An was erinnert ihr euch aus Kindheitstagen

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  • ForscherBernd

    Opa war ein witziger Schlesier

    Es gab Tage, da war Opas Humor schon ganz schön hart, aber ganz sicher nie böse. Zwar außergewöhnlich und ich fragte mich immer, wo er das nur her hatte. Keiner war vor seinen Streichen sicher und wenn der Gehörnte sich dann noch aufregte und Opa nicht entdeckt wurde, löste das ein wohlwollendes Lächeln bei ihm aus.
    Ich erinnere mich an einen Tag, als Oma und Opa mal wieder bei uns waren und den Nachmittag auch bei uns verbrachten, bis sie dann, wie so oft, erst abends nach Hause gingen. Opa war an diesem Tag sehr lustig aufgelegt und lächelte auch sehr viel. Das verleitete meinen Vater zusagen: „Der führt doch bestimmt wieder was im Schilde, oder der heckt was aus“, was mich irgendwie erstaunte, aber ohne auch nur einen Anhaltspunkt zu haben was mein Vater damit meinte.
    Also gingen dann die Großeltern nach Hause und ich denke, dass Opa bei meinem Vater ein mulmiges Gefühl hinterlassen hat. Aber ich habe noch nie erlebt, dass da irgendwas Böses bei meinem Vater war, warum auch, dazu gab Opa nie einen Anlass.
    Nachdem auch die Eltern ins Bett gegangen sind, kehrte so langsam bei uns die Stille in die Großfamilie ein.

    Plötzlich dachte ich, ich höre nicht richtig. Mein Vater war am Schimpfen wie ein Rohrspatz und obwohl kein Wort zu verstehen war, dachte ich mir aber schon, dass das bestimmt von Opa ausgelöst wurde.Am nächsten Tag sah ich was geschehen war.
    Auf dem Tisch lagen mehrere Löffel, Messer und Gabeln und so recht konnte ich damit nichts angefangen und fragte meine Mutter. Sie konnte sich ein Lachen nicht verkneifen und sagte mir: „Papa wollte gestern ins Bett gehen und hat sich furchtbar erschrocken als er sich auf Messer und Gabeln legte. Opa hat ihm das alles ins Bett gelegt.“
    Ich schaute Mama an und wir beide mussten wieder herzhaft lachen und ich sagte: „So ist er, unser Opa.“

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    • LutzM
      Erfahrener Benutzer
      • 22.02.2019
      • 3028

      Schöne, traurig tragische Geschichte! ich hab spontan Gänsehaut bekommen und freue mich riesig für Dich!
      Lieben Gruß

      Lutz

      --------------
      mein Stammbaum
      suche Eising * um 1880 aus/bei Creuzburg/Ostpreußen, sowie (August & Hellmut) Wegner und (Friederike) Lampe * um 1840 aus/bei Kleinzerlang/Prignitz

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      • Bachstelze1160
        Erfahrener Benutzer
        • 08.02.2017
        • 716

        sonntags in den 1960-70gern

        Zitat von Andrea1984 Beitrag anzeigen
        Hallo allerseits.

        Kennt ihr das noch ?

        Eine Kindheit ohne Computer/Internet/Handy , mit wenig Fernsehen, stattdessen viel Bewegung an der frischen Luft, Brettspiele, Kartenspiele mit Freunden/Familie, sorglose, schier endlose Sommertage etc.

        Ich habe das so erlebt und möchte es nicht missen.


        Herzliche Grüße

        Andrea

        Hallo Andrea und die andern,


        ja das kenne ich auch noch,


        früher - wars wohl früher da wir als Kinder ja eher wach waren und zu den Eltern ins Bett Schlupften - wir frühstückten seit ich denken kann um 9:30Uhr mit gekochtem Ei und Butterhörnle, Xsäls und Honig (Croissant vom Samstag gekauft in der früh)

        Danach machte man sich auf zum spazieren (Mittagessen gekocht wurde sonntags weder von meiner Oma über uns wohnend noch bei meiner Mama, wir hatten am Samstag das Sonntagsessen zu mittag) Kleidung eher nach Natur und zweck, mein Bruder hatte meist Lederhosen, kurze und lange ich auch kurze, oder Kleidchen (als Mädchen noch keine Hosen trugen, nur Latzbluejeans gabs damals in den 60gern ) Oder eine Bundfaltenhose, da hielten aber die Kniestrüpfe nicht oben bei mir.

        1,1/2 - 2 Stunden als ich klein war hatte ich aber noch kein Zeitgefühl wie lange die Wanderung ging,
        manchmal mit dem Auto, manchmal von daheim los zum Nachbarort übern Achalmberg entlang und von der Endstation der Strassenbahn wieder in die Stadt / Marktplatz heim.

        Als man heimkam gab es Kaffee/ Milch und Kuchen /Apfelkuchen, Zwetschgen, Träuble (Johannisbeeren), Rhabarber oder Obst der Saison,

        Manchmal (an Geburtstagen immer) kamen meine Großtante und Tante und Oma und dann spielte man am Tisch Gesellschaftsspiele, Memory, Pochen, Kanasta Rommé, Quartett war auch beliebt mit Bildern oben die 3 und unten das man hatte.
        Das machten wir auch mal oben bei Oma in der Woche.
        Oder man las, machte "Ratemal Rätsel" und Ravensburger "Spiel und Spass" Hefte, 1000 Punkte, Kästchen mit verschiedenen Farben anmalen, ähnlich wie malen nach Zahlen aber im Karofeld.
        Schatzsuche.
        Und wir hatten 1000 Bilderbücher.

