Nach dem 1./2. WK in Schlesien geblieben

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  • Melanie_Berlin
    Erfahrener Benutzer
    • 31.12.2007
    • 1300

    Nach dem 1./2. WK in Schlesien geblieben

    Hallo Mitforschende,
    bei der Durchsicht der Königshütter Standesamtsbücher fiel mir auf, dass bei einigen Urkunden polnische Randvermerke zu Eheschließungen oder Todesfällen zu finden sind oder sogar Namensänderungen in polnische Namen. Unter anderem bei einem Cousin meiner Uroma (beide hatten den gleichen Nachnamen), wobei der Nachname eh schon polnisch klang und nur 'en' zu 'ę' geändert wurde. Die Eltern meiner Uroma blieben auch in Oberschlesien nach dem Krieg. Ich habe mich immer gefragt, welche Motivation dahinter steckt und bisher dachte ich eher an das hohe Alter und die Verbundenheit mit dem Heimatort.
    Vielleicht gibt es hier jemanden, der mehr weiß. War das Dortbleiben theoretisch jedem möglich? Oder nur in bestimmten Fällen? Falls ja, dann interessiert mich, welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein mussten.
    Vielen Dank schon einmal!
    Viele Grüße,
    Melanie
  • Sedulus
    Erfahrener Benutzer
    • 11.11.2018
    • 863

    #2
    Hallo Melanie,

    ich denk mal, es kam da auf verschiedene Faktoren an.
    Gab es eine Mischehe, so hatte man womöglich eher eine Chance zu bleiben.
    Oder aber man sagte dem "Deutschtum" ab und ließ als polnischer Bürger einbürgen, dann ging dies womöglich auch. Schließlich mußte das Land ja auch weiterhin bewirtschaftet werden.
    War man natürlich in der Partei, so hatte man wahrscheinlich größere Probleme bleiben zu können.
    Aber im großen und ganzen war es ja eher die Divise, auch in Tschechien, dass man keine Mischbevölkerung mehr wollte um eben Probleme zu vermeiden, was eigentlich affig war, gerade wenn man mal so über den großen Teich schaut.

    LG
    Peter
    Auf der Suche nach den Familien

    Neugebauer, Wax, Metzner, Tillmann, Neumann, Klein, Siegert und Klose

    in Schlesien, und den Familien

    Kral, Schulz (Sulc), Pawelka, Soboda, Tregler/Trägler, Mareček, Frisch, Heyack, Buda, Schwipp, Beyer und Titl

    im Sudetenland.

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    • Horst von Linie 1
      Erfahrener Benutzer
      • 12.09.2017
      • 19711

      #3
      Guten Tag,
      die Polonisierung war Bedingung fürs Bleibendürfen.

      Und ich habe auch noch nicht davon gehört, dass Personen geblieben wären, die sich ihren Familiennamen (in der Zeit um 1941) germanisieren ließen (davon hat es ja auch zahlreiche Randvermerke in den Standesamtsregistern).
      Falls im Eifer des Gefechts die Anrede mal wieder vergessen gegangen sein sollte, wird sie hiermit mit dem Ausdruck allergrößten Bedauerns in folgender Art und Weise nachgeholt:
      Guten Morgen/Mittag/Tag/Abend. Grüß Gott! Servus.
      Gude. Tach. Juten Tach. Hi. Hallo.

      Und zum Schluss:
      Freundliche Grüße.

      Kommentar

      • PetraNeu
        Erfahrener Benutzer
        • 31.07.2015
        • 306

        #4
        Hallo Melanie

        es gab auch Leute, denen die Ausreise verboten wurde, z.B. die Experten für den Bergbau. Wer nicht rechtzeitig die Fliege gemacht hatte, musste in diesen Berufen weiter arbeiten und wurde z.B. nach Waldenburg versetzt, wo man fälschlich ergiebige Kohleflöze vermutet hat. Erst als die Expertise an genügend viele polnische Techniker weitergereicht war, durften die Deutschen ausreisen. Mein Großonkel kam so mit seiner Familie erst in den 1950ern raus. Eine "wilde Flucht" wäre zu riskant gewesen.

        Andere wie z.B. meine Großeltern kamen gut in der neuen Situation in O/S zurecht. Sie konnten polnisch, mein Großvater hat sofort die poln. Staatsbürgerschaft beantragt (obywatelstwo) und wieder den alten slawischen Familiennamen angenommen. Das bedeutete, dass sie Anrecht auf Lebensmittelkarten hatten, und er bekam ziemlich schnell Arbeit. Auf den Dominien arbeiteten die Frauen saisonweise und kamen so zusätzlich an Lebensmittel. In der vertrauten Umgebung kannte man Jeden und man half sich gegenseitig. Das war der unschlagbare Vorteil gegenüber dem drohenden Lagerleben in Westdeutschland, darüber war man gut informiert. Meine Familie war in jedem Fall deutlich besser versorgt als die Verwandten, die z.B. bei der Ausweisung in der SBZ hängen blieben.

        Erst als die Mangelwirtschaft drückender wurde, kamen bei meiner Familie genügend Zweifel auf, um die Ausreise zu den Verwandten im Westen zu beantragen.

        LG Petra

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        • Melanie_Berlin
          Erfahrener Benutzer
          • 31.12.2007
          • 1300

          #5
          Zitat von Horst von Linie 1 Beitrag anzeigen
          Guten Tag,
          die Polonisierung war Bedingung fürs Bleibendürfen.

