Ledige Kinder

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • el_marocco
    Erfahrener Benutzer
    • 05.12.2021
    • 787

    Ledige Kinder

    Liebe Forumsfreunde,

    zufällig bin ich auf eine Eintragung gestoßen, nach der eine Frau drei ledige Kinder von drei verschiedenen Vätern hatte. Die Geburten waren 1848-1856.
    Eine meiner Großmütter war auch ein lediges Kind und hat sich deswegen bis zu ihrem Tod (mit 89 Jahren) geschämt. Uneheliche Kinder hatten es früher also offenbar nicht leicht. Darum überrascht es mich schon, dass die Maria Barbara Birzle gleich drei ledige Kinder von drei verschiedenen Vätern hatte. Vermutlich konnte sie mit einem unehelichen Kind keinen Ehemann mehr finden, obwohl die ersten beiden Kinder bereits im Säuglingsalter verstorben ist.
    Bezeichnend ist auch, dass in der Todesmeldung ihres letzten Kindes vermerkt ist, dass er ein uneheliches Kind war, obwohl er nicht als Kind, sondern als junger Erwachsener mit fast 17 Jahren verstorben ist. Dieser "Makel" hing unehelichen Kindern offenbar ein Leben lang nach (siehe meine Großmutter).
    Was wisst ihr darüber, wie es ledigen Müttern und deren Kindern ergangen ist?

    Viele Grüße und frohe Festtage!
    Ulrich
  • Xtine
    Administrator
    • 16.07.2006
    • 28378

    #2
    Hallo Ulrich,

    meine Ururgroßmutter hatte 8 Kinder von mind. 3 Vätern (bei 2 Kindern ist kein Vater angegeben) zwischen 1879 und 1899 und war nie verheiratet.
    Wieviele außer meiner Uroma überlebt haben, kann ich nicht genau sagen, bei einem weiteren Mädchen und einem Jungen habe ich zumindest in den ersten 10 Jahren keinen Sterbeeintrag gefunden.
    Ob sie sich dafür geschämt hat kann ich nicht sagen.

    Aber damals war es auch nicht jedem erlaubt zu heiraten. Man mußte nachweisen, daß man die Familie ernähren kann, um eine Erlaubnis zu bekommen.
    Daher war es eigentlich zu der Zeit nicht unüblich, daß zuerst Kinder kamen und später evtl. geheiratet wurde. (oder auch nicht )
    Zumindest am Land habe ich zu der Zeit eine Menge unehelicher Kinder bei meinen Ahnen.

    Für die katholische Kirche war das natürlich ein Unding. Daher findet man in manchen Kirchenbüchern ja auch ziemlich abwertende Einträge bei ledigen Kindern und Müttern.
    Viele Grüße .................................. .
    Christine

    .. .............
    Wer sich das Alte noch einmal vor Augen führt, um das Neue zu erkennen, der kann anderen ein Lehrer sein.
    (Konfuzius)

    Kommentar

    • Karl Heinz Jochim
      Erfahrener Benutzer
      • 07.07.2009
      • 4803

      #3
      Hallo Ulrich,
      vielen Dank für Deine Schilderung.
      Das erinnert mich stark an meine Oma, geboren 1869 in einem kleinen thüringischen Dorf. Als sie mit 26 Jahren von ihrem Freund schwanger wurde, durfte sie das Kind noch zur Welt bringen, musste das Dorf aber "der Schande wegen" verlassen und ging nach Mainz; das Kind blieb bei ihrer Schwester, ihr Freund verstarb wenig später.
      In Mainz verdiente sich meine Oma als Wäscherin ihr bescheidenes Einkommen, heiratete 1898 meinen Opa Georg Jochim und bekam noch 6 Kinder.
      Sie starb völlig entkräftet, während ihr Mann im 1. Weltkrieg an der Front war, mit 46 Jahren exakt am 10. Geburtstag meines Vaters Karl Jochim, am 06.12.1915 in Mainz. Ihr erstes Kind hat sie nie wieder gesehen.
      Da hat man keine Worte...
      Liebe Grüße
      Karl Heinz

      Kommentar

      • el_marocco
        Erfahrener Benutzer
        • 05.12.2021
        • 787

        #4
        Das ist wirklich eine sehr traurige Geschichte! Dass man damals, als es ja kaum Verhütungsmöglichkeiten gab, die jungen Mütter und ihre Kinder so herzlos behandelt hat, ist eine Schande, und spottet jeglicher christlicher Menschenliebe!

        Kommentar

        • schulkindel
          Erfahrener Benutzer
          • 28.02.2018
          • 872

          #5
          Ich war ganz überrascht, als einer meiner Vorfahren 1862 eine Frau heiratete, die schon zwei Kinder von zwei unterschiedlichen Männern geboren hatte. Ein Kind bekam sie zwanzigjährig 1849, das nächste 1858.
          1861 bekam sie unverheiratet ein drittes Kind, das aber von dem Mann, den sie ein Jahr später heiratete.
          Sie war vorher Dienstmädchen, er „Arbeitsmann“. Das passierte auf einem Dorf in Mecklenburg, beide waren evangelisch.
          Wie sich die Kinder und Eltern angesichts der unehelichen Geburten fühlten, weiß ich nicht, mir ist nichts überliefert.

