Bedeutung der Glocken bei der Beerdigung

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  • HerrMausF
    Erfahrener Benutzer
    • 31.12.2017
    • 733

    Bedeutung der Glocken bei der Beerdigung

    Hallo Mitforscher,


    gibt es irgendeine bestimmte Zuordnung bei den Glocken einer Beerdigung um 1730 in Mecklenburg?


    Ging es da um schnöde Bezahlung oder Aufteilung in "Fußvolk" und "Würdenträger"?


    Gruß,
  • consanguineus
    Erfahrener Benutzer
    • 15.05.2018
    • 5542

    #2
    Hallo Herr Maus F,

    das ging, wie immer bei der Kirche, nur um das Geld. Haben die Hinterbliebenen bezahlt, gab es Glockengeläut. Anderenfalls wurde man "sang- und klanglos" begraben.

    Viele Grüße
    consanguineus
    Suche:

    Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
    Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
    Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
    Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
    Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
    Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

    Kommentar

    • HerrMausF
      Erfahrener Benutzer
      • 31.12.2017
      • 733

      #3
      Okay also kann ich erwarten, dass bei großem Geläut Kohle da war.


      Ich habe hier so einen Fall in Bützow.
      Der Senior Müller hat eine Frau die genauso alt ist wie die Frau seines Sohnes, zumindest lt. Bürgerbuch. Ergibt aber auch Sinn, weil der Sohn nur einen Nachkommen hat. Nun stirbt die Frau des Junior vor dem Senior, was man daran erkennt, daß der Sohn "H." ist und die Frau mit "Frau des H. Hans Müller" beerdigt wird. Später wird dann noch eine alte Müllerschen mit großen Glocken beerdigt, immerhin wäre sie da schon 84 gewesen.
      Ich bin noch nicht komplett durch im Sterbregister aber anhand der Zusammenhänge würde ich davon ausgehen, dass es ihr Sterbeeintrag ist.



      Die Müller Senior überlebt auf jeden Fall ihren Mann und ihre Schossabgabe wird später von einem anderen getragen. Hat sie verkauft?

      Kommentar

      • Scherfer
        Moderator
        • 25.02.2016
        • 2511

        #4
        Ich möchte mich hier nochmal einklinken. Es steht natürlich consanguineus und jedem anderen frei, welche Meinung auch immer zur Kirche zu haben. Aber in dieser Verkürzung wird die Antwort der Frage m. E. auch sachlich nicht gerecht.

        In Zeiten vor Radio, Fernsehen, Internet und Tageszeitung und lange Zeit auch ohne Armbanduhr, hatten die Glocken eine wesentlich größere Bedeutung als heute. Neben Uhrzeiten, Ruf zum Gottesdienst u.a. hatten sie eben auch die Funktion, den Ort oder die Stadt als Totenglocken über den Tod eines Bürgers zu informieren. Und diese Funktion haben sie auch noch heute.

        Was die Bezahlung für das Glockenläuten angeht, muss man meiner Meinung nach ebenfalls die Zeit berücksichtigen. Es gab eben noch kein automatisiert einstellbares Geläut, sondern den Beruf Glöckner. Und wie auch Pfarrer für Amtshandlungen wie Taufen, Beerdigungen etc. früher nicht via festem Gehalt aus Steuergeldern, sondern nach Anlass direkt von der jeweiligen Familie bezahlt wurden, so erhielt auch der Glöckner ein Gehalt je nach Arbeitsaufwand. Dass das Totenglockenläuten keine Bedingung war, sondern eine von der Familie der/des Verstorbenen freiwillig zubuchbare Leistung, ist ja auch nicht per se zu kritisieren. Sehr wohl können wir als Familienforschende aber natürlich aus einem erfolgten oder nicht erfolgten Totenläuten unsere Schlüsse ziehen.

        Ich habe übrigens einen adligen Vorfahren, bei dessen Tod sich der Pfarrer seines Heimatortes weigerte, ein Totengeläut zu bewilligen, da der Wohnsitz des Adligen im Dorf einer anderen lokalen Herrschaft zugehörte. Es kam darauf im Anschluss zu einer Gerichtsverhandlung, die als Dokument erhalten geblieben ist, sehr zu meiner Freude.
        Zuletzt geändert von Scherfer; 13.01.2023, 12:58.

