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  • consanguineus
    Erfahrener Benutzer
    • 15.05.2018
    • 5533

    #16
    Früher hat man ja ein unglaubliches Gewese darum gemacht, um wieviel Uhr jemand geboren wurde oder gestorben ist. Das war oft wichtiger als der Name des Protagonisten. Ich habe mich oft gefragt, wen die Uhrzeit eigentlich interessiert hat. Und warum. Noch spannender ist allerdings die Frage, ob wirklich jeder bäuerliche Haushalt im 17. oder 18. Jahrhundert über eine Uhr verfügte. Wie auch immer: ich notiere die Uhrzeit nebrnbei, da ich den Wortlaut der Einträge routinemäßig aufschreibe, messe dieser Information aber keinerlei Bedeutung zu. Jedenfalls so lange nicht, bis mir jemand nachvollziehbar erklären kann, was es mit diesem Uhrzeitfetisch auf sich hatte.

    Viele Grüße
    consanguineus
    Suche:

    Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
    Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
    Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
    Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
    Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
    Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

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    • Gastonian
      Moderator
      • 20.09.2021
      • 3299

      #17
      Hallo consanguineus:


      Eine Vermutung (ich weiß, daß dies für den Hochadel zutrifft, weiß aber nicht, wie weit hinunter im Gesellschaftsgefüge dies ging): die Uhrzeit der Geburt ist wichtig, um ein richtiges Horoskop für das zukünftige Leben zu erhalten (welche Planeten waren da gerade dominant?). Astrologie war ja noch sehr beliebt in der frühen Neuzeit - selbst die Pfarrer haben ja oft noch die astrologischen Zeichen für die Wochentage benutzt. Im 19. Jahrhundert wird das wohl nicht mehr zugetreffen haben - da wird es nur noch bürokratische Akribie gewesen sein (und ich glaube heutzutage wird immer noch die Uhrzeit der Geburt in der Urkunde eingetragen - aber gebraucht wird das wohl nur um festzustellen, wessen Kind das Erstgeborene in der Stadt im neuen Jahr (oder Jahrtausend) war.


      VG



      --Carl-Henry
      Meine Ahnentafel: https://gw.geneanet.org/schwind1_w?iz=2&n=schwind1&oc=0&p=privat

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      • consanguineus
        Erfahrener Benutzer
        • 15.05.2018
        • 5533

        #18
        Hallo Carl-Henry,

        vielen Dank für die interessante Erklärung! Ja, heute handelt es sich wohl um eine bürokratische Gewohnheit, die es sicherlich seit Beginn der standesamtlichen Erfassung von Geburten gibt.

        Ich meinte aber mehr die alten Kirchenbücher, in denen die Uhrzeit meistens zu finden ist. An die Erstellung von Horoskopen glaube ich bei der ländlichen Bevölkerung nicht, zumal diese Begründung bei Todesfällen ohnehin nicht zieht.

        Viele Grüße
        consanguineus
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        • Alter Mansfelder
          Super-Moderator
          • 21.12.2013
          • 4673

          #19
          Hallo zusammen,

          für das Notieren der Uhrzeit ab 1800 (= relativ flächendeckende Einführung der vorgedruckten Spalten-Kirchenbücher) gibt es m. E. eine recht simple Erklärung: Es steht als Inhaltsvorgabe in der Spaltenüberschrift ("Tag und Stunde der Geburt" bzw. "des Todes"). Die Spaltenüberschriften richteten sich wiederum nach den kirchenrechtlichen Vorgaben und internen Anweisungen zur Registergestaltung und -führung.

          Ich kenne Uhrzeitnotizen zur Geburt aber bereits aus dem 16. Jh. Allerdings stehen diese nicht im Kirchenbuch, sondern in Stammbüchern von Familienstiftungen und dienten der Feststellung der Stiftungsberechtigung. Wer bei gleichem Geburtstag zeitlich früher geboren war, der kam zum Zuge.

          Es grüßt der Alte Mansfelder
          Gesucht:
          - Tote Punkte im Mansfelder Land, Harz und Umland
          - Tote Punkte in Ostwestfalen
          - Tote Punkte am Deister und Umland
          - Tote Punkte im Altenburger Land und Umland
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          - Tote Punkte in Oberlausitz und Senftenberg

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          • Geschichtensucher
            Erfahrener Benutzer
            • 03.09.2021
            • 733

            #20
            Die Uhrzeit in den Geburts- und Sterbeeinträgen...

            ist eine Frage, die ich mir schon lange stelle. So einen richtigen guten Grund haben wir hier gerade noch nicht gefunden, finde ich, jedenfalls für den armen Teil der Ahnen. Eher fehlt der Name der Mutter (Frechheit) als die genaue Zeit.

