Dem Ändl verschafftes Geld

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  • gki
    Erfahrener Benutzer
    • 18.01.2012
    • 4823

    Dem Ändl verschafftes Geld

    Hallo,

    mir liegt ein Nachlaß von 1683 vor, in dem die Besitzstände und Verbindlichkeiten des Verstorbenen, Paul Mühlböck, Bauer vorm Holz, Rentamt Passau, aufgeführt sind.

    Unter den Verbindlichkeiten befindet sich ein Posten:

    der Maria Scherneggerin ledig Stands verschaffts gelt 15 fl

    Als Erben werden genannt: die Witwe Barbara, der Sohn Paul, die Tochter Barbara, vertreten durch ihren Mann Adam Kroiß, die Tochter Magdalena, ledig, vertreten durch die Vormünder Eustachius Bauer und Stephan Grubmiller.

    Im weiteren Text taucht eine Passage auf:

    wie Er [der Übernehmer Paul] dan auch die ienigen 15 fl, so der verstorbne Paul Millpeckh, seiner Ändl Maria Scherneggerin verschafft, solang ohne Zünß zugeniessen, als lang das Khündt bey ihme in der Undterhalt ist,


    Die Maria Schernegger ist also zu dem Zeitpunkt noch ein Kind. "Ändl" interpretiere ich als "Enkel", demnach wäre sie also Nichte der anderen Erben.

    Mutmaßlich wäre sie Tochter einer weiteren, mittlerweile verstorbenen, Tochter des Verstorbenen, da sie ja nicht Mühlböck heißt.

    Offenbar war sie aber nicht voll erbberechtigt, sie bekam nur 15 fl "verschafft", die anderen Erben bekamen je etwa 60 fl.

    Würdet ihr daraus schließen, daß sie eine uneheliche Tochter einer verstorbenen Tochter des verstorbenen Paul war?
    Gruß
    gki
  • Rieke
    Erfahrener Benutzer
    • 13.02.2012
    • 1290

    #2
    Würdet ihr daraus schließen, daß sie eine uneheliche Tochter einer verstorbenen Tochter des verstorbenen Paul war?
    Hallo gki,

    Obwohl ich das noch nicht richtig versteh mit der Passage, die Du zitiert hast (was heißt denn das im Klartext?), denke ich mir aber, daß doch wohl eine Tochter des Erblassers auch so heißen müßte wie er, also Mühlböck und entweder hat sie geheiratet und heißt fortan Schernegger, dann wäre ihr Kind aber nicht unehelich. Oder die Tochter war nicht verheiratet und hieß immer noch Mühlböck/in und ein uneheliches Kind dieser Tochter würde dann auch den Namen [der Mutter] tragen.
    Sehe ich das falsch?

    Daß sie weniger bekommt als die anderen könnte doch auch daran liegen, daß sie eben eine Generation 'entfernt' vom Erblasser ist.

    Liebe Grüße
    Rieke
    Zuletzt ge?ndert von Rieke; 26.08.2016, 01:10.
    Meine Spitzenahnen....
    waren arm aber reinlich. Ihr Motto? Lieber leere Taschen als volle Hosen.

    Kommentar

    • gki
      Erfahrener Benutzer
      • 18.01.2012
      • 4823

      #3
      Hallo Rieke!

      Zitat von Rieke Beitrag anzeigen
      Obwohl ich das noch nicht richtig versteh mit der Passage, die Du zitiert hast (was heißt denn das im Klartext?),
      Tja, das ist die Frage.

      Die erste Passage besagt zunächst, daß der Erblasser eben der Maria 15 Gulden schuldete, eben das "verschaffte Geld". "Ich (ver)schaffe dem und jenem" scheint eine altertümliche Formulierung in Testamenten gewesen zu sein, bei Google Books findet man einige. D.h. der Erblasser legt vor dem Tod fest, daß eine Partei ein bestimmtes Legat erhalten soll.

      Der zweite Teil besagt offenbar, daß das Kind Maria auf dem Hof "in Unterhalt" lebt, also offenbar noch jünger als 12 ist und noch nicht selber sein Brot verdienen kann. 12 Jahre war in der Gegend damals dafür wohl die Grenze. Solange das der Fall war, durfte der Übernehmer die Schulden ohne Zinszahlung liegen lassen, erst danach wurden Zinsen fällig.

      denke ich mir aber, daß doch wohl eine Tochter des Erblassers auch so heißen müßte wie er, also Mühlböck und entweder hat sie geheiratet und heißt fortan Schernegger, dann wäre ihr Kind aber nicht unehelich.
      Beides richtig. Sie wäre dann aber auch als Erbin im Testament aufgeführt worden.

      Ich habe auch den Nachlaß der Ehefrau des jüngeren Paul und da ist eine Tochter auch verheiratet verstorben und die überlebende Tochter erbt den Teil der Mutter.

      Oder die Tochter war nicht verheiratet und hieß immer noch Mühlböck/in und ein uneheliches Kind dieser Tochter würde dann auch den Namen [der Mutter] tragen.
      Sehe ich das falsch?
      Ja. Zu der Zeit trugen uneheliche Kinder, so sie +- anerkannt waren, immer den Namen des Vaters. Das änderte sich erst etwa 1850.

      Daß sie weniger bekommt als die anderen könnte doch auch daran liegen, daß sie eben eine Generation 'entfernt' vom Erblasser ist.
      Eigentlich nicht, siehe das Beispiel oben. Da hat die Enkeltochter den vollen Anteil ihrer verstorbenen Mutter erhalten, genausoviel (oder wenig) wie die Onkel und Tanten.
      Gruß
      gki

      Kommentar

      • Kasstor
        Erfahrener Benutzer
        • 09.11.2009
        • 13440

        #4
        Hallo,

        wenn auch wohl nicht sehr bekannt, gibt es zumindest das Wort heute noch: https://dejure.org/gesetze/BGB/2170.html

        Betrifft aber eine andere Konstellation.


        Frdl. Grüße

        Thomas
        Zuletzt ge?ndert von Kasstor; 26.08.2016, 08:26.
        FN Pein (Quickborn vor 1830), FN Hinsch (Poppenbüttel, Schenefeld), FN Holle (Hamburg, Lüchow?), FN Ludwig/Niesel (Frankenstein/Habelschwerdt) FN Tönnies (Meelva bei Karuse-Estland, später Hamburg), FN Lindloff (Altona, Lüneburg, Suderburg)

        Ceterum censeo progeniem hominum esse deminuendam

        Kommentar

        • Alter Mansfelder
          Super-Moderator
          • 21.12.2013
          • 4653

          #5
          Guten Morgen zusammen,

          nach Grimms Wörterbuch soll "endel" eine männliche Form von "enel" sein:

          http://woerterbuchnetz.de/DWB/?lemid=GE04227

          "Enel", "enelin" wiederum kann nach dem mittelhochdeutschen Handwörterbuch auch Enkel bedeuten:

          http://woerterbuchnetz.de/cgi-bin/WBNetz/wbgui_py?sigle=Lexer&lemid=LE00888

          "Verschafft" im rechtlichen Kontext ist nach dem Deutschen Rechtswörterbuch offenbar vor allem das, was im Sinne eines heutigen Vermächtnisses vom Erblasser übertragen worden ist:

          http://drw-www.adw.uni-heidelberg.de/drw-cgi/zeige?index=tawoerter&term=verschafft

          Es grüßt der Alte Mansfelder
          Gesucht:
          - Tote Punkte im Mansfelder Land, Harz und Umland
          - Tote Punkte in Ostwestfalen
          - Tote Punkte am Deister und Umland
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          - Tote Punkte im Erzgebirge, Vogtland und Böhmen
          - Tote Punkte in Oberlausitz und Senftenberg

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          • gki
            Erfahrener Benutzer
            • 18.01.2012
            • 4823

            #7
            Hallo beisammen,

            vielen Dank für die Beteiligung!

            Das "Ändl" hatte ich wohl mal irgendwann bei Schmeller eruiert, das mit dem "Verschaffen" dürfte jetzt auch klar sein: Die 15 Gulden lagen nicht bar rum, sondern waren vom Haupterben erst zu erwirtschaften.

            Hat noch jemand eine Meinung zum Verwandtschaftsverhältnis?

            Prinzipiell könnte das Kind natürlich auch einer früheren Ehe des Verstorbenen entstammen.

            Leider fehlen die KB in der Pfarre sodaß da wohl nur schwer Klarheit reinzubringen sein wird.
            Gruß
            gki

            Kommentar

            • waldler
              Erfahrener Benutzer
              • 16.10.2012
              • 221

              #8
              Hallo, grüße dich

              Der Ändl/Andl war in dieser Gegend der Großvater, da bin ich mir sehr sicher. Der Urändl der Urgroßvater. Die Großmutter war die Ändlin/Andlin.
              Je nach Bezirk wurde da ein anderer Dialekt gesprochen. Im Mühlviertler - Wegscheider Bereich hieß es wieder ganz anders, aber auch abgeleitet vom Ändl/Andl, dies zu schreiben, würde aber die Tastatur überfordern.

              Viele Grüße
              Gerhard

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              • gki
                Erfahrener Benutzer
                • 18.01.2012
                • 4823

                #9
                Hallo Gerhard,

                Ändl als Grußmutter wäre aber hier im Kontext völlig unpassend. Zum einen wäre dann gerade der Enkel im Alter von geschätzt 60 verstorben, die Großmutter müßte also über 100 sein, zum anderen wird die Person als Kind bezeichnet.

                Ich hab die Bezeichnung "Ähnl" für das Enkelkind auch nochmal in einem anderen Brief.

                "gedachter Loiblin hinterlassene 2 Ähnln, Maria und Magdalena, des verstorbenen Eheleibl. Sohns Christophen Loibls und Sara dessn Eheweibs seel. hinterlassnen leibl. Kindern"

                Da wird das Verwandtschaftsverhältnis sogar explizit aufgedröselt.
                Angehängte Dateien
                Gruß
                gki

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                • waldler
                  Erfahrener Benutzer
                  • 16.10.2012
                  • 221

                  #10
                  Hallo,

                  ja, da hast du recht. In diesem Zusammenhang scheidet der Großvater als Ähndl aus.
                  Wieder was dazu gelernt.

                  Viele Grüße
                  Gerhard

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