, dass die Leute geprügelt wurden, bis sie ein Protokoll in russischer Sprache über irgendwelche Untaten unterschrieben. Eine weitere Untersuchung persönlicher Schuld fand dann über mehrere Jahre hinweg nicht mehr statt. Es gab keine Anklage (nur einen "Vorwurf"), keinen Prozess und auch kein Urteil. In den 10 NKWD-Lagern sind etwa 30% der Insassen verstorben, zumeist an Mangelkrankheiten, Hunger, Tuberkulose, etc. (insgesamt weit über 40000 deutsche Tote).

Deswegen kann es gut sein, dass Ernst Schmengler, Kaputznicks Ur-Opa, wegen Sammlungen für NS-Volkswohlfahrt verdächtig war und deswegen mitgenommen wurde. Wie gesagt, die Anschuldigung war damals der Beweis der Schuld.

Nachfragen zur NSDAP-Mitgliedschaft (oder weitere NS-Tätigkeit) können eventuell beim Bundesarchiv beantwortet werden:

http://www.bundesarchiv.de/benutzung/zeitbezug/nationalsozialismus/00299/index.html.de

Die heute verfügbaren Informationen über die Inhaftierten in sowjetischen Speziallagern stammen aus den sowjetischen Transportlisten (Eingang ins Speziallager, oder Ausgang) sowie aus den Sterbelisten. Beide Arten von Listen sind für das Speziallager Mühlberg zu großen Teilen erhalten (obwohl nicht vollständig) und können bei der Initiativgruppe Lager Mühlberg abgefragt werden.
Ansprechpartner:
Frau Angelika Stamm
Initiativgruppe Lager Mühlberg e.V.
04931 Mühlberg (Elbe), Schulplatz 2
Telefon: (035342) 87487 Fax: 87488
eMail: Lager-Muehlberg@t-online.de
Öffnungszeiten:
Montag-Donnerstag: 8.00 Uhr - 15.30 Uhr
Freitag: 8.00 Uhr - 12.00 Uhr



Die Daten auf den Gedenktafeln für das Lager Mühlberg sind aufgrund dieser sowjetischen Listen zusammengestellt worden. Das kann im Einzelfall mal fehlerhaft sein, insgesamt würde ich sagen, genauer geht es nicht.



Zum Nachlesen über das Speziallager Mühlberg, mit vielen Namenslisten: http://www.lager-muehlberg.de



Zu dem Buch "Ich hab dich so gesucht...": da drin sind 40000 Namen von Speziallagerhäftlingen, für die kein Suchantrag beim DRK gestellt wurde. Deswegen kann Ernst Schmengler da auch nicht sein. Vorsicht mit den Lagernummern in diesem Buch, die sind zufällig vergeben!



Timka24, Kaputznick, bitte schreibt mir Details zu Euren Vorfahren, dann kommen sie mit auf die Internetseite zum Lager Mühlberg.



Gruß, der Mühlberger

[mühlberger]

Rehabilitierung von NKWD-Speziallager-Häftlingen

Hallo,
noch eine kleine Bemerkung.
Kaputznick schreibt:

Nach 1990 war ein Antrag auf Rehabilitierung erfolgreich. Es wurde "sogar" eine Entschädigung gezahlt.

Die Rehabilitierung kann nur durch die Russen erfolgen, denn die haben auch verhaftet. Allerdings haben die Russen nur mal in einem sehr kurzen Zeitraum, so etwa 1994, Speziallagerhäftlinge rehabilitiert. Seitdem machen sie es nicht mehr, mit der Begründung: Es gab kein Urteil, also kann auch kein Urteil zurückgenommen werden.

Die Entschädigung wurde in Deutschland deshalb unabhängig von der Rehabilitierung gezahlt.

Gruß
der Mühlberger

[karlha]

Hallo Kaputzick,
in der Gedenkstätte des Speziallagers Mühlberg/Elbe existiert eine Gedenktafel mit der Aufschrift
Schmengler Ernst
*1896
+ 22.01.1948.
Du könntes Dich mit der Geschäftsstellenleiterin Frau Stamm
Tel. 035342-87487
in Verbindung setzen und ihr Dein Anliegen vortragen
Frau Stamm ist sehr hilfsbereit.
Mir hat sie sehr geholfen z.B. Einlieferungsdatum, Transport, Verhaftungsangaben, Angaben zur "Todesursach"
Entsprechende Unterlagen dazu habe ich von ihr erhalten.

Viel Glück
Karl

[Peter Sziedat]

Ergänzung und Grüße von Peter (Sziedat)

[Saure]

Hallo,

vielen Dank für diese Information.