            Gibt es da vielleicht eine Begründung in der Religion? Ich habe keine Ahnung
            Beste Grüße, Iris

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            • alfio
              Erfahrener Benutzer
              • 02.02.2009
              • 142

              #21
              Guten Tag!
              Ich nehme alles auf und sammle alles in einem Programm.
              Am Anfang vor über 25Jahren tat ich das nicht und stellte später fest: es war/ist ein Fehler! im 17. JH. laufen die Linien meiner beiden Großeltern zusammen. Durch Paten erhielt ich Hinweise wo kamen "Opi oder Omi" her. Manch eine Hebamme entpuppte sich als Tante usw. usw.
              Viele Grüße
              alfio

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              • consanguineus
                Erfahrener Benutzer
                • 15.05.2018
                • 5533

                #22
                Hallo Alter Mansfelder,

                das Phänomen der Uhrzeit begegnet mir regelmäßig bereits in frühen Kirchenbüchern, nicht erst seit Einführung der Spaltenkirchenbücher. Das Argument der früheren Geburt zieht eigentlich nur bei Mehrlingskindern. Die Uhrzeit wird aber bei allen Geburten genannt. Auch bei Sterbeeinträgen wird eigentlich immer die Uhrzeit des Todes angegeben. In diesen Fällen kann es mit Primogeniturfragen eigentlich ja nichts mehr zu tun haben.

                Viele Grüße
                consanguineus
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                • sternap
                  Erfahrener Benutzer
                  • 25.04.2011
                  • 4072

                  #23
                  Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                  Auch bei Sterbeeinträgen wird eigentlich immer die Uhrzeit des Todes angegeben. In diesen Fällen kann es mit Primogeniturfragen eigentlich ja nichts mehr zu tun haben.

                  die vorstellung vom jenseits war stark dem diesseits angeglichen.
                  was wenn petrus an dem tag nur mehr drei sitze frei hatte, aber fünfzehn tote ankamen? dann galt das recht des erstgestorbenen.

                  konnte man sich nicht zehn teure ablässe für den verblichenen sparen, wenn er punkt angelusläuten gestorben war?
                  was alles musste man menschen aufhalsen, wenn sie in der spukstunde ihr leben aushauchten? waren die gleich vom teufel geholt worden oder konnte man noch durch spenden etwas tun?


                  durch die auflistung der uhrzeiten bekam man mit etwas glück den ganzen tag mit messtiftungen voll.
                  in einem kloster hielt halt jede stunde ein priester eine stille messe, um zwei uhr für den zu der tageszeit verstorbenen herrn pampflhuber und die frau schluchtschlecht, um drei uhr für fünfzehn kinder und drei großmütter aus dem dorf- alles geld für die kirche, aus angst bezahlt.
                  freundliche grüße
                  sternap
                  ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
                  wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




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                  • consanguineus
                    Erfahrener Benutzer
                    • 15.05.2018
                    • 5533

                    #24
                    sternap, meine Vorfahren waren seit der Reformation ausnahmslos evangelisch. Wir Ketzer kommen ja, wie Du weißt, im Gegensatz zu den Katholen immer in den Himmel. Egal, wieviele Plätze Petrus frei hat. Und Messtiftungen haben sie bei uns eh gleich abgeschafft...
                    Suche:

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                    • sternap
                      Erfahrener Benutzer
                      • 25.04.2011
                      • 4072

                      #25
                      Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                      sternap, meine Vorfahren waren seit der Reformation ausnahmslos evangelisch.

                      luthrer schaffte nur den ablass ab, nicht die bereits vorhandene bürokratie.
                      wozu ließ man ihn schließlich studieren?
                      freundliche grüße
                      sternap
                      ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
                      wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




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                      • consanguineus
                        Erfahrener Benutzer
                        • 15.05.2018
                        • 5533

                        #26
                        Hallo zusammen!

                        Ich habe mal zwei Extrembeispiele aus meinem Laptop gezaubert.

                        1. Ein Sterbeeintrag von 1711

                        a(nn)o 1711 den 22 Aprilis des Morgens um 3 uhr ist Bärendt Löhrs Ehefrau Todes verblichen alhier in Hedeber.
                        KB Hedeper, Beerdigungen 1708-1776, S. 489

                        Wow! In Hedeper also! Um welches Kirchenbuch geht es hier? Was genau bedeutet der Begriff "redundant" noch gleich? Und, ganz wichtig, die namenlose Ehefrau Bernhard Löhrs ist um 3 Uhr morgens gestorben!!! Nicht alle Informationen dieses Eintrages wären wirklich nötig gewesen. Aber was wirklich wichtig wäre, nämlich der Name der Verstorbenen nämlich, wird unterschlagen.

