"Opa erzählt (nicht) vom Krieg" ...

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  • Sbriglione
    Erfahrener Benutzer
    • 16.10.2004
    • 1177

    "Opa erzählt (nicht) vom Krieg" ...

    Hallo allerseits,

    es hätte sich zwar vielleicht auch (noch) für die Umfragen-Ecke angeboten, ABER ...

    Ich wüsste gerne, wie es bei euch so mit unmittelbaren Erzählungen bzw. unmittelbaren Überlieferungen über die Nazizeit bzw., wenn ihr auswärtige Wurzeln haben solltet, womöglich über vergleichbare Konflikte und Konstellationen von Seiten eurer älteren Verwandtschaft steht.

    Um mal mit mir selbst zu starten:

    1. mein Großvater väterlicherseits konnte mir leider all zu lange nichts erzählen, weil meine Sprachkenntnisse zu schlecht waren und ich freue mich sehr darüber, dass diese sich dann zumindest so weit gebessert haben, dass er mir doch noch zu Lebzeiten zumindest von seiner kurzen Soldatenzeit auf Sardinien und deren Ende berichten konnte;

    2. meine deutsche Großmutter ist immer ganz still geworden und wollte nichts sagen, aber ich habe durch gelegentliche "Murrereien" ihrerseits über aktuelle politische Situationen doch ganz klar mitbekommen, dass sie Hitler zumindest zeitweise sogar "richtig gut" fand.

    In meiner deutschen Familie wurde mir immer erzählt, meine Großeltern seien "dagegen" und in der SPD gewesen - nur passte dazu leider nicht wirklich, dass ich als Kind gemeinsam mit meinen Cousins auf dem Dachboden meiner Großmutter ein Ausweispapier gefunden habe, das ich damals noch nicht so richtig einordnen konnte, das aber tatsächlich ein Mitgliedsausweis war: mein vor meiner Geburt verstorbener Großvater war in der Waffen-SS...

    3. durch einen meiner Onkel, der das verdächtige Papier, als meine Cousins (ich war dagegen) es ihm gezeigt haben, an sich genommen und dann heimlich vernichtet hat, habe ich später erfahren, dass sein Vater sich wenigstens ihm gegenüber zu Lebzeiten mitgeteilt habe (leider wollte mein Onkel nichts näheres sagen), aber mein Großvater muss wohl Sachen miterlebt und vielleicht sogar selbst aktiv mitgemacht haben, die ihn ziemlich traumatisiert haben. Ein indirekter Beleg für mich: er - und meine Oma - haben sich im Laufe ihres Lebens diversen religiösen Bewegungen angeschlossen, die früher von den Nazis verfolgt wurden und haben ganz offensichtlich bis zu ihrem Lebensende versucht, irgendwie "Vergebung" zu erlangen.

    4. als naives Kind habe ich mal ein älteres Mitglied aus der Verwandtschaft (einen Großonkel oder Großcousin) darum gebeten etwas von der "guten alten Zeit" zu erzählen. Dieser gute Mann hat es immerhin recht einfühlsam geschafft, mir zu erklären, dass "seine" Zeit, die Nazi-Zeit, alles andere, als "gut" war und hat mir davon erzählt, dass er die ganzen Kriege im Osten mitmachen musste, da ständig Angst hatte und es bis heute ziemlich übel finde, zum Werkzeug für das Verbrechen des Krieges überhaupt, aber auch für die Ziele der Nazis missbraucht worden zu sein.

    Übrigens habe ich im Rahmen meiner Ahnenforschung bisher leider vergeblich versucht, Akten zu finden, aus denen möglicherweise genaueres über die Verstrickungen meiner deutschen Großeltern hätte hervorgehen können!

    Grüße!
    Zuletzt geändert von Sbriglione; 15.05.2021, 10:35.
    Suche und biete Vorfahren in folgenden Regionen:
    - rund um den Harz
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  • Donnerwetter

    #2
    Hallo Sbriglione,

    Toll dass das Thema angesprochen wird, da habe ich auch was zu berichten. Ich glaube sehr oft wollen die Personen aus Scham nichts berichten, also die Angehörigen des ehemaligen Soldaten (war in meiner Familie jedenfalls so) und bei der Zeitzeugen selber kann ich mir gut vorstellen das es grauenhafte Erinnerungen sind.
    Der Cousin meines Opas wurde mit 17 Jahren eingezogen. Er hat, laut seiner Enkelin nie etwas über den Krieg erzählen wollen. Er war in Russischer Gefangenschaft. Das einzige was die Enkelin mir erzählte war das der Opa eines Tages während eines Feiertages Alkohol getrunken hatte und ein wenig berichtet hat wie es damals war. Er hatte ein Geschirr an und hat nur deshalb die Schüsse von hinten vom Gegner überlebt, als er in den Wald rannte. Mehr hat sie mir auch nicht erzählt und da wollte ich auch nicht weiter fragen.

