Butler Martin Jente

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  • Manni1970
    Erfahrener Benutzer
    • 17.08.2017
    • 2396

    Butler Martin Jente

    Hallo!

    Die Älteren werden sich vl. noch an den Butler Martin Jente erinneren, der dem Showmaster H.J. Kulenkampff am Ende der Sendung "Einer wird gewinnen" stets Mantel u. Hut brachte. Er war anfangs Rundfunksprecher, dann Schauspieler u. Produzent. Erst eine Zeit nach seinem Tod (1996) wurde bekannt, daß er in der NSDAP u. SS war. Ich habe mir mal die Familienumstände angesehen. Was bisher weder in Wikipedia oder sonstwo steht: Er hatte 1936 eine Halbjüdin geheiratet! Ich kann mir nicht vorstellen, daß dies einem SS-Mann, er soll 1936 im Rang eines Hauptscharführers (Oberfeldwebel) gestanden haben, erlaubt war. Die ganze Geschichte ist sowieso irgendwie mysteriös.

    Er soll 1909 in Görlitz (Schlesien) geboren worden sein. Der standesamtliche online-Namensindex reicht so weit nicht, aber um 1909 gab es keine Familie Jente in den Görlitzer Adreßbüchern. Sein Vater soll Architekt gewesen sein. Dazu finde ich nichts. Es soll seit min. 1931 in Berlin gewesen sein. Die Adreßbücher führen ihn dort jedoch nur 1939 u. 1940 als Rundfunksprecher auf. Ein Architekt Jente fehlt dort ebenfalls. Im Zweiten Weltkrieg diente er nicht in der Waffen-SS, sondern war Oberleutnant in der Kriegsmarine. Nach dem Krieg lebte er in Hessen u. führte anfangs den Namen Jente von Lossow. Ich kann da aber keine Verbindung zu der Adelsfamilie Lossow herstellen - war vl. ein Künstlername.

    Seine evangelische Schwiegermutter Anna Beguhl kam aus der brandenburgischen Provinz nach Berlin-Charlottenburg, wo sie anfangs als Dienstmädchen tätig war. Dort traf sie den aus Ungarn stammenden Juden Ignatz Turcsany, der in einem Hinterhof der Grolmannstr. 42/43 eine kleine Schirmfabrik betrieb. Dessen Frau Ellen Hellmann starb gemütskrank 1907 in der Irrenanstalt in Eberswalde; die Ehe war kinderlos geblieben. Anna Beguhl arbeitet vl. zunächst selbst in der Fabrik oder im Haushalt, wurde dann Geschäftsführerin und übernahm die Firma nach Turcsanys Tod 1919. Aus der unehelichen Verbindung gingen drei Kinder hervor: Berthold 1907-1945, Therese 1910-?, seit 1936 oo Lindenau, und Ellen 1911-?, seit 1936 oo Jente. Die Kinder hießen zunächst "Beguhl", erhielten mit Genehmigung des Landgerichtspräsidenten B.-Charlottenburg 1931 dann aber den Namen Turcsany. Anna hatte das Schirmgeschäft nur bis 1933 unter dem Namen Beguhl-Turcsany geführt, etwas später lernte sie den böhmischen Kapellmeister Theodor Kranl kennen, den sie 1935 heiratete und mit ihm nach München verzog. Um dann vermutlich die jüdische Abstammung zu verheimlichen, adoptierte Theodor Annas Töchter nach 1937 und beide - also Frau Lindenau und Frau Jente - wurden geborene Kranl.

    Martin Jente ließ sich 1943 von Ellen Beguhl - Turcsany - Kranl scheiden; 1939 war ein Sohn geboren worden. Im Bundesarchiv Berlin liegen 2 Sachakten betref. Ellen Jentes Verbindung zur Reichskulturkammer.

    MfG
    Manni
    Zuletzt geändert von Manni1970; 18.08.2021, 08:04.
  • Lewh
    Erfahrener Benutzer
    • 18.07.2013
    • 1490

    #2
    Hallo Manni,

    auf der Eheurkunde von 1936 ist zumindest die konkrete Nr. der Geburtsurkunde genannt.

