Entbindungen

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  • scheuck
    Erfahrener Benutzer
    • 23.10.2011
    • 4383

    #16
    Entbindungen

    Zitat von zeilenweise Beitrag anzeigen
    Wie viel weißt du denn über die sozialen Bedingungen in Wesel zu dieser Zeit? Da ergeben sich vielleicht Anhaltspunkte.
    Hallo, zeilenweise!

    Tja, die sozialen Bedingungen ... - Die Väter der unehelichen Mütter waren allesamt Schiffer, die mit ihren eigenen Schiffen auf dem Rhein unterwegs waren. Ich habe daraus bislang geschlossen, dass es ihnen "nicht schlecht" gegangen sein kann.
    Man findet auch heute noch im Inet die entsprechenden Abfahrten und das Ankommen mit irgendwelcher Fracht im Hafen von x oder y, demnach waren die dauernd unterwegs.

    Klar, dass die Mütter mit ihren Kindern im Haushalt der "Oma" gelebt haben (siehe Einwohnerlisten), sagt ja nicht zwingend aus, dass sie das untätig getan haben.
    Landwirtschaft hatte in der Familie niemand, aber vielleicht haben die unehelichen Mütter für andere genäht, gestrickt oder gewaschen, wobei das nicht sonderlich erwähnt wurde. Heimarbeit eben, stimmt schon ...

    Trotzdem sicherlich nicht leicht, bis zu 5 uneheliche Kinder durchzubringen, und Oma's leben auch nicht ewig. - Ich möchte zuuuu gern wissen, was mit den dazugehörigen Vätern los war; ich "hoffe" ja nicht, dass da von den Fünfen jedes einen anderen Vater .
    Herzliche Grüße
    Scheuck

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    • Wolfg. G. Fischer
      Erfahrener Benutzer
      • 18.06.2007
      • 4915

      #17
      Zitat von zeilenweise Beitrag anzeigen
      Vielleicht eine kleine Landwirtschaft, die ein notdürftiges Einkommen sichert? Heimarbeit? Betteln und Schulden machen? Prostitution?
      Ich denke, ganz viele dieser Frauen waren Tagelöhnerinnen.

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      • cgraaf
        Erfahrener Benutzer
        • 06.12.2009
        • 351

        #18
        Mein Großvater wurde am 24.04.1893 in Celle geboren, obwohl seine Mutter, meine Urgroßmutter, bereits in Kiel lebte.
        Mein Großvater kam zunächst unehelich in der Entbindungsanstalt Celle zur Welt.
        Erst am 09.12.1893 heiratete mein Urgroßvater meine Urgroßmutter und gab zugleich die Vaterschaft an. (Querverweis auf der Heiratsurkunde)

        Zur Quellenlage habe ich mir das Buch „Findelkinder, Waisenhäuser, Kindsmord“ von Markus Meimann 1995 besorgt. Hier gibt es ab Seite 249 unter Punkt 5.2 Informationen zu:
        Entbindungsanstalten: Zufluchtsorte für ledige Mütter. Darunter u.a. auch Infos zu Celle.

        Zu den Motiven ist ja bereits ausführlich berichtet.
        Zuletzt geändert von cgraaf; 21.08.2018, 12:15. Grund: Korrektur
        MvH

        Carsten

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        • zeilenweise
          Erfahrener Benutzer
          • 10.07.2018
          • 322

          #19
          Zitat von Wolfg. G. Fischer Beitrag anzeigen
          Ich denke, ganz viele dieser Frauen waren Tagelöhnerinnen.
          Aber würde das nicht in den Listen stehen?
          Gruß, zeilenweise

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          • zeilenweise
            Erfahrener Benutzer
            • 10.07.2018
            • 322

            #20
            Zitat von cgraaf Beitrag anzeigen
            Mein Großvater wurde am 24.04.1893 in Celle geboren, obwohl seine Mutter, meine Urgroßmutter, bereits in Kiel lebte.
            Mein Großvater kam zunächst unehelich in der Entbindungsanstalt Celle zur Welt.
            Das ist interessant, ich habe mich nämlich schon gefragt, ob es im Kieler Umfeld auch so ein Gebärhaus gab. Die ersten Krankenhäuser entstanden hier Mitte des 19. Jh. Aber ich habe mich noch nicht näher damit beschäftigt, ob sie auch Entbindungen für ledige Mütter anboten. Wenn deine Uroma dafür von Kiel nach Celle reiste, dann kann das einerseits heißen, dass es hier tatsächlich nichts gab, oder dass sie ihren Zustand vor den Nachbarn verbergen wollte.
            Danke auch für den Buchtipp!
            Gruß, zeilenweise

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            • DoroJapan
              Erfahrener Benutzer
              • 10.11.2015
              • 2510

              #21
              Zitat von scheuck Beitrag anzeigen
              Hallo, Doro!

