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  #11  
Alt 25.09.2020, 19:21
raseroma114 raseroma114 ist offline
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Hallo Beanpatz,


Meine Mama wohnte mit ihren Eltern und Geschwistern in Waldburg. Die Schule war in Heydewaldburg.
Wenn sie von ihrer Kindheit erzählt strahlen immer ihre Augen, es soll wunderschön gewesen sein.
Und dann kam dieser sche....Krieg.
Durch ihren Heimatort ging genau die Front entlang.
Sie erzàhlte, daß die Russen auf Pferden im Galopp an den Fenstern vorbeigeprescht sind und geschrien haben. Juchee, juchee.

Die russischen Soldaten kamen dann mehrmals und vergewaltigen zwei Schwestern meiner Mama. Um dem zu entgehen, machten sie sich die Haare mit Mehl weiß und zogen von ihrem Papa Hosen an, was aber nichts half.
Vielen Frauen aus der Nachbarschaft erging es genauso. Den Ehemann einer Frau haben sie erschossen, weil er seine Frau davor schützen wollte.


Dann kam der Tag, wo sie flüchten mußten, der Pferdewagen war wohl schon gepackt, Wehrmachtssoldaten kamen und meinten sie müssen ganz schnell weg.


So ging es dann auf einem Panzer Richtung frisches Haff, ich glaube zwischendurch haben sie noch in einer Scheune geschlafen, ohne etwas zu essen, nur Würfelzucker hatte meine Oma eingepackt.
Dann ùbers Eis. Das Schiff hieß Deutschland oder Großdeutschland.
Katastrophale Zustànde, vor Schmerzen jammernde verwundete Soldaten, schreiende Kinder. Meine Oma ist dort schwer krank geworden, sie mußte dann ins Lazarett.
Ja die Gustloff ist wohl später gefahren, zum Glùck, aber traurig für die vielen Menschen, die dabei umgekommen sind.


Dann kamen sie ins dänische Lager Krokodil.
Dort waren sie 2 Jahre lang.



Ich bin mir nicht sicher, ob es hier ùberhaupt jemanden interessiert, was damals passiert ist, aber ich würde es schon gut finden, wenn die Nachwelt
daran erinnert wird.
Die meisten Menschen ,die diesen schrecklichen Wahnsinn mitmachen mußten, gibt es nicht mehr.
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  #12  
Alt 25.09.2020, 21:37
Benpaetz Benpaetz ist offline weiblich
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Hallo an alle fleissigen Teilnehmer-/innen.
Ich finde es toll das ihr mitmacht. So bleibt doch das Erlebte unserer Eltern o. sonst. Vorfahren lebendig.
Und doch ich glaube dass es den Nachfahren der Kriegsflüchtinge interessiert. Es hilft ein bisschen zu verstehen wie es geprägt hat.
Ich denke indirekt sind Wir die Nachkommen auch davon betroffen.
Ich glaube für meine Mutter , die die Flucht mit 14 J. erlebte u. mir war es etwas Heilendes , ihr Erlebtes zur Sprache zu bringen.
Euch schon mal ein dickes Danke u. ich freue mich auf weitere Berichte.
lg. BenPaetz
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  #13  
Alt 19.12.2021, 19:36
Benutzerbild von Grenzweg
Grenzweg Grenzweg ist offline
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Beiträge: 124
Standard Flucht von Allenstein

Hallo zusammen

ich hänge mich mal hier ran, da das Thema aus meiner Sicht passt.

An Erzählungen meiner Großmutter zur Flucht von ihr, Ihrer Eltern und ihrer Schwester kann ich mich nur noch fragmentiert erinnern.

Mein Urgroßvater hat wohl geahnt, was kommen mag, denn man ist offenbar recht früh geflohen. Wann "früh" war, weiß ich nicht, aber offenbar bevor die Russen am 21.01.1945 in Allenstein waren. Zumindest weiß ich, dass mein Urgroßvater nicht auf Befehle, Empfehlungen oder Gestattungen gewartet hat.

Der letztlich vermisste Sohn war im September/Oktober 1944 mit seiner Einheit um Wilkowischken in Litauen u. blieb Mitte Oktober 1944 auch dort vermisst. Vorstellen kann ich mir, dass er in Briefen an die Eltern die Situation geschildert hat, wie er mit den Kameraden versuchte, die nahe Heimat zu verteidigen.

