S'Weibersterm

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  • el_marocco
    Erfahrener Benutzer
    • 05.12.2021
    • 787

    S'Weibersterm

    Liebe Forenfreunde,

    heute waren wir bei einer 86-jährigen Bäuerin, um von ihr etwas über die "alten Zeiten" zu erfahren. Dabei hat sie einen Spruch gesagt, den vielleicht manche von euch schon kennen, der mir aber wieder mal aufs Neue die "gute alte Zeit" vor Augen geführt hat.
    Sie sagte: "S'Weibersterm is koa Verderm, s'Roßverrecka konn oan schrecka!".
    Auf gut Deutsch: "Wenn einem die Frau stirbt, ist das kein größeres Problem, aber wenn ein Pferd stirbt, wird es ernst!".

    Kürzlich hatten wir eine Führung durch ein Bauernhofmuseum. Da erzählte der Führer, dass damals, als die ersten Wasserleitungen aufkamen, diese zuerst in den Stall und dann erst in die Wohngebäude verlegt wurden. Auch das zeigt, dass die Tiere "wertvoller" als die Menschen waren.

    Viele Grüße
    Ulrich
  • Wolfg. G. Fischer
    Erfahrener Benutzer
    • 18.06.2007
    • 4917

    #2
    Hallo Ulrich,

    den Spruch kennt man bei uns auch. Dazu noch eine (wahre) Geschichte:

    Der Erntewagen drohte am Hang umzustürzen. Da rief der Bauer: "Jungs, passt auch, die Alte kann ruhig drunterkommen."

    Mit besten Grüßen
    Wolfgang

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    • Feldsalat
      Erfahrener Benutzer
      • 20.08.2017
      • 1078

      #3
      Bezeichnend auch folgende Redewendung, wenn ein Bauer durch Heirat seinen Grundbesitz vergrößern konnte:

      "Liebe vergeht - Hektar besteht"

      Kommentar

      • sternap
        Erfahrener Benutzer
        • 25.04.2011
        • 4072

        #4
        der bauer macht die bäuerlein, es muss net mit der bäurin sein.
        freundliche grüße
        sternap
        ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
        wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




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        • Andrea1984
          Erfahrener Benutzer
          • 29.03.2017
          • 2548

          #5
          Liegt der Bauer auf der Lauer, ist Herr Lauer äußert sauer.
          Mühsam nährt sich das Eichhörnchen. Aufgeben tut man einen Brief.
          Wenn man lange genug Ahnenforschung macht, bekommt man zu dem Ahnenschwund und den Toten Punkten eine Generationsverschiebung gratis dazu.

          Kommentar

          • Bienenkönigin
            Erfahrener Benutzer
            • 09.04.2019
            • 1696

            #6
            Ich hatte das Buch "Herbstmilch" schon länger auf meiner Leseliste und neulich bei einem Bücherflohmarkt endlich gekauft. Es ist eine Autobiografie einer Bäuerin (bzw. armen Bauerstochter) aus den 1930er bis 1940er Jahren.
            Die Armut und die Arbeit wurden sehr bedrückend geschrieben, noch schlimmer als bei Lena Christ "Erinnerungen einer Übeflüssigen" oder wie bei Oskar Maria Graf "Das Leben meiner Mutter" (beide auch sehr lesenswert).

            Ich wurde beim Lesen traurig und wütend, denn schlimmer als den Männern ging es immer den Frauen bzw. Mädchen. Die Mutter starb und die junge Anna muss den ganzen Haushalt schmeißen. Sie kann erst in die Schule, wenn alle jüngeren Geschwister versorgt sind und bekommt fürs Zuspätkommen vom Lehrer regelmäßig "Tatzen" (und Beschimpfungen und Spott der übrigen Klasse).
            Abends muss sie bei Funzellicht alle zerrissenen Kleider flicken und ausbessern, wenn die Nähmaschine schweigt, weil sie dabei eingeschlafen ist, bumpert der Vater von oben gegen die Decke und fragt, warum sie nicht weiterarbeitet.
            Zu Vergnügungen darf sie nicht gehen, solange auch nur eine zerrissene Hose im Haus ist (und die gehen nicht aus).
            Als sie ihre Periode bekommt, ist sie weder aufgeklärt noch ausgestattet und eine mitleidige Nachbarin gibt ihr primitive Binden.
            Alle befreundeten Mädchen erzählen von sexuellen Bedrängungen (schon mit 11, 12 Jahren), manche werden vom Bauern vergewaltigt.
            Und so weiter und so weiter.

            Wenn alle gleich arm gewesen wären, wäre das schlimm genug, aber die Ungerechtigkeit gegenüber den Mädchen hat mich sehr zornig gemacht.
            Meine Forschungsregionen: Bayern (Allgäu, München, Pfaffenwinkel, Franken, Oberpfalz), Baden-Württemberg, Böhmen, Südmähren, Österreich

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            • Bienenkönigin
              Erfahrener Benutzer
              • 09.04.2019
              • 1696

              #7
              Nachtrag zum Buch, was die Geistlichen betrifft:

              Wir Ahnenforscher haben ja oft in den Kirchenbüchern von frauenfeindlichen Pfarrern erfahren, aber in Herbstmilch wird noch aus dem 20. Jahrhundert berichtet.