    Ein weiterer Fall war meine Oma, sie hat nur kurz mal etwas über meinen Uropa erzählt. Meine Oma ist nach dem Weltkrieg geboren. Sie meinte mein Uropa war ein sehr geknickter Mann, der keine richtige Lebensfreude mehr hatte. Er soll vieles berichtet haben, aber mehr erzählte die Oma nicht. Als ich sie ein zweites Mal fragte wurde sie ganz wütend und meinte ich solle die Ahnen in Ruhe lassen, die sind doch alle schon tot und mehr gäbe es auch nicht zu forschen.
    Eine Anfrage im Archiv fiel negativ aus, wo der Uropa eingesetzt wurde, in welcher Einheit oder weiteres konnte ich nicht herausfinden.
    Die Mutter meiner Oma soll auch viele Probleme damit gehabt haben. Sie habe sich ständig beklagt, sie sei unglücklich gewesen weil sie nach dem Krieg traumatisiert war.
    Ich glaube es ist für die meisten Familien ein Tabu darüber zu reden.
    Ich weiß leider viel zu wenig über diesen Abschnitt meiner Familiären Einstellung. Ich konnte keine Zeitzeugen mehr fragen. Der letzte der mir etwas hätte erzählen können war mein Großonkel der ein Kind war als sie fliehen mussten, unzwar aus dem Werder in Danzig, ist vor 3 Jahren verstorben und damals hatte ich noch gar nicht mit meiner Forschung begonnen.

    Mfg,

    Donnerwetter

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    • Pavlvs4
      Erfahrener Benutzer
      • 25.05.2020
      • 191

      #3
      Mein Großvater väterlicherseits war für den ersten Weltkrieg noch zu jung, doch für den zweiten Weltkrieg nur beinahe zu alt. Er wurde in den letzten Kriegsmonaten 1945 zum letzten Aufgebot mit eingezogen. Leider ist er verstorben, als ich noch ein Kind war und er hat wohl auch nicht viele Worte über seine Erlebnisse fallen gelassen. Erhalten ist nur seine Entlassbescheinigung aus der Kriegsgefangenschaft. Er war beim oberpfälzischen Amberg in amerikanische Gefangenschaft geraten und innerhalb von drei Tagen nach seiner Entlassung nach Leipzig zu meiner Großmutter zurückgekehrt.

      Zwanzig Jahre später hatte er seinen Kindern einen Brief geschrieben und darin die Erlebnisse ihrer Mutter in den letzten Kriegstagen geschildert. Aber eigene Erlebnisse hatte er darin nicht angesprochen. Ich weis nicht einmal in welcher Einheit er dienen musste. Mein Opa und seine näheren Verwandten waren als Kinder des Proletariats zeit ihres Lebens in der sozialistischen Arbeiterbewegung aktiv. Einer seiner Cousins befand sich deswegen jahrelang in KZ-Haft. Ein Bruder meiner Oma aber war ein Nazi (ist 1945 verschollen und 1952 für tot erklärt wurden), zu dem mein Opa natürlich kein gutes Verhältnis gehabt haben soll, wie in der Familie erzählt wurde.

      Mein Opa hätte sicherlich viel erzählen können, vor allem was die in Deutschland im Frühjahr 45 einbrechende Westfront und die letzten Kämpfe gegen die Amerikaner angeht. Schade dass er bis auf den einen Brief nichts weiter Schriftliches hinterlassen hat.

      Mein Großvater mütterlicherseits war noch zu jung, für den Krieg. Zwei Brüder, die vermutlich seine Cousins waren (muss ich erst noch bestätigen), sind gefallen. Von meiner Großmutter sind der leibliche Vater, wie auch deren Stiefvater beide im Osten gefallen. Drei weitere Brüder des Stiefvaters haben den Krieg auch nicht überlebt.

      Von meinen Urgroßvätern haben mindestens drei im ersten Weltkrieg gedient, einer ist in Frankreich gefallen.

