Was passierte mit unverheirateten Mädchen wenn sie schwanger waren

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  • didirich
    Erfahrener Benutzer
    • 02.12.2011
    • 1344

    #46
    Hallo Rotkehlchen
    Im Württembergischen war es noch im 19.ten Jahrhundert ganz schlimm.
    Uneheliche und auch außereheliche Geburten mussten behördlich angezeigt werden. Wenn es "passiert" war kamen die armen Mädchen oder Frauen vor ein örtliches Gericht und wurden einem "Scortations"- Verhör unterzogen ! Es war so demütigend und peinlich für die Betroffenen das ich es heute noch unerträglich finde.
    die Befragung lief immer nach gleichem Schema ab :
    wie alt ist sie ?, wie heißt sie ?, ist sie wirklich schwanger ?, wie lang ist sie schwanger ?, von wem ist sie schwanger ?, wie ist die Schwängerung vorgegangen ? usw. usf.
    Gott sei Dank haben wir heute andere Zeiten
    viele Grüße
    didirich

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    • Herbstkind93
      Erfahrener Benutzer
      • 29.09.2013
      • 1929

      #47
      In einem pommerschen Kirchenbuch von 1836 bin ich mal auf den Fall gestoßen, dass eine Pfarrerstochter (28 Jahre alt) ein uneheliches Kind bekommen hat.
      Als Begründung stand. "unehelich in dem die Ehe deshalb versagt ist weil der Schwängerer auf unsittlichem Wege die Ehe zu erzwingen gesucht hat."
      Taufpaten waren der Bruder und die Mutter der Kindesmutter und die Hebamme.
      11 Jahre später hat sie einen drei Jahre jüngeren Bau-Eleven geheiratet, er hat das Kind anerkannt.


      LG
      Herbstkind
      Zuletzt geändert von Herbstkind93; 30.03.2015, 22:42.
      Dauersuche nach FN Samariter (Samland; Berlin; Spremberg/Lausitz)

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      • Asphaltblume
        Erfahrener Benutzer
        • 04.09.2012
        • 1500

        #48
        Neben zeitlichen und sozialen gibt es auch noch regionale Unterschiede. Gerade in den agrarisch geprägten Alpenländern und in Bayern gab es bis ins 19. Jahrhundert eine eher ehefeindliche Politik, durch die die Heirat ärmerer Bevölkerungsschichten verhindert wurde. Heiraten konnte nur, wer eigenes Vermögen vorweisen konnte, oft war das nur der Hoferbe, während die jüngeren Geschwister als Mägde und Knechte arbeiten mussten, und Gesinde durfte nicht heiraten.
        Da gab es dann entsprechend auch viele "wilde Ehen" und daraus hervorgehende uneheliche Kinder, die aber von ihren Vätern meistens anerkannt wurden, und wo die Eltern zum Teil auch Jahre später doch noch heiraten konnten. Wenn das halbe Dorf uneheliche Kinder hat, ist das soziale Stigma natürlich nicht so groß wie anderswo, wo es die Ausnahme bleibt.
        Gruß Asphaltblume

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        • Rotkehlchen
          Erfahrener Benutzer
          • 06.11.2014
          • 415

          #49
          Vielen Dank für die vielen Antworten!
          Da kann man sich in etwa vorstellen, wie groß die Not gewesen war.Das ist erschütternd.
          In meinem geschilderten Fall, hat die Hebamme die Geburt angezeigt und sie fand auch in der Wohnung der Hebamme statt.
          Region Oberschlesien / Königshütte.
          Da die Verwandte, das Dienstmädchen, sich nun weiterhin den Lebensunterhalt verdienen mußte, übernahm nun meine Ur-Ur-Großmutter die Pflege des Kindes.
          Einfach so, oder gab es so etwas wie einen Pflegevertrag?
          Fühlte man sich dazu moralisch verpflichtet, weil es das Kind einer Verwandten war oder geschah dies einfach aus wirklicher Herzlichkeit?
          Oder wurde das auch von den Eltern des Dienstmädchen beschlossen, weil die Pflegefamilie in einem anderen Ort lebte und somit quasi aus den Augen der unmittelbaren Umgebung?
          Entschuldigung wegen der vielen Fragen, aber das interessiert mich einfach so sehr.

          liebe Grüße vom Rotkehlchen

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          • didirich
            Erfahrener Benutzer
            • 02.12.2011
            • 1344

            #50
            Hallo Rotkehlchen
            bei meiner oberen Beschreibung des Scortation-Verhörs und auch bei einem anderen Fall wurde ein Pfleger bestellt. dies konnte ein Verwandter aber auch ein guter Nachbar sein.
            Ich kann aber nur sagen das es damals so in Württemberg war!
            In Schlesien war es vieleicht anders ?
            Gruß didirich

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            • Herbstkind93
              Erfahrener Benutzer
              • 29.09.2013
              • 1929

              #51
              Hallo,

              wie versteht ihr die oben von mir zitierte Aussage:"unehelich in dem die Ehe deshalb versagt ist weil der Schwängerer auf unsittlichem Wege die Ehe zu erzwingen gesucht hat."?

              Soll das etwa heißen, der Kerl hat versucht den Vater vor vollendete Tatsachen zu stellen, indem er die Tochter vorehelich schwängert, damit der Vater der Ehe zustimmt? Da hat er wohl die Rechnung ohne den Wirt gemacht.........
              Dauersuche nach FN Samariter (Samland; Berlin; Spremberg/Lausitz)

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              • Rotkehlchen
                Erfahrener Benutzer
                • 06.11.2014
                • 415

                #52
                Danke Didirich, vielleicht waren die regionalen Unterschiede gar nicht so groß?