        Manchmal hörten wir Kinder Schallplatten Märchen die kleinen die zertanzten Schuhe, Tischlein Deck Dich, 3 mit Dias und Liedern vom Cotta Verlag der Gestiefelte Kater, das tapfre Schneiderlein und der kleine Muck, später Europaplatten das Zauberpferd, oder peterchens Mondfahrt, das bekam ich 1966 zum Geburtstag, mit den ganzen menschlichen Wetter Wesen und tollen Liedern.
        Dann las meine Mama im einen Zimmer ein Buch, mein Papa saß im andern Zimmer hörte Ländliche Musik, Akkordeon Musik, er konnte Ziehharmonika spielen, Oberkrainer oder fröhlicher Alltag, und er mochte Schlager ohne Text also Extraaufnahmen nur mit Melodien.

        In den 70gern hörte mein älterer Bruder ab 1972 als es zur Konfirmation den Cassettenrecorder gab, erst nur für ihn, Beatles, Middle of the Road, und englisches,
        Oft bauten wir mit Klötzen Strassen Holzhäuschen die meinem Mutter und Tante für uns anmalten, Stadt und Dorf und Post Spielwarenladen, Bauerhaus , pfarrhaus, Kirchen und Wikingautos auf dem Boden und ner Burg von meinem Opa, und fuhren dann drin rum.


        Wenns schönes Wetter war gings auch länger raus, dann vesperte man auch mal in einer Wirtschaft, meist Aufschnitt gab es, drum sagte ich Wurstschäftle und die Wurst mag ich und spießte ein Stück Gurke auf.

        Im Sommer hatten wir einen Aufblaspool, meine Mama füllte ihn schon morgens, dass er nachmittags von der Sonne warm war, später 68 baute mein Onkel einen großen Schwimmpool im Garten da wars toll wenn der 24°C hatte ab 18°C gingen wir auch schon mal rein.


        Mein Aufzählvers: Eins 2,3,4,5,6, sieben
        wer hat diesen Brief geschrieben
        ein(er) für mich, einer für Dich, einer für Onkel Friederich
        ein Brief kommt aus der Türkei
        eins zwei drei!

        noch einer: es war ein Gummi gummi baum, (wer kennt den noch besser?)

        noch einer:
        Es war einmal ein Mann
        der hatte einen Schwamm,
        der Schwamm war ihm zu nass,
        da ging er auf die Gass.
        Die Gass war ihm zu kalt
        da ging er in den Wald
        der Wald war ihm zu grün
        so ging er nach Berlin
        Berlin war ihm zu groß
        da kauft er sich ne Hos`
        die Hos wurd ihm zu klein
        dann kaufte er sich ein Schwein
        das Schwein war ihm zu fett
        da legt er sich ins Bett
        im Bett war eine Maus
        so ging er wieder raus
        und jetzt ist der Spruch wieder aus.


        Grüßle Bachstelze
        Dank und herzliche Grüße <3

        Die Bachstelze


        Ich sende einen Dank in den Himmel, wenn ein Pfarrer sich Mühe gab zu schreiben, das freut ihn dann!
        Was die Ahnen wohl so alles mitbekommen, was wir wegen Ihnen uns für eine Arbeit machen!!!

        Kommentar

        • Bachstelze1160
          Erfahrener Benutzer
          • 08.02.2017
          • 716

          zu Beitrag 65 Zimmer abgeschlossen Asyl

          Zitat von Karla Beitrag anzeigen
          Hallo zusammen!
          Ja ein Akordion hatten wir auch.
          Mein Vater hatte es auf dem schwarzen Markt mitte der 50ziger Jahre gegen einen Fahrradreifen eingetauscht.
          Wenn er nicht da war, haben meine Geschwister und ich uns daran vergriffen.
          Oh wenn er es erfahren hätte, da hätte es aber Senge gegeben!
          Einmal habe ich mich über sein Verbot hinweg gesetzt.
          Ich kann von Glück reden, dass meine Zimmertüre eine Verriegelung von innen hatte.
          Sonst wäre ich nicht so gut davon gekommen.
          Im Gegensatz zu meinen älteren Geschwistern habe ich nie von meinem Vater Schläge bekommen.



          Hallo

          dazu ( dass die Tochter nur mild bestraft wird, wenn sie das heilige Akkordion gemopst hat zum Üben, sie sich einschließt, bis der Paps sich beruhigt hat) fällt mir was ein, was ich zu meiner Geburts- und Heimatstadt Reutlingen, BW, erfahren hatte: Reutlingen war Freie Reichsstadt und 1530 lutherisch evangelisch geworden, durch den Bürgermeister und Pfarrer, die bei der Augsburger Konfession unterschrieben hatten.

          Und es hatte ein Rolle inne, das Verfolgte also Personen hinkommen konnten, sei es weil sie eine Straftat begangen hatten, oder aus anderen Gründen, man konnte in Reutlingen Asyl bekommen, dass sowas nicht gleich Rache, Wut im Effekt gerächt werden sollte sondern man Zeit hatte, die Tat, Aktion es sich zu überlegen auf beiden Seiten, dass alle lebend und glimpflich dabei, beruhigt davon kommen.

          Fallls Ihr nächstes Jahr zu einem Forenteilnehmertreffen kommt kann ich fragen, dass das Fachleute das näher erläutern wie das war. Ich werde morgen mal meine Mutter fragen.

          Grüßle Bachstelze
          Zuletzt geändert von Bachstelze1160; 29.07.2020, 02:19.
          Dank und herzliche Grüße <3

          Die Bachstelze


          Ich sende einen Dank in den Himmel, wenn ein Pfarrer sich Mühe gab zu schreiben, das freut ihn dann!
          Was die Ahnen wohl so alles mitbekommen, was wir wegen Ihnen uns für eine Arbeit machen!!!

