Vormundschaft Anfang 19. Jahrhundert

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  • sniksnak
    Benutzer
    • 13.04.2012
    • 42

    Vormundschaft Anfang 19. Jahrhundert

    Hallo zusammen,

    ich bin an ein Konvolut an Unterlagen bzgl. des Ariernachweises geerbt. Darin enthalten sind viele Abschriften früherer Urkunden, welche in den 1930er Jahren gefertigt wurden.

    Ich bin nun dadurch um einiges weiter gekommen. Habe aber auch gleichzeitig ein totes Ende erreicht.

    Ich habe folgende "Bescheinigung" gefunden:
    Über den- am 18. Januar 1865 in Brackwede i. Brock
    geborenen Karl Heinrich August Jüncke,
    Sohn- der Sophia Jüncke,
    ist hier eine Vormundschaft - unter Nr. 72
    des Registers geführt.
    Die Akten sind im Jahre 1892 vernichtet.
    Über den Vater ist- nichts zu ermitteln.

    Bielefeld, den 14. Mai 1937
    Geschäftsstelle 2 des Amtsgerichts
    Amtsgericht Bielefeld
    72/1865

    Es ist im Taufregister kein Vater angegeben. Die Mutter (*1829 in Minden) war Dienstmagd in Brackwede und hatte ihren Wohnort laut Urkunde in Minden.
    Das Kind wurde geboren in Brackwede i. Brock bei No 18.
    Taufpaten am 22.01.1865 waren:
    - Heuerling Joh. Friedrich Kobusch (Brackwede in Brock b. Nr. 18),
    - Heuerling Peter Heinrich Kleindwedel (Brackwede b. Nr. 117)

    Ergeben die Umstände für euch irgendeinen Sinn? Hat jemand schon einmal ähnliche Dinge selber recherchiert? Was waren Gründe für die Einrichtung einer Vormundschaft - weil Frauen ohne Mann an der Seite damals kaum Rechte gehabt haben?

    Es scheint aussichtslos den Vater zu ermitteln, oder?

    Die Geburtsangaben (St. Simeonis) der Mutter scheinen auch falsch zu sein. Die Register in Minden verzeichnen in den Jahrgängen 1828-1830 keine solche Person.

    "Ihr Schreiben vom 16.8.38 haben wir am 26.8.38
    an das reform. Pfarramt in Minden
    weitergereicht, da die gewünschten Angaben in den evang.-
    luth. Kirchenbüchern nicht zu finden sind.
    Durchgesehen sind die Jahrgänge 1828 bis 1830
    Taufregister St. Marien- St. Martini- und St. Simeonis.
    Evangel. Gemeindeamt"


    Habt ihr da eine Idee zu?
  • AKocur
    Erfahrener Benutzer
    • 28.05.2017
    • 1371

    #2
    Hallo,

    Zitat von sniksnak Beitrag anzeigen
    Was waren Gründe für die Einrichtung einer Vormundschaft - weil Frauen ohne Mann an der Seite damals kaum Rechte gehabt haben?
    Frau und unverheiratet, das ging dann nun wirklich nicht.
    Zum Nachlesen: Dernburg, Heinrich, Das Vormundschaftsrecht der preußischen Monarchie nach der Vormundschaftsordnung vom 5. Juli 1875, besonders das 2. Kap. Die Begründung der Vormundschaft, I. Unfähigkeit zur Vormundschaft. Ist zwar etwas später, aber es scheint mir nicht so, als hätte man da bezüglich lediger Mütter etwas verändert.

    Grundsätzlich würde ich an deiner Stelle die Kirchenbücher selbst einsehen. Zum einen um auszuschließen, dass sich irgendwo bei der Abschrift in den 1930ern ein Lesefehler eingeschlichen hat, zum anderen um nach weiteren Hinweisen zu suchen.
    Seltsam finde ich, dass die Mutter in Brackwede gearbeitet hat, dort ihr Kind bekommen hat, aber ihr Wohnort soll Minden gewesen sein? Bisschen weit entfernt. Was steht da also wirklich im KB?

    In Brackwede würde ich auch mal schauen, ob die Mutter eventuell noch weitere Kinder bekommen hat. In meinem Stammbaum ist das oft der Fall bei ledigen Müttern die irgendwo als Magd gearbeitet haben; es bleibt oft nicht bei nur einem Kind. Selbst späte Heiraten der Mütter kommen vor (nicht unbedingt mit dem Vater der Kinder).

    Auch in Minden wird sich ein Blick in die KBs wahrscheinlich lohnen. Der Suchzeitraum war ja äußerst knapp gewählt.

    Wenn du bei Familysearch z.B. nach einer Sophia Jüncke mit Geburtsort Minden suchst, findest du Volkszählungen von 1885 und 1890 in denen es jeweils eine Köchin namens Sophie Jüncke gibt, reformiert und geboren in Minden, einmal mit Geb.-Datum 20.4.1835 und einmal mit Geb.-Datum 28.4.1832. Ich möchte vermuten, dass es sich dabei um dieselbe Frau handelt und ihr Geburtsdatum mind. einmal etwas verfälscht wurde. Das KB sollte da Aufschluss geben.

    Wenn das die Mutter ist, müsste man natürlich noch weitere Hinweise darauf finden. Wenn es von Brackwede und/oder Minden noch Melderegister o.ä. aus der Zeit gibt, wäre das natürlich hilfreich.

    LG,
    Antje

    Kommentar

    • Asphaltblume
      Erfahrener Benutzer
      • 04.09.2012
      • 1500

      #3
      Eine Vormundschaft wurde nicht nur bei ledigen Müttern bestimmt, sondern auch dann, wenn der (eheliche) Vater starb. Das Vormundschaftsgericht durfte unter bestimmten Voraussetzungen die Vormundschaft auch auf die Mutter übertragen, das war aber wohl nicht die Regel. Ziemlich oft wurde der Vater der ledigen Mutter als Vormund ihrer Kinder eingesetzt. Es gab auch Amtsvormünder.


      Und zur Ermittlung des Vaters:

      Es ist möglich, dass die Mutter den Vater auf Unterhalt verklagt hat, und mit viel Glück sind Gerichtsunterlagen dazu erhalten. Allerdings war es für unwillige Väter sehr leicht, sich um Unterhaltszahlungen zu drücken - es reichte meist die "Einrede des Mehrverkehrs", also der Frau zu unterstellen, dass sie nicht nur mit ihm, sondern auch mit anderen Männern Sex hatte. Wenn dann noch einer oder ein paar seiner Kumpels erklärten, dass sie auch mit dem Mädchen intim waren, war er aus dem Schneider... Das änderte sich erst, als mit der Bestimmung der Blutgruppe und erbbiologischen Vergleichen u. a. der Ohrmuscheln biologische Kriterien für eine Vaterschaftsbestimmung möglich waren.
      Aber Unterhaltsklagen sind Zivilklagen, ich glaube, die müssen nur 30 Jahre oder so aufbewahrt werden. Ich jedenfalls war Jahrzehnte zu spät dran...
      Zuletzt ge?ndert von Asphaltblume; 09.05.2020, 00:17.
      Gruß Asphaltblume

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