              Kannst Du Dich erinnern, um welche Zeit es da hinsichtlich dieses Gesetzes ging bzw. in welcher Region das so war?

              Meine Haasters haben eine Vielzahl unehelicher Kinder (Rheinland, Köln, Düsseldorf, Duisburg), die laut Tauf-Eintrag alle als Hausgeburten im Haushalt der Eltern bzw. irgendwelcher Tanten zur Welt gekommen sind.

              Irgendwie kann ich mir nicht so recht vorstellen, wie man eine Schwangere per Gesetz zwingen konnte, ihr uneheliches Kind in einer solchen Anstalt zur Welt zu bringen.
              "Vorsorge-Untersuchungen" wird es im 19.Jahrhundert (Anfang/Mitte) nicht gegeben haben, man wird auch nicht gleich einen Arzt aufgesucht haben. Welche "Obrigkeit" hatte also von einer solchen Schwangerschaft Kenntnis und konnte dann dafür sorgen, dass ein Gesetz eingehalten wurde?
              Hallo,

              Habe für Österreich etwas zum Nachlesen gefunden, dass es ein Hofkanzlei-Decret gegeben hat. Quelle: Medicinische Jahrbücher des kaiserl.-königl. österreichischen ..., Bände 59-62 - Besondere SAnitäts-Verordnungen für die Haupt- und Residenzstadt Wien von Jahre 1835-1846

              Liebe Grüße
              Doro

              Noch etwas interessantes: http://www.erinnerungen-im-netz.de/go/id/bhl
              Zuletzt geändert von DoroJapan; 22.08.2018, 01:02. Grund: 2. Link
              Brandenburg: Lehmann: Französisch Buchholz; Mädicke: Alt Landsberg, Biesdorf; Colbatz/Kolbatz: Groß Köris; Lehniger, Kermas(s), Matzke: Schuhlen-Wiese(Busch)
              Schlesien: Neugebauer: Tschöplowitz+Neu-Cöln (Brieg); Gerstenberg: Pramsen; Langner, Melzer, Dumpich: Teichelberg (Brieg); Kraft: Dreißighuben (Breslau), Lorankwitz
              Pommern-Schivelbein: Barkow: Falkenberg; Bast: Bad Polzin
              Böhmen-Schluckenau: Pietschmann: Hainspach, Schirgiswalde; Kumpf: Alt Ehrenberg 243, 28; Ernst: Nixdorf 192

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              • Artsch
                Erfahrener Benutzer
                • 14.07.2013
                • 1933

                #22
                Hallo,

                wahrscheinlich handelte es sich um das Königreich Sachsen, 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, da las ich in etwa so: Alle haben die Pflicht ihnen zur Kenntnis gelangte uneheliche Schwangerschaften den Behörden zu melden. Insbesondere waren aber folgende Berufsgruppen angesprochen: Ärzte aller Art, Hebammen, Lehrer, Apotheker, Pfarrer, Priester, Küster, Vorgesetzte, Arbeitgeber, Standesbeamte, Wachtmeister, (Polizei), Gemeindediener, Nachtwächter und evtl. weitere. Selbst Informationen vom Hören-Sagen sind weiterzugeben. Weiterhin sollte man Patienten, andere Schwangere, Kirchengemeindemitglieder etc. auch über ihren Wissensstand über derlei Dinge befragen. Auch Familienmitglieder sollten zur Meldung schreiten.

                Da aber der Sachse an sich gemütlich ist ... kamen sicherlich viele neue Erdlinge auf die Welt, bevor der Sachse zur Tat schreiten konnte.

                Deppen, die sich zum Spion machen gibt es aber überall!