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          • Andrea1984
            Erfahrener Benutzer
            • 29.03.2017
            • 2551

            Hallo allerseits.

            Ich kann mich noch an etwas erinnern: Besondere Gerüche bzw. Geruchsmischungen, die es so nicht/nicht mehr gibt bzw. nicht in der Form.

            Teppichböden, Linoleumnböden, der Geruch von Teppichböden und alten Möbeln und Äpfeln und Schokolade - so hat es in der Wohnung meiner Großeltern mütterlicherseits gerochen - das Rasierwasser vom Großvater mütterlicherseits, das Haarspray der Großmutter mütterlicherseits etc.

            Ja, da kenne ich auch noch folgendes: Schallplatten, Musikkassten (habe eine tolle Sammlung), Kassettenrekorder, Walkman, Videorekorder/Videokassetten, Bücher, Brettspiele, Kartenspiele, Barbiepuppen (R.I.P. ), Stofftiere (ich habe noch ein paar behalten) , Legosteine, Duplosteine, Puzzles (erst dieser Tage habe ich wieder einmal ein Puzzle gemacht, mit Hilfe) und vieles mehr.

            Werde ich etwa alt ?

            Wie alt ich bin, fragt ihr euch ? Kleine Rechenaufgabe:

            18 x 2 = ?

            Herzliche Grüße

            Andrea
            Zuletzt geändert von Andrea1984; 29.07.2020, 21:41.
            Mühsam nährt sich das Eichhörnchen. Aufgeben tut man einen Brief.
            Wenn man lange genug Ahnenforschung macht, bekommt man zu dem Ahnenschwund und den Toten Punkten eine Generationsverschiebung gratis dazu.

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            • LutzM
              Erfahrener Benutzer
              • 22.02.2019
              • 3028

              Zitat von Andrea1984 Beitrag anzeigen
              Werde ich etwa alt ?
              Mach Dir keine Sorgen, meine Tochter ist älter als Du und ich lebe immer noch.
              Lieben Gruß

              Lutz

              --------------
              mein Stammbaum
              suche Eising * um 1880 aus/bei Creuzburg/Ostpreußen, sowie (August & Hellmut) Wegner und (Friederike) Lampe * um 1840 aus/bei Kleinzerlang/Prignitz

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              • Garfield
                Erfahrener Benutzer
                • 18.12.2006
                • 2142

                Ich bin nur zwei Jahre jünger als Andrea, aber wir hatten auch noch sehr viel Zeit draussen verbracht, in jeder Jahreszeit.
                Schlitteln oder einfach Spielen im Schnee - damals gab es bei uns im Winter noch so viel Schnee, dass mein jüngerer Bruder anstatt in den Kinderwagen auf den Schlitten gepackt wurde, mit einem roten metallenen Kindersitz, den man auf meinem Foto sieht.
                Wir wohnten in einer Sackgasse, in der es nur wenig Verkehr gab. So verbrachten wir viele Stunden auf der Strasse und fuhren mit den Fahrrädern, erst Rollschuhen und später Rollerblades, einem alten gebrauchten Rollbrett, einem gebrauchten Trottinett (Tretroller) und dem Plastik-Traktor von meinem Bruder rum. Mit Kreide malten wir Strasse und Häuser, die dann abgefahren wurden - zusammen mit diversen Nachbarskindern. Je älter wir wurden, desto weiter weg vom Haus durften wir spielen, ab ca 10 Jahren konnten wir uns eigentlich im ganzen Dorf (damals ca 6500 Einwohner) bewegen. Nur in den Wald traute ich mich nicht alleine, die waren alle irgendwie grad ein Stück zu weit entfernt, teilweise mit der Hauptstrasse dazwischen. Und natürlich lagen alle Wälder nicht im Tal, sondern auf den Hügeln, das war schon etwas anstregender . Entsprechend hatte ich auch nur zwei Versuche unternommen, mit den Rollerblades weiter zu fahren als unsere Strasse. Die Schweiz ist einfach zu hügelig. Ein solcher Versuch war auf einem der bei uns auch noch gängigen Sonntagsspaziergängen, als ich keine Lust hatte zu laufen. Dummerweise hatte ich nicht bedacht, dass etwa 1/4 der 6,5km auf Feldweg mit Kies waren.

                Wir hatten natürlich schon viel ferngeschaut, aber bis ich etwa 10 Jahre alt war, konnte unser Fernseher nur 10 Sender empfangen, wovon etwa 3 italienisch-sprachig, einer französisch-sprachig und einer Eurosport war. Also voll langweilig für uns. Aber meine Grossmutter wohnte nur eine Strasse weiter und hatte schon 40 Sender..
                Meine Eltern hatten aber die Fernsehzeit eingeschränkt, zeitenweise mussten wir im Fernsehprogramm aussuchen, was wir schauen wollten und dann durften wir auch nur diese Sendung oder diesen Film schauen. Aber natürlich und zum Glück durften wir auch mal einfach ganze Sonntagvormittage.
                Gameboy kannten wir schon, durften wir aber nur ab und zu von der Ludothek ausleihen und besassen wir erst viel später selbst (mein Bruder hatte einen von seiner Patin bekommen und ich den alten kaputten aus der Ludothek). Trotzdem hatten wir noch viele Brettspiele gespielt: Eile mit Weile und Rummy mit der Grossmutter, Verrücktes Labyrinth und irgendwas mit einem Schlossgespengst, das ein sehr hübsch bemaltes Spielbrett hatte. Und natürlich tonnenweise Brett- und Kartenspiele aus der Ludothek ausgeliehen.
                Bücher hatte ich früh selbst gekauft und viele aus der Bibliothek ausgeliehen und ich war stolz auf meine Mikey Maus Hefte Sammlung (460 Stück die bis in die 60er-Jahre zurück reichten).
                Zwar hatten wir meiner Meinung nach viel zu viel Spielzeug, auch zu viel Billigware, aber wir spielten auch oft kreativ: mit Lego und buntem Papier entstand eine ganze Stadt mit befahrbaren Strasse aus dem Sofa, dem Sofatisch und dem Büchergestellt. Selbiger Sofatisch musste herhalten für eine zweistöckige Barbie-Villa (mein Barbie-Wohnmobil war übrigens nur ein Pappkarton), für eine "Übernachtung im Zelt" und für einen Bälle-Pool aus Zeitungskugeln.
                Kassetten hatte ich auch, aber vor allem zwei "Kasperlitheater"-Geschichten, die ich laut Erzählungen rauf und runter gehört hatte.
                Ich hatte sehr viel gezeichnet, leider haben nicht viele Zeichnungen bis in die heutige Zeit überlebt. Und viel gebastelt, leider damals noch ein wenig kindlich-planlos, was ich im Nachhinein etwas schade finde. Aber damals ohne Internet war die Reichweite von "Wissen" und "Material" auch noch auf die Eltern, die Bibliothek bzw. den Fernseher und die Läden im Dorf beschränkt. Was es da nicht gab, existierte nicht.

