An was erinnert ihr euch aus Kindheitstagen

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  • Wolfg. G. Fischer
    Erfahrener Benutzer
    • 18.06.2007
    • 4917

    #91
    Zitat von Silke Schieske Beitrag anzeigen
    Oh ja, das kenne ich auch noch von meiner Oma. Die lebte auf dem Land. Da stand über Nacht ein Eimer in der Küche, so dass man nicht raus musste.

    Gebadet wurde in der Waschküche in einer großen Zinkwanne.
    Meine Oma im Nachbardorf, bei der ich oft war, lebte zunächst auch noch so einfach.

    Das Plumpsklo war direkt über der Jauchegrube neben dem Stall und schon etwas unheimlich. Statt Toilettenpapier gab es alte Zeitungen.

    Als kleiner Junge habe ich gern Mehl verstreut und dann zusammengekehrt. Heute bin ich erstaunt, dass meine Großmutter das geduldet hat.

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    • fps
      Erfahrener Benutzer
      • 07.01.2010
      • 2160

      #92
      Schön, dass dieses Thema mal wieder ans Licht gebracht wurde.

      Ich habe vor einigen Jahren damit begonnen, derartige Geschichten aus meiner Kindheit aufzuschreiben, für die nachfolgenden Generationen. Seit meiner Kinderzeit in den 50er/60er Jahren hat sich derart viel verändert, dass es nicht mehr lange dauert, bis solche Geschichten märchenhaft anmuten.
      Da kommen dann auch die Plumpsklos (wie ich diesen Gestank gehasst habe!) vor, die bei den Verwandten auf dem Dorf noch lange Standard waren - die Zinkwannen, in denen am Wochenende das Familienbad (incl. Besucher) abgehalten wurde - dickbauchige Korbflaschen mit aufgesetzten Gärröhrchen, in denen die angesetzten Beerenmoste blubberten - der Bäcker, der mit dem Pferdefuhrwerk vorbeikam - Stangeneis, das sich manche Haushalte anliefern ließen - Rollschuhhockey auf den noch wenig befahrenen Straßen, mit selbst geschnitzten Hockeystöcken - Ferien bei Verwandten auf dem Bauernhof (anderen Urlaub kannten wir nicht) - Zeltbau mit Decken hinter dem Haus - das ließe sich jetzt noch um einiges verlängern.

      Uns hat es als Kindern dabei an nichts gefehlt, allerdings hätten wir uns auch gar nicht die Möglichkeiten der heutigen Zeit vorstellen können. Kann man Kindheit zu unterschiedlichen Zeiten miteinander vergleichen? Ich finde das sehr schwierig. Ich denke, eine Kindheit konnte zu allen Zeiten mehr oder weniger schön sein, abhängig von den jeweiligen Umständen.
      Wenn ich heute Kinder in Flüchtlingslagern mit den einfachsten Dingen spielen sehe, gibt es mir einerseits immer einen Stich ins Herz, weil ich die Umstände unendlich bedaure, unter denen diese Kinder aufwachsen. Andererseits: Kinder sind kreativ, und man kann mit einem aus Lumpen zusammengenähten Ball so intensiv Fußball spielen, dass die Umgebung kaum noch eine Rolle spielt...... Normalität kann relativ sein. Für Kinder zumindest ist das ein Glück.
      Zuletzt geändert von fps; 03.07.2020, 22:57.
      Gruß, fps
      Fahndung nach: Riphan, Rheinland (vor 1700); Scheer / Schier, Rheinland (vor 1750); Bartolain / Bertulin, Nickoleit (und Schreibvarianten), Kammerowski / Kamerowski, Atrott /Atroth, Obrikat - alle Ostpreußen, Region Gumbinnen

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      • Araminta
        Erfahrener Benutzer
        • 12.11.2016
        • 599

        #93
        Es mutet schon märchenhaft an, wenn ich an die Plumpsklos denke.....
        Du solltest das auf jeden Fall aufschreiben!

