Zurück   Ahnenforschung.Net Forum > Ehemalige deutsche (Siedlungs-)Gebiete > Schlesien Genealogie
Hier klicken, falls Sie Ihr Kennwort vergessen haben.

Hinweise

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen Ansicht
  #1  
Alt 21.11.2017, 10:40
Benutzerbild von jacq
jacq jacq ist offline
Super-Moderator

 
Registriert seit: 15.01.2012
Beiträge: 9.719
Standard Kirchenbücher vor 1765/1766 (speziell: Kr. Rybnik, Ratibor)

Moin zusammen,

vielleicht hat sich der ein oder andere ja einmal dieselben Fragen gestellt und sich damit befasst.

Auffällig fand ich in meiner Forschungsregion Kr. Rybnik / Ratibor, dass viele KB erst exakt Ende 1765/1766 beginnen. z.B. Lissek (Lyski), Pstrzonsna (Pstrazna)
Ich konnte mir weder vorstellen, dass KB so vieler kath. Ksp. erst von dort an geführt worden, noch dass so viele im Krieg verloren gegangen oder Opfer der Flammen geworden sein sollen.

Gestoßen bin ich dann auf diese Verordnung vom 02.01.1766:
http://reader.digitale-sammlungen.de...381_00016.html
(Seite 16 ff.)

Zitat:
No. 2: Verordnung nebst einem Schemate zur bequemen Einrichtung der Kirchen-Bücher und Erleichterung der Vorschriftsmäßigen Anfertigung der Jahres-Listen. 1766, 2. Jan.
wonach Kirchenbuchaufzeichnungen (rückwirkend zum Dez. 1765) fortan nach angegebenem Schema zu erfolgen haben.

Beispiele:
Gleiwitz: Bis Ende 1765 eigene Aufzeichnungen, ab 1766 nach vorgegebenem Schema:
https://www.familysearch.org/ark:/61...401&cc=2114433

Biskupitz: wie oben; Taufen aus Dezember '65 und Januar '66 wurden in das neue, sich anschließende Schema übertragen:
https://www.familysearch.org/ark:/61...201&cc=2114433

Nun Frage ich mich:
Wo befinden sich die KB, die vor Inkraftreten dieser Verordnung geführt wurden?
Noch in der Pfarre? Archiv (aber wo, wenn nicht im Archiv der Erzdiözese)?
Leider sind diese auch 1902 schon nicht verzeichnet.

Hat jemand Erfahrungen sammeln können? Ideen?

Danke und viele Grüße!
__________________
Viele Grüße,
jacq

Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 21.11.2017, 10:55
Valentin1871
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

Zitat:
Zitat von jacq Beitrag anzeigen
Nun Frage ich mich:
Wo befinden sich die KB, die vor Inkraftreten dieser Verordnung geführt wurden?
Noch in der Pfarre? Archiv (aber wo, wenn nicht im Archiv der Erzdiözese)?
Interessante Frage, Jacq.
Im Archiv der Erzdiözese gibt es aus der Region aber definitiv KB vor 1765,
bspw. http://archiwum.archidiecezja.katowi...ics/parafia/50 oder http://archiwum.archidiecezja.katowi...cs/parafia/219 (Sterbebücher)
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 21.11.2017, 19:26
Kleinschmid Kleinschmid ist offline
Erfahrener Benutzer
 
Registriert seit: 20.01.2013
Beiträge: 1.239
Standard

Man muß sich die Geschichte der jeweiligen Pf. ansehen. Allerdings sieht es damit für diese Gegend eher schlecht aus. Von Lissek wissen wir, daß dort noch um 1680 Evangelische erwähnt werden. Einige davon waren vom Adel. Auch gab es ev. Friedhöfe 'auf dem freien Felde'. Das Patronat stand allerdings dem Kaiser zu, weshalb es dort womöglich nie einen offiziellen ev. Pf. gab. Dagegen war die Kirche in Pstrzonsna nachweislich evangelisch gewesen.

Die Reformatoren in Beslau forderten bereits 1534 indirekt die Einführung von Kirchenbüchern. In der Pfarrei Peter & Paul zu Liegnitz wurde daraufhin seit 1546 ein erster Tf-Bd. benutzt und das sollte damit der älteste in Schlesien sein. Auch wenn es keine 'Zentrale' für Schlesien gab, die solche Fragen regelte, können wir davon ausgehen, daß sehr viele evangelische Pfarreien ihre KB noch im 16. Jhd. anlegten. Und zwar auch in Oberschlesien - Schnellewalde im Kreis Neustadt hat bspw. ein KB von 1557!

Das kath. Bistum in Breslau besprach erstmals 1580 die Einführung von Matrikeln. 1592 kam die Angelegenheit erneut zur Sprache. Kath. KB in nennenswerter Anzahl stammen daher frühestens aus dem Anfang des 17. Jhd.

Somit wurden die KB in Lissek vielleicht 1610 und die von Pstrzonsna (Fischgrund) vielleicht 1565 begonnen.

Die ersten absichtlich vernichteten KB - eine sicher nicht unerhebliche Zahl verbrannte aufgrund von Blitzschlag o. ä. in den Pfarrhäusern - ging vermutlich auf das Konto der Jesuiten, die bspw. in der Grafschaft Glatz zu Anfang des 17. Jhd. nach der Vertreibung der ev. Pfarrer zunächst 'aufräumten'. Dann kam der 30jährige Krieg mit entsprechenden Verlusten - hier werden öfters die Schweden als Täter erwähnt. Es folgte die große Gegenreformation in Schlesien nach 1650. Wurden die ev. KB von den kath. Pf. weiter genutzt, spricht man von reduzierten KB. Waren die Jesuiten im Spiel, wurden die meisten sicher wieder vernichtet. Nun kamen die Preußen nach Schlesien und es fanden drei große Kriege dort statt. Hier werden manchmal österreichische Husaren aus dieser Zeit genannt, die angebl. größere Bestände ev. (u. kath.?) KB nach Wien verbracht haben sollen (dazu finden sich entspr. Hinweise in den familienkundlichen Zeitschriften der 1920er Jahre). Aber auch die Russen haben in Nordost-Niederschlesien viel angerichtet.

Setzen die KB also erst in den 1760er Jahren ein, sind frühere Jgg. im 7jährigen Krieg vernichtet worden.

Die hier genannte Verordnung Friedrichs war ja nur aufgrund der Einführung der Wehrpflicht notwendig geworden - es mußten ja die männlichen Landeskinder erfaßt werden. Das hat aber nichts mit dem Beginn der KB-Führung zu tun.

Abschließend: Mit dem Randt - einem KB-Verzeichnis von 1938 - hat Schlesien eines der besten (zuverlässigsten) Verzeichnisse aller deutschen Provinzen aus der Vorkriegszeit. Wenn darin keine früheren Jgg. genannt werden, gab es die in den 1930er Jahren auch nicht mehr.

Geändert von Kleinschmid (23.11.2017 um 18:42 Uhr)
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen

Themen-Optionen Thema durchsuchen
Thema durchsuchen:

Erweiterte Suche
Ansicht

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu

Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 21:54 Uhr.