Hewiratsbewilligung wegen Blutsverwandtschaft

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  • wasto
    Erfahrener Benutzer
    • 09.09.2012
    • 489

    [gelöst] Hewiratsbewilligung wegen Blutsverwandtschaft

    Jahr, aus dem der Begriff stammt: Böhmen Österreich um 1800
    Region, aus der der Begriff stammt:


    Bei meine Ahnen findet sich oft der Eintag für Bewilligung zur Heirat wegen Blutsverwandtschaft im 2, 3 und 4. Grad

    Beispiel:
    Wegen der Blutsverwandtschaft im 2. Grad (Cousin, gemeinsame Grosseltern)
    Bewilligung des K.K. Gubernium 18.11.1836 (Staatlich) und Bischöfliche Bewilligung vom 10.04.1837.

    Meine Frage.
    Warum war das nötig
    Wann wurde bewilligt
    Wann wurde verweigert.
    Gruss und Dank den unermüdlichen Helferinnen und Helfern
    von Walther Stolle aus der Schweiz EX Pömmerle Sudetenland

    Die Ahnen rufen uns zu:
    Was Ihr seid, das waren wir!
    Was wir sind das werdet ihr!

    Wir sollten es nie vergessen!
  • Schlumpf
    Erfahrener Benutzer
    • 20.04.2007
    • 355

    #2
    Hallo
    Nun, der Grad der Verwandtschaft ist richtig gelöst worden.
    Die katholische Kirche kennt einige Gebote betreffs der Eheschließung. Meistens werden
    sog. Dispensen vom zu ständigen Bischof erteilt, in einigen Fällen muss sogar in Rom nach
    einer Heiratserlaubnis nachgesucht werden. Die allermeisten Fälle werden vom General-
    vikariat entschieden. Meistens ging es sich dabei um eine Dispens vom Aufgebot. Oft aber
    auch wegen Tempore clauso (Fasten- oder Weihnachtszeit). Also dass die Brautpaare
    nicht 3mal von der Kanzel verkündigt werden mussten. Die Dispensen wegen Bluts-
    verwandtschaft waren in der Regel bis in den 4 Grad vorgeschrieben. Man wollte in jedem
    Fall also "Ahnenschwund" vermeiden. Die Verwandtschaft ist also nach dem Kanonischen
    Recht (Kirchenrecht) in den Can 1091 in Verbindung mit 1078 §3 nicht gestattet. Im
    hiesigen Kulturkreis ist die Ehe unter Verwandten nicht gewünscht. Dabei ist aber auch die
    Ehe zwischen Onke / Tante und Neffe/ Nichte manchmal vorgekommen und mit 2. und 3.
    Grades bezeichnet.

    Die Schwägerschaft in gerader Linie verungültigt die Ehe in allen Graden. Es ist also nicht
    erlaubt, seine Schwägerin zu heiraten. Die Leviratsehe war im Judentum üblich, wurde
    aber schon von der Urkirche verboten.

    Die evangelische Kirche ist in der Beziehung etwas offener. Aber "damit auch keine
    Blutschande vorgehe, ist nach unserere Kirchenordnung auch der 3. Grad in linea inaequali
    nach dem Geblüt und Schwägerschaft verboten (vgl. Jülich-Berg. Synode 1677).
    Die Heirat zwischen Onkel und Nichte wurde 1705 mit 12 Reichstalern geahndet. Aber wie
    das so ist: Die Eltern von Friedrich II waren Neffe und Tante.

    Eine Dispens wurde immer vor einer Eheschließung beantragt. Nur mit der vom General-
    vikariat erfolgten Genehmigung durfte der Pastor die Trauung vollziehen. Eine Ablehnung
    eines Antrages auf Dispens habe ich noch nicht gesehen, wohl aber einen Fall, der wohl
    etwas fraglich war: Der Antrag auf "Geistige Dispens" wurde von der Braut nicht
    eingesehen. Das hat man in den Generalvikariatsprotokollen vermerkt.

    Viel Spaß damit
    Schlumpf
    Uns ist in alten mæren wunders vil geseit. von helden lobebæren, von grôzer arebeit,. von fröuden, hôchgezîten, von weinen und von klagen,.