        So einiges kenne ich auch noch, obwohl ich es nicht aktiv miterleben musste wie z.b. die Plumpsklos! Oder das Baden in Familienreihenfolge.....
        Den Urlaub bei den Verwandten auf dem Bauernhof allerdings schon und diesen möchte ich nie missen.
        Das war bei meiner Oma die nun auch schon ihren 100. Geburtstag hinter sich hätte und wir Kinder waren im Sommer immer mindestens 2 Wochen dort. Egal wie das Wetter war, ich kann mich nie erinnern das es langweilig geworden wäre....
        Wir hatten dort keine Videospiele, bestenfalls Brettspiele und die Oma hat uns Kinder NIE gewinnen lassen
        Auf dem Bauernhof war ein ganz beliebtes Spiel, was ihr sicher aus kennt: Heujucken
        Sorry fbs aber im Nachhinein fände ich die Kindheit der Flüchtlinge schöner als dem wohlbehüteten Kind, was zwar alles Materielle hat aber sonst GAR nichts!

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        • Hracholusky
          Moderator
          • 17.03.2016
          • 902

          #94
          Ja, an das Plumpsklo übern Hof mit Zeitungspapier kann ich mich auch noch gut erinnern.
          Was mir als älteste Erinnerung einfällt ist Ostern als ich 4 Jahre war. Ich hatte schon ein paar Eier und Schokolade in meinem Körbchen und sah plötzlich einen schönen bunten Hasen aus Pappe im Gras. Alles was ich im Körbchen hatte kippte ich aus und legte den Hasen hinein.
          Zu den Kinderspielen habe ich hier einen schönen Artikel gefunden:



          Beste Grüsse
          Gerd
          Zuletzt geändert von Hracholusky; 04.07.2020, 13:51.
          Mit besten Grüssen
          Gerd

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          • Ferdinand
            Erfahrener Benutzer
            • 20.05.2008
            • 197

            #95
            Kindheitserlebnisse

            Hallo Freunde,
            als ich 1932 Neun Jahre alt war passierte mir und meinem gleichaltrigen Nachbarsfreund folgende Geschichte. Der Hund meines bei uns im Hause wohnenden Onkels ist damals von ihm wegen Altersschwäche erschossen worden, ein Vorgang, der uns Kindern verheimlicht wurde. Als sparsamer Zeitgenosse hat er den Hund nicht verscharrt sondern "verwertet". Das Fleisch wurde ausgekocht, denn Hundeschmalz lies sich als Heilmittel bei Halsentzündungen u.d. gut gebrauchen. Das Fleisch wurde gekocht und schön gewürfelt, denn es sollte als Futter für die Hühner meines Vaters dienen. Es stand in der Waschküche auf einem Teller und wartete auf seine Verwendung. Wir beide Kinder kamen beim Spielen in die Waschküche, sahen den Teller mit dem schön gewürfelten Fleisch und begannen das vermeintliche Rindfleisch zu probieren, dass uns hervorragend schmeckte.
            Den Teller leerten wir so nach und nach und waren hinterher schuldbewusst und erwarteten eine Schimpfkanonade des Vaters bei der Entdeckung unserer "Freveltat". Nichts geschah! Als wir beim Essen waren kam Onkel herein und fing an zu Bellen und alles lachte.
            Später als Jugendlicher und nach dem Tod des Onkels fragte ich meinen Vater, warum dieser immer bei unserem essen gebellt habe. Er klärte mich auf, dass wir beide damals den "armen Max" verspeist hätten.

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            • Verano
              Erfahrener Benutzer
              • 22.06.2016
              • 7819

              #96
              Hallo Ferdinand,

              so etwas ähnliches gab es auch bei uns. Meine Großeltern kauften oft Pferdefleisch und machten daraus „Rinderbraten“. Uns Kindern war es völlig schnurz, was wussten wir schon von Fleisch, meine Tante sollte es aber nicht wissen, sie ekelte sich davor. Sie bekam es aber doch raus und später bei Familienessen wurde sie immer mit „hotte hüh“ geärgert.