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      • JuHo54
        Erfahrener Benutzer
        • 27.12.2008
        • 1059

        #4
        Hallo Skriblione,
        mein verstorbener Vater war Jahrgang 1926, ist in Danzig geboren und in Berlin aufgewachsen. Er hat schlicht und ergreifend geschwiegen. Ich weiß effektiv nichts von seiner Jugendzeit und habe auch erst nach seinem Tod erfahren, dass er vor meiner Mutter schonmal verheiratet war.
        Ich glaube, sie wollten schlicht und ergreifend dieses dunkle Kapitel in ihrem Leben streichen , zu schmerzvoll die ganzen Erinnerungen....
        Liebe Grüße
        Jutta
        Es ist nicht das Wissen, sondern das Lernen,
        nicht das Besitzen, sondern das Erwerben,
        nicht das Dasein, sondern das Hinkommen,
        was den größten Genuss gewährt.
        Carl Friedrich Gauß


        FN Wittmann und Angehörige - Oberpfalz-Westpreußen/Ostpreußen/Danzig - Düsseldorf- südliches Afrika
        FN Hoffmann und Angehörige in Oberschlesien- FN Rüsing/Gierse im Sauerland

        IG Oberpfalz- IG Düsseldorf und Umgebung - IG Bergisches Land - IG Ostpreußen-Preußisch Holland -IG Nürnberg und Franken

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        • Schischka
          Erfahrener Benutzer
          • 10.02.2015
          • 343

          #5
          Mein Opa, Jahrgang 1909, hat sehr viel erzählt - meistens aber Schwänke und Schnurren, wie er sich mit kleinen Schweijkiaden so durchmogeln konnte um am Leben zu bleiben. Zu den schlimmen und erträglichen tatsächlichen Eckpunkten sind mir die Sümpfe in Weißrußland und später der Dienst an der französischen Kanalküste in Erinnerung. "Division Todt" ist mal so als konkrete Bemerkung durchgerutscht. Am Ende war er auf Guernsey dabei, wie die Kanalinseln fast ausgehungert wurden. Letzteres habe ich erst sehr viel später realisiert, beim Sehen verschiedener Dokus über die Inseln und die Befestigungsbauten. Und dann konnte ich auch 1 und 1 zusammenzählen: nicht Marinesoldat, sondern Division Todt - da wird der Dienst dann wohl aus Aufpassen auf die Zwangsarbeiter bestanden haben ... also keine Heldengeschichte.

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          • Alrunia
            Erfahrener Benutzer
            • 13.02.2010
            • 173

            #6
            Hallo Sbriglione,


            vielleicht solltest du einmal "Habe ich denn alein gejubelt?" von Eva Sternheim Peters lesen oder dir den Dokumentarfilm Kulenkampffs Schuhe "https://de.wikipedia.org/wiki/Kulenkampffs_Schuhe" anschauen.


            Die Situation der Menschen nach dem Krieg war mit einem Wort gesagt, kompliziert.
            Therapeutische Hilfe, die heute jedem Katastrophenopfer, aber auch Schwerverbrechern angeboten wird, gab es einfach nicht. Die Menschen mussten mit Schuld und Traumata irgendwie klar kommen. Für viele war Verdrängen das Mittel der Wahl.



            LG
            Laura
            Zuletzt geändert von Alrunia; 15.05.2021, 14:39.