    Kommentar

    • Huber Benedikt
      Erfahrener Benutzer
      • 20.03.2016
      • 4650

      #3
      Das ist etwas komplex

      ad 1)
      Weil eine Ehe behaftet mit einem Ehehindernis unwirksam ist

      Man unterscheidet weltliche und kirchliche Hindernisse.
      Dabei unterscheidet man wiederum in beiden Bereichen unbedingte (nicht zu beseitigen) und dispensfähige.
      Weltliche (geregelt v.a. im BGB) sind z.B fehlende Geschäftsfähigkeit (unbed.) andere können z.T. durch Gerichtsbeschluss dispensiert werden (z.B.
      Ehemündigkeit, Volljährigkeit p.p.)

      Kirchliche nur durch die Kirchenorgane
      Geregelt im Codex Iuris Canonici. (CIC)
      Dabei unterscheidet man göttliche Hindernisse z.B Häresie aber auch Verwandtschaft in gerader Linie (Eltern- Kind) und bis zur 2. Seitenlinie (Geschwister). Diese sind unabdingbar.
      Bei den kanonischen (kirchenrechtlichen) gibt es ebenfalls absolute d.h. nicht dispensfähige z.B. Mindestalter, 2. Seitenlinie

      Die dispensfähigen unterscheidet man in dem apost. Stuhl vorbehaltene
      d.h. "grobe" Sachen wie Gattenmord !!, Ehe eines geweihten Priesters p.p.
      und sonstige Dispense die der Bischof vornehmen kann. Die Entscheidung trifft ein Kirchengericht im Auftrag des Bischofs.
      Dabei gilt, je weniger einschneidend ein Ehehindernis desto problemloser der Disp. (z.B. Disp 4. Grad wird grds. erteilt)

      Wenn du Details nachlesen willst
      CIC Buch IV hier in Deutsch: (Titel VII ) https://www.codex-iuris-canonici.de/cic83_dt_buch4.htm
      Zuletzt ge?ndert von Huber Benedikt; 30.01.2021, 14:57.
      Ursus magnus oritur
      Rursus agnus moritur

      Kommentar

      • AKocur
        Erfahrener Benutzer
        • 28.05.2017
        • 1371

        #4
        Zitat von wasto Beitrag anzeigen
        Bei meine Ahnen findet sich oft der Eintag für Bewilligung zur Heirat wegen Blutsverwandtschaft im 2, 3 und 4. Grad

        Warum war das nötig
        Weil Blutsverwandtschaft in diesen Graden ein Ehehindernis war. Der Dispens erlaubt die Eheschließung dann trotzdem, womit die Ehe dann gültig war.

        Zitat von wasto Beitrag anzeigen
        Wann wurde bewilligt
        Wenn derjenige, der die Bewilligungserlaubnis hatte, der Meinung war, die Ehe solle trotz dem Hindernis des xten Grades an Blutsverwandtschaft geschlossen werden.

        Zitat von wasto Beitrag anzeigen
        Wann wurde verweigert.
        Wenn der xte Grad an Blutsverwandtschaft als zu nahe gewertet wurde bzw. die Begründung, warum man die Ehe trotzdem eingehen wolle, nicht als ausreichend bewertet wurde.

        Ganz grundsätzlich kann man eigentlich nur sagen, dass es natürlich Begründungen gegeben hat, warum ein Paar trotz einem Ehehindernis heiraten wollte. Ob diese dann ausreichten um den Dispens zu bekommen, lag dann größtenteils in der Hand dessen bzw. derer, die den Dispens gewähren konnten.
        Dispensakten existieren häufig noch. Besser als mehr oder weniger allgemeingültige Aussagen sind doch die echten Begebenheiten deiner Vorfahren. Wenn du, wie in deinem Beispiel, sogar noch so genaue Daten hast, sollte es relativ einfach sein, bei den zuständigen Archiven danach zu suchen.

        Zu Ehedispensen gibt es einiges an wissenschaftlichen Arbeiten. Hier schon mal ein online lesbares bzw. downloadbares Buch zum Thema.


        Zitat von Schlumpf Beitrag anzeigen
        Die Schwägerschaft in gerader Linie verungültigt die Ehe in allen Graden. Es ist also nicht erlaubt, seine Schwägerin zu heiraten.
        Aber auch dieses Ehehindernis lies sich durch Dispens regeln.

        LG,
        Antje

        Kommentar

        • wasto
          Erfahrener Benutzer
          • 09.09.2012
          • 489

          #5
          Viel dank für die ausführlichen Erläuterungen.
          Gruss und Dank den unermüdlichen Helferinnen und Helfern
          von Walther Stolle aus der Schweiz EX Pömmerle Sudetenland

          Die Ahnen rufen uns zu:
          Was Ihr seid, das waren wir!
          Was wir sind das werdet ihr!

          Wir sollten es nie vergessen!

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