              Einige Kindheitserinnerungen:

              Froschlaich im Einweckglas mit nach Hause nehmen und die Entwicklung zu Kaulquappen beobachten. Leider sind sie mir immer eingegangen bevor ich sie wieder in den Bach setzen konnte.

              Straßenspiele wie Seilspringen mit mehreren Kindern, wobei das Hineinspringen für mich immer schwierig war, Hüpfkasten, Himmel und Hölle, Fischer, Fischer wie tief ist das Wasser, usw.
              Abklatschen: Empompi Kolonie …

              Fix und Foxi, Micky Maus, Prinz Eisenherz, später Bravo


              Viele Grüße August

              Die Vergangenheit ist ein fremdes Land, dort gelten andere Regeln.

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              • Silke Schieske
                Erfahrener Benutzer
                • 02.11.2009
                • 4399

                #97
                Zitat von Verano Beitrag anzeigen
                Hallo Ferdinand,
                Fix und Foxi, Micky Maus, Prinz Eisenherz, später Bravo


                Schade das es zu meiner Zeit die Diggedags nicht mehr gab. Ich hab noch die Abra Faxe gelesen.


                LG Silke
                Wir haben alle was gemeinsam.
                Wir sind hier alle auf der Suche, können nicht hellsehen und müssen zwischendurch auch mal Essen und Schlafen.

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                • Ujester
                  Neuer Benutzer
                  • 30.04.2014
                  • 2

                  #98
                  1. Erinnerungen

                  Ich (Jahrgang April 1942) sitze ganz oben auf einem Handwagen und werde gezogen. Manchmal muss ich auch daneben laufen, mich aber festhalten. Ich sitze auch im Gras. Ich sehe Soldaten, für mich riesengroß). Wir stehen an einem großen Fluss, es ist schon dunkel. Plötzlich ein ganz greller Bltz und gleich darauf ein Knall, sehr laut. Wir fahren wieder auf dem gleich Weg zurück. Als wir zuhause ankommen, scheint die Abendsonne in das Fenster, auf dem Fußboden in der Küche ist das Medizinschränkchen offen, eine violette Tüte liegt auf dem Fußboden, etwas weißes Puder daneben.

                  (Diese eigentlich erste direkte Erinnerung wurde von meiner Mutter bestätigt. Wir waren auf der Flucht "vor den Russen". Es sollte bei Jacobsthal über die Elbe gehen. Der Blitz und der Knall waren die Sprengung der Elbbrücke in Riesa.Auch die Soldaten waren real. Die violette Tüte zuhause war eine Tüte mit Vasenolpuder - ich war noch nicht ganz 3 Jahre).

                  Die nächste Erinnerung muss 1 bis 2 Monate später gewesen sein. Ich werde in der Nacht wach. An meinem Bett sitzen 2 Soldaten mit Käppi und einer olivfarbenen Uniform. Einer hält etwas rundes,in einem pergamentähnlichen mit blauer Aufschrift und anderen Markierungen in der Hand. Er zerreißt das Papier, bricht etwas braunes ab und steckt es mir in den Mund. Es schmeckte himmlisch. Ich hatte bis dahin in meiner Erinnerung noch keine Schokolade kennengelernt. Meine Schwester wurde auch geweckt und musste mitessen.

                  (Die beiden russischen Soldaten hatten gehört, dass in dem Haus kleine Kinder waren. Der Vorgang wurde ebenfalls bestätigt, dass es sich so zugetragen hatte).
                  Mal sehen, was sich noch alles im Langzeitgedächtnis finden lässt.)

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                  • LutzM
                    Erfahrener Benutzer
                    • 22.02.2019
                    • 3028

                    #99
                    So Mitte der 60er haben wir (unsere Bande ), um Band für unsere Peitschen zu haben, auf dem Feld einen abgestellten Mähbinder inspiziert und das Fach für das Papierband "geknackt". Prompt wurden wir vom Bauern erwischt .

                    Wir mussten uns in einer Reihe aufstellen, bekamen 'ne Moralpredigt und dann noch jeder von uns links und rechts eine Backpfeife. Damit war die Sache erledigt. Zu Hause haben wir das natürlich nicht erzählt, sonst hätte es noch 'ne Tracht Prügel gegeben .