                Hallo Herbstkind!
                Dann muß der Vater diesen aber sehr abgelehnt haben,wenn er dafür eine unverheiratete Tochter mit unehelichem Kind in Kauf nimmt.
                Vielleicht war der Vater aber auch recht wohlhabend und der "Schwängerer" wollte sich auf diese Art und Weise hineinheiraten?
                Oder aber das die Tochter das gar nicht wollte und ihr Gewalt angetan wurde und deshalb konnte sie mit dem "Schwängerer" eben unmöglich verheiratet werden.

                liebe Grüße vom Rotkehlchen

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                • Alhambra
                  Benutzer
                  • 27.02.2015
                  • 29

                  #53
                  In meiner Familie gab es in den 30er Jahren ein uneheliches Kind. Das war der Skandal. Die junge Mutter wurde aufs Land zur Großmutter abgeschoben, das kind wurde von Gro0mutter und Urgroßmutter groß gezogen.

                  Um so erstaunter war ich, als ich bei meiner Familienforschung in Nordhessen relativ schnell auf uneheliche Kinder szieß. Meine Urgroßmutter hatte zwei, Väter sind im Kirchenbuch nicht angegeben, sie erreichten beide das Erwachsenen-Alter.

                  Im Bodenfelder Ortssippenbuch sind einige Einträge zu finden, wo die Mutter als Hure beteichnet wird.

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                  • SAM
                    Erfahrener Benutzer
                    • 14.05.2013
                    • 628

                    #54
                    Im 17. Jahrhundert durften die ,Beteiligten' noch für ein paar Stunden am Pfahl stehen - so geschehen bei meinen Vorfahren in Neuengamme.

                    Hier ein Auszug einer Abschrift aus dem 20. Jahrhundert:
                    Angehängte Dateien
                    Zuletzt geändert von SAM; 16.05.2015, 20:04.
                    Liebe Grüsse SAM
                    _________________
                    Auf Dauersuche :

                    Stahlbuhk, Stahlbuck, Stalbuc etc vor 1570
                    N
                    eber (Lunden SH)
                    Sternberg (Friedrichstadt SH)
                    Stinn, Obrikat, Bernhardt (Gumbinnen)
                    Bouchard, Echement, Faigaux (Gumbinnen u. Bern - CH)
                    Hohenstein und Buchholtz (Brandenburg a.d. Havel)

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                    • Artsch
                      Erfahrener Benutzer
                      • 14.07.2013
                      • 1933

                      #55
                      Hallo,

                      Anfang der 60-ziger Jahre im vergangenen Jahrhundert ist mir ein Fall bekannt. Da bekommt die Stieftochter vom Stiefvater ein Kind. Unter familiärem Druck, gibt die 19-jährige an, sie hätte sich auf dem Rummel in einer größeren Stadt rumgetrieben und wisse den Namen des Vaters ihres Kindes nicht. Wegen Rumtreibens verurteilt man sie zu mehreren Wochenendarresten. (Ob ihre Aussage vor oder nach der Verurteilung war, entzieht sich meiner Kenntnis. In mir keimte immer der Verdacht, das war Beugehaft.)
                      Ihr Stiefonkel ist Polizist. In der Nachbarbarschaft weiß man Bescheid. Ihre Mutter ist weltfremd. Die junge Mutter arbeitet in der eigenen väterlichen Landwirtschaft, in der ihr die Hälfte gehört. Vor einer Operation im Krankenhaus, drängt man sie, ihre Hälfte vom Hof und das Sorgerecht für ihr Kind an ihren Stiefvater abzutreten.
                      Als das Kind 7 Jahre alt ist, hält ein Ortsfremder um ihre Hand an. Sie entschließt sich zur Heirat. Erst jetzt merkt sie, daß sie alle Rechte an Ihrem Kind verloren hat, ebenso die Rechte auf den elterlichen Hof. Keiner hatte sie über ihre Rechte aufgeklärt. Keiner hatte ihr beigestanden in unserem ach so frommen Ort.
                      Dem Ehemann war das egal. Er hatte eine zu versorgende geistig zurückgebliebene Schwester, alte Eltern, einen Bauernhof und eine kürzlich gescheiterte Ehe hinter sich.

                      Das Lustige an der Geschichte möchte ich euch nicht vorenthalten.
                      Der spätere Ehemann, der einmal in der Woche durch den Ort kommt, läßt von einem Arbeitskollegen seiner "Angebeteten" einen Brief in altdeutscher Schrift übergeben, welchen sie nicht lesen kann. Diesen bittet sie meine Mutter, die eine Zugezogene (also "Reigschmeckte") ist, ihr vorzulesen. Als meine Mutter bemerkt, um was es in diesen Zeilen geht, liest sie mit hochrotem Kopf das Nötigste vor und schlägt der jungen Frau vor, bei dem von ihm erbetenem Treffen, bei dem sie gleich die Antwort mitbringen soll, von Weitem wenigstens zu schauen und gegebenenfalls sich den Brief bzw. seine Bewerbung vorlesen zulassen. Dabei kommt raus, daß er diese Schrift auch nicht beherrscht.
                      Sein Vater hatte den Brief verfasst.
                      Alles was zum Nachteil gereichte, war ins Positive verkehrt. So zum Beispiel, ein Schlafzimmer brauche nicht gekauft zu werden, das von der Geschiedenen wäre noch lange brauchbar. Mehr verriet meine Mutter mir nie.

                      Beste Grüße
                      Artsch

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