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  #1  
Alt 06.02.2012, 20:56
gki gki ist offline
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Frage Annullierte katholische Hochzeiten?

Hallo,

ich bin beim Durchsehen des Trauungsbuches der Pfarre Passau-Heining auf offenbar annullierte Hochzeiten gestoßen. Sowas hab ich sonst selten gesehen, hier treten gleich mehrere auf einer Doppelseite auf.

Ich bin ganz baff, insbesondere darüber daß die Annullierung offenbar teilweise mehrere Jahre nach der Hochzeit stattfand. Es gab mindestens in einem Fall auch eine Taufe...

http://www.matricula.findbuch.net/ph...48368&count=41

(Trauungsbuch Heining, 1698-1808, S. 42)

Die gesamte links Seite und noch die ersten beiden Einträge auf der rechten.

Auf S. 27 findet man die zum letzten dieser Einträge gehörende Hochzeit.

Grund der Annullierung ist offenbar daß die Eheleute zu eng verwandt waren. Aber sowas fällt doch nicht mehrere Jahre nach der Hochzeit auf?

Was war da los, kann mir das wer erkären?

Gruß
gki
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  #2  
Alt 06.02.2012, 23:11
roi roi ist offline
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Wegen der Verwandtschaft musste gewöhnlich vorher eine Dispenz eingeholt werden. Da katholische Ehen nicht geschieden werden können, versuchte man bei einem Scheitern einen Grund zu finden, warum die Ehe von Anfang an ungültig war. Dazu gab es verschiedene Gründe, etwa dass ein Partner zur Ehe gezwungen wurde, Verwandschaft oder ein Partner hätte abgelehnt, Kinder haben zu wollen. Ganz einfach war (und ist) die Annulierung einer Ehe nicht, aber wenn du so viele Beispiele hast, vielleicht doch nicht so selten.
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  #3  
Alt 07.02.2012, 00:07
gki gki ist offline
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Das ist doch gerade der Punkt: es ist sehr selten. Ich habe bei mehreren 100 Seiten Trauungsbucheinträgen erst einmal eine Annulierung gesehen (explizit danach suchen tut man natürlich nicht). Das war nach 20 Jahren Kinderlosigkeit. Hier haben wir gleich mehrere.

Und, bitte beachten, wir schreiben das Jahr 1722!

Leider läßt sich wohl nicht feststellen ob die Verwandtschaft echt oder vorgeschoben war, da die Bücher fehlen. Da fällt mir eine schöne Verschwörungstheorie ein.

Frage mich ob das bischöfliche Archiv Akten zu sowas hat.
__________________
Gruß
gki
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  #4  
Alt 07.02.2012, 01:39
gki gki ist offline
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Noch eine Anmerkung: Falls das Ziel war, den bisherigen Partner loszuwerden um sich dann neu zu verheiraten, wie es hier angemerkt wurde (auch per PN): Das scheint nicht von Erfolg gekrönt worden zu sein, ich konnte zumindest für die beteiligten Männer innerhalb von 3 Jahren keine Wiederheirat in Heining finden.

Auch das Latein ergibt mir keinen Sinn, ich hab mal den vierten dieser Einträge abgeschrieben:

revalidatus e(st) Matrimonium obtenta similiter(?) prius super impedimento
tertii Cor...: gradus Dispersatione honet. Mathio Santners rust. in
Prandt et putata ux. Maria qui eras 1914 nulliter contrarerunt
uti fol. 27 videme e(st).

Das fängt an mit "revalidatus", hört sich also nicht nach Auflösung an.

Mir kommt der Gedanke, daß zwar die Hochzeit von 1714 nullifiziert wurde, aber eine neue (mit denselben Personen) abgeschlossen wurde nachdem die 1714 fehlende Dispens eingeholt wurde.