    Hattest du gesehen, einer der beiden Trauzeugen ist ein Aufsichtsbeamter Ferdinand Krüger der sich mit seinem SS Ausweis ausgewiesen hat.
    Suche:
    Hanß Heimsen *1674 +1737 in Marienborn
    Schweinemeister und Hirte in Harbke
    Namen auch: Heinße, Heimße, Heimer usw.

    Datenbank aller bekannter Daten

    Kommentar

    • Kasstor
      Erfahrener Benutzer
      • 09.11.2009
      • 13440

      #3
      Habe nur einen Architekten Joh. Jente gefunden, 1914 in Sorau, Poststr. 2..
      Adressbuch Sorau 1905 Bauführer Johannes Jente in Sorau, am Bahnhof 2

      Grüße

      Thomas
      FN Pein (Quickborn vor 1830), FN Hinsch (Poppenbüttel, Schenefeld), FN Holle (Hamburg, Lüchow?), FN Ludwig/Niesel (Frankenstein/Habelschwerdt) FN Tönnies (Meelva bei Karuse-Estland, später Hamburg), FN Lindloff (Altona, Lüneburg, Suderburg)

      Ceterum censeo progeniem hominum esse deminuendam

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      • Manni1970
        Erfahrener Benutzer
        • 17.08.2017
        • 2396

        #4
        Hallo!

        @Lewh
        Ja, ich kenne die verschiedenen Urkunden bei Ancestry betref. die Familie Turcsany. Und ja, ich gehe natürlich auch davon aus, daß der Jente tatsächlich bei der SS war. Ich habe einige Unterlagen von SS-Männern vom BA Berlin durchgearbeitet. Da waren regelmäßig verschiedene Heiratsgenehmigungen und größere "Vorfahrenreihen" anhängig. Auch für den Jente liegen solche Akten vor. Daraus müßte man also ersehen, wie das damals abgelaufen ist.

        @Thomas
        Großartig! Und Du hast wohl wieder den richtigen Riecher gehabt. Hier seine Sterbeurkunde und hier seine Heiratsurkunde von 1905. Seine Frau stammte aus Görlitz! In den Sorauer Adreßbüchern 1909, 1913, 1921 wird er als Bau- oder Kreisbauführer bezeichnet Ich schätze, das ist der richtige.

        MfG
        Manni

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        • Andreas Krüger
          Erfahrener Benutzer
          • 03.12.2006
          • 258

          #5
          Jente aus Sorau

          Ja, ich erinnere mich in den Sorauer Heimatblättern (wohl eine Ausgabe aus den 1980igern) eine Kurzbiografie über den Buttler Jente gelesen zu haben. Man war erfreut, dass eine bekannte Persönlichkeit aus dem Sorauer Kreis gebürtig war.
          Es grüßt
          Andreas

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          • gki
            Erfahrener Benutzer
            • 18.01.2012
            • 4839

            #6
            Was mich interessieren würde: Was wurde aus der geschiedenen Ehefrau?
            Gruß
            gki

            Kommentar

            • Manni1970
              Erfahrener Benutzer
              • 17.08.2017
              • 2396

              #7
              Hallo Andreas,

              besten Dank für Deinen Hinweis. Dann gehen wir mal davon aus, daß Jentes Vater der Kreisbauführer Johannes J. in Sohrau in der Niederlausitz gewesen ist. Heute stellt man sich unter einem Architekten etwas anderes vor. Johannes hatte eine Baugewerkschule in Breslau besucht, anschl. eine Maurerlehre absolviert u. wird dann die Meisterprüfung abgelegt haben. Diese Amt als Kreisbauführer erlaubte ihm dann verm., die Bez. Architekt zu führen - letzlich war er Maurermeister. Er hatte im Ersten Weltkrieg eine Kriegsbeschädigung erlitten, die vl. zu seinem frühen Tod mit 60 J. führte. Aber auch Jentes Mutter Frieda starb bereits mit 53 J.

              Weiterhin interessant ist, daß Anna Beguhls Ehemann, der böhmische Kapellmeister, ebenfalls in der NSDAP war und hatte dann trotzdem die beiden "halbjüdischen" Töchter der Anna adoptiert.

