Militärischer Werdegang 1. WK - offene Fragen

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  • Forschender
    Erfahrener Benutzer
    • 04.01.2019
    • 195

    Militärischer Werdegang 1. WK - offene Fragen

    Hallo,

    ich bin auf der Zielgerade der Aufbereitung des mil. Werdegangs meines Urgroßvaters. Dabei sind noch folgende Fragen offen:

    1. Er wurde am 06. August 1914 als Ersatzreservist einberufen. Bisher dachte ich immer ein Ersatzreservist sei bereits mil vorgebildet. Aber wenn ich richtig gelesen habe, handelt es sich dabei wie im Wortsinne um einen mil. Neuling, wie haben hier also keinen Reservist der bereits eine Laufbahn hinter sich hat. Richtig?

    2. Obige Annahme würden auch die Einträge bestätigen. Einberufung wie o. geschrieben gleich Anfang August 1914. Anfang 1916 dann in ein Rekrutendepot und Anfang März 1917 ins Feld. Ist das der Weg Ausbildung 2,5 Jahre um dann über ein Rekrutendepot ins Feld zu kommen?

    3. Mein Urgroßvater wurde Anfang Oktober 1918 bei Cambrai gefangen genommen.

    Mich würde interessieren, in welchem Lager (Ort) er gefangen war (344 Prison. of War Comp., Nr 12). Auf den erhaltenen Karten im Landesarchiv BW sind diverse Nummern aufgeführt. Mit denen bin ich bisher aber nicht weitergekommen. Der Eintrag Verlustliste 772 in Gefangenschaft habe ich gefunden. Gibt es eine Verlustliste 855 "aus Gefangenschaft zurück"?






    Es gibt im Landesarchiv BW leider keinen erhaltenen Entlassungsschein. Auch in der Datenbank ICRC (https://grandeguerre.icrc.org/) ist er leider nicht vorhanden. Komischerweise auch sonst niemand mit gleichem Nachnamen.

    4. Was kann man zum Dulag Gießen sagen? Wie lange war man dort bevor man endgültig entlassen wurde? Wie groß war das Lager? In "The Stigma of Surrender" wird eine Zahl v. 4.000 Leuten genannt.

    Danke für alle Beteiligungen.

    Beste Grüße

    Uli
    Zuletzt geändert von Forschender; 08.01.2021, 17:53.
    Wer forscht zu?

    Gurschdorf / Steingrund, Freiwaldau
    Buchbergsthal / Einsiedel / Raase, Freudenthal
    102. Infanterie-Division ("Die Schlesische")
  • Moselaaner
    Erfahrener Benutzer
    • 06.03.2013
    • 877

    #2
    Hallo Uli,
    ein Ersatzreservist stammt zunächst aus der Ersatzreserve.
    Im Kaiserreich gab es mehr wehrtüchtige Soldaten als benötigt wurden. Diese wurden dann in der Ersatz-Reserve in Friedenszeiten "geparkt".
    Es gab zwei Arten von Ersatzreservisten:
    1. Diejenigen die eine Ausbildung erhalten hatten und nicht weiter im aktiven Dienst, in der Reserve und der Landwehr benötigt wurden.
    2. Diejenigen die keine Ausbildung erhalten hatten und sofort zur Ersatzreserve überwiesen wurden.
    Die letzteren Männer wurden dann zu Kriegsbeginn zu Rekruten-Depots eingezogen um eine verkürzte soldatische Ausbildung zu erhalten.


    Gruß
    Moselaaner

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    • Basil
      Erfahrener Benutzer
      • 16.06.2015
      • 2418

      #3
      Hallo Uli,

      2,5 Jahre Ausbildung ist viel zu lang. Wenn er im August 1914 als Ersatzreservist einberufen wurde, wurde er direkt zur Ausbildung dem Rekrutendepot eines Ersatzbataillons zugeteilt. Nach ca. 8 Wochen Ausbildung ging es ins Feld.

      Was sagen denn die Einträge genau? Gibt es keine Einträge für die Zeit zwischen August 1914 und Anfang 1916?

      Grüße
      Basil
      Zimmer: Oberlausitz und Dresden; Stephanus: Zittau, Altenburg und Ronneburg
      Raum Zittau: Heidrich, Rudolph
      Erzgebirge: Uhlmann, Lieberwirth, Gläser, Herrmann
      Burgenlandkreis: Wachtler, Landmann, Schrön


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      • Moselaaner
        Erfahrener Benutzer
        • 06.03.2013
        • 877

        #4
        Hallo Uli,
        zur Deiner Frage bzgl. Gefangenenlager:

        Der Urgroßvater war bei der englischen 344th Prisoners of War Company in France.
        Diese Kompanien gab es in großer Anzahl und waren im eigentlichen Sinne keine Gefangenenlager. Die Männer wurden zur Säuberung des Schlachtfeldes von Minen, Granaten, Stacheldraht und Toten eingesetzt. War ein Frontabschnitt geräumt, so zog man weiter zum nächsten Frontabschnitt.