                    Am nächsten Tag haben wir dann besser aufgepasst und haben unsere Papierband doch noch bekommen .

                    Wenn ich mir das heute vorstelle: Die Diebe erzählen es den Eltern, die machen 'ne Anzeige weil ihre ach so lieben Kinder mal eine Strafe einstecken mussten und der Bauer bekommt bösen Ärger, wenn nicht eine Strafe...

                    So ändern sich die Zeiten! Ich fand es damals besser, denn wir hatten uns das verdient .
                    Lieben Gruß

                    Lutz

                    --------------
                    mein Stammbaum
                    suche Eising * um 1880 aus/bei Creuzburg/Ostpreußen, sowie (August & Hellmut) Wegner und (Friederike) Lampe * um 1840 aus/bei Kleinzerlang/Prignitz

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                    • Silke Schieske
                      Erfahrener Benutzer
                      • 02.11.2009
                      • 4399

                      Hallo Ujester,


                      Meine Mama ist ein Jahr jünger und erzählte immer, das ihre Erinnerung erst mit 5 Jahren kam. An alles was davor war kann sie sich,das sie als "Glück" bezeichnet, nicht erinnern.


                      LG Silke
                      Wir haben alle was gemeinsam.
                      Wir sind hier alle auf der Suche, können nicht hellsehen und müssen zwischendurch auch mal Essen und Schlafen.

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                      • Verano
                        Erfahrener Benutzer
                        • 22.06.2016
                        • 7819

                        Ich erinnere mich an einen Schuhkauf mit meiner Mutter.
                        Da gab es Röntgengeräte, die anzeigten ob die Schuhe passen. Ich konnte leider nicht hineinsehen, wurde aber hochgehoben und die Verkäuferin stellte ihre Füße in den Kasten. es war grünlich und sehr aufregend; ich konnte die Umrisse des Fußes und den Schuh sehen.
                        Es wurden die passenden Schuhe für mich ausgesucht. Doch meine Mutter wollte unbedingt eine Nummer größer für mich haben. Ich würde ja so schnell rauswachsen.
                        Bald darauf wurden die Pedoskope verboten.

                        Auch ein besonderes Erlebnis:
                        Im Kaufhaus gab es einen Fahrstuhl-Führer. Das war für mich der Inbegriff eines tollen Berufes. Den ganzen Tag mit Uniform Aufzug fahren, Knöpfe drücken und die Stockwerke aufrufen
                        Viele Grüße August

                        Die Vergangenheit ist ein fremdes Land, dort gelten andere Regeln.

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                        • Kaktus
                          Erfahrener Benutzer
                          • 02.09.2017
                          • 247

                          Ich erinnere mich an ein Kaufhaus (das einzige damals), da gab es eine Rolltreppe. In den 1950er Jahren für meinen Bruder und mich eine kleine Sensation. Nur so zum Spaß ließen wir uns Treppauf und Treppab fahren bis es unserer Mutter zuviel wurde.............
                          https://familienforschung-sydow.jimd...lienforschung/

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                          • scheuck
                            Erfahrener Benutzer
                            • 23.10.2011
                            • 4383

                            Hallo,

                            Schuhkauf, eine Sache, an die ich mich auch noch bestens erinnere,und die ich heute mit ganz anderen Augen sehe .....................

                            "Tunlichst" habe ich darauf geachtet, dass derlei Käufe an einem Samstag und mit Papa alleine stattfanden

                            Ich erinnere mich ganz besonders an einen solchen Kauf; ich war vielleicht 7 oder 8 Jahre alt, brauchte ein paar neue Schuhe, und darüber waren sich die Eltern einig.
                            Das Objekt meiner Begierde waren Exemplare, die man heute als Ballerinas bezeichnen würde: vorne schön tief ausgeschnitten und mit einer dünnen Ledersohle, das Ganze in hell-beigem Wildleder gehalten
                            Wie ich es geschafft habe, diese Modelle im Geschäft zumindest ein paar Minuten lang an meinen Kinderfüßen zu "halten" bzw. meinem Vater und der Verkäuferin damit "vorlaufen" zu können, weiß ich nicht mehr.
                            Ich weiß aber heute noch, dass meine Mutter beim Anblick dieser "Schuhe" einen massiven Tobsuchtsanfall bekommen hat; Vater und Tochter waren "erstaunt" und vollkommen verständnislos.