              Ja, was ist aus den Personen geworden? Anna Kranl geb. Beguhl findet man noch 1943 als Witwe in München, vl. lebte ihre Tochter Ellen, geschiedene Jente, bei ihr. Was aus Ellen und deren Schwester Therese (oo Lindenau) wurde, weiß ich nicht. Thereses Mann August Wilhelm Lindenau starb erst 1970 in Südtirol.

              Ich habe die Datenbanken von Arolsen und Yad Vashem nach den Namen Beguhl, Kranl und Turcsany überprüft, konnte aber weder die beiden Schwestern noch ihre Mutter Anna Kranl dort nachweisen.

              Sie werden wohl hoffentlich alle drei den Krieg überlebt haben. Ignatz Turcsany, der "jüdische Schirmmacher" aus Charlottenburg, war ja bereits im Winter 1918 verstorben.

              Bleiben die Fragen: Wußte Jente von der jüdischen Abstammung seiner Ehefrau und wie gelang es 1936, die Heiratsgenehmigung von der SS zu erhalten?

              MfG
              Manni

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              • Juergen
                Erfahrener Benutzer
                • 18.01.2007
                • 6044

                #8
                Hallo Manni,

                interessant das Ganze bzw. die Karriere dieses Herrn Martin JENTE.
                Komisch solche Dinge. wie dessen frühere SS Mitgliedschaft, wurden meist erst
                nach deren Tod öffentlich gemacht, sodass diese Herren zu Lebzeiten dadurch keinen
                Nachteil erfuhren.

                Das der sich überhaupt getraut hat, im TV aufzutreten, er musste doch befürchten
                erkannt zu werden, und erpressbar zu sein, z.B. durch die Stasi im Osten.
                Zumindest seine alten SS Kameraden, die noch lebten, könnten sich auch gefreut
                haben, ihn so wieder zu sehen.

                Nach dem Krieg lebte er in Hessen u. führte anfangs den Namen Jente von Lossow. Ich kann da aber keine Verbindung zu der Adelsfamilie Lossow herstellen - war vl. ein Künstlername...
                Vielleicht verwechselst Du diesen auch, denn in Frankfurt Main, lebte ein Martin Jente von Lossow, der hieß aber Jente mit Rufnamen, war 1955 Rundfunkberichterstatter laut Adressbuch Frankfurt Main Winterbachstr. 2.a bei ancestry.

                Gruß Juergen
                Zuletzt geändert von Juergen; 19.08.2021, 17:24.

                Kommentar

                • Manni1970
                  Erfahrener Benutzer
                  • 17.08.2017
                  • 2396

                  #9
                  Hallo Juergen,

                  ich vermute, Jentes "Geschichte" konnte erst ans Tageslicht kommen, nachdem die Amerikaner das Berlin-Document-Center an das BA Berlin übergaben.

                  Er trat im Sommer 1933 der SS bei, war aber eigentlich Rundfunkansager. Im Krieg diente er als Marineoffizier, und zwar hochdekoriert mit EK II, I, Deutsches Kreuz in Gold, Verwundeten- u. Schnellbootabezeichen usw., war dabei in Norwegen, Frankreich und im Schwarzen Meer. Aber wer wußte schon, daß er bei der SS war. Da war das Risiko der Wiedererkennung 20 Jahre später verm. nicht sehr groß.

                  Ja, ja, der Martin Jente v. Lossow ist der hier gemeinte frühere SS-Mann u. spätere Butler Jente gewesen.

                  MfG
                  Manni

                  Kommentar

                  • gki
                    Erfahrener Benutzer
                    • 18.01.2012
                    • 4839

                    #10
                    Hallo Juergen!

                    Zitat von Juergen Beitrag anzeigen
                    Das der sich überhaupt getraut hat, im TV aufzutreten, er musste doch befürchten
                    erkannt zu werden, und erpressbar zu sein, z.B. durch die Stasi im Osten.
                    Meinst Du, der Status als ehem. SS-Mann hätte in den 70ern die Leute groß gestört?