                So wollte man dem Kindsmord vorbeugen. Die Statistiken sagen mir allerdings, daß Städterinnen und ihre Säuglinge, die Statistik der Entbindungshäuser versauten. So zog man die widerstandsfähige Landbevölkerung in die Städte um die Statistik zu schönen. Auf dem Land Geborene und ihre Mütter hatten die besseren Überlebenschancen.
                Sicher gab es auch viele, die froh über dieses Hilfsangebot waren, weil ihnen das familiäre Umfeld gänzlich fehlte, ggf. kein Verständnis zu erwarten war oder keinen anderen Ausweg wußten, als den Säugling wegzugeben.



                Nicht umsonst ließen die Bessergestellten die Ammen gerne aus den Dörfern kommen.
                Selbst 1927 verdingte sich meine verheiratete Großmutter als Amme im Nachbarort, der wenige Jahre später zu Leipzig gehörte.

                Beste Grüße
                Artsch

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                • Wolfg. G. Fischer
                  Erfahrener Benutzer
                  • 18.06.2007
                  • 4915

                  #23
                  Gebärhäuser

                  Zitat von cgraaf Beitrag anzeigen
                  Mein Großvater kam zunächst unehelich in der Entbindungsanstalt Celle zur Welt.
                  In Fulda hieß die entsprechende Einrichtung 1868 "Entbindungshaus":



                  1809 war es noch ziemlich neu:

                  Zuletzt geändert von Wolfg. G. Fischer; 22.08.2018, 10:54.

                  Kommentar

                  • bleu-de-pastel
                    Erfahrener Benutzer
                    • 30.03.2017
                    • 147

                    #24
                    Hallo Saburasti,


                    vielleicht könntest Du unter dem Schlagwort "Accouchierhaus" fündig werden. So gab es sowohl in Köln, als auch später in Wuppertal solche Häuser, wo Frauen aus ärmeren Schichten bzw. bei unehelichen Geburten ihre Kinder zur Welt bringen konnnten und gleichzeitig als lebendiges Anschaungsmaterial bei der Ausbildung von Medizinern benutzt wurden.



                    In eine ferne Welt führt dies Buch den Leser. Es erzählt von der Magd Dorothea Elisabeth Junk, die ihre uneheliche Tochter dem Kindsvater vor die Tür legte, von Juliane Nolte, deren "blühende Schönheit" den "Verführer" anzog, und von der "Mohrin" Viktoria Laurenti, mit der sich ein fürstlicher Hof schmückte, bevor sie von einem adeligen Offizier ein Kind erwartete. Wie hunderte andere Frauen, die unverheiratet schwanger waren, gingen sie in das neue Göttinger Universitäts-Entbindungshospital. Dort begegneten sie dem ärztlichen Direktor, der sich für den Fortschritt der Geburtshilfe stark machte, und seinen zahlreichen Studenten, die im Verlangen nach praktischer Ausbildung mit den Hebammenschülerinnen konkurrierten. Wenn die Lebensgeschichten dieser Frauen und Männer durch ihre Fremdartigkeit den Leser in den Bann ziehen, so blitzen zugleich Konfliktlinien auf, die von bestürzender Aktualität scheinen. Es geht um Liebe und Gewalt zwischen den Geschlechtern, um soziale Hilfe und Abweisung Fremder, um natürliche Geburt und operative Entbindung, um medizinische Technik und Wünsche von Patientinnen.



                    Grüsse, bleu-de-pastel

                    Kommentar

                    • holsteinforscher
                      Erfahrener Benutzer
                      • 05.04.2013
                      • 2491

                      #25
                      Moinsen zusammen,
                      …ob es im Kieler Umfeld auch so ein Gebärhaus gab…???
                      Gab es…!
                      Wie es der Zufall will, gibt es zu diesem Thema sogar einen Vortrag:
                      Medizin- und Pharmaziehistorische Sammlung der Universität Kiel:
                      Untersuchen, Schreiben, Sammeln, Messen: Epitemische Praktiken im Accouchierhaus,
                      allerdings ist die Anmeldung schon abgelaufen…!!!
                      Das erste Accouchierhaus wurde kurz nach 1800 in Kiel gegründet, weitere (bekannte)
                      Häuser gab es u.a. in Jena und Göttingen.
                      Die besten Grüsse von der Kieler-Förde
                      Roland...