              Da wurden die Frauen in der Beichte gefragt, wie alt das jüngste Kind war. Wenn es nicht mehr jung "genug" war, kamen die Frauen in Verdacht, die Todsünde der Verhütung begangen zu haben. Lieber sind dann die Frauen im Kindbett gestorben (wie bei der Mutter der Autorin), als wegen Verhütung in die Hölle zu kommen.

              Nur einmal hat es eine Frau gegeben, die laut gesagt hat, sie sei kein Backofen, wo ein Laib herausgezogen wird und der nächste hineingeschoben.
              Sie bekam vom Pfarrer keine Absolution.
              Zuletzt geändert von Bienenkönigin; 27.07.2022, 14:34.
              Meine Forschungsregionen: Bayern (Allgäu, München, Pfaffenwinkel, Franken, Oberpfalz), Baden-Württemberg, Böhmen, Südmähren, Österreich

              Kommentar

              • WeM
                Erfahrener Benutzer
                • 26.01.2017
                • 1905

                #8
                grüß euch,


                vor kurzem im BR-Fernsehen "Beruf Bäuerin - 100 Jahre FrauenGeschichte":

                Darin wird auch die Anna Wimschneider thematisiert.


                Seit einiger Zeit liest man des öfteren in der Zeitung:
                "Pflügen mit Oldtimer-Traktoren" oder
                "Dreschen mit dem Dreschwagen" usw.
                Auf der einen Seite ist Festhalten dieser Arbeitstechniken ja zu loben, aber wenn im Untertitel der Zeitungsberichte zu diesen Veranstaltungen regelmäßig steht
                "wia in da guadn oidn Zeit", dann könnt ich mich genauso regelmäßig über den Untertitel aufregen.
                Kann denn Jemand definieren, wann diese "gute alte Zeit" gewesen sein soll? Vermutlich keiner.

                Für mich liest sich das auch immer so, als ob "damals" alles besser war.
                Und daran habe ich große Zweifel.

                Durch solche Bücher wie von der Anna Wimschneider wissen wir, wie es Frauen im ländlich-bäuerlichen Bereich erging.
                Aber ähnlich war es wohl auch im städtischen Bereich. Mit der Industrialisierung und dem Aufkommen von Fabriken ergab sich für Frauen eine neue Erwerbsmöglichkeit. Für die Kinderbetreuung waren sie aber weiter allein zuständig. Nicht wenige, die ihre Kinder mit in die Fabriken nehmen mussten. Ab und zu sieht man entsprechende Bilder.


                VG, Waltraud
                Zuletzt geändert von WeM; 27.07.2022, 11:54.

                Kommentar

                • Friedrich
                  Moderator
                  • 02.12.2007
                  • 11325

                  #9
                  Moin Ulrich,


                  Zitat von el_marocco Beitrag anzeigen
                  Kürzlich hatten wir eine Führung durch ein Bauernhofmuseum. Da erzählte der Führer, dass damals, als die ersten Wasserleitungen aufkamen, diese zuerst in den Stall und dann erst in die Wohngebäude verlegt wurden. Auch das zeigt, dass die Tiere "wertvoller" als die Menschen waren.

                  wobei man berücksichtigen muss, dass im Stall erhebliche Mengen Wasser verbraucht wurden, und jeder froh war, wenn er nicht eimerweise pro Pferd oder Kuh das Wasser schleppen musste. Da kamen pro Tier einige Eimer zusammen.


                  Den hohen Wasserverbrauch nach heutigen Maßstäben im Haushalt gab es so nicht, da wurde "nicht mal eben" die Waschmaschine angschmissen, sondern es gab Waschtage. Teils wurde die Wäsche an Flüssen und Bächen gewaschen. Gebadet wurde einmal in der Woche, alle nacheinander im selben Badewasser, heute ein- bis mehrfach pro Tag geduscht...



                  Friedrich
                  "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                  (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

                  Kommentar

                  • Andrea1984
                    Erfahrener Benutzer
                    • 29.03.2017
                    • 2548

                    #10
                    Soweit ich weiß, hatte Anna Wimschneider - mit ihrem Mann - drei Töchter, die imho noch am Leben sind. Ihr Mann hat im Film "Herbstmilch" mitgespielt. Auch die Autorin kann man darin am Rande sehen.

                    Ups, das war ein Spoiler. Sorry.
                    Mühsam nährt sich das Eichhörnchen. Aufgeben tut man einen Brief.
                    Wenn man lange genug Ahnenforschung macht, bekommt man zu dem Ahnenschwund und den Toten Punkten eine Generationsverschiebung gratis dazu.

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