                    Muß mich korrigieren: in den 50ern und 60ern!

                    Der Artikel beschreibt es:

                    ■ Der TV-Produzent Martin Jente, besser bekannt als Kulis "Butler Martin", ist tot


                    Der mußte seine Auftritte einstellen weil er Werbung gemacht hatte - nicht weil er in der SS war...
                    Zuletzt geändert von gki; 20.08.2021, 02:45.
                    Gruß
                    gki

                    Kommentar

                    • Juergen
                      Erfahrener Benutzer
                      • 18.01.2007
                      • 6044

                      #11
                      Hallo gki,

                      Die meisten Fernsehzuschauer wird es damals nicht gestört haben, hätten sie gewusst, dass
                      er sicherlich ein früher überzeugter Nazi war.
                      Einige Fernsehstars, wie Hans Rosenthal oder Ilja Richter später vielleicht schon.
                      Anderer seits galt damals Schwamm drüber.
                      Ich habe mich noch schlau gemacht, Führerhauptquartire gab es mehrere, wusste ich nicht.

                      @manni
                      Was interessiert Dich eigentlich an dem so sehr, dass Du dessen Akten beim Bundesarchiv einsieht?
                      Sowas würde ich nicht mal machen.

                      P. S. SWIFTKEY SCHEISST MIR WIEDER IN MEINEN TEXT REIN.
                      Wird sofort deinstalliert. MÜLL.

                      Gruss Juergen
                      Zuletzt geändert von Juergen; 20.08.2021, 06:08.

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                      • Manni1970
                        Erfahrener Benutzer
                        • 17.08.2017
                        • 2396

                        #12
                        Hallo Juergen,

                        nein, ich habe keine Akten im BA Berlin betref. Jente eingesehen.

                        Ich bin rein zufällig auf den Namen bei Ancestry gestoßen und fand dann eben die "jüdische Vergangenheit" seiner Ehefrau. Und als neugieriger Familienforscher interessiert mich jetzt eben, wie die das 1936 mit der Heiratsgenehmigung gedeichselt haben.

                        Was sich letztlich verm. nur durch die Einsichtnahme der von Dir erw. BA-Akten klären läßt - was mir aber dann doch zu viel Aufwand ist.

                        Höchstens ick wär ooch Berliner, wa?

                        MfG
                        Manni

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                        • gki
                          Erfahrener Benutzer
                          • 18.01.2012
                          • 4839

                          #13
                          Hallo Juergen!

                          Zitat von Juergen Beitrag anzeigen
                          Die meisten Fernsehzuschauer wird es damals nicht gestört haben, hätten sie gewusst, dass
                          er sicherlich ein früher überzeugter Nazi war.
                          Einige Fernsehstars, wie Hans Rosenthal oder Ilja Richter später vielleicht schon.
                          Sicher, gestört hätte es manche. Aber erpressbar gemacht hätte es ihn nicht, darum ging es mir.

                          Ilja Richter hatte lt. Wikipedia eine jüdische Mutter, die die Nazizeit mit gefälschter Identität überlebte. Vielleicht auch ein Ansatz in diesem Fall.
                          Gruß
                          gki

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                          • Juergen
                            Erfahrener Benutzer
                            • 18.01.2007
                            • 6044

                            #14
                            Alles klar Manni, dass Du die Akten beim BA durchgesehen hast, war eine Falschdeutung
                            meinerseits.

                            Irgend welche Historiker, haben die nun bekannten Infos zu Martin JENTE recherchiert.
                            Wird schon stimmen, was die heraus bekamen.

                            Ob der nun wußte, dass seine Braut die er 1936 heiratete "Halbjüdin" war, wer weiß ...
                            Waren die strengen Rasse-Gesetze 1936 schon in Kraft, wenn ja ist das für
                            einen SS Mann schon etwas seltsam.

                            Der kann ja nicht nur der Karriere wegen, schon 1933 der SS beigtreten sein, dafür
                            hätte doch die NSDAP Mitgliedschaft gereicht.

                            Gruß Juergen
                            Zuletzt geändert von Juergen; 20.08.2021, 17:57.

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