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            • ForscherBernd

              #7
              Hallo zusammen,
              ich finde es Klasse das auch Themen aufgestellt werden, die nicht von "Suche/Finden" handeln, sondern in denen man mal von Erfahrungen lesen kann, ja auch wenn diese schon mal sehr Emotional sind.
              So wie bei mir, der bis vor 3 Jahren, beginn meiner Forschungen eigentlich nur aus Rentnerlangeweile, nur die eigenen vielen Geschwister, bei der Mutter nur bis Oma und beim Vater bis zu den Großeltern zurückblickte.
              Was ich in diesen 3 Jahren alles erfahren habe, ja, treibt schon mal das Wasser in die Augen. So könnte ich Seitenlang erzählen, will mich aber mal einschränken und von Seiten meines Vaters was erzählen.
              Also, meine Eltern sind aus Niederschlesien und Pommern und in Juni 1945 aus Neusalz geflüchtet. Außer das mein Vater immer super Zeiten an der Oder hatte, hat er nie was über die Kriegswirren und was ich noch schlimmer fand, keiner erzählte was über Geschwister von Oma und Opa.
              Opa erzählt immer von 14 Kinder und bei Oma sollen auch viele gewesen sein. Das mein Opa neckisch war und gerne Leute veräppelte zeigt sich auch hier, denn 7 Kinder habe ich bisher gefunden.
              Ich fand also Daten und Urkunden von 6 Geschwister von Opa und durch einen Zufall, meldete sich auch ein Enkel einer Schwester von Opa. Dieser Kontakt führte dazu, das ich erzählt bekam, das 3 Familien in der NVA und der Stasi tätig waren.
              Nun hatte ich also Namen und einige Daten, bekam aber Dämpfer, weil ich beim Forschen kaum Erfolge hatte.
              Ich verfolgte die Daten soweit, das ich sogar nach Meldedaten fragte und mich an Archive wandte, aber es gab keine. Selbst in Neusalz waren keine Geburtsdaten oder sonstige Familieneinträge zu finden.
              Das sie bei der Stasi waren, erkläre ich damit, das sie wegen der Armut sicher ein besseres Leben erhofft haben.
              Mein Opa und meine Oma waren also die einzigen die in den Westen gingen (1954) und über die Anderen und Krieg, Flucht und Neuanfang hat nie einer mit mir (uns) geredet.
              Ich denke aber auch, sie wären sehr betrübt, wenn sie wüssten was ich weiß.

              In diesem Sinne
              bis denne mal
              Bernd

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              • Andre_J
                Erfahrener Benutzer
                • 20.06.2019
                • 1910

                #8
                Hallo zusammen,

                mein Opa mütterlicherseits war im ersten Weltkrieg an der französischen Front, und wollte hinter her auch nichts davon erzählen. Es gab wohl von dort auch kaum etwas positives zu erzählen. Er tauchte auch in den Verlustlisten des 1. Weltkriegs auf, ist aber erst vor 50 Jahren verstorben.

                Der andere war im zweiten Weltkrieg in Frankreich, und hat auch nicht viel erzählt. Das hatten schon einige meiner älteren Lehrer zur genüge getan, und so wollte ich es damals auch nicht genauer wissen. Er hat auch nicht verstanden, warum ich den Wehrdienst verweigert hatte; er fand die Kameradschaft immer toll.

                Gruß,
                Andre_J
                Gruß,
                Andre

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                • Juanita
                  Erfahrener Benutzer
                  • 22.03.2011
                  • 1425

                  #9
                  Mein Vater, geb Dez. 1928, wuchs in Mühlhausen, einer kleinen Stadt auf. Er war sehr sportlich, Zweitbester beim Mittelstreckenlauf seiner Mittelschule (erzählte er stolz) u. wurde Segelflieger. Er war somit ein begeisterter HJ-Junge.. Für den Krieg, der Mühlh. verschonte, war er noch zu jung, bis 1945.
                  Da wurde er mit seinen Freunden u. Klassenkameraden zum Volkssturm eingezogen. Keine Erzählungen! Doch einmal, als er getrunken hatte, konnte ich ihm etwas über diese Zeit entlocken. Folgendes: Sie waren alle voller Begeisterung in den Kampf gezogen. Wo sie eingesetzt wurden, weiß ich nicht. Dann kamen die Bomber! Anschließend haben er u. ein paar wenige übrigebliebene Kameraden die anderen Freunde und Kampfgefährten stückweise in ausgebreitetn Wolldecken eingesammelt. Er u. ein Freund kamen danach in brit. Gefangenschaft. Eines Nachts sind sie ausgesrissen u. nach Hause marschiert. Mein Vater meinte noch, daß die brit. Bewachung die Flucht bemerkt hätte, aber weil sie die Jünsten der Gefangenen waren, sie haben laufen lassen. Danach aber ich nie wieder etwas über diese Zeit gehört.

                  Juanita
                  Zuletzt geändert von Juanita; 16.05.2021, 14:35.

                  Kommentar

                  • LutzM
                    Erfahrener Benutzer
                    • 22.02.2019
                    • 3028

                    #10
                    Auch mein Opa hat nie etwas erzählt. Nur wenn im TV irgendwelche Sendungen aus anderen Ländern liefen, sagte er regelmäßig: "Das kenne ich." Auf die Nachfrage: woher?
                    "Da bin ich im Krieg durchgefahren" Stimmte wahrscheinlich nie, aber das war wohl seine Art mit dem Erlebten umzugehen.
                    Lieben Gruß

                    Lutz

                    --------------
                    mein Stammbaum
                    suche Eising * um 1880 aus/bei Creuzburg/Ostpreußen, sowie (August & Hellmut) Wegner und (Friederike) Lampe * um 1840 aus/bei Kleinzerlang/Prignitz

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                    • Andrea1984
                      Erfahrener Benutzer
                      • 29.03.2017
                      • 2552

                      #11
                      Hallo.

