Waterrust

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  • Xylander
    Erfahrener Benutzer
    • 30.10.2009
    • 6449

    #16
    Hallo zusammen,
    in den Ingelheimer Haderbüchern, von Saraesa entdeckt und verlinkt, findet sich die Formulierung

    j morg(en) wingart(en) am win-
    ternheijmer wege geleg(en) vff der waßer ruͤʃtenň

    Ich gehe wie Ihr ebenfalls davon aus, dass die Bedeutung von waßer ruesten dieselbe ist wie die von Waterrust, oder doch zumindest ähnlich, und dass es sich um eine Flurbezeichnung oder allgemein um ein Landschaftselement handelt, sofern nicht ein Bauwerk. Aber was können Wasserrust in Weinberglage und Waterrust in der Erftniederung (oder Erftterassen?) gemeinsam haben?
    @Paulah: bin sehr gespannt, was Du findest. Bei mir läuft TIMonline immer noch nicht

    Viele Grüße
    Xylander
    Zuletzt geändert von Xylander; 29.02.2020, 10:37.

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    • Saraesa
      Erfahrener Benutzer
      • 26.11.2019
      • 1010

      #17
      Ich glaube, ich habe etwas gefunden:
      Bei der Wasserröste wurde der Flachs in Gewässern oder auch extra angelegte Gruben (Rottgruben) gelegt und in diesen vollständig mit Wasser bedeckt. Von Vorteil hier, dass die Röste nur ca. 14 Tage dauerte. Allerdings setzten sich beim Rottprozeß Stoffe frei, die nicht nur Fischsterben verursachten, sondern es auch unmöglich machten, das Wasser auf Felder auszubringen, da die Pflanzen dann abstarben. Es gab schon im Mittelalter Erlässe, die die Wasserröste in bestimmten Gewässern unter Strafe stellten. (Dambroth/Seehuber, Flachs Züchtung-Anbau-Verarbeitung 81-84)

      http://www.dieblidenbauer.de/Flachsverarbeitung.html

      Unter dem Begriff finden sich noch mehr Einträge im Internet.
      Könnten wir nicht ein Gewässer/Gebiet suchen, das damals zum Wasserrösten verwendet wurde und vom Volksmund diesen Namen erhalten hat?


      Zuletzt geändert von Saraesa; 29.02.2020, 13:29.

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      • Xylander
        Erfahrener Benutzer
        • 30.10.2009
        • 6449

        #18
        Hallo Saraesa,
        ja, die Wasserröste hatte ich auch mehrfach gefunden und nicht ernst genommen, nur so aus Bauchgefühl. Nach Deinem Fund revidiere ich meine Einschätzung. Es ist zumindest plausibel. Hier noch ein Beleg
        Kirchdorf Beeck mit kath. Kirche St. Vincentius, einer spätgotischen Backsteinhallenkirche, Leinenkaufmannshäusern; Ort umgeben von einem früheren Flachsanbaugebiet mit erhaltenen Flachsrösten (mit Wasser gefüllte Gruben, in denen der Flachs mehrere Wochen fault);
        in https://www.lvr.de/media/wwwlvrde/ku...n_komplett.pdf

        Viele Grüße
        Xylander
        Zuletzt geändert von Xylander; 29.02.2020, 14:11.

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        • Kasstor
          Erfahrener Benutzer
          • 09.11.2009
          • 13440

          #19
          Hallo,

          zum Flachsanbau am Niederrhein https://www.wz.de/nrw/kreis-viersen/...n_aid-31099551
          Es werden Flachs- bzw Röstkuhlen erwähnt, die etwa 4 mal 6 Meter große Wasserlöcher waren bzw sind.