          Ein Grund in solchen Fällen war sicher, dass auf dem Lande die Zustimmung des Grundherren zur Heirat nötig war.
          Wohnraum und dass „eine Familie zu ernähren“ möglich war, bedingten die Zustimmung zur Heirat.
          War der junge Mann gar Soldat, musste sein Vorgesetzter der Heirat zustimmen.

          Renate

          Kommentar

          • el_marocco
            Erfahrener Benutzer
            • 05.12.2021
            • 787

            #6
            In dem Buch "Der Scharfrichter" von Joel F. Harrington, welches kein Roman ist, sondern auf dem Tagebuch eines wirklichen Scharfrichters um das Jahr 1600 basiert, wird davon berichtet, dass häufig "junge Kindsmörderinnen" gerichtet werden mussten. Es ist zwar nicht näher beschrieben, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, dass diese Kindsmörderinnen junge Mütter unehelicher Kinder waren, die so verzweifelt waren, dass sie sich nicht mehr anders zu helfen wussten, als ihr Kind zu töten.

            Kommentar

            • Bienenkönigin
              Erfahrener Benutzer
              • 09.04.2019
              • 1696

              #7
              Hallo,

              ich denke, diese Frauen hatten es zwar nicht leicht, aber in vielen Fällen hatten sie doch eine Familie und eine Dorfgemeinschaft im Rücken.
              Zumindest bei meinen katholischen Ahnen sehe ich in den Kirchenbüchern, dass solche unehelichen Geburten relativ häufig waren und deshalb nicht das ganze Dorf über die Frau gerichtet hat (denke ich mir) - denn in fast jeder Familie gab es solche Fälle in der Verwandtschaft.

              In vielen Gemeinden wurden für die unehelichen Kinder eigene Kapitel oder Kirchenbücher geführt, weil es so viele waren.

              Meine Ururoma auf dem Dorf hatte z.B. 3 Kinder von drei verschiedenen Männern, nur mit dem letzten war sie dann verheiratet.

              Viele Grüße
              Bienenkönigin
              Meine Forschungsregionen: Bayern (Allgäu, München, Pfaffenwinkel, Franken, Oberpfalz), Baden-Württemberg, Böhmen, Südmähren, Österreich

              Kommentar

              • Jettchen
                Erfahrener Benutzer
                • 16.10.2011
                • 1361

                #8
                Hallo, das Problem taucht auch unter meinen Vorfahren auf.


                Nicht-eheliche Kinder (früher un-ehelich!) kamen im 19. Jh. sehr häufig in den ärmeren Schichten vor, denn sie konnten bzw. durften oft nicht heiraten. Im 19. Jh. kam es zu einer Überbevölkerung (geringere Kindersterblichkeit und noch fehlender Kunstdünger) und man wusste nicht mehr, wie die Menschen ernährt werden könnten. So versuchte man, die Geburten durch Heiratsbeschränkungen niedrig zu halten. Die Überlegung war: ehelich kommen 10-12 Kinder zur Welt, nicht-ehelich etwa 4!
                Für eine Hochzeit musste man eine Vielzahl von Bescheinigungen vorlegen (für meinen Ururgroßvater habe ich die im Archiv gefunden!), die alle Geld kosteten und zwar sehr, sehr viel im Vergleich zum damaligen Einkommen eines Arbeiters. Das konnten viele Geringverdiener nicht finanzieren und so kam es zu vielen außer- oder vorehelichen Geburten. Manche lebten dann in "wilder" Ehe und heirateten manchmal erst sehr spät.


                Aber nicht immer stand der Mann zu Frau und Kind. Und dann wurde es für die Frau echt schlimm! Viele Frauen wurden dann auch noch von ihren Familien verstoßen, und es gab für sie kein staatliches Netz, das sie auffing und unterstützte!
                Meine Urgroßmutter brachte 3 nicht-eheliche Kinder von verschiedenen Männern zur Welt. Wie ich der Vormundschaftsakte meiner Großmutter entnehmen konnte, war sie absolut keine gute Mutter und hatte sich kaum um ihre älteste Tochter gekümmert.

                Später heiratete sie noch einen Witwer mit zwei Kindern, denen sie keine gute Mutter. Und was mich am meisten erschüttert: Als die Stieftochter ungewollt schwanger wird, zeigt die Stiefmutter keinerlei Verständnis für deren Notlage, sondern wirft sie aus dem Haus!
                Lernt man so wenig aus dem eigenen Leben? Oder war die Schande einer unehelichen Geburt in einer Familie so schlimm?
                Mich macht dabei betroffen, wie verächtlich die gutbürgerlichen Familien auf dieses "Gesocks" herunter geschaut hatte!