                            Heute kann ich das Entsetzen meiner Mutter verstehen, denn sie hatte sich unter einem Paar Schuhe für mich ganz sicher sowas wie "stabile Schnürer" vorgestellt, mit denen ein Kind auch etwas anfangen kann. - Nicht verstehen kann ich, dass sie nicht gleich am Montag mit mir in die Stadt gegangen ist, um diese Modelle wieder umzutauschen!

                            Nein, Vater-Kind-Käufe gab's noch mehrere dieser Art - Ich erinnere mich auch noch an "Winter-Schuhe" in hellgrauem Wildleder mit einem "Nichts" als Sohle ...
                            Herzliche Grüße
                            Scheuck

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                            • consanguineus
                              Erfahrener Benutzer
                              • 15.05.2018
                              • 5533

                              Zitat von Silke Schieske Beitrag anzeigen
                              Meine Mama ist ein Jahr jünger und erzählte immer, das ihre Erinnerung erst mit 5 Jahren kam.
                              Guten Morgen!

                              Ich denke auch, daß eine mehr oder weniger "flächendeckende" Erinnerung bei den meisten Menschen erst im Alter von etwa fünf Jahren einsetzt. Bei mir ist es so, daß ich mich zwar auch an einige wenige Szenen davor erinnern kann, aber das sind eher Bruchstücke. Ich sehe noch die Kühe auf dem Hof vor mir. Die wurden in dem Jahr abgeschafft, in dem ich drei Jahre alt wurde. Auch andere Szenen kann ich zeitlich zuordnen, weil ich heute weiß, wann welche Maschine für den Hof beschafft oder verkauft wurde. Aus dem Kindergarten fällt mir auch das eine oder andere ein.

                              Aber zunächst bin ich bei sehr frühen Erinnerungen immer vorsichtig. Es gibt Studien, in denen es darum ging, eine Erinnerung gewissermaßen nachträglich zu "erfinden". Den (erwachsenen) Probanden wurden solange Bilder gezeigt und Geschichten erzählt, bzw. sie mußten vorgegebene Geschichten selbst erzählen, bis einige von ihnen glaubten, die Begebenheiten selbst erlebt zu haben. Den genauen Versuchsaufbau kann ich nicht beschreiben.

                              Und so wird es auch mit manchen "Kindheitserinnerungen" sein: irgendwelche Geschichten ("Weißt Du noch, wie Du, als Du gerade laufen konntest, immer die Reste aus den Likörgläsern weggeschlabbert hast? Wie war das niedlich!"). Das wird Dir jahrelang immer wieder erzählt und vielleicht gibt es auch ein Foto. Irgendwann erzählst Du es selbst. Und eines Tages glaubst Du, es sei eine "Erinnerung".

                              Damit will ich auf keinen Fall die hier zum Besten gegebenen Geschichten anzweifeln! Ich habe aber den eben beschriebenen Mechanismus selbst erlebt (nicht mit der Likörgeschichte) und bin davon überzeugt, daß das menschliche Gehirn manipulierbar ist.

                              So sehe ich eine größere Anzahl Männer an einem Tisch in unserer Diele sitzen. Es wird gegessen, getrunken und gelacht. Später wurde mir erzählt, es sei die Erntefeier gewesen, zu der alle Mitarbeiter geladen wurden. Also auch der Melker und seine Gehilfen. Die Kühe waren also noch da und ich war gerade drei Jahre alt geworden. Oder zwei, aber das halte ich für unrealistisch. Nach der Umstrukturierung des Hofes waren es nur noch drei feste Mitarbeiter. Vorher, so weiß ich aus Erzählungen, waren es neun. Also "erinnere" ich mich heute, neun Männer an diesem Tisch gesehen zu haben. Das Bild ist also zu einer Melange aus echter Erinnerung und später hinzugefügten Informationen geworden.

                              Ich könnte noch andere Beispiele bringen. Berichte beispielsweise von einer "dramatischen Flucht" aus Pommern mit Tieffliegerangriffen und Bombardements und allem, was zu einer anständigen Flucht vor den Russen dazugehört. Der fünf Jahre ältere Bruder der sich an die Flucht erinnernden, damals drei Jahre alten Person hingegen berichtet von einer relativ geordneten dreitägigen Bahnfahrt von Stettin nach Braunschweig. Mit einigen Verzögerungen zwar, aber ohne jegliche Tiefflieger- oder sonstigen Angriffe. Lediglich in Braunschweig heulten die Sirenen, aber Fehlalam, denn es gab keine Bomberverbände. So unterschiedlich ist also die Erinnerung zweier Personen, die eine sehr phantasiebegabt und emotional, die andere Wissenschaftler durch und durch (und fünf Jahre älter) an ein und dasselbe Ereignis.

                              Viele Grüße
                              consanguineus
                              Zuletzt geändert von consanguineus; 18.07.2020, 10:28.
                              Suche:

                              Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
                              Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
                              Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
                              Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
                              Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
                              Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

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                              • podenco
                                Erfahrener Benutzer
                                • 05.01.2011
                                • 1493

                                Guten Tag!

                                Als fünf- bis sechsjähriges Mädchen habe ich ein oder zwei Jahre bei meinen Großeltern in Isingerode (heute Schladen) gelebt und bin auch dort eingeschult worden. Der erste bis vierte Jahrgang wurde in einem gemeinsamen Klassenraum unterrichtet von einem ziemlich alten Lehrer, der noch mit einem Rohrstock disziplinierte. Da ich nur außerhalb der Schule frech war, habe ich den aber nicht zu spüren bekommen.

                                Wenn Opa Lust auf ein Bier hatte, fuhr er oft mit seinem Trecker zu einem Kumpel im nahegelegenen Grenzhäuschen. Zur Tarnung nahm er mich gelegentlich mit, und ich durfte den Trecker lenken. Ich war sooo stolz!

                                Weniger schön ist meine Erinnerung an die jungen Kätzchen, die von einem Tag auf den anderen vom Hof verschwanden. Oma sagte mir, ein Mann aus dem Dorf hätte sie abgeholt für andere Leute. Erst viel später erfuhr ich, dass sie regelmäßig „entsorgt“ wurden, indem man sie in einen Sack steckte und im Dorfteich ertränkte. Es hieß auch, meine geliebte Oma hätte dies durchaus selbst erledigt, was ich aber einfach nicht glauben möchte.
                                Ich habe über Stunden geheult, wenn eins unserer Schweine oder auch ein Sonntagshuhn auf dem Hof geschlachtet wurden.

                                Jeden Morgen machte ich dasselbe Gezeter, wenn ich mein Glas frisch gemolkene Milch mit dicken Fettaugen obendrauf trinken sollte. Ich wollte lieber Milch aus dem Dorfladen. Oma wollte mich überlisten und hat die Milch nach dem Melken in eine Flasche gefüllt. Das habe ich sofort gemerkt, und damit war das Thema wohl erledigt. Bis heute trinke ich keine Milch und verabscheue Hühnersuppe.
                                Aber ich erinnere mich gerne an meine Zeit auf dem Dorf und bin dankbar für die Erfahrungen, die ich dort machen durfte.

                                Grüße von Gaby
                                ROHNER in Wachtel Kunzendorf Neustadt OS
                                SCHREIER in Loos, Prinzdorf, Wehrau in NSL und Kreis Oppeln in OSL
                                HAUGH in Mettmann und Wülfrath
                                KOSIEK in Velbert und (Essen)Borbeck
                                JÄGER in Zellingen
                                RIESENWEBER / MEUSENHELDER o. MEISENHALTER / POHL /WIEHR o. WIER in der Ukraine, Wolhynien und Mittelpolen

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