        Gruß
        Moselaaner
        Zuletzt geändert von Moselaaner; 08.01.2021, 17:23.

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        • Henry Jones
          Erfahrener Benutzer
          • 31.12.2008
          • 1417

          #5
          Hallo Uli,

          stell uns doch einmal die Kriegsstammrollen ein, dann können wir evtl. gemeinsam das Rätsel lösen.

          Im Hauptstaatsarchiv gibt es Entlassungsscheine, nur nicht digital. Hast du einmal direkt dort angefragt?

          Bestand: http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-9846

          Gruß Alex
          Mitglied im Verein zur Klärung von Schicksalen Vermisster & Gefallener (VKSVG e.V.)
          www.vermisst-gefallen.net (Homepage)
          www.vksvg.de (Forum)

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          • Basil
            Erfahrener Benutzer
            • 16.06.2015
            • 2418

            #6
            Hallo,

            laut der Stammrolle des 7. Ldst.-Rekr.-Depots des 3. Ldst.-Inf.-Ers.-Batl. XIII. A.K. wurde er zwar im August 1914 eingezogen, aber am 25.9.14 beurlaubt und entlassen. Ich kann leider nicht den ganzen Eintrag lesen und deuten.



            Ich vermute, er war 1914 nicht kriegsdienstfähig und wurde darum entlassen. 1916 wurde er dann unter geänderten Kriterien neu gemustert und wieder eingezogen. Vielleicht weiß jemand anders mehr.

            Grüße
            Basil
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            • Henry Jones
              Erfahrener Benutzer
              • 31.12.2008
              • 1417

              #7
              Hallo,


              laut Stammrolleneintrag wurde er beurlaubt und entlassen.
              Evtl. u.k.-Stellung wegen seines Berufs? Man müsste die anderen Stammrolleneinträge ansehen um das rückzuverfolgen.



              Theoretisch müsste er Jahrgang 1883 auch schon vor dem Krieg einen Militärdienst gemacht haben,


              Leider kann ich den ersten Eintrag in der Rolle bei den Truppenteilen nicht genau lesen:


              7.8.14 E 123 Arbeitsf? Kp. 9 eingez.


              Gruß Alex
              Mitglied im Verein zur Klärung von Schicksalen Vermisster & Gefallener (VKSVG e.V.)
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              • Forschender
                Erfahrener Benutzer
                • 04.01.2019
                • 195

                #8
                Hallo,

                ich danke für die bereits nach so kurzer Zeit zahlreichen und vorallem informativen Antworten.

                Hier die Kriegsstammrollen:

                Kriegsstammrolle IR 127


                Kriegsstammrolle IR 246


                Kriegsstammrolle IR 413


                Ich hatte trotz längerer Suche die Rolle des Rekrutendepots und auch die Entlassungsscheine ohne Digitalsate übersehen. Mea Culpa! Erstere stelle ich mal bei "Lesehilfe" ein und bezügl. des Entl.schein schreibe ich mal nach Stuttgart.


                Jetzt gibt es bezüglich der langen Dauer zwischen Einberufung und ins Feld doch noch eine Erklärung. Aber Begründung u.k. als Bierbrauer? Also als Biertrinker verstehe ich das, aber in Kriegszeiten?

                Grüße

                Uli
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                • Moselaaner
                  Erfahrener Benutzer
                  • 06.03.2013
                  • 877

                  #9
                  Meine Deutung:


                  7.8.14 Landwehr-Infanterie-Regiment 123, Arbeitskommando Kompanie 9 eingezogen.

                  (Hinweis: Das 1. Landsturm-Infanterie-Ersatz-Bataillon gab es erst ab 7.1.1915)



                  25.9.14 als nur garnisionsverwendungsfähig bis 1.12.14 berurlaubt und entlassen


                  Gruß
                  Moselaaner

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                  • Basil
                    Erfahrener Benutzer
                    • 16.06.2015
                    • 2418

                    #10
                    Hallo,

                    ich habe noch zwei Stammrollen.

                    6. Kompanie Feldrekrutendepot 54. Reserve-Division


                    2. Rekrutendepot Ersatzbataillon Infanterie-Regiment Nr. 127


                    mit folgendem Eintrag:

                    am 7.8.1914 zur Arbeitstruppenkompanie Nr. 9 E./123 eingezogen.
                    am 25.9.14 als nur g. vorläufig bis 1.12.14 beurlaubt.