Dieses Buch hier
http://books.google.de/books?id=YEZ_oRkhRYsC

(Das Recht des Gottesdienstes in der Diözese Mainz zur Zeit von Bischof Joseph Ludwig Colmar (1802-1818))

schildert auf Seite 39 folgendes:

Der Philipp Magin und die Katharina Barbara Hein in Mutterstadt waren im dritten Grad der Blutsverwandtschaft miteinander verwandt. Das Ehehindernis wurde jedoch erst nach der Kopulation entdeckt. Das Wormser Provikariat erteilte den Dispens und wies den Pfarrer Jakob Stamm an, "mit beiden in der Stille, jedoch mit Zuziehung zweier Zeugen das matrimonium zu revalidieren, wobei er mit Behutsamkeit zu Werke zu gehen hätte.". [Hervorhebung von mir]

Das ganze spielt zwar fast 100 Jahre später, aber ich denke, daß wir hier einen ganz ähnlichen Fall vorliegen haben, im ersten der vier Einträge steht ja was von "privatim coram ... et duobus testibus".

Meinungen?
__________________
Gruß
gki
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  #5  
Alt 07.02.2012, 04:18
Benutzerbild von karin-oö
karin-oö karin-oö ist offline weiblich
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Hallo gki!

Das kann natürlich sein, dass es bei der Eheschließung irgend einen Formfehler gab (z. b. kein Dispens eingeholt) und dadurch die Ehen von einem sehr pflichtbewussten Pfarrer annuliert wurden (das wäre auch eine Erklärung für das gehäufte Auftreten). Möglicherweise ist auch eine neue Verordnung in Kraft getreten, die diese Ehehindernisse durch zu enge Verwandtschaft erst hervorgerufen hat.
Hast du dir die ursprünglichen Eheschließungen schon genau angesehen?
Leider kann ich kein Latein, sodass ich aus den Einträgen nichts erschließen kann.
Im bischöflichen Archiv müsste es Aufzeichnungen zu Annullierungen geben, falls du die Sache weiter verfolgen möchtest.

Schöne Grüße
Karin
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  #6  
Alt 07.02.2012, 09:03
mumof2 mumof2 ist offline weiblich
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Hallo,

soviel ich weiß, wurden die Dispensakten nicht bei den Kirchenbüchern in der Pfarrei sondern, -wie Karin schon vermutet hat- im Bischöflichen Archiv aufbewahrt. Sollten sie noch erhalten sein, sind sie eine Fundgrube für den Ahnenforscher, da dort die verwandtschaftlichen Beziehungen genau beschrieben sind. Viel Erfolg bei der Suche
mum of 2
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  #7  
Alt 08.02.2012, 01:07
gki gki ist offline
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Die Trauungen waren bis auf die Tatsache daß sie später ausgestrichen wurden eigentlich ganz normal.

Ich denke, es war so wie Karin gesagt hat: Aus irgendeinem Anlaß wurden mal die Bücher überprüft und festgestellt, daß einige Eheleute zu eng verwandt waren.
Dadurch bestand ein Ehehindernis und die bereits geschlossenen Ehen waren dadurch ungültig. Um das wieder in Ordnung zu bringen wurden die fälligen Dispensen beantragt und erhalten und dann die Trauung "revalidiert".

Den Anlaß für die Überprüfung könnte die erste Hochzeit auf S. 42 gegeben haben, die brauchte nämlich auch eine Dispens.

Ob diese Dispensen noch erhalten sind, weiß ich nicht. Wäre schön, aber zB hier ist nichts passendes aufgeführt:
http://www.bistum-passau.de/bistum/a...e/generalakten

(Dort findet sich aber offenbar eine echte Scheidung)
__________________
Gruß
gki
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  #8  
Alt 08.02.2012, 04:49
Benutzerbild von karin-oö
karin-oö karin-oö ist offline weiblich
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Registriert seit: 01.04.2009
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Hallo gki!

Mir ist, als ob ich bei einer Führung im Bistumsarchiv Passau was von diesen kirchengerichtlichen Akten gehört hätte (zu denen Dispense und Annullierungen gehören).
Ich glaube, die werden als Offizial- oder Konsistorialakten geführt. Leider weiß ich aber nicht, ob die öffentlich einsehbar sind.
Frag doch einfach dort nach, ob es diese Dispense noch gibt.

Schöne Grüße
Karin
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  #9  
Alt 08.02.2012, 23:48
gki gki ist offline
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Registriert seit: 18.01.2012
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Hallo Karin,

danke, das werde ich tun!

Wäre schon toll, dann käme ich in Heining evtl. über die buchlosen 50 Jahre hinweg.
__________________
Gruß
gki
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