Bei der Frage, ob man die alten Schriften beherrsche, kam mir in den Sinn, dass ich mich dann und wann bei Einträgen in Kirchenbüchern sehr anstrengen muss, die Beherrschung nicht zu verlieren.... dann und wann frage ich mich, ob die Leutchen ihr eigenes Geschmier noch hätten entziffern können.
In Fraktur gedruckte Bücher konnte ich schon als Kind ebenso gut lesen wie solche, die in aktuellerem Satz gedruckt waren. Das lag ganz einfach daran, dass wir noch einiges an Büchern zu Hause hatten, die in Fraktur gesetzt waren - und der Titel unserer Tageszeitung war auch in Fraktur (das ist wohl auch heute noch bei einigen Zeitungen so).
Sütterlin schrieben meine Eltern nicht mehr, im Reich der NSDAP war man ja zur Lateinschrift übergegangen und so schrieben sie eine etwas eigenwillige Lateinschrift, die durchaus noch Sütterlin-Komponenten enthielt - kein Wunder, denn die hatten sie ja noch in ihren ersten Schuljahren gelernt.
In der Schule lernten wir nur Lateinschrift (auch schon vor '64

, ich wusste bislang gar nicht, dass Sütterlin noch so lange gelehrt wurde). Allerdings war es um diesen Zeitraum herum, dass unser Kunstlehrer meinte, es würde uns gar nichts schaden, Sütterlin zu lernen. So kam ich in den Genuss, auch diese Schriftart zu beherrschen, und nun konnte ich auch alte Briefe aus der Familie lesen.
Diese Kenntnisse kamen mir Jahrzehnte später zugute, als ich begann, Familienforschung zu betreiben. Und so nach und nach habe ich mich dann in ältere (Schrift-)Zeiten zurück gearbeitet; da bleiben die Lesekenntnisse aber bisher eingeschränkt, einfach aus Mangel an "Übungsstoff".
Übrigens, auf Schiefertafeln kann man auch beim Lernen der Lateinschrift kratzelige Geräusche verursachen. Und Steinchen in der Kreide führen zu markerschütterndem Gekreisch, egal ob Sütterlin oder Lateinschrift.