        Kommentar

        • sternap
          Erfahrener Benutzer
          • 25.04.2011
          • 4072

          #5
          fahren wir in einem fremdenverkehrsort in den alpen, in lawinengefährliches gebiet.
          dreihundert jahre früher.


          fernseher, radio und internet waren noch nicht erfunden. auf der schattseite schaute die sonne 8 monate nicht hinein. ein trübe und düstere zeit.


          es knackte an haus und in den holzstapeln, im wald brachen äste im dunkeln mit lauten knall ab- raum für angstphantasien.
          man versuchte den winter in wilden läufen samt seinen bösen geistern durch fackeln ,glocken und bratpfannenklopfen und screckliche masken aus dem tal zu jagen.
          wenn die kirche zu dem heidnischen brauch ihren sanktus gab, läutete sie mit.


          tatsächlich half es. jedesjahr wendete die sonne nur wenige wochen nach dem wilden lauf, die tage wurden heller.


          glocken und musik am grab trösteten und lenkten ab. wer sich das leisten konnte, bekam ein akustisches symbol für das baldige mehrwerden des lichts, glocken.
          dieser mensch, dem die glocken läuteten, würde also das licht sehen.
          freundliche grüße
          sternap
          ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
          wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




          Kommentar

          • HerrMausF
            Erfahrener Benutzer
            • 31.12.2017
            • 733

            #6
            @Scherfer Ja über solche Kuriositäten freuen wir uns heute, weil sie viel mehr über das Leben preisgeben, als schnöde Einträge in Kirchenbüchern. Man wünscht sich förmlich, dass ein Vorfahr irgendwohin mit dem Schiff unterwegs war oder ein Verbrechen begangen hat, nur um mehr Daten zu erlangen.

            Kommentar

            • consanguineus
              Erfahrener Benutzer
              • 15.05.2018
              • 5542

              #7
              Hallo Scherfer,

              meine Meinung zur Kirche ist eigentlich vollkommen unmaßgeblich in diesem Zusammenhang. Ich wollte mit meiner Aussage, der Kirche ging es nur ums Geld lediglich zum Ausdruck bringen, daß es bei der Kirche keinen über den Mindeststandard hinausgehenden Service kostenlos gab. Daß das teilweise, wie beim Glockenläuten, mit einem erhöhten Arbeitsaufwand zu tun hatte, versteht sich von selbst.

              Viele Grüße
              consanguineus
              Suche:

              Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
              Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
              Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
              Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
              Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
              Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

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              • sternap
                Erfahrener Benutzer
                • 25.04.2011
                • 4072

                #8
                es geht wohl auch um den beweis der kreditfähigkeit.
                wenn der reiche fleischhauer sich für seine familie nicht mal mehr die großen glocken leisten könnte, würde man ihm kein geld mehr anvertrauen, dann musste er pleite sein.
                die scheene leich bewies, welchen stand man hatte.
                freundliche grüße
                sternap
                ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
                wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




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                • schulkindel
                  Erfahrener Benutzer
                  • 28.02.2018
                  • 872

                  #9
                  Zwei Beispiele aus einer Familie:

                  Die Mutter wurde in einer Kleinstadt beerdigt. Der Friedhof liegt ca. 15 Minuten Fußweg von der großen, die Stadt überragenden gotischen Kirche entfernt.
                  Beim Verlassen der Friedhofskapelle waren deutlich die Glocken der großen Kirche zu hören.
                  Das fanden alle sehr schön.
                  Eine Tochter war vor Jahren aus der Kirche ausgetreten, ihre ganze Familie atheistisch.
                  Als ihr Mann in der Großstadt Berlin beigesetzt wurde, erklangen am Ende der Trauerfeier die Glocken der Friedhofskapelle in Berlin.
                  „Ach Gott, nun hat er doch noch seine Glocken“, entfuhr es ihr. Diese Bemerkung war nicht entsetzt sondern versöhnlich.

                  Ich für meine Person höre immer gerne Kirchenglocken in kleinen wie in großen Orten. Viele Leute stören sich daran. Das verstehe ich nicht. Das gehört zu unserer jahrhundertealten Kultur und sollte akzeptiert werden.

                  Renate

                  Kommentar

                  • Manni1970
                    Erfahrener Benutzer
                    • 17.08.2017
                    • 2396

                    #10
                    Hallo!

                    Die Ausgangslage war hier also 1730 in Mecklenburg - dann geht es doch um eine evangelische Landpfarrei.

                    Glockengeläut läßt sich in Quantität - wie oft wird geläutet - und Qualität - welche der Glocken wird geläutet - aufteilen.

                    Über Quantität und Qualität hat aber zur fraglichen Zeit sicher nicht die Kirche - also der Pfarrer - entschieden, sondern in einer Stadt oblag dies dem Rat und auf dem Dorf dem Patronatsherrn. Und beide waren da sehr auf sich bedacht. Oftmals untersagte der Rat das Geläut für den "kleinen Mann". Und auf dem Land war es doch undenkbar, daß für einen Knecht länger geläutet wurde als für das früh verstorbene Kind des Grundherrn.

                    Wichtig für den Ahnenforscher: Es gab mitunter sogenannte Ausläuteregister, was u. U. ein verlorenes Bg-Register ersetzen kann.

                    Ich kenne evangelische Dorfgemeinden, wo noch heute ausgeläutet wird, und zwar stets an dem Tag der Beerdigung gegen 11:00 Uhr. Der Küster drückt da auch nur am Vortag eine Taste am "Steuerungscomputer" des Glockenspiels.

                    Und das kostet auch gar nichts.

                    MfG
                    Manni

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