                        2. Ein Sterbeeintrag von 1793

                        Christian Friederich Goerges, der hiesige Cantor und SchulMeister, war zu Steine d(en). 19ten Mai 1720 geboren und starb d(en). 25ten December Morgens um 7 Uhr an der Auszehrung. Sein Vater ist gewesen der Grobschmidt M(ei)st(e)r Johann Christian Goerges, die Mutter hat geheißen Barbara Catharine Gundelachen. Er ist seit 40 allhier SchulMeister gewesen. Seine erste Frau hat geheißen Dorothee Eleonore Binnewies, die zweite Johanne Hedewig Boelcken. Alt 72 Jahr.
                        KB Ahlshausen, Beerdigungen 1752-1814, S. 439, Nr. 28/1793

                        Auch hier konnte der Schreiber nach guter, niedersächsischer Sitte nicht auf die blöde Uhrzeit verzichten, aber angesichts der zahlreichen wichtigen Fakten, die zudem noch vorbildlich sauber präsentiert werden, kann man über diese Albernheit hinwegsehen, meine ich.

                        Viele Grüße
                        consanguineus
                        Angehängte Dateien
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                        Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

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                        • sternap
                          Erfahrener Benutzer
                          • 25.04.2011
                          • 4072

                          #27
                          Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                          1. Ein Sterbeeintrag von 1711

                          a(nn)o 1711 den 22 Aprilis des Morgens um 3 uhr ist Bärendt Löhrs Ehefrau Todes verblichen alhier in Hedeber.
                          KB Hedeper, Beerdigungen 1708-1776, S. 489

                          Wow! In Hedeper also! Um welches Kirchenbuch geht es hier? Was genau bedeutet der Begriff "redundant" noch gleich? Und, ganz wichtig, die namenlose Ehefrau Bernhard Löhrs ist um 3 Uhr morgens gestorben!!! Nicht alle Informationen dieses Eintrages wären wirklich nötig gewesen.
                          versteh doch, der typ hatte sozusagen den ersten computer, eine uhr.
                          uhrzeit schreiben daher wichtig.
                          er besaß aber nicht bärendt löhrs frau, vielleicht kriegte er gar keine, weil er dauernd mit der uhr sprach, was nützt ihm ihr name?


                          Aber was wirklich wichtig wäre, nämlich der Name der Verstorbenen nämlich, wird unterschlagen.
                          aus seiner sicht hast du befremdliche schwerpunkte in deinem leben.
                          sprich mit ihm über klügere dinge, uhren und uhrzeit zum beispiel!
                          freundliche grüße
                          sternap
                          ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
                          wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




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                          • sternap
                            Erfahrener Benutzer
                            • 25.04.2011
                            • 4072

                            #28
                            Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                            Auch hier konnte der Schreiber nach guter, niedersächsischer Sitte nicht auf die blöde Uhrzeit verzichten, aber angesichts der zahlreichen wichtigen Fakten, die zudem noch vorbildlich sauber präsentiert werden, kann man über diese Albernheit hinwegsehen, meine ich.

                            Viele Grüße
                            consanguineus

                            die frage dahinter ist dich, ob user ver- bzw.anordnungen verlinken können, nach denen protestantischen priestern vorgegeben wurde, was sie ins kirchenbuch schreiben müssen.
                            freundliche grüße
                            sternap
                            ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
                            wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




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                            • Geschichtensucher
                              Erfahrener Benutzer
                              • 03.09.2021
                              • 733

                              #29
                              Zitat von sternap Beitrag anzeigen
                              versteh doch, der typ hatte sozusagen den ersten computer, eine uhr.
                              uhrzeit schreiben daher wichtig.
                              er besaß aber nicht bärendt löhrs frau, vielleicht kriegte er gar keine, weil er dauernd mit der uhr sprach, was nützt ihm ihr name?




                              aus seiner sicht hast du befremdliche schwerpunkte in deinem leben.
                              sprich mit ihm über klügere dinge, uhren und uhrzeit zum beispiel!

                              Aber aber aber da wir gerade ganz genau sein wollen, muss ich darauf hinweisen, dass es nix half, wenn ER die Uhr hatte, denn Bärend Löhrs Frau wird ja nicht unbedingt Beisein von ihm und seiner Uhr gestorben sein, sondern hoffentlich im Beisein von Bärend Löhr, der seinerseits eine Uhr besitzen und in der letzten Stunde seiner namenlosen Frau im Auge behalten haben müsste... ach, es wird immer komplizierter.



                              Jetzt sagt mir nicht, der ev. Pfarrer hätte bei jedem Sterbenden gesessen
                              Beste Grüße, Iris

                              Kommentar

                              • sternap
                                Erfahrener Benutzer
                                • 25.04.2011
                                • 4072

                                #30
                                Zitat von Geschichtensucher Beitrag anzeigen
                                Jetzt sagt mir nicht, der ev. Pfarrer hätte bei jedem Sterbenden gesessen

                                es konnte kaum einer überprüfen, ob die von ihm geschriebene zahl stimmte. sofern die tageszeit grob stimmte...
                                freundliche grüße
                                sternap
                                ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
                                wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




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