          Thomas
          FN Pein (Quickborn vor 1830), FN Hinsch (Poppenbüttel, Schenefeld), FN Holle (Hamburg, Lüchow?), FN Ludwig/Niesel (Frankenstein/Habelschwerdt) FN Tönnies (Meelva bei Karuse-Estland, später Hamburg), FN Lindloff (Altona, Lüneburg, Suderburg)

          Ceterum censeo progeniem hominum esse deminuendam

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          • Saraesa
            Erfahrener Benutzer
            • 26.11.2019
            • 1010

            #20
            Würde es sich jetzt um den Kreis Viersen handeln, hätte ich hier einen sehr umfangreichen Ansatzpunkt. Dort sind Flachsröstgebiete im linken Niederrheingebiet kartiert. Schade, aber man kann wohl nicht alles haben.
            Sollten diese Gruben bei Grefrath/Neuss noch erhalten sein, dann könnte man auch heute noch Spuren finden und dieses Gebiet lokalisieren. Erwähnungen von Flachsrösten finde ich beim Hülser Bruch und Schwalm-Nette, leider 20km entfernt von Neuss. Etwas näher wäre das 10km entfernte Korschenbroich. Leider habe ich bisher nicht weiter etwas Handfestes für Neuss direkt finden können.

            Vielleicht entdeckt Xylander später noch etwas auf TimOnline.

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            • Xylander
              Erfahrener Benutzer
              • 30.10.2009
              • 6449

              #21
              Bisher leider nicht. TIMonline läuft mittlerweile wenn auch extrem langsam. Weder auf der Tranchot-Karte noch auf der Uraufnahme noch auf der modernen TK 10 entdecke ich was Verdächtiges. Aber vielleicht schaut Ihr noch mit drauf. Auch sowas wie An der Röste sehe ich nicht. Aber die Flachstheorie ist schon vielversprechend, und die Treffer drumrum sind doch sehr nahe. Außerdem wurde auch Hanf wasser-geröstet.

              Einem Eintrag auf der Diskussionsseite von Wikipedia zufolge ist Grefrath eher trocken

              Das dort erwähnte Auffangbecken bei Dirkes nördlich von Grefrath könnte an der Stelle liegen, wo ich auf der TK 10 eine Kläranlage sehe

              Zur Abwechslung erwähne ich mal die Deutung als Rost (wie beim Grillrost) Dann hätten wir eine Vorrichtung zur Sauberhaltung eines Wasserlaufs.
              Viele Grüße
              Xylander
              Zuletzt geändert von Xylander; 29.02.2020, 17:36. Grund: Wiki-Diskussion

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              • Xylander
                Erfahrener Benutzer
                • 30.10.2009
                • 6449

                #22
                Hallo zusammen,
                ein wenig zweifeln macht mich das Stichwort RÖSTE im DWB:
                röste, f. wassergrube zur flachsbereitung (s. das zweite rösten und flachsroste th. 3, 1704). der von dem samen befreite flachs wird, mit steinen und stroh beschwert, zwischen pfählen befestigt, in wassergruben gelegt, damit die hülsen verfaulen. Jacobsson 3, 455a. die richtige hd. form des wortes wäre rösse, rösze (s. Lexer mhd. wb. 2, 517), entsprechend der nd. gestalt; mnd. rote, röte, rate, fäulnis, und ort, wo der flachs fault. Schiller-Lübben 3, 512b, rotte, rootte, fossa, in qua linum maceratur


                Zum einen wegen des fehlenden -e bei Waterrust, zum andern wegen der erwähnten niederdeutschen Formen rotte usw (vgl. verrotten), also ohne -s-. Siehe auch bei Köbler rötedik, rötekule http://www.koeblergerhard.de/wikilin...d&mod=0&page=2

                Nun sind wir in Grefrath nicht im Bereich des Mittelniederdeutschen, sondern des (Mittel-)Niederfränkischen, trotzdem würde ich auch hier für die Flachsgrube eher auf eine Form ohne -s- tippen. Es kann also sein, dass wir doch wieder bei einer der zuvor diskutierten Bedeutungen landen.

                Wenn wir denn überhaupt landen. Im Moment hoffe ich da noch auf Paulahs Kartensuche im Rheinischen Städteatlas. Eine weitere Idee wäre eine Anfrage bei der Stadt Neuss oder beim Kreis, ob es in Grefrath Flurnamen mit Wasser- oder -Rost u.ä. oder gar Wasserrost u.ä. gibt oder gab.
                Vielleicht weiß jemand hier was?