                      Meine Großeltern mütterlicherseits haben oft über ihren Erfahrungen gesprochen, die Großmutter eher als der Großvater. Sie hat einen Bombenangriff - noch als Schulmädchen - knapp überlebt, ohne körperliche Folgen. Eine Schulkameradin ist gestorben.

                      Mit dem Bruder meiner Großmutter mütterlicherseits hatte ich wenig zu tun, er war im 2. Weltkrieg, jedoch hinter der Front, als Dolmetscher.

                      Die Schwester meines Großvaters mütterlicherseits hat vom Krieg nie etwas erzählt bzw. nicht mir.

                      Die Großmutter väterlicherseits - den Großvater väterlicherseits habe ich nicht gekannt, der ist vor meiner Zeit gestorben und zu jung gewesen, um in den Krieg zu sehen, vielleicht hat man ihn zum Volkssturm eingezogen, das wäre möglich - hat nie etwas über früher erzählt bzw. wenn dann nicht mir. Sie hat gearbeitet, ein Dach über dem Kopf gehabt und das dürfte für sie gepasst haben. Wobei sie auch nicht ewig vorausgeplant , sondern - so sehe ich das rückblickend, etwas verklärend - "im Hier und im Jetzt" gelebt hat.

                      Auch die Schwester meiner Großmutter väterlicherseits hat nie etwas von früher erzählt. Der Bruder meiner Großmutter väterlicherseits ist zum Volkssturm einzogen worden, als Schuljunge, das weiß ich aus erster Hand. Mehr Details weiß ich nicht mehr, das Gespräch ist zu lange her.


                      Herzliche Grüße

                      Andrea
                      Zuletzt geändert von Andrea1984; 17.05.2021, 14:33.
                      Mühsam nährt sich das Eichhörnchen. Aufgeben tut man einen Brief.
                      Wenn man lange genug Ahnenforschung macht, bekommt man zu dem Ahnenschwund und den Toten Punkten eine Generationsverschiebung gratis dazu.

                      Kommentar

                      • Schischka
                        Erfahrener Benutzer
                        • 10.02.2015
                        • 343

                        #12
                        Das kenn ich, Lutz! Wir haben ja damals nicht viel von der Welt sehen dürfen und da hab ich Opa immer gefragt "Warst du mal in Italien?" - "Einmal." war die Antwort. Bei den meisten Ländern natürlich geflunkert.


                        Der andere Opa hat nichts erzählt. Er war Lokführer. (Das reicht eigentlich, um sich so Gedanken zu machen.) Aber mein Onkel weiß, daß er wiederholt Züge mit beschädgten Loks von der Ostfront zurückholen mußte.
                        Die beiden Opas haben sich sehr gut verstanden. Vermutlich konnten sie sich mit ganz wenigen Andeutungen über ihre Erlebnisse austauschen.

                        Kommentar

                        • Bienenkönigin
                          Erfahrener Benutzer
                          • 09.04.2019
                          • 1696

                          #13
                          Was unsere Großeltern (bzw. Eltern/Urgroßeltern, je nach Generation) mitgemacht haben, können wir uns schwer vorstellen. Da hat wohl jeder auf seine/ihre Art versucht, das Erlebte zu verarbeiten (ob erfolgreich oder nicht).

                          Im Nachhinein weiß ich nicht, ob es ein Glück oder ein Verlust war, dass meine Opas nie vom Krieg erzählt haben.

                          Mein Opa mütterlicherseits war Offizier, es gibt Fotos von ihm hoch zu Ross. Hat er an Gräueln der Wehrmacht mitgewirkt? Er war religiös erzogen, ein liebevoller Sohn und Bruder (das weiß ich aus alten Briefen), später ein sehr sanfter, feiner Herr. In russischer Kriegsgefangenschaft hat er seinen rechten Arm verloren. Aber ich habe nie gehört, dass er über die "Russen" geschimpft hätte.
                          Eher war noch seine Frau (meine Oma) an seiner Stelle verbittert, auch wie lange ihr der Ehemann genommen war. Von ihr hörte ich auch manchmal (sehr leise), dass Hitler ja nicht nur Schlechtes gemacht hätte.
                          Etwas mehr hat Opas Schwester (die unverheiratet mit im Haushalt lebte) erzählt, wie sie ausgebombt wurden, und dann im Oberland evakuiert waren, wo das Klavier untergebracht war, und dass dann Flüchtlinge in der Schwabinger Wohnung einquartiert waren. Habe ich mir leider nicht genauer aufgeschrieben. Jedenfalls ging es ihr ziemlich gut, noch während der Kriegsjahre ist sie mit Kollegen regelmäßig Skifahren gegangen.