                Durch meine intensive Beschäftigung mit dem Leben der unterschiedlichsten Ahnen unter meinen Vorfahren habe ich inzwischen den größten Respekt vor diesen ärmsten Familien, die unter den widrigsten Umständen ihr Leben meistern mussten.


                Einen schönen Ostermontag wünscht euch
                Jettchen

                Kommentar

                • LutzM
                  Erfahrener Benutzer
                  • 22.02.2019
                  • 3028

                  #9
                  Was mir im kathol. Böhmen extrem aufgefallen ist: Oft bekamen Dienstmädchen uneheliche Kinder. Ich kann mir vorstellen, dass dort das Angestelltenverhältnis schamlos ausgenutzt wurde. Und diese Kinder starben regelmäßig in den ersten Wochen nach der Geburt an "angeborener Lebensschwäche". Ich mag mir gar nicht vorstellen, was dazu so alles unternommen wurde...
                  Lieben Gruß

                  Lutz

                  --------------
                  mein Stammbaum
                  suche Eising * um 1880 aus/bei Creuzburg/Ostpreußen, sowie (August & Hellmut) Wegner und (Friederike) Lampe * um 1840 aus/bei Kleinzerlang/Prignitz

                  Kommentar

                  • Bienenkönigin
                    Erfahrener Benutzer
                    • 09.04.2019
                    • 1696

                    #10
                    Hallo Lutz,

                    das hört sich wirklich ungut an.
                    Bei meinen Böhmen ist mir das nicht aufgefallen, die waren zwar oft arm, aber da gab es kaum uneheliche Kinder (im Gegensatz zu meinen oberbayerischen Vorfahren).
                    Z.T. habe ich mich aber über die hohe Kindersterblichkeit gewundert und teilweise auch, dass die Erwachsenen ziemlich jung verstorben sind. Ich hatte mal ein Taufbuch, da kam alle paar Seiten beim Vater der Eintrag "bereits verstorben".

                    Viele Grüße
                    Bienenkönigin

                    Zitat von LutzM Beitrag anzeigen
                    Was mir im kathol. Böhmen extrem aufgefallen ist: Oft bekamen Dienstmädchen uneheliche Kinder. Ich kann mir vorstellen, dass dort das Angestelltenverhältnis schamlos ausgenutzt wurde. Und diese Kinder starben regelmäßig in den ersten Wochen nach der Geburt an "angeborener Lebensschwäche". Ich mag mir gar nicht vorstellen, was dazu so alles unternommen wurde...
                    Meine Forschungsregionen: Bayern (Allgäu, München, Pfaffenwinkel, Franken, Oberpfalz), Baden-Württemberg, Böhmen, Südmähren, Österreich

                    Kommentar

                    • Andrea1984
                      Erfahrener Benutzer
                      • 29.03.2017
                      • 2551

                      #11
                      Hallo.

                      Bei meinen Ahnen väterlicherseits gibt es ab und zu uneheliche Kinder.

                      Einige davon bleiben unehelich, andere werden später legitimiert, bei der Hochzeit der Eltern. Viele Kinder sind ganz normal im Kirchenbuch eingetragen gewesen.

                      Die Altersgruppen der Mütter variieren, von Anfang 20 bis Ende 30, bezogen auf das 19. Jahrhundert.

                      Alle Ahnen, soweit recherchiert, sind katholisch gewesen.

                      Mütterlicherseits weiß ich zu wenig, nur, dass ein Urgroßelternpaar jeweils ein uneheliche Kind und vier gemeinsame gehabt hat, von denen zwei das Erwachsenenalter erreicht haben.

                      Dieser Teil der Familie ist auch katholisch gewesen.
                      Bezogen auf das frühe 20. Jahrhundert.

                      Weitere Daten und die Namen fallen unter den Datenschutz.

                      Herzliche Grüße
                      Andrea
                      Zuletzt geändert von Andrea1984; 19.04.2022, 14:03.
                      Mühsam nährt sich das Eichhörnchen. Aufgeben tut man einen Brief.
                      Wenn man lange genug Ahnenforschung macht, bekommt man zu dem Ahnenschwund und den Toten Punkten eine Generationsverschiebung gratis dazu.

                      Kommentar

                      • judy_ju
                        Neuer Benutzer
                        • 26.02.2024
                        • 1

                        #12
                        Auf der Suche nach Geschichte

                        Ihr Lieben,

                        Für einen Fernseh-Magazinfilm zum Thema "Leerstellen in der Herkunft" bin ich auf der Suche nach einer Person, die als uneheliches Kind auf dem bayerischen Land aufgewachsen ist und aus diesem Grund Ausgrenzung erfahren hat oder aus deren Herkunft ein Geheimnis gemacht wurde. Falls ihr jemanden kennen solltet, bitte meldet euch sehr gern bei mir.

                        Herzlich,
                        Judy

                        Kommentar

                        Lädt...
                        X