Angaben zu Verwandtschaftsbeziehungen - verlässlich?

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • Scherfer
    Moderator
    • 25.02.2016
    • 2512

    Angaben zu Verwandtschaftsbeziehungen - verlässlich?

    Hallo,

    ich trage diese Frage schon etwas länger mit mir herum und mich würde mal ein Meinungsbild bzw. Erfahrungen aus der eigenen Familie dazu interessieren:

    Viele Familienforscher*innen versuchen ja, aufgrund von Verwandtschaftsbeziehungen Familien zu "rekonstruieren", die sich mit Hilfe der üblichen Akteneinträge sonst nicht mehr weiter verfolgen lassen.

    Nun ist es aber gleichzeitig so, dass viele Angaben zu Verwandtschaftsbeziehungen nicht so verlässlich zu sein scheinen, wie man das vermuten kann. Das fängt nicht erst beim "Cousin" an, der zumindest in früheren Jahrhunderten offenbar als Begriff sehr viel weiter gefasst wurde als nur der Cousin ersten Grades.

    Aus meiner Familie kenne ich
    - die Stiefmutter, die später von ihren Stiefkindern einfach "Mutter" genannt wurde - warum auch nicht?
    - der Bruder, der eigentlich nur ein Ziehbruder war.
    - die Großonkel und Urgroßtanten, die nur "Onkel" und "Tante" genannt wurden, weil das die Begriffe waren, die für sie in der Familie galten.

    Wenn das aber schon in den letzten hundert Jahren Begriffe waren, die durchaus variabel angewendet werden konnten, wie können wir dann eine solche Verwandtschaftsangabe in noch früheren Jahrhunderten als eine einigermaßen verlässliche Angabe betrachten?
  • Gastonian
    Moderator
    • 20.09.2021
    • 3284

    #2
    Hallo:


    Interessante Frage - aber hier kommt es wohl darauf an, ob diese variablen Bezeichnungen nur familienintern benutzt wurden oder auch amtlich angewendet wurden.



    Zumindest zu dem Umfange, wie ich das im 17. und 18. Jahrhundert in Nordhessen habe überprüfen können, scheinen Bezeichnungen wie Vater/Mutter, Schwiegervater/Schwiegermutter, Großvater/Großmutter, und Bruder/Schwester in den kirchlichen Patenschaftsangaben zuverläßig zu sein. Allerdings sind solche Angaben nur Anhaltspunkte für mich - wenn jemand z.B. Bruder oder Schwester genannt wird, suche ich nach Taufeinträgen, die die gleichen Eltern zeigen. Wo mir eine Verwandschaftsbezeichnung am wichtigsten ist, ist wenn der Vater eines Bräutigams im Heiratseintrag nicht genannt wird, aber im Taufeintrag eines der ersten Kinder dann der Pate "des Kindes Großvater" mit gleichem Nachnamen ist - aber für mich klappt das nur, wenn ich dann tatsächlich einen Taufeintrag oder Konfirmationseintrag für den Bräutigam als Sohn dieses "Großvaters" finden kann.


    VG


    --Carl-Henry
    Meine Ahnentafel: https://gw.geneanet.org/schwind1_w?iz=2&n=schwind1&oc=0&p=privat

    Kommentar

    • sternap
      Erfahrener Benutzer
      • 25.04.2011
      • 4072

      #3
      es hängt von der gegend und in den zeiten vor standesämtern vom priester ab,wie verlässlich die von ihm behaupteten verwandtschaftsbeziehungen sind.


      nach seuchen bestand, wenn die grund- und pfarrherren tot waren, zudem eine frist, in der möglicherweise jemand sich als jemand anderer aus er sippe ausgeben konnte.
      freundliche grüße
      sternap
      ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
      wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




      Kommentar

      • Araminta
        Erfahrener Benutzer
        • 12.11.2016
        • 599

        #4
        Meine Großtante oder Großonkel waren für mich der/die normale Tante oder Onkel.
        Ich verstehe deine Frage aber es ist mir in den Kirchenbüchern noch nie vorgekommen, dass von solchen Begriffen die Rede war.

        Verlässlich ist es eben immer dann, wenn man es über Taufeinträge usw. überprüft.

        Ist der Onkel ein Onkel oder ein Großonkel oder evtl. beim Ziehsohn oder der Stiefmutter.

        Bei der Stiefmuter habe ich allerdings schon oft Überraschungen erlebt.
        VG

        Kommentar

        • consanguineus
          Erfahrener Benutzer
          • 15.05.2018
          • 5527

          #5
          Hallo Scherfer,

          gewisse Begriffe, wie etwa Urgroßtante oder Stiefvater sind mir in Kirchenbüchern tatsächlich noch nicht untergekommen. Wohl aber werden bisweilen Großvater oder Großmutter unter den Paten aufgeführt. Ich hatte mal einen solchen Fall hier im Forum zur Diskussion gestellt, da ich, so wie Du, gewisse Zweifel hatte. Freundliche und kompetente Kollegen stimmten darin überein, daß diese Angaben als zutreffend angesehen werden sollten, vor allem dann, wenn weitere Indizien sie unterstützen. Würde man diesen Angaben mißtrauen, so könne man gleich sämtliche Angaben in Kirchenbüchern in Zweifel ziehen.

          Im übrigen werden manche Verwandtschaftsbeziehungen schon durch die Biologie recht unwahrscheinlich sein. Bei meinen Vorfahren beträgt die durchschnittliche Generationendauer knapp 35 Jahre. Ein Urgroßvater wäre damit statistisch gesehen 105 Jahre bei der Geburt seines Urenkels. Möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich. Und selbst wenn man im Einzelfall eine deutlich kürzere Generationendauer annimmt, etwa 25 Jahre, was durchaus vorkommen mag, mir aber in Folge noch nicht begegnet ist, dann muß man sich doch fragen, ob man jemanden, der bereits 75 Jahre alt ist, wirklich noch zum Paten gemacht hat.

          Fazit: wenn im Kirchenbuch die Großeltern unter den Paten aufgeführt sind, dann sind mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit auch die Großeltern gemeint, nicht die Urgroßeltern.

          Viele Grüße
          consanguineus
          Suche:

          Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
          Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
          Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
          Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
          Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
          Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

          Kommentar

          • Scherfer
            Moderator
            • 25.02.2016
            • 2512

            #6
            Danke euch allen für die Antworten! Ich wollte gar nicht generell die Belegkraft von Kirchenbüchern etc. in Frage stellen. Aber wenn, sagen wir mal im 15. Jahrhundert, also in der Vorkirchenbuchzeit, auf einem Dokument der Bruder genannt wird, wer sagt uns, dass es nicht nur der Ziehbruder war?
            Dass es immer sinnvoll ist, nach weiteren Belegen zu suchen, ist selbstverständlich. Aber was, wenn das eben nicht geht? Dann halte ich manche Schlussfolgerungen eben doch für zu vage belegt.

            Kommentar

            • consanguineus
              Erfahrener Benutzer
              • 15.05.2018
              • 5527

              #7
              Zitat von Scherfer Beitrag anzeigen
              Aber wenn, sagen wir mal im 15. Jahrhundert, also in der Vorkirchenbuchzeit, auf einem Dokument der Bruder genannt wird, wer sagt uns, dass es nicht nur der Ziehbruder war?
              Da bin ich tatsächlich ganz bei Dir!
              Suche:

              Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
              Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
              Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
              Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
              Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
              Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

              Kommentar

              Lädt...
              X