Ich meine, dass Oma von einem Auto sprach (mein Urgroßvater war Fleischermeister in Allenstein, ob das finanziell dann reichte, ein Auto zu haben?), aber das Benzin dürfte ohnehin nicht lange gereicht haben.

Auch an das Erzählen von Übernachtungen in Scheunen u. dem Verstecken der Mädchen u. meiner Urgroßmutter vor den Russen, was wohl geklappt hat, kann ich mich erinnern.

Was mir fehlt ist die Route, die sie nahmen, die werde ich mit Genauigkeit wohl nicht mehr zusammenbekommen.
Aber man sprach von der Bombennacht in Dresden. Allenstein - Dresden als Route erscheint mir aber unwahrscheinlich zu sein, da die meisten doch eher über Danzig geflohen sind oder gab es Allensteiner, die, bevor die Russen um den 13.01.1945 ihre Offensive starteten, in dieser Richtung geflohen sind?

Andererseits waren lichterloh brennende Städte in der Nacht weithin sichtbar, so dass sie sicherlich nicht direkt in Dresden gewesen sind, sondern irgendwo nördlich davon.

Letztlich landeten meine Urgroßeltern in Recklinghausen, eine Großmutter letztlich in der Wetterau in der Heimat meines Großvaters. Aber die Zwischenaufenthalte und die Route wären interessant zu wissen. Sicher nahm man, soweit überhaupt möglich, Züge in Anspruch und wird den allermeisten Weg zu Fuß bestritten haben.

Vielleicht kann sich jemand an die aus Allenstein geflüchteten Eheleute Fleischermeister Alfred Groß und Frau Rosa erinnern.

Viele Grüße
Christoph

Geändert von Grenzweg (19.12.2021 um 19:38 Uhr)
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  #14  
Alt 19.12.2021, 21:23
Benutzerbild von Adea
Adea Adea ist offline weiblich
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Registriert seit: 17.10.2015
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Beiträge: 585
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Hallo Christoph,

es kann gut sein, dass deine Vorfahren aus Allenstein im Februar 1945 nach Dresden kamen. Sachsen war damals der von den Behörden festgelegte "Aufnahmegau für Ostpreußen".

Meine Urgroßmutter (aus Lötzen/Ostpreußen) war damals mit drei Töchtern und drei Enkelkindern auf der Flucht und eine der Töchter hatte ein Fluchttagebuch geführt. Deshalb kann ich ihren Fluchtweg genau nachvollziehen.

Demnach kamen sie auf dem Landweg über Pommern am 01.02.1945 nach Stettin, dann über Anklam und Neustrelitz am 05.02.1945 nach Wittenberge. Von dort wurden sie weiter nach Sachsen geschickt. Die Verantwortlichen im Flüchtlingslager Wittenberge übergaben ihnen Bahnfahrkarten nach Dresden, weil Sachsen ihr zuständiger Aufnahmegau war.

Am 08.02.1945 stiegen sie morgens in Wittenberge in einen Zug, im Anhalter Bahnhof in Berlin gab es noch einen Fliegeralarm und abends kamen sie in Dresden an. Dort war alles für die ankommenden Flüchtlinge aus Ostpreußen organisiert. Sie übernachteten in einer Ausstellung (Museum) und am nächsten Tag wurde ein Flüchtlingstransport nach Annaberg (Erzgebirge) zusammengestellt. Und so gelangten sie am 09.02.1945 in die Kleinstadt Elterlein im Erzgebirge, wo alle Flüchtlinge auf Privatquartiere aufgeteilt wurden. Und vom Erzgebirge aus konnten sie in der Nacht vom 12. zum 13.02.1945 den Feuerschein über Dresden sehen.

LG Adea
__________________

Dauersuche:

- Eltern und Geschwister von Emma Niklaus (* 1866 in Groß Jahnen, Kirchspiel Szabienen, Kreis Darkehmen/Ostpreußen)
- Herkunft von Christian Rausch, um 1811 als Soldat beim dänischen Militär in Warder (bei Segeberg/Holstein)
- Alles über die Papiermacher-Familie Seidler (vor 1800 in Mecklenburg und Holstein)

Meine Suchregionen: Mecklenburg, Ostpreußen, Holstein, Hamburg, Vogtland, Salzburger Land (vor 1732)


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  #15  
Alt 20.12.2021, 14:13
Olaf Berg Nielsen Olaf Berg Nielsen ist offline männlich
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Hallo Benpaetz,

ich verstehe gar nicht, daß ich deine Frage von 23.09.2021 übersehen habe. Du schreibst, daß deine Familie von Dänemark Aalborg (nicht Aarnborg) nach Cappel, britische Zone gekommen sind.