                An Gerüche erinnere ich mich nicht so gut, aber ich erinnere mich (bzw weiss es auch jetzt noch aus neureren Besuchen), dass es bei den Verwandten in Italien immer sehr viel anders roch. Die benutzen natürlich andere Putzmittel und meine Nonna benutzte komisches Haarwasser und Haarspray.
                In diesem Zusammenhang erinnere ich mich auch noch an die endlosen Autofahrten in den Süden, jeweils gute 12 Stunden Fahrt oder mehr plus Pausen (rund 1000 km) pro Weg. Wir übernachteten jeweils im Ferienhaus direkt nach der Grenze, aber es war immer noch eine lange, langweilige Reise. Früher noch ohne gescheite Klimaanlage und nur mit den doofen Musikkassetten von meinem Vater (Alternative wäre sein Singen gewesen, also doch lieber italienische Schlager ). Das Auto war geladen voll mit Material, das wir für 3 Wochen Strandurlaub und Verwandten-Besuch brauchten. Kiloweise Schokolade wechselte nach Italien und kiloweise/literweise Würste, Öl und Wein wechselten zurück in die Schweiz. Meine Nonna hatte null Verständnis für die Regelungen beim Zoll und versuchte einmal, als sie mit uns in die Schweiz kam, sogar noch in der Handtasche Wurst mitzunehmen.

                Obwohl ich durchaus mit Verzichten-müssen aufgewachsen bin (und das auch sehr gut finde, teils schon als Kind gut fand), hatte ich doch eine ziemlich sorglose Kindheit. Absolut keine Kriegsverluste in der gesamten Verwandtschaft, aber kein so perfektes Leben, dass es uns irgendwie geschadet hätte. Da bin ich sehr froh drum.
                Viele Grüsse von Garfield

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                • Andrea1984
                  Erfahrener Benutzer
                  • 29.03.2017
                  • 2551

                  Zitat von LutzM Beitrag anzeigen
                  Mach Dir keine Sorgen, meine Tochter ist älter als Du und ich lebe immer noch.
                  Dann bin ich beruhigt, Lutz.

                  Mir hat jemand in einem Bus einen Sitzplatz angeboten, das ist schon ein paar Jahre her. Ich habe das Angebot angenommen, weil ich an diesem Tag müde gewesen bin und viel Gepäck durch die Gegend geschleppt habe.

                  [QUOTE]Was es da nicht gab, existierte nicht.[/QUOTE Wie wahr: Computer, Smartphone, Tablet, I-Pod etc.

                  Fernsehen dürfen, nur wenige Programme und nur bestimmte Sendungen. Eine Sendung verpasst: Pech gehabt.
                  Heutzutage kann man alles zu jeder Zeit nachschauen, was fast schon zuviel des guten ist.

                  Etwas hätte ich beinahe vergessen: Das Telefon mit der Wählscheibe. Abends hat der Draht geglüht, tagsüber sind die Eltern (und die anderen Erwachsene) beschäftigt gewesen und habe erst am Abend Zeit zum reden gehabt.

                  Schnee im Winter, an den erinnere ich mich auch noch sehr gut.

                  Gefühlt waren damals alle Weihnachtsfeste weiß und alle Osterfeiertage grün, doch da spielt mir vermutlich meine Erinnerung einen Streich.

                  Doch das wichtigste: Meine Schwester (die mit Ahnenforschung nichts am Hut hat) und ich durften Kinder sein, die Kindheit genießen.

                  Heutzutage wollen Kinder schnell erwachsen werden und jammern, wenn sie es sind.

                  Die Jugend von heute, da komme ich nicht mehr mit. Das ist wirklich so gemeint, nicht sarkastisch.
                  *seufz*

                  "Du bist ja uralt. "(O-Ton V. zu mir, die ein paar Jahrzehnte jünger als ich ist). V. ist, am Papier erwachsen, und wäre gerne wieder ein Kind. Jetzt ist es zu spät dafür.
                  Soll ich mit ihr mitleiden oder schadenfroh sein ?

                  Gute N8, allerseits.

                  Herzliche Grüße
                  Zuletzt geändert von Andrea1984; 29.07.2020, 23:16.
                  Mühsam nährt sich das Eichhörnchen. Aufgeben tut man einen Brief.
                  Wenn man lange genug Ahnenforschung macht, bekommt man zu dem Ahnenschwund und den Toten Punkten eine Generationsverschiebung gratis dazu.