                Info So erreichen Sie uns: Kataster- und Vermessungsamt Oberstraße 91 41460 Neuss (Innenstadt) Telefon:02131 928-6212 Telefax:02131 928-6298

                Nach meiner Erfahrung gibt es in den Katasterämtern häufig historisch interessierte Leute

                Viele Grüße
                Xylander
                Zuletzt geändert von Xylander; 01.03.2020, 10:23.

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                • Paulah
                  Benutzer
                  • 21.10.2019
                  • 31

                  #23
                  Hier haben sich ja inzwischen auch schon etlichen Ideen und Anregungen gesammelt! Vielen lieben Dank. Da kann ich im Rheinischen Städteatlas noch viel gezielter gucken.
                  Im Kreis- und Stadtarchiv ist eine Freundin von mir beschäftigt. Wir hatten schon zusammen nach dem Ort gesucht, allerdings nur, ob sich der Name irgendwo findet. Mit dem neuen Input können wir noch mal genauer suchen.

                  Viele Grüße von Paulah

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                  • Saraesa
                    Erfahrener Benutzer
                    • 26.11.2019
                    • 1010

                    #24
                    Ich glaube (zum zweiten Mal ), dass ich jetzt endgültig des Rätsels Lösung gefunden habe:
                    Die Arbeit behandelt die Mikrotoponyme von 8 Gemarkungen rund um den Wi berg im westlichen Rheinhessen: Flur-, Gew sser-, Wuestungs-, Orts-, Gassennamen usw. Erfa t sind Katasternamen, Mundartformen und historische Belege. Hauptanliegen der Arbeit sind Sammlung, Darstellung und Deutung aller erreichbaren Namen. lteste Flurnamen reichen ins 13. Jh. zurueck. Die Deutung erfolgt nach sprachlichen und sachlichen Kriterien. So k nnen Erkenntnisse einerseits gewonnen werden zur Entwicklung der Namen als Teil der regionalen Mundart und andererseits zu Siedlungs-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte.

                    (Zwar geht es hier um Wissberg in Rheinhessen, aber die Wortbildung dürfte auch in diesem Falle interessant sein.)
                    oder auch möglich
                    Zuletzt geändert von Saraesa; 02.03.2020, 00:12.

                    Kommentar

                    • Xylander
                      Erfahrener Benutzer
                      • 30.10.2009
                      • 6449

                      #25
                      Das wären dann wenn ich es richtig verstehe, drei neue Vorschläge:
                      - Wasserbinse
                      - Wasserstelle, Wasserwehr (hatten wir so ähnlich schon, jedoch mit anderer Ableitung)
                      - Wasserrüster
                      Vielleicht können wir zur Bewertung mehr sagen, wenn Paulah weiter recherchiert hat
                      Viele Grüße
                      Xylander

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                      • Paulah
                        Benutzer
                        • 21.10.2019
                        • 31

                        #26
                        Heute habe den Rheinischen Städteatlas Neuss ausgewertet:
                        Die Karten geben nicht viel her, weil Grefrath wenn überhaupt nur am Rand abgebildet ist. Eine Flurbezeichnung, die auch nur annähernd auf Waterrust hinweisen würde, gab es nicht.
                        Von Flachsbearbeitung direkt steht in den Erläuterungen nichts, es gab allerdings Tuchgewerbe.
                        Wenn es sich aber, wie in dem Hinweis von Kasstor/Thomas steht, um ein 4 mal 6 m großes Wasserloch handelte, können wir wahrscheinlich lange suchen.
                        Aus der Diskussion zu Grefrath bei Wiki, auf die Xylander hingewiesen hat, geht aber hervor, dort habe es mal einen Fluss Jordan gegeben.

                        Mit TIM Online habe ich auch Probleme. Bei mir werden keine historischen Karten mehr angezeigt. Darum kümmere ich mich morgen.

                        Vorhin habe ich aber einen Archäologen in Neuss angeschrieben, ob der vielleicht was weiß bzw. ob ihm was über Grabungen in Grefrath bekannt ist. Das wäre dann vermutlich die letzte Chance, noch etwas zu finden.

