Verständnisproblem unehelicher Sohn in Ehe

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • minhs
    Erfahrener Benutzer
    • 30.08.2019
    • 230

    Verständnisproblem unehelicher Sohn in Ehe

    Ort: Heringen/Helme
    Jahr: 1778

    Hallo,

    ich habe ein Verständnisproblem. In der anhängenden Datei lese ich, dass der "Dorothee Margarethe Neblungin ein unehel. Sohn in Abwesenheit ihres Mannes geb." wurde. Wie muss ich das verstehen? Wenn sie einen Mann hatte (leider bin ich noch nicht so weit vorgedrungen) dann kann doch das Kind niemals unehelich sein, selbst wenn es ein anderer gezeugt hat. Lese ich falsch? Stehe ich auf dem Schlauch? Oder könnte das für "Ehebruch" stehen?

    Hattet ihr schon mal so eine seltsame Formulierung?

    Freue mich auf eure Hilfe

    Hartwig
    Angehängte Dateien
  • Su1963
    Erfahrener Benutzer
    • 08.01.2021
    • 1243

    #2
    Das kann schon vorkommen, wenn der Ehemann nachweislich abwesend war, z.B. im Kriegsdienst.
    Gruß, Susanna

    Kommentar

    • minhs
      Erfahrener Benutzer
      • 30.08.2019
      • 230

      #3
      Ja, ist schon klar. Aber darum geht es mir nicht. Ich finde es ungewöhnlich, dass man den Sohn als "unehelich" bezeichnet. Schließlich ist sie, wenn das alles so stimmt, verheiratet.
      Viele Grüße
      Hartwig

      Kommentar

      • Su1963
        Erfahrener Benutzer
        • 08.01.2021
        • 1243

        #4
        Ich meinte ja auch nicht , dass soetwas schon mal passieren kann sondern dass ein Kind durchaus trotz aufrechter Ehe als "unehelich" gelten kann, wenn der Vater nachweislich nicht der Vater sein kann.
        Ich hab das auch tatsächlich selbst schon in einem Kirchenbucheintrag gelesen.
        Gruß, Susanna

        Kommentar

        • minhs
          Erfahrener Benutzer
          • 30.08.2019
          • 230

          #5
          Okay, danke, darauf wollte ich hinaus.
          Ein uneheliches Kind ist

          a) das Kind einer unverheirateten Frau (häufig)
          b) das Kind einer verheirateten Frau, aber nicht von ihrem Mann.

          Damals gab es keine DNA-Tests, so dass man Variante b) nur bei mehr mehr als 9-monatiger Abwesenheit des Mannes mit Sicherheit konstatieren konnte. Da das eher selten war findet man so etwas auch selten, zumal nicht jeder Pfarrer das dann auch noch so formuliert.


          In etwa so?

          Kommentar

          • Malte55
            Erfahrener Benutzer
            • 02.08.2017
            • 1625

            #6
            Moin,
            als bessere Formulierung fällt mir spontan ein >zwar in der Ehe geboren, aber außer der Ehe gezeugt<.
            Ist sicher unglücklich beschrieben, denn die Abwesenheit des Mannes bei der Geburt ist ja nicht ausschlaggebend. Und doch kommt es letztlich auf dasselbe hinaus, das Kind wird als außerehelich gezeugt benannt und ist somit kein anerkanntes Kind des Ehemannes, also nicht ehelich/unehelich.
            LG Malte

            Kommentar

            • Carolien Grahf
              Erfahrener Benutzer
              • 26.03.2021
              • 811

              #7
              Der Pfarrer hielt lediglich fest, dass es sich bei diesem Kind um ein Kuckuckskind handelt.
              In vielen Zeiten hielt man die Fahne der Moral so hoch, dass keine Wahrheit mehr dran kam. Hauptsache das Bild stimmte. Der Pfarrer ging mit seiner Weisheit garantiert nicht hausieren und die die es wussten, wussten natürlich von nichts.