                  Kommentar

                  • fajo
                    Erfahrener Benutzer
                    • 08.10.2018
                    • 2348

                    Zitat von Andrea1984 Beitrag anzeigen
                    c.
                    Heutzutage wollen Kinder schnell erwachsen werden und jammern, wenn sie es sind.
                    Guten Morgen!
                    Ich möchte einfach einmal eine Frage, zu deinem Satz Andrea, in den Raum stellen. Den ich zwar nicht anzweifeln möchte, allerdings ein wenig anders sehe. Denn als Kinder wollten ich auch (in mancher Situation) schon schnell erwachsen. Da ich nun schon im Museum hänge ,wie ich es gestern auf einer Geburtstagskarte ausdrückte, gehe ich davon aus das dieser Wunsch von Kindern schon bei unseren Ahnen vorhanden war...
                    Das Jammern wenn sie erwachsen sind, hatte meine Mutter auch schon rauf! - Oh wie gut kann ich mich daran noch erinnern.

                    Kann es nicht eher sein das zu den schnell erwachsen werden wollenden Kindern, heute auch noch sehr viele Eltern kommen, die sich wünschen das ihre Kinder geboren werden und schon mit Messer und Gabel essen können? - ...was aber vielleicht durch die überzogenen Leistungsansprüchen unserer Wirtschaft und auch Gesellschaft entstanden ist? - Ich erinnere mal an die geile Werbung: "Mein Auto, mein Haus...."

                    Ich hoffe das den Kindern von heute trotzdem im alteren Stadium auch ein paar schöne Dinge ihrer Kindheit im Sinn geblieben sind... bei den erhöhten Spielregeln. -
                    Zuletzt geändert von fajo; 30.07.2020, 06:49.
                    Vorsicht : >Ich habe keine Ausbildung. Ich habe Inspiration.< von Bob Marley -**







                    Kommentar

                    • ForscherBernd

                      Hallo Mitschreiber,
                      nun habe ich viel über Kindheit und dem Erwachsen werden gelesen und ich möchte dazu auch mal a bisserl von mir erzählen, um zu zeigen, das es auch andere Kindheiten gab.

                      Nämlich eine Kindheit in einer Großfamilie, wo des Vaters Familienplanung mit dem 9+10ten Kind (Zwillinge) 1966 endlich beendet war und ich der Älteste der Meute die vielen Hausgeburten miterlebte, ich glaube es waren 5.
                      Miterlebte? Ja, denn ich durfte dann als "kleiner Hausmann" die entschuldigten Schultage des Wochenbett-Aufenthaltes der Mutter mit Hausarbeit verbringen. Wohlgemerkt, ich bin Bernd und nicht Bernadiene :-)
                      Aber das machte ich immer mit Freude, weil ich oft meine Freizeit in den Dienst der Familie stellte, ich war so. Mutter sagte, ich würde ihr den Wunsch bei meiner Geburt ein Mädchen zusein, auch etwas erfüllte. :-) Auf jedenfall nicht in ALLER Beziehung.

                      Da gab es Tage, an denen ich mit einer Großkarre (passte 2 Zentner Kohle drauf und hatte Fahrradräder) zu Kohlenhändler fuhr und oft mit 2 Zentner Kohle zurück kam. So war es bei mir den täglichen Einkauf zu erledigen und hatte auch viele andere Sachen zu erledigen.
                      Leider waren die Geschwisterfreuden in Bezug auf mich nicht grade hoch, da der nächste Bruder (davor sind 3 Mädchen) 9 Jahre jünger ist und ich eben schon an andere Dinge dachte wie mit Babys spielen.
                      Mein Vater war Schlesier und sehr autoritär in der Kindererziehung, oder wie man damals sagte, er war sehr streng und das musste er auch sein, bei 10. Ich sage dazu nur, mir hat es gut getan und da habe ich heute noch viel von inne, der Erziehung. Er war seit ich denken konnte damals Bergmann, aber verlor beim Zechensterben 1962 seine Arbeit, was mich noch mehr an das versorgen der Familie gebunden hat.
                      Ich bekam mit wie erfinderisch meine Mutter war, wenn es darum ging uns Kinder satt zubekommen.
                      Da gab es schon mal Klunkersuppe, Milchsuppe mit Mehlklunker, Kartoffelpuffer mit Zucker oder Rübenkraut......Wurstendchen (Wurstreste vom Metzger) waren schon Luxus. Die vielen Eintöpfe die es so gibt habe ich alle kennengelernt. Papa machte es schon mal öfter, meist nur für Bernd, und brachte mal ein Hasenbrott von der Arbeit mit.
                      Trotz allem möchte ich kein anderes Leben gehabt haben wollen.
                      Na klar hatte ich auch Freizeit, wenn auch wenig, und da habe ich auch die Erinnerung, das das Wetter irgendwie damals anders war. Aber irgendwie waren wir davon nicht abhängig und nutzten das Draussen voll aus. Wer kennt noch Bitschendop, oder alte Kinderwagen in Seifenkisten umbauen......es war dann sowas von herrlich.

                      Ja, wir hatten keine Technik. Fernseher erst später in den 60ern und dann nur nach dem Waschen (Baden) und Abendbrot gab es Intermezzo und dann ab ins Bett.
                      Nein, wir hatten keine Technik, aber ehrlich, wenn denn hätten wir sie auch genommen.

                      Also, ich bin kein Paperback Writer, aber vielleicht gefällt Euch diese Geschichte etwas.
                      Ach so, ich bin 68 und da weiss nun jeder welche Zeit ich Anspreche

                      Gruß
                      Bernd
                      Zuletzt geändert von Gast; 30.07.2020, 14:17.