                      Kommentar

                      • scheuck
                        Erfahrener Benutzer
                        • 23.10.2011
                        • 4383

                        #26
                        Hallo,

                        ob's sowas in Wesel wohl auch gegeben hat? - Ich habe in den entsprechenden Büchern nach einem Accouchierhaus geguckt, aber keines gefunden (auch kein Gebärhaus). Im Inet habe ich auch nichts finden können ...

                        Dafür habe ich entdeckt, dass es fast an jeder Ecke ein Bordell gegeben hat

                        Auch "komisch", zur Geburt des letzten unehelichen Kindes (*1879), das ich ausmachen konnte, hat man die Mutter (*1862) offenbar nach Wesel zu den Großeltern geschickt. Die uneheliche Mutter selbst ist in Bochum geboren, wo auch ihre Eltern schon seit 1860 gelebt haben.
                        Herzliche Grüße
                        Scheuck

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                        • Wolfg. G. Fischer
                          Erfahrener Benutzer
                          • 18.06.2007
                          • 4915

                          #27
                          Zitat von assi.d Beitrag anzeigen
                          Hallo, meine Vorfahrinnen aus Westböhmen und aus Osthessen haben alle zu Hause entbunden. Auf dem Land gab es so etwas nicht. Ich, Bj. 1968 und meine 4 Jahre ältere Schwester sind die ersten, die im Krankenhaus zur Welt kamen.

                          Ledig oder ehelich, entbunden wurde früher daheim.

                          Gruss
                          Astrid
                          Hallo Astrid,

                          in Kassel gab es schon 1771 ein Entbindungshaus:


                          Mit besten Grüßen
                          Wolfgang

                          Kommentar

                          • saburasti
                            Erfahrener Benutzer
                            • 14.09.2012
                            • 304

                            #28
                            Hallo Leute

                            ich finde es sehr interessant was bisher rauskam.

                            Auf "Gebärhaus" muss man ja auch erst mal kommen.

                            Ich werde mich jetzt mal überall einlesen, vielleicht bekomme ich ja auch bei Tante Google noch den ein oder anderen Tipp.

                            Macht weiter so ...

                            LG
                            Saburasti
                            Suche: Boxhorn, Escher, Hammerschmid(t), Heyder, Hillenmaier aus Dinkelsbühl, Kochnisch/Kochniss od. Kochnich, Langbein, Macheleit, Treuner, Tröbs u. Zeiner. Alle aus dem Raum Oberfranken (Ludwigsstadt, Gräfenthal, Issigau, Ebersdorf,Steinbach a.d. Heide, Langenau)

                            Kommentar

                            • zeilenweise
                              Erfahrener Benutzer
                              • 10.07.2018
                              • 322

                              #29
                              Zitat von holsteinforscher Beitrag anzeigen
                              …ob es im Kieler Umfeld auch so ein Gebärhaus gab…???
                              Gab es…!
                              (...)
                              Das erste Accouchierhaus wurde kurz nach 1800 in Kiel gegründet (...).
                              Danke, wieder was gelernt!

                              Logo, die Medizin- und Pharmaziehistorische Sammlung ist die richtige Anlaufstelle für sowas.
                              Gruß, zeilenweise

                              Kommentar

                              • zeilenweise
                                Erfahrener Benutzer
                                • 10.07.2018
                                • 322

                                #30
                                Rheinschiffer, Bordelle - das entspricht jetzt aber wirklich den gängigen Klischees über Seeleute! Natürlich kann auch alles ganz anders gewesen sein.

                                Zitat von scheuck Beitrag anzeigen

                                Auch "komisch", zur Geburt des letzten unehelichen Kindes (*1879), das ich ausmachen konnte, hat man die Mutter (*1862) offenbar nach Wesel zu den Großeltern geschickt. Die uneheliche Mutter selbst ist in Bochum geboren, wo auch ihre Eltern schon seit 1860 gelebt haben.
                                In bürgerlichen Kreisen hat man eine uneheliche Schwangerschaft gern verborgen, indem die Mutter rechtzeitig irgendwo anders hingeschickt wurde. Das Schlimme ist, dass zum "Verbergen" auch gehörte, das Korsett über dem Babybauch schön eng zusammenzuzurren.
                                Gruß, zeilenweise

                                Kommentar

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