              Kommentar

              • Su1963
                Erfahrener Benutzer
                • 08.01.2021
                • 1243

                #8
                Zitat von Carolien Grahf Beitrag anzeigen
                Der Pfarrer ging mit seiner Weisheit garantiert nicht hausieren und die die es wussten, wussten natürlich von nichts.
                Was aber bleibt, ist der Name der Mutter statt dem des Vaters. Das kommt dann spätestens bei der Heirat der Kinder ans Licht.

                Kommentar

                • minhs
                  Erfahrener Benutzer
                  • 30.08.2019
                  • 230

                  #9
                  Zitat von Su1963 Beitrag anzeigen
                  Was aber bleibt, ist der Name der Mutter statt dem des Vaters. Das kommt dann spätestens bei der Heirat der Kinder ans Licht.
                  Der Name ist eine weitere Merkwürdigkeit. Der Sohn heißt bei seiner Heirat "Neblung", so wie die Mutter. Bei ihr steht aber nicht wie bei Verheirateten üblich "Neblung geb. [Geburtsname]". Vielleicht finde ich bald im KB genaueres zu ihrer Herkunft und ob sie wirklich verheiratet war.

                  Viele Grüße
                  Hartwig

                  Kommentar

                  • Carolien Grahf
                    Erfahrener Benutzer
                    • 26.03.2021
                    • 811

                    #10
                    Zitat von Su1963 Beitrag anzeigen
                    Was aber bleibt, ist der Name der Mutter statt dem des Vaters. Das kommt dann spätestens bei der Heirat der Kinder ans Licht.
                    Das ist überhaupt nicht gesagt. Wenn sie verheiratet war, und davon gehe ich bei dem Text aus, ist ihr Ehemann der Vater. Ob er es nun ist oder nicht. Es gibt und gab keine unehelichen Kinder innerhalb einer Ehe. Deshalb wird das Kind auch seinen Namen tragen.

                    Zitat von minhs Beitrag anzeigen
                    Der Name ist eine weitere Merkwürdigkeit. Der Sohn heißt bei seiner Heirat "Neblung", so wie die Mutter. Bei ihr steht aber nicht wie bei Verheirateten üblich "Neblung geb. [Geburtsname]". Vielleicht finde ich bald im KB genaueres zu ihrer Herkunft und ob sie wirklich verheiratet war.
                    Viele Grüße
                    Hartwig
                    "In Abwesenheit ihres Mannes" ... sie war verheiratet und hieß wohl verheiratete Neblung. Üblich sind in KB gar nichts. Bestimmte Schreibweisen verbreitet, ja, sicherlich.
                    In anderen Pfarreien wäre es keine Silbe wert gewesen. Verheiratet? Ja. Gut. Ehelich. Punkt.
                    Dieser Pfarrer gehörte wohl eher in die Kategorie Kontrollnerd mit übergroßem moralischen Zeigefinger.

                    Wenn ich das richtig lese heißt der Sproß Johann Christoph Daniel Neblung * 22 Nov - † 22 Okt 1848.
                    Zuletzt geändert von Carolien Grahf; 03.08.2021, 16:58.

                    Kommentar

                    • sternap
                      Erfahrener Benutzer
                      • 25.04.2011
                      • 4072

                      #11
                      "Dorothee Margarethe Neblungin ein unehel. Sohn in Abwesenheit ihres Mannes geb."

                      ich würde es mathematisch nehmen.
                      der eheliche herr war jedenfalls länger als 9 monate abwesend. das kind war mutmaßlich voll ausgetragen und konnte daher nicht vom abwesenden gezeugt sein.
                      der ehename stand ihm rechtlich dennoch zu, neblung.das müsste aufgrund des damaligen rechts nachvollziehbar sein, wie lange einem kind der ehename zustand.
                      die daraus folgenden fragen.
                      war der ehemann doch später noch hier?

                      falls er exakt 9 monate abwesend war, ist eine verlängerte schwangerschaft möglich.

                      war die geschwängerte noch verehelichte opfer einer straftat und unehelich eine beschönigende umschreibung?
                      hielt der pfarrer mit seiner bemerkung dem wahren erzeuger die möglichkeit offen, nach z.b. todesfallserklärung des abwesenden, sich als leiblicher vater des kindes eintragen zu lassen?
                      freundliche grüße
                      sternap
                      ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
                      wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