                          Von meinem anderen Opa habe ich erst im Zuge meiner Familienforschung erfahren, dass er auch an der Front und in französischer Kriegsgefangenschaft war. Irgendwie hatte ich angenommen, dass das Sudetenland bis zur Vertreibung ein eher friedlicher Ort war.
                          Auch er sprach nie vom Krieg, war eher ein lustiger und aufbrausender Typ, nicht grüblerisch und rückwärtsgerichtet.
                          Seine Frau hat dagegen einige wenige Male von der Flucht erzählt, tagelang in einem Güterzug mit einem Eimer als Toilette. Das fand sie so beschämend. Dass sehr viele andere Menschen sehr viel mehr gelitten haben, war ihr wohl zu ihren Lebzeiten nicht mehr zu vermitteln.

                          Trotz aller Widersprüchlichkeiten vermisse ich meine Großeltern immer wieder (kennt Ihr das Lied "Großvater" von STS?).

                          Nachdenkliche Grüße
                          Bienenkönigin
                          Meine Forschungsregionen: Bayern (Allgäu, München, Pfaffenwinkel, Franken, Oberpfalz), Baden-Württemberg, Böhmen, Südmähren, Österreich

                          Kommentar

                          • Andrea1984
                            Erfahrener Benutzer
                            • 29.03.2017
                            • 2552

                            #14
                            Zitat von Bienenkönigin Beitrag anzeigen
                            [...]

                            Trotz aller Widersprüchlichkeiten vermisse ich meine Großeltern immer wieder (kennt Ihr das Lied "Großvater" von STS?).

                            Nachdenkliche Grüße
                            Bienenkönigin
                            Ja, das Lied kenne ich sehr gut. Gerade heute ist es zufällig im Radio gespielt worden.

                            Vielleicht treffen sich ja deine Großeltern und meine Großeltern irgendwo auf ein Bier, das wäre doch was.

                            Passieren kann ihnen dabei nichts, sie sind ja schon tot.

                            Herzliche Grüße

                            Andrea
                            Mühsam nährt sich das Eichhörnchen. Aufgeben tut man einen Brief.
                            Wenn man lange genug Ahnenforschung macht, bekommt man zu dem Ahnenschwund und den Toten Punkten eine Generationsverschiebung gratis dazu.

                            Kommentar

                            • Pommerellen
                              Erfahrener Benutzer
                              • 28.08.2018
                              • 1599

                              #15
                              Hallo,

                              habe da andere Erfahrungen gemacht. Zwar habe ich meine Großväter nicht mehr erlebt. Doch haben mir meine Großmütter immer breitwillig Auskunft auf meine Fragen gegeben wie Was habt ihr vor 1933 gewählt mit der Fangfrage und wie habt ihr ihr es bei der Ja -Abstimmung gehalten. So war es auch mit den Kriegserlebnissen. Natürlich kamen die Allgemeinplätze zuerst doch wenn sich ein Gespräch entwickelt hat dann kamen auch mehr Hintergründe und Verhaltensweise zu Tage. Zudem gab es Onkels ... zu befragen auch wieder ehr eine Offenheit etwas mal auszusprechen. Ich hatte ein Onkel der vom ersten bis zum letzten Kriegstag im Einsatz war, der wollte auch nicht reden, doch hat er bereitwillig auf Fragen geantwortet. Es kam wohl auf die Atmosphäre an. In der Familie war das Thema nicht Tabu. Doch in der Gesellschaft war das Thema bis in die 70ziger Jahre ein Tabu. Ich kann mich noch an eine Ausstellung Ende der Siebziger in meiner Heimatstadt erinnern. Als Jugendlicher gefragt erhielt man keine Antworten. Das geht dich nichts an. Oder im Verein, kein Gespräch möglich, obwohl es ein Thema unter den "Kameraden" war.

                              Mit vielen Grüßen

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