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                      • fajo
                        Erfahrener Benutzer
                        • 08.10.2018
                        • 2348

                        Mir gefällt deine Geschichte wirklich sehr, Bernd. Weil sie auch einmal etwas Anderes (und trotzdem Gutes) aufzeigt! –
                        Aber vor allen das mit dem Hasenbrot ! Das habe ich schon lange nicht mehr gehört und auch erst durch meinen Mann, seine Mutter kam aus Danzig, kennen gelernt. Eigenartig, das Hasenbrot schmeckt wohl allen Kindern besonders gut. Egal in welcher Zeit.-
                        Vorsicht : >Ich habe keine Ausbildung. Ich habe Inspiration.< von Bob Marley -**







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                        • consanguineus
                          Erfahrener Benutzer
                          • 15.05.2018
                          • 5533

                          Hallo zusammen!

                          Nach all den tollen Geschichten möchte ich auch mal aus meiner (etwas anderen) Kindheit erzählen: Baden in der Zinkwanne gab es bei uns nicht mehr, da unser Dorf schon jahrzehntelang an Wasser- und Stromleitungen angeschlossen war als ich 1968 zu Welt kam. Natürlich gab es in unserem Dorf mit damals 150 Einwohnern (heute sind es noch weniger) auch einen Kaugummiautomaten, der schon mal "geknackt" wurde, anstatt sich die Kaugummis und den Plastikplunder mit 20 Pfennig auf legale Weise zu beschaffen. Es gab auch einen Zigarettenautomaten, und wenn meine Eltern Besuch bekamen, wurden wir Kinder mit Kleingeld losgeschickt um "Lord Extra" und "Lux" aus dem Automaten zu ziehen. Eine Schachtel kostete zwei Mark. Damals gehörte es zum "guten Ton", den Gästen eine Auswahl an Zigaretten anzubieten. Wenn Kinder mitkamen, gab es "Negerküsse", und niemand war deswegen gleich ein Nazi. Es gab sogar einen kleinen Laden, in dem ein alter Mann mit grauem Kittel hinter einem Tresen stand und wirklich alles verkaufte, was man im Alltag benötigte. Er betrieb den Laden noch mit über 80 Jahren. Ja, von so einem Laden konnte man sogar in einem so kleinen Dorf leben! Wo sollten die Frauen auch sonst einkaufen? Keine der Frauen im Dorf hatte ein Auto, um damit zum Einkaufen in die Stadt zu fahren. Die allermeisten hatten ja noch nicht einmal einen Führerschein! Kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.

                          Die Freiheit war für uns Kinder endlos. Das Dorf liegt weitab von Hauptstraßen und damals sogar weniger als zwei Kilometer von der "Zonengrenze" entfernt. Niemand gebrauchte das Wort "DDR". Hinter dem Zaun lag die "Ostzone". Polizei habe ich nie zu Gesicht bekommen. Der Nachbarlandwirt hatte eine "Rübendrille" (ein Gerät, welches dazu dient, Zuckerrübensamen in Reihe zu säen), die fünfeinhalb Meter breit war. Damit ist er so auf der Straße gefahren, wenn er zu weiter entfernt liegenden Feldern wollte. Das Geheimnis war, daß man darauf warten mußte, bis der Linienbus durchgefahren war. Danach kam eine Stunde lang nichts mehr. Kein Auto. Nichts. Außer wenn Schichtwechsel bei VW war. Dann gab es auch mal das eine oder andere Auto auf der Straße. Aber die Uhrzeiten kannte jeder. Ich erzähle das nur nebenbei, um zu verdeutlichen, wie abgelegen es war (und noch ist).

                          Damit die Menschen sich daran erinnerten, daß es so etwas wie staatliche Gewalt gab, waren "Zöllner" beschäftigt, die an der Zonengrenze Dienst taten und irgendwie aufpaßten. Ob sie wirklich Zollbeamte waren, vermag ich nicht zu sagen. Es gab ja weit und breit keinen Grenzübergang. Sie hatten jedenfalls eine gräulich-grüne Uniform an, fuhren Dienstwagen und waren bewaffnet. Ihre Schicht verbrachten sie oft in kleinen "Zollhütten", von denen aus sie die Grenze beobachteten. Oder sie fuhren mit ihren Autos herum. Meistens aber saßen sie in ihren Hütten und tranken Flaschenbier. Es passierte ja auch nichts den ganzen Tag lang. Wir hatten mit den "Zöllnern" nicht viel zu tun, da ihr Auftrag ja nicht war, UNS zu bewachen. Aber sie gaben uns das Gefühl, daß da jemand in Uniform in der Gegend ist. Nun schien diesen "Zöllnern" aber eigentlich alles egal zu sein, was rundherum so passierte. Manche Jugendliche fuhren ohne Führerschein mit Autos auf den Feldwegen herum. Die Zöllner wußten natürlich genau, wer da am Lenkrad saß und wie alt der jeweilige Bengel war. Aber das Denunziantentum war damals noch nicht so verbreitet wie heute, und so ließen sie uns gewähren.