Man konnte sich den Ort selbst aussuchen, wenn man Bekannte, Familie dort hatten. Dänemark wollte gern so schnell wie möglich die Deutschen zurücksenden. Es hat sehr viel Geld mit 250.000 deutsche Flüchtlinge und 100.000 verwundete Soldaten gekostet. Die West-machte haben aber nein gesagt, es waren zu viele Probleme in Deutschland. Nach lange Verhandlungen ist es gelungen in die drei Zonen Monat für Monat einige tausende zurück zusenden. Der russische Zone wollte fast keine haben und am Ende nur sehr wenige.

Man hat 800 bis 1.000 Flüchtlinge jedes mal in Kolding gesammeln. Dann kommt es her welschen Zone, die es Erlaubt hatten die zu Empfängen.

Mit freundliche Grüße aus Dänemark
Olaf
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  #16  
Alt 20.12.2021, 16:07
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Grenzweg Grenzweg ist offline
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Hallo Adea,

besten Dank für die interessanten Eindrücke Deiner Urgroßmutter und deren Töchter.
Dass Sachsen als "Aufnahmegau für Ostpreußen" galt, war mir nicht bekannt. Aber durch ein möglicherweise frühes Flüchten, könnten meine Urgroßeltern u. deren Töchter durchaus einen ähnlichen Weg eingeschlagen haben.
Und so macht auch das für mich betreffend meiner Familie zunächst unverständliche Passieren von Dresden durchaus Sinn.

Vielen Dank und viele Grüße
Christoph

Zitat:
Zitat von Adea Beitrag anzeigen
Hallo Christoph,

es kann gut sein, dass deine Vorfahren aus Allenstein im Februar 1945 nach Dresden kamen. Sachsen war damals der von den Behörden festgelegte "Aufnahmegau für Ostpreußen".

Meine Urgroßmutter (aus Lötzen/Ostpreußen) war damals mit drei Töchtern und drei Enkelkindern auf der Flucht und eine der Töchter hatte ein Fluchttagebuch geführt. Deshalb kann ich ihren Fluchtweg genau nachvollziehen.

Demnach kamen sie auf dem Landweg über Pommern am 01.02.1945 nach Stettin, dann über Anklam und Neustrelitz am 05.02.1945 nach Wittenberge. Von dort wurden sie weiter nach Sachsen geschickt. Die Verantwortlichen im Flüchtlingslager Wittenberge übergaben ihnen Bahnfahrkarten nach Dresden, weil Sachsen ihr zuständiger Aufnahmegau war.

Am 08.02.1945 stiegen sie morgens in Wittenberge in einen Zug, im Anhalter Bahnhof in Berlin gab es noch einen Fliegeralarm und abends kamen sie in Dresden an. Dort war alles für die ankommenden Flüchtlinge aus Ostpreußen organisiert. Sie übernachteten in einer Ausstellung (Museum) und am nächsten Tag wurde ein Flüchtlingstransport nach Annaberg (Erzgebirge) zusammengestellt. Und so gelangten sie am 09.02.1945 in die Kleinstadt Elterlein im Erzgebirge, wo alle Flüchtlinge auf Privatquartiere aufgeteilt wurden. Und vom Erzgebirge aus konnten sie in der Nacht vom 12. zum 13.02.1945 den Feuerschein über Dresden sehen.

LG Adea
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  #17  
Alt 21.12.2021, 13:19
Benpaetz Benpaetz ist offline weiblich
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Registriert seit: 09.10.2006
Ort: bei Berlin
Beiträge: 455
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Hallo Grenzweg, auch dir einen ganz lieben Dank für deinen Bericht.
Ich hoffe , dass es es doch einige von uns Nachfahren gibt, die es lesen und selbst einen Beitrag dazu haben.
Schöne Weihnachten dir und allen Anderen.
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