                        Viele Grüße von Paula

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                        • Xylander
                          Erfahrener Benutzer
                          • 30.10.2009
                          • 6449

                          #27
                          Hallo Paulah,
                          eine weitere Hoffnung wäre noch das Rheinisch-Westfälische Urkataster, in dem mW auch Grefrath erfasst worden sein müsste. Hier gibt es vielleicht mehr Karten als im Städteatlas. Vor allem aber könnte das Flurbuch helfen, dazu Wikipedia
                          Flurbuch: Die Flurbücher sind Verzeichnisse aller Flurstücke einer Flur, die je Flur fortlaufend nummeriert sind, mit deren Lagebezeichnung, Eigentümer, Flächengröße, Kulturart, Klasseneinteilung und Reinertrag

                          Es wurde wahrscheinlich in den 1820ern oder in den frühen 1830ern erstellt und lagert, sofern noch erhalten, wahrscheinlich im Archiv des Kreiskatasteramts, also nicht direkt beim Kreisarchiv. So jedenfalls in "meinem" Landkreis Ennepe-Ruhr. Dort gibt es wahre Schätze, allerdings für Außenstehende gegen Gebühr. Auch die Urrisse und die Flurkarten sind sehr aufschlussreich, wenn auch mühselig zu sichten
                          Vielleicht probierst Du es mal mit einer Anfrage. Wenn der Flurname Anfang des 19. JH noch existierte, dann ist er im Flurbuch und den Karten zu finden.
                          Viele Grüße
                          Xylander
                          Zuletzt geändert von Xylander; 04.03.2020, 14:07.

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                          • Paulah
                            Benutzer
                            • 21.10.2019
                            • 31

                            #28
                            Hallo Xylander,

                            gerade bekam ich die Antwort von dem Neusser Archäologen. Der bestätigt deine Vermutungen: es ist im Grefrather Urkataster auf zwei Karten, die sich im Kreisarchiv Zons befinden, Hinweise auf Gewässer geben: Zum einen ein kleiner Teich bein Dirkeshof (den hattest du auch schon mal erwähnt) und in der Nähe von Röckrath die Flurbezeichnung "auf der Mergelskuhle". Die Urkataster befinden sich tatsächlich im Kreisarchiv. Ich habe meine Spionin dort schon angespitzt und um Fotos der Karten gebeten, sie ist allerdings nur einmal in der Woche dort.
                            Mergelkuhlen, so schreibt er weiter, wurden später häufig als Flachsrösten verwendet. Nachweisen wird man das in diesem Fall nicht können.
                            Über Grabungen im Bereich Grefrath, die auf Rösten hinweisen könnten, ist ihm nichts bekannt.

                            Vielleicht schreibe ich auch noch das Katasteramt an. Dafür warte ich erst mal die Karten ab.

                            Viele Grüße von Paulah

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                            • Xylander
                              Erfahrener Benutzer
                              • 30.10.2009
                              • 6449

                              #29
                              Hallo Paulah,
                              ich wünsche Dir viel Erfolg! Wichtig wären mE auch die Flurbücher mit der Liste der Flurnamen. Anschließend kannst Du die Karten anhand der Angaben aus dem Flurbuch gezielt durchsuchen. Das spart Mühe. Aber die ExpertInnen vor Ort werden die Reihenfolge vielleicht anders einschätzen

                              Viele Grüße
                              Xylander
                              Zuletzt geändert von Xylander; 04.03.2020, 15:04.

                              Kommentar

                              • Xylander
                                Erfahrener Benutzer
                                • 30.10.2009
                                • 6449

                                #30
                                Hallo Paulah,
                                wahrscheinlich gibt es zu jeder der Fluren des Urkatasters ein eigenes Flurbuch mit Auflistung der Flurstücke. Nach dieser Quelle in der Reihenfolge
                                ihrer Entstehung: http://genwiki.genealogy.net/Kataster#Flurbuch
                                Jedenfalls bekommt man damit eine Komplettaufstellung aller Flurstücke und ihrer Namen/Lagen zu Anfang des 19. JH und kann dann in den Urrissen und Urkarten suchen. Meine Empfehlung bleibt es, beim Katasteramt anzufragen. Bist Du da schon weitergekommen?
                                Viele Grüße
                                Xylander

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