                          Auch mein Vater war der Meinung, ich müsse früh lernen, wie man Auto fährt. In der Erinnerung war ich 12 oder 13 Jahre alt, aber das kann, wenn ich darüber nachdenke, nicht sein, denn meine erste Fahrt machte ich mit dem beigen Käfer, aber der muß den Hof verlassen haben, als ich neun oder zehn Jahre alt war. Danach kam nämlich ein blaumetallicfarbener Golf Diesel als Jahreswagen von einem Werksangehörigen. Das war noch der allererste Golf Diesel mit der 1,5 l-Maschine mit 50 PS. Er wird 1977 gekommen sein. Zurück zum Käfer: die ersten Fahrten als Kind machte man natürlich nicht auf Feldwegen oder öffentlichen Straßen, sondern auf dem Acker. Und auch nicht allein, sondern in Begleitung eines Erziehungsberechtigten. Man mußte sich gewissermaßen "hochdienen". Es war Herbst und am Rande des abgeernteten Rübenfeldes hinter dem Hof lagen zwei "Rübenmieten" (längliche, damals etwa gut zwei Meter hohe Haufen gerodeter und auf Abtransport wartender Zuckerrüben). Zwischen diesen Rübenmieten gab es eine Lücke von vielleicht sechs oder acht Metern. Mein Vater wollte, daß ich den Käfer zwischen diesen beiden Mieten hindurchsteuere. Da ich der einen Miete bedrohlich nahe kam, wies er mich an, die Bremse zu treten. Ich erwischte aber das Gaspedal und jagte den Käfer full speed auf die Miete. Das war möglich, weil der Käfer vorne so leicht war. Nun hing der Käfer also auf der Miete. Mein Vater war entspannt. Es gab nicht im Ansatz eine Strafpredigt. Er wußte natürlich, daß man am Anfang noch nicht perfekt fährt. Und er wußte auch, wie robust so ein Käfer ist. Tatsächlich ist dem Auto nichts passiert. Der Nachbarjunge aber überschlug sich mit einem Opel Ascona als er eine 90 Grad-Feldwegkurve zu schnell nehmen wollte und blieb auf unserem Acker liegen. Das Auto war natürlich komplett entglast. F. selbst ist aber nichts geschehen. Irgendjemand zog dann dann das Auto, welches ohnehin nicht mehr für den Straßenverkehr zugelassen war, mit einem Trecker vom Acker und das Leben ging weiter. Groß geredet wurde über die Angelegenheit nicht.

                          Mein Vater meinte, es sei vielleicht etwas zu früh gewesen, mich in Bezug auf Autos "zum Mann" zu machen und unterließ zunächst weitere Versuche, mich in der Fahrkunst zu unterweisen. Aber das Vorhaben war selbstverständlich nur aufgeschoben, nicht aufgehoben. Der blaumetallicfarbene Golf Diesel blieb nicht lange auf dem Hof, denn man konnte ihm beim Rosten zusehen. Es gab dann 1982 einen gebrauchten grünen Golf Diesel, aber schon mit der 1,6 l Maschine mit 54 PS. Den bewegte ich sehr gerne. Meine Mutter fuhr damals jedes Jahr mit ihren Freundinnen für einige Tage weg um sich kulturelle Highlights, Museen, Kirchen etc. anzusehen. Mein Vater als Landwirt hatte dazu keine Zeit und vor allem keine Lust. Er hatte auch keine Zeit und keine Lust, sich mit Lebensmitteleinkäufen zu beschäftigen. Das war dann meine Aufgabe. Der kleine Laden war inzwischen nicht mehr existent und so mußte ich in das Nachbardorf fahren, in dem es noch so einen Laden gab. Ich nutzte die Feldwege, aber auch die Straße war mir nicht ganz fremd. Den Golf habe ich dann nach dem Abitur übernommen und er hat mir während des Wehrdienstes, der Lehre und noch bis weit ins Studium hinein treue Dienste geleistet.

                          Neben dem Autofahren gehörte es dazu, sich mit dem Gebrauch von Schußwaffen auszukennen. Viele waren im Schützenverein, aber wer einen Jäger als Vater hat, dem sind Luftgewehre schnell langweilig. Ich konnte mit spätestens zwölf Jahren vom 30-06 Repetierer bis zur 12er Flinte alles bedienen, was im Waffenschrank stand. In dieser Hinsicht war mein Vater ein sehr verantwortungsvoller und strenger Lehrmeister. Der Schrank war auch, wenngleich nur ein alter Holzschrank, immer abgeschlossen! Ich konnte mich also, anders als beim Auto, nicht einfach so bedienen. Mein Vater und ich gingen im Spätherbst und Winter manchmal zusammen auf "Hasenstreife". Da geht man eigentlich nur bewaffnet spazieren, natürlich mit dem Hund, und schießt ein oder zwei Küchenhasen. Rehwild durfte ich wirklich erst bejagen, als ich den Jagdschein hatte. Sehr gerne schoß ich Ringeltauben in unserem Garten. Mein Vater hatte zwei Kleinkalibergewehre, eine .22 lfB und eine .22 Hornet, beide mit Schalldämpfer ausgerüstet. Vor allem die Hornet war die perfekte Waffe für die Taubenjagd. Meistens saß ich an einem Dachbodenfenster und wartete auf die gefiederten Freunde. Mein Vater legte großen Wert darauf, daß ich vom Dachbodenfenster aus schoß, damit ich durch den Schuß von oben nach unten durch die Erde Kugelfang hatte und niemanden gefährden konnte. Solche Belehrungen im praktischen Einsatz sind viel wertvoller als die Lektüre jedes Fachbuches. Jeder, der schon einmal Tauben gejagt hat weiß, daß das ein schwieriges Unterfangen ist, da die Tauben extrem wachsam sind. Man sagt, sie haben auf jeder Feder ein Auge. Und so war nicht jeder Jagdtag Fangtag. Aber wenn ich Erfolg hatte, dann ging ich sofort zur Nachbarin und verkaufte ihr die Taube für fünf Mark. Auf diese Weise besserte ich mein Taschengeld auf. Das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden ist immer eine gute Kombination!