                      Kommentar

                      • AKocur
                        Erfahrener Benutzer
                        • 28.05.2017
                        • 1371

                        #12
                        Zitat von Carolien Grahf Beitrag anzeigen
                        Es gibt und gab keine unehelichen Kinder innerhalb einer Ehe.
                        Doch, gibt's. Heute braucht's dafür eine Vaterschaftsanfechtung (BGB § 1599), früher gab es andere Bestimmungen unter denen ein während der Ehe geborenes Kind dennoch als unehelich gelten konnte (z.B. weil es innerhalb der ersten 181 Tage nach der Eheschließung geboren wurde und der Ehemann der Mutter es nicht (teilweise wohl einfach stillschweigend) als das seine anerkannte. Regional natürlich sehr unterschiedlich gehandhabt.
                        Man müsste genau wissen, wie die Gesetzeslage hier zu der Zeit aussah. Dass der Ehemann gar nicht vor Ort war im Zeugungszeitraum macht es für mich zumindest möglich, dass ein solches Kind als unehelich angesehen werden konnte. Eventuell hatte man den Ehebruch der Mutter auch bereits bestraft und das Ganze war bereits aktenkundig.
                        Wenn die übliche Formulierung in diesem KB für den Namen der Mutter Ehename geb. Familienname ist und hier (wie in diesem KB bei unehelichen Müttern üblich?) nur ein FN auftaucht, halte ich es durchaus für denkbar, dass dies der Familienname der Mutter ist, nicht ihr Ehename!

                        LG,
                        Antje

                        Kommentar

                        • Su1963
                          Erfahrener Benutzer
                          • 08.01.2021
                          • 1243

                          #13
                          Zitat von sternap Beitrag anzeigen
                          ich würde es mathematisch nehmen.

                          Das Ganze ist nicht so kompliziert und wohl auch keine Entscheidung eines einzelnen Pfarrers. Es gab zumindest seit dem Mittelalter gesetzliche Regelungen, welche Geburten als eheliche gelten - und gibt diese immer noch. Diese Regeln sind wie alle Gesetze einem Wandel unterworfen und regional oft unterschiedlich.


                          Eine aufrechte Ehe allein reicht da nicht automatisch. So gab es lange Zeit z.B. Regeln, wie viel Zeit zwischen Eheschließung und Geburt vergangen sein muss, damit ein Kind als ehelich gilt. Auch heute gibt es noch z.B. exakte Fristen wie lange nach dem Tod des Ehemanns ein Kind noch ehelich ist. Früher wie heute gibt es jedoch wohl auch Unschärfen bei der Umsetzung dieser Regeln.



                          Ich hatte zum Beispiel in meiner Ahnenreihe den Fall, dass der erste Eheann, ein Corporal, ohne Totenschein (eventuell im Krieg) verstorben ist. Die vermeintliche Witwe hat wieder geheiratet und ihre Tochter wurde "aus Versehen des taufenden Priesters" vorerst als eheliche Tochter dieser 2. Ehe im Geburtenbuch eingetragen.
                          Erst anlässlich der Heirat der Tochter wurde ihr mangels Totenschein des 1. Ehemanns der Name des 2. Ehemannes wieder aberkannt. Sie erhielt allerdings nicht den Namen des abwesenden aber nicht beweisbar verstorbenen ersten Ehemannes sondern den Geburtsnamen der Mutter. Hier der Geburtseintrag (rechte Seite) mit entsprechender Anmerkung: http://vademecum.soalitomerice.cz/va...277883ba9cf426


                          Gruß, Susanna

                          Kommentar

                          • Zeitenwende
                            Benutzer
                            • 24.06.2019
                            • 76

                            #14
                            Hallo Hartwig,

                            wahrscheinlich darf man hier das Wort "unehelich" nicht juristisch auffassen.