                    Grüße
                    Basil
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                    • Basil
                      Erfahrener Benutzer
                      • 16.06.2015
                      • 2418

                      #11
                      Zusatzinfo

                      In Ulm wurden zu Kriegsbeginn durch die Ersatzbataillone GR 123 und IR 127 Arbeitsbau- und Arbeitstrupp-Kompagnien für den Ausbau der Bundesfestung Ulm aufgestellt. Die Arbeiten wurden aber wohl bereits nach 6 Wochen wieder eingestellt, nachdem klar war, dass der Feind nicht auf Ulm vorrücken würde.



                      Anscheinend sind 1920 einige Kriegsstammrollen des GR 123 verbrannt. Vermutlich auch die der Arbeitstrupp-Kompagnien, da auch von denen einige fehlen.

                      Hier ein Beispiel, zwei Einträge mit Wortlaut "Beurl. bis 1.12.14, weil nur garn. dienstfähig." http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-1163001-13

                      Grüße
                      Basil
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                      • Forschender
                        Erfahrener Benutzer
                        • 04.01.2019
                        • 195

                        #12
                        Hallo,

                        nochmals besten Dank für die Kommentare und Recherchen.

                        Zusammengefasst wäre die zeitliche Abfolge dann so:

                        - Anfang 08/1914 einberufen,
                        - 07.08.-25.09.14 Arbeitsbau-/Arbeitstrupp-Kompanie E. 123 9. Kmp. (dabei evtl. Einsatz bei den Arbeiten für die Bundesfestung Ulm),
                        - dann bis 01.12.14 beurlaubt danach entlassen,
                        - am 01.09.16 ins 7. Rekrutendepot eingezogen,
                        - weitere Stationen / Ausbildung,
                        - am 02.03.17 mit dem RIR 246 ins Feld

                        Passt es so?

                        Danke & beste Grüße

                        Uli
                        Wer forscht zu?

                        Gurschdorf / Steingrund, Freiwaldau
                        Buchbergsthal / Einsiedel / Raase, Freudenthal
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                        • Basil
                          Erfahrener Benutzer
                          • 16.06.2015
                          • 2418

                          #13
                          Hallo!

                          - Anfang 08/1914 einberufen,

                          - 07.08.-25.09.14 Arbeitstrupp-Kompanie Nr. 9 E./123 (dabei evtl. Einsatz bei den Arbeiten für die Bundesfestung Ulm),

                          9. Arbeitstrupp-Kompanie E./123 geht auch, zwischen E und 123 gehört ein Schrägstrich!

                          - dann bis 01.12.14 beurlaubt danach entlassen,

                          - am 01.09.16 ins 7. Landsturm-Rekrutendepot, 3. Landsturm-Infanterie-Ersatz-Bataillon XIII. AK (XIII/23) eingezogen,

                          Rekrutendepots waren Teil eines Ersatzbataillons!

                          - weitere Stationen / Ausbildung,

                          - am 02.03.17 zum RIR 246 ins Feld

                          Das Regiment war bereits im Feld, er ist dorthin versetzt worden.

                          Grüße
                          Basil
                          Zimmer: Oberlausitz und Dresden; Stephanus: Zittau, Altenburg und Ronneburg
                          Raum Zittau: Heidrich, Rudolph
                          Erzgebirge: Uhlmann, Lieberwirth, Gläser, Herrmann
                          Burgenlandkreis: Wachtler, Landmann, Schrön


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                          • Forschender
                            Erfahrener Benutzer
                            • 04.01.2019
                            • 195

                            #14
                            Prima, ich danke!
                            Wer forscht zu?

                            Gurschdorf / Steingrund, Freiwaldau
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                            102. Infanterie-Division ("Die Schlesische")

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                            • Forschender
                              Erfahrener Benutzer
                              • 04.01.2019
                              • 195

                              #15
                              Zitat von Henry Jones Beitrag anzeigen
                              Hallo Uli,

                              stell uns doch einmal die Kriegsstammrollen ein, dann können wir evtl. gemeinsam das Rätsel lösen.

                              Im Hauptstaatsarchiv gibt es Entlassungsscheine, nur nicht digital. Hast du einmal direkt dort angefragt?

                              Bestand: http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-9846

                              Gruß Alex
                              Danke! Das war der richtige Tipp. Ich habe gerade eben - nach sehr kurzer Wartezeit - Scans aus Stuttgart bekommen. Insgesamt 6 Seiten, darunter u.a. den Entlassungsschein, Ausweis der mitgegebenen Bekleidungsstücke etc.

                              Muss das die Tage mal in Ruhe sichten. Evtl. ergeben sich hier weitere Fragen.
                              Wer forscht zu?

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