                          Mein Onkel im Nachbardorf machte sich übrigens nicht einmal die Mühe, seinen Waffenschrank abzuschließen. Das war zwar auch damals nicht unbedingt üblich, aber wiederum auch nicht wahnsinnig ungewöhnlich. Schußwaffen waren, anders als heute, kein Statussymbol und auch kein Ding, mit dem man in irgendeine Schule rennt und ein Massaker anrichtet. Auf solche absurden Ideen wäre damals im Traum niemand gekommen! Wir hatten ja auch keine Playstations mit Ballerspielen, die uns vielleicht auf dumme Gedanken gebracht hätten, und waren durch die uns gewährten Freiheiten verantwortungsvoller und sicherlich auch psychisch stabiler als mancher "behütet" (und damit meiner Ansicht nach ein Stück weit entmündigt, ja verblödet) aufwachsende Jugendliche der Jetztzeit. Mein Onkel hatte auch einen Renault R4, mit dem wir genauso herumgeheizt sind wie mit dem Golf. Wir haben auch die Waffen des Onkels benutzt um Krähen zu schießen. Mein Onkel bat uns nur immer, darauf achtzugeben, daß wir keinen Firstziegel kaputtschießen, weil der Dachdecker so teuer sei. Das war tatsächlich seine einzige Sorge, weil er sich voll und ganz darauf verlassen konnte, daß wir weder mit Auto noch mit Schußwaffe Dummheiten anstellen würden.


                          Zweiter Teil folgt...
                          Zuletzt geändert von consanguineus; 30.07.2020, 23:31.
                          Suche:

                          Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
                          Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
                          Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
                          Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
                          Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
                          Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

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                          • consanguineus
                            Erfahrener Benutzer
                            • 15.05.2018
                            • 5533

                            Diese Unaufgeregtheit der Menschen vor etwa 40 Jahren vermisse ich heute am meisten. Leben und lebenlassen. Heute etwa wird von irgendeinem Angst- oder Wutbürger sofort ein anonymer Brief an den Bürgermeister geschrieben und darin der Nachbar denunziert, weil der es gewagt hat, beim Grillen mit Freunden den Mindestabstand von anderthalb Metern nicht einzuhalten. Ist tatsächlich passiert! So etwas hätte es früher NIEMALS gegeben! In meiner Erinnerung regelte man Dinge auf normale Weise und redete miteinander. Da gab es keine Denunziationen und es wurde auch nicht wegen jeder Belanglosigkeit ein Rechtsstreit vom Zaun gebrochen. Man mußte nicht jeden Nachbarn mögen, aber man ging im Allgemeinen respektvoller miteinander um als heute.

                            Sie sind nun fast alle tot, die Vorbilder und Lehrherren der Vergangenheit. Diese Zeiten kommen nicht wieder. Nicht die Freiheit. Nicht das Gefühl des Stolzes, nach und nach Verantwortung übertragen zu bekommen, weil man sich der Verantwortung würdig erwies. Mein Vater hätte das Auto abgeschlossen, wenn er mir zugetraut hätte, daß ich damit Unfug treiben würde. Mein Onkel ganz sicher auch seinen Waffenschrank. Aber wir wollten diese Götter unserer Kindheit nicht enttäuschen. Und so ist nie etwas passiert...

                            Das war meine Kindheit in den 70er und 80ern in einem kleinen Dorf an der "Zonengrenze".

                            Viele Grüße
                            consanguineus
                            Suche:

                            Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
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                            Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
                            Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
                            Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

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                            • fajo
                              Erfahrener Benutzer
                              • 08.10.2018
                              • 2348

                              Guten Morgen!

                              @ consanguineus ich möchte dir da, aus eigener Erfahrung, ein ganz kleinwenig wiedersprechen. Auch in deinem genannten Zeitraum gab es schon Denunzianten, leider! Und wenn du dir die Geschichte unserer Ahnen ansiehst, war das wohl auch schon immer vorhanden. In der Masse mal mehr, mal weniger. Dass es sich heute so extrem zeigt und man nicht erst einmal miteinander redet (wenn man dazu anregt wird man manchmal sogar schon mit großen Augen angeschaut!), könnte ebenfalls von der alltäglichen Überlastung durch die übersteigerte Erwartungshaltung herrühren, meine ich ganz persönlich. Bernd beschrieb so wunderbar eine Großfamilie von früher. Die in seinen Schilderungen dennoch ausgeglichener als heute so manche Kleinfamilie erscheint. Das muss ja irgendwo herkommen, oder?-
                              Vorsicht : >Ich habe keine Ausbildung. Ich habe Inspiration.< von Bob Marley -**







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                              • consanguineus
                                Erfahrener Benutzer
                                • 15.05.2018
                                • 5533

                                Guten Morgen fajo,

                                selbstverständlich wurde auch früher denunziert, aber in diesem Kosmos, den ich beschreibe, in dem kleinen Dorf, in dem ich meine Kindheit verbracht habe, gab es so etwas normalerweise nicht. Zumindest nicht im Alltag. Es geht mir auch gar nicht in erster Linie um das Verpetzen bei der Obrigkeit, sondern darum, zu zeigen, daß die Menschen früher in mancher (nicht jeder!!!) Hinsicht lockerer waren. Daß sie, wenn es Probleme gab, miteinander redeten anstatt erstmal die Polizei anzurufen oder mit der Rechtschutzversicherung abzuklären, ob sich eine Klage lohnt. Daß sie einen Dummejungenstreich als solchen einschätzten anstatt gleich ein riesiges Faß aufzumachen. "Früher" war einfach mehr Respekt im Umgang miteinander. Ist jedenfalls mein Eindruck. Respekt vor dem Alter. Respekt vor Menschen generell. Respekt vor dem Eigentum anderer. Respekt vor der Privatsphäre.

                                Viele Grüßee
                                consanguineus
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                                Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
                                Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
                                Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
                                Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
                                Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
                                Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

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