Heraldische Resterampe? Rindfleisch

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  • gustl
    Erfahrener Benutzer
    • 25.08.2010
    • 676

    Heraldische Resterampe? Rindfleisch

    Liebe Chef-HeraldikerIn,

    ich kenne Euer Mantra: Namensgleichheit ist nicht Wappengleichheit, aber ich habe hier eine merkwürdige Geschichte.

    ich habe Euch das bekannte Wappen der Familie Rindfleisch angehängt, zu dem mir eine Geschichte vorliegt, von der ich von Euch wissen möchte, ob sie stimmen kann. Der Chronist des Köthener Zