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  #1  
Alt 04.01.2018, 17:54
zehg zehg ist offline
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Standard Namensnennung Dokument 1313 - Latein

Quelle bzw. Art des Textes: Dokument
Jahr, aus dem der Text stammt: 1313
Ort/Gegend der Text-Herkunft: Oberösterreich
Namen um die es sich handeln sollte: Chonradus


Hallo, ich kann nicht wirklich verstehen, was die Rolle des in der 5. Zeile erwähnten 'Chunrado decimatore ipsorum de Goemreiching' (Chunrado Decimator/Zehentner in Gömreiching) in diesem Dokument ist.
Ist er ein Zeuge oder irgendwie an dem Geschäft beteiligt?

http://monasterium.net/mom/AT-StiASF...3_I_06/charter

Vielen Dank.
Gu
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  #2  
Alt 05.01.2018, 11:44
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Wallone Wallone ist offline männlich
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Hallo Gu !

In der Erwartung einer besseren Erklärung, hier ist mein Verständnis :

Herbordus hat den Hof aus seinen eigenen Geldern von Konrad, dem Zehenherr derjenigen (der Einwohner) von Goemreiching gekauft.

Er muss aber trotzdem dem Monasterium 78 Schilling pro Jahr zahlen um den Hof für sichselbst und seine Erben für die Ewigkeit zu besitzen und falls er diese Summe nicht rechtzeitig, d.h. am Geburtstag der heiligen Maria nicht zahlen würde, dann wäre ihm eine Geldstrafe in der Höhe von 60 Schilling während 14 Tagen verhängt.

In dem Maße könnte man von einem Mietkauf sprechen.

Habe ich Recht ? Die Anderen werden es sicherlich sagen.
__________________
Viele Grüße.

Armand

Geändert von Wallone (05.01.2018 um 11:46 Uhr)
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  #3  
Alt 05.01.2018, 16:27
zehg zehg ist offline
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Hallo Wallone, vielen Dank für die Details. So weit bin ich gar nicht gekommen, aber von der Zusammenfassung bei MOM gehe ich auch davon aus, dass es so eine Art Mietvertrag war.

War aber der 'Vermieter' nicht eher der Propst Ainwikus? Ich bin mir unsicher, da ja mehrere Namen hintereinander aufgeführt sind:
Ainwicus (der Propst), Heinricus (geraten - eine Art Vorstand der Chorherren) und Chunrado (der Decimator von Goemreichen / Gemering). Treten alle drei einfach gemeinsam als Vermieter gegenüber dem Mieter Herbort der Chremstorfer auf?

Beachtlich finde ich auch, dass neben den zwei siegelnden Hauptzeugen noch ca. neun Nebenzeugen genannt werden. Irgendwie scheint das gegenseitige Vertrauen nicht allzugroß gewesen zu sein. Und alles nur für den Mietvertrag eines Hofes.
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  #4  
Alt 05.01.2018, 17:19
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Wallone Wallone ist offline männlich
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Hallo wiederum Gu,
Die Vermieter (obwohl das Gut zu besitzen ist : possidendam) sind (domini mei domini) : meine Herrschaften die Herren Ainwicus (Probst), Heinricus (Dekan) und alle Mitglieder des Konvents.
Das Verb ist im Plural, am Ende des Satzes (wie auf Deutsch) : « contulerunt » welches dafür spricht daß die Vermieter alle zusammen auftreten, daher die vielen Unterschriften.
Konrad ist nicht am Geschäft beteiligt. Er besaß das Gut und hat es Herbordus verkauft, der es aus seinen eigenen Geldern kaufte.
Die Frage die ich mir stelle betrifft die feudalenVerhältnisse : warum muß jetzt Herbordus noch zahlen obwohl er es selber gekauft hat ? Weil er Vasall des Konvents war ?
__________________
Viele Grüße.

Armand
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  #5  
Alt 05.01.2018, 17:56
zehg zehg ist offline
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Ich glaube das Problem zeigt sich darin, das es heisst 'Konrad besass das Gut und hat es Herbordus verkauft', gleichzeitig hat aber der Propst bzw. das Stift St. Florian das Gut an Herbordus vermietet.

Der Grund liegt vermutlich darin, dass ja das Stift bzw. der Propst die Herrschaft der Gegend war und sowohl Konrad als auch Herbordus Untertanen des Propstes waren und um 1313 im eigentlichen Sinne keinen Hof besitzen konnten, sondern alles dem Stift gehörte. Die Höfe wurden den Bauern gegen die üblichen Gebühren (Zehent etc.) zur Bewirtschaftung überlassen. Ich nehme an, dass Konrad mit Zustimmung der Herrschaft, die 'Verpachtung' an Herbordus veräusserte, aber die Besitzrechte trotzdem natürlich beim Propst blieben.
Konrad als Decimator=Zehentner war sehr wahrscheinlich nicht der Zehentherr, sondern nur der Verwalter und Verantwortliche für die Abgabe des Zehents der umliegenden Bauern an den eigentlichen Zehentherr, dem Stift. Gemering war ja über Jahrhunderte der Sitz des Amtmannes des Amtes Gemering (bzw. früher Goemreiching/Goemhering) unter der Herrschaft des Stiftes.

Soweit zumindest mein Verständnis der damaligen Umstände. Mal sehen, ob ich irgendwie rausbekomme, wo dieses Posch gelegen haben könnte.

Nachtrag:
Wie ich sehe ist Posch eine Gemeinde im Bezirk Ebelsberg, das könnte durchaus der Ort sein.

Geändert von zehg (05.01.2018 um 18:08 Uhr)
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  #6  
Alt 05.01.2018, 18:30
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Wallone Wallone ist offline männlich
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Ich denke du hast die feudalen Verhältnisse bemerkenswerterweise ausgelegt.

Danke schön auch für den Unterschied zwischen Zehentner und Zehentherr, den ich nicht kannte.

Komischerweise heisst der « decimator »(Zehentner) « dixmeur » auf FR, und der Zehentherr heisst « décimateur ».

https://fr.wikisource.org/wiki/L’Encyclopédie/1re_édition/DÉCIMATEUR

Das Problem liegt auch darin daß das Wort "decimator" durch das Wort "Zehentherr" in vielen Beispielen und Wörterbüchern die man auf dem Internet finden kann übersetzt wird.
__________________
Viele Grüße.

Armand

Geändert von Wallone (05.01.2018 um 19:35 Uhr)
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  #7  
Alt 06.01.2018, 14:23
zehg zehg ist offline
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Da hast du sicher recht, die Termini Zehentner und Zehentherr werden vielfach gleichbedeutend gebraucht. Auch dieser Wikipedia Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Zehntner setzt sie gleich (auch wenn der Artikel mehr auf den Bergbau eingeht), aber trotzdem denke ich, dass dies im Allgemeinen falsch ist (natürlich können Zehentner, die ja vielfach Amtmänner und eher sehr reiche Bauern waren, oft auch selbst von der Zehentpflicht befreit waren, selbst Zehentrechte gekauft haben - aber die Regel war dies gewiss nicht). Aber siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/Decimator
Danke für den Hinweis auf das französische Beispiel, interessant, leider bin ich dieser Sprache nicht mächtig.

Der Bauer (Zehentmann) musste seinen Zehent an den Zehentherrn abgeben. Meist war dies aber ein 'Hohl-Zehent', d.h. der Bauer musste den Zehent nicht selbst zum Zehentherrn bringen, sondern dieser musste ihn vom Bauern bzw. Feld holen. Da in meinem Fall der Propst dies wohl nicht selbst machte, hatte er seine Zehentner Beamten, die dafür verantwortlich waren.
Aber wie in alten Gesetzen zu sehen, rein rechtlich sind nur der Zehentmann und der Zehentherr relevant: https://books.google.de/books?id=3hM...e&q=Zehentherr

Bessere Definitionen gibt auch das Wörterbuch der deutschen Sprache: Der Zehenter vs. Der Zehentherr https://books.google.de/books?id=7JR...s%20Zehentherr
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  #8  
Alt 09.01.2018, 15:02
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Wallone Wallone ist offline männlich
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Hallo Gu,

Ich danke Dir für diese Erläuterungen die die Lage klarmachen.

Hier haben wir also keinen Kaufvertrag sondern eine Bekenntnis.

Wenn man einen Vergleich mit den heutigen Verhältnissen machen wollte, dann hätten wir, glaube ich :

-der Zehentherr = der Staat
-der Zehentner = das Steueramt
-der Zehent = die Grundsteuer.

Leider kennst Du nicht Französisch und mein Deutsch reicht nicht aus um eine perfekte Übersetzung auf Deutsch zu liefern.

Ich habe trotzdem versucht den Anfang des Dokuments ins FR zu übersetzen.

Du könntest eventuell diese mittels eines neuen Thema posten und um eine Übersetzung ins DE bitten.

Sie beginnt also mit dem Anfang « Non poterat » und endet mit den Wörtern « pro emenda ».

On ne pourrait trouver de moyen plus prudent de transmettre aux générations futures les clauses du présent acte, de crainte qu’elles ne tombent dans l’oubli ou même ne subissent les outrages du temps présent, que la solidité des lettres testimoniales. C’est pourquoi, moi, Herbordus, dit de Chremstorf, je déclare, par la teneur des présentes, et souhaite que tous ceux qui les verront, sachent que mes vénérables et très chers seigneurs, Ainwicus, prévôt, Heinricus, doyen, et tous les membres du monastère de Saint-Floriant, m’ont concédé à titre perpétuel, contre le versement d’un cens de 78 schilling nouveaux viennois, à moi et à mon épouse Agnet, ainsi qu’à tous mes descendants, le domaine agricole de Posch, avec toutes ses dépendances, cultivées ou en friche, et toutes terres acquises ou à acquérir, que j’avais acheté à Chunrad, le décimateur de Goemreiching, en payant de mes propres deniers, et dont il est connu d’eux que le dit décimateur en était propriétaire en droit. Si, à la date anniversaire de la naissance de la Bienheureuse Vierge Marie, il s’avérait que je ne me sois pas acquitté du dit cens, je serais redevable, en plus, à titre d'amende, d’une somme de 60 schillings payable dans les 14 jours.
__________________
Viele Grüße.

Armand

Geändert von Wallone (09.01.2018 um 23:50 Uhr)
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