                            Ich habe einen vergleichbaren Fall Mitte des 19. Jh. in Preußen. Das Kind wird als "unehelicher Sohn der verehel. ... geb. ..." bezeichnet. 12 Jahre später stirbt es - in einer benachbarten Pfarre - als "Sohn des verstorbenen [Stand und Name des Ehemannes].

                            In Preußen galt seit 1794 das Preußische Allgemeine Landrecht. Danach galt grundsätzlich jedes während der Ehe gezeugte oder geborene Kind als ehelich. Der Ehemann konnte aber unter ganz engen Voraussetzungen die Ehelichkeit des Kindes anfechten. Dazu mußte er nachweisen, daß er vom 302. bis 210. Tage vor der Geburt der Frau nicht beigewohnt hat, entweder durch Nachweis des durchgängigen "Zeugungsunvermögens" oder der durchgängigen "Abwesenheit" in diesem Zeitraum. Selbst der Nachweis des Ehebruchs der Frau reichte nicht aus, falls die Möglichkeit bestand, daß der Ehemann der Erzeuger war. Im Fall der erfolgreichen Anfechtung verlor der Ehemann rückwirkend (!) alle Rechte und Pflichten gegenüber dem Kind und konnte vom tatsächlichen, unehelichen Vater die bislang aufgewandten Kosten zurückverlangen.

                            Ich kann meinen Fall noch nicht richtig einordnen. Der Ehemann war zum Zeitpunkt der Zeugung/Geburt wohl ausgewandert. Die Bezeichnung des Kindes als "unehelich" wäre rechtlich nicht richtig, dazu hätte der Ehemann die Geburt erst innerhalb eines Jahres nach Bekanntwerden anfechten müssen. Ob er von der Geburt überhaupt Kenntnis erlangt hat, weiß ich nicht. Ich interpretiere die Einträge erst einmal so, daß das Kind zwar rechtlich als eheliches behandelt worden ist, der Pfarrer dem Ehemann aber die Möglichkeit der späteren Anfechtung offenhalten wollte, zu der es aber nicht gekommen ist.

                            Dein Fall wird wohl nicht so viel anders liegen, auch wenn noch Gemeines Recht galt.

                            Die ab 1794 einschlägigen Vorschriften zur Ehelichkeitsvermutung (ab S. 102) und zur Anfechtung (ab S. 104) werden hier verständlich erklärt:
                            Maxine Saborowski (2014): Vaterschaft in Zeiten des genetischen Vaterschaftstests. Zum Verhältnis von Vertrauen und empirischem Wissen.


                            Mich würde auf jeden Fall interessieren, wenn Du mehr Hintergründe herausfindest.

                            Viele Grüße
                            Zeitenwende

                            Kommentar

                            • minhs
                              Erfahrener Benutzer
                              • 30.08.2019
                              • 230

                              #15
                              Zitat von AKocur Beitrag anzeigen
                              Wenn die übliche Formulierung in diesem KB für den Namen der Mutter Ehename geb. Familienname ist und hier (wie in diesem KB bei unehelichen Müttern üblich?) nur ein FN auftaucht, halte ich es durchaus für denkbar, dass dies der Familienname der Mutter ist, nicht ihr Ehename!
                              Hallo AKocur,
                              leider habe ich nur eine Seite aus dieser Zeit, aber ja, die Angabe des Geburtsnamens ist üblich. Diese Seite (siehe Anhang) bietet alles:
                              43. unehelicher Sohn
                              44. unehelicher Sohn in Abwesenheit
                              45. (eheliche) Tochter mit Angabe des Geburtsnamens der Mutter.
                              D.h. es ist nicht ausgeschlossen, dass Neblung der FN der Mutter ist.

                              Zitat von Zeitenwende Beitrag anzeigen
                              Mich würde auf jeden Fall interessieren, wenn Du mehr Hintergründe herausfindest.
                              Hallo Zeitenwende,
                              selbstverständlich werde ich auf jeden Fall weitere Infos nachtragen sobald mir welche bekannt werden.

                              Viele Grüße
                              Hartwig
                              Angehängte Dateien

                              Kommentar

                              Lädt...
                              X