          Und ich habe auch noch nicht davon gehört, dass Personen geblieben wären, die sich ihren Familiennamen (in der Zeit um 1941) germanisieren ließen (davon hat es ja auch zahlreiche Randvermerke in den Standesamtsregistern).
          Hallo Horst,
          du hast recht, das macht wenig Sinn. Aber in meinem Fall blieben die Eltern in Oberschlesien und der älteste Sohn ließ seinen Namen nicht germanisieren, sondern gleich ganz ändern. Aber wer weiß, vielleicht hatte er zu seinen Eltern kein gutes Verhältnis.
          Spannend ist es trotzdem.
          Viele Grüße,
          Melanie

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          • Melanie_Berlin
            Erfahrener Benutzer
            • 31.12.2007
            • 1300

            #6
            Zitat von PetraNeu Beitrag anzeigen
            Andere wie z.B. meine Großeltern kamen gut in der neuen Situation in O/S zurecht. Sie konnten polnisch, mein Großvater hat sofort die poln. Staatsbürgerschaft beantragt (obywatelstwo) und wieder den alten slawischen Familiennamen angenommen. Das bedeutete, dass sie Anrecht auf Lebensmittelkarten hatten, und er bekam ziemlich schnell Arbeit. Auf den Dominien arbeiteten die Frauen saisonweise und kamen so zusätzlich an Lebensmittel. In der vertrauten Umgebung kannte man Jeden und man half sich gegenseitig. Das war der unschlagbare Vorteil gegenüber dem drohenden Lagerleben in Westdeutschland, darüber war man gut informiert. Meine Familie war in jedem Fall deutlich besser versorgt als die Verwandten, die z.B. bei der Ausweisung in der SBZ hängen blieben.
            Hallo Petra,

            also waren das ganz pragmatische Gründe bei deiner Familie. Woher weißt du von der Staatsbürgerschaft? Kann man das irgendwo einsehen/herausfinden, wie z.B. bei den Einbürgerungsakten der USA, die es bei ancestry gibt?

            In meinem Fall war mindestens die älteste Tochter, meine Uroma, bereits Jahre vor Kriegsbeginn im heutigen Brandenburg gelandet und hatte zu Kriegsende Familie und Wohnung in Berlin.

            Ich vermute, dass der Hauptgrund das Alter war. Meine Ururgroßeltern feierten 1950 Goldene Hochzeit. Ich werde aber alle Kinder weiter verfolgen, vielleicht blieb ja jemand bei ihnen.

            Ich danke euch!
            Viele Grüße,
            Melanie

            Kommentar

            • PetraNeu
              Erfahrener Benutzer
              • 31.07.2015
              • 306

              #7
              Hallo Melanie

              die Dokumente zur polnischen Staatsangehörigkeit sind erhalten geblieben, die liegen mir vor.
              Es kann gut sein, dass für Viele das Alter ein Hinderungsgrund für eine Ausreise war. Meine Oma war fest verwurzelt in der alten Umgebung, ging erst nach dem Tod ihres Mannes widerwilig mit meiner Mutter in den Westen. Dort warteten bereits die beiden Söhne und wollten bekocht werden...

              Liebe Grüße
              Petra

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              • spreeperle
                Benutzer
                • 15.07.2016
                • 59

                #8
                Zitat von Melanie_Berlin Beitrag anzeigen
                Hallo Petra,

                also waren das ganz pragmatische Gründe bei deiner Familie. Woher weißt du von der Staatsbürgerschaft? Kann man das irgendwo einsehen/herausfinden, wie z.B. bei den Einbürgerungsakten der USA, die es bei ancestry gibt?

                In meinem Fall war mindestens die älteste Tochter, meine Uroma, bereits Jahre vor Kriegsbeginn im heutigen Brandenburg gelandet und hatte zu Kriegsende Familie und Wohnung in Berlin.

                Ich vermute, dass der Hauptgrund das Alter war. Meine Ururgroßeltern feierten 1950 Goldene Hochzeit. Ich werde aber alle Kinder weiter verfolgen, vielleicht blieb ja jemand bei ihnen.

                Ich danke euch!
                Hallo Melanie,

                ich weiß von meinen Großeltern und vielen anderen Familienmitglieder das sie alle gern aus Oberschlesien nach Deutschland wollten. Viele Familienmitglieder haben zu dem Teitpunkt im Bergbau gearbeitet und so wurde die Ausreise nach Deutschland verweigert. Meine Großeltern durften erst 1967 ausreisen.
                Meine Eltern durftern erst 1969 Oberschlesien verlassen...

                Geschwister meiner Oma durften erst 1978 nach Deutschland

                Viele Grüße

                Brigitte

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                • HindeburgRattibor
                  Erfahrener Benutzer
                  • 24.08.2011
                  • 2205

                  #9
                  Die Familie meines Urgroßvaters ist auch komplett in Polen geblieben, aus dem Dorf ist eigentlich keiner nach Deutschland vertrieben worden. Der Cousin meiner Oma lebt heute immer noch in dem Dorf, wo ein Großteil meiner Familie herkommt. Als ich dort war, wurde mir erzählt, dass man kein deutsch mehr sprechen durfte. Frage mich deswegen, ob die Leute in Schlesien wirklich 100% deutsch waren. Ich meine, man gibt doch nicht so einfach seine Identität und Sprache auf. Blicke da eh irgendwie nicht so durch, fast alle meine Vorfahren aus Oberschlesien haben polnische bzw. slawische Familiennamen, aber eigentlich immer ganz normale deutsche Vornamen (bis auf ein paar Ausnahmen) wie Johann, Franz oder Joseph. Bei meinen Linien, die ich etwas weiter zurückverfolgen kann (17. Jahrhundert) tauchen dann aber vereinzelt polnische Vornamen auf.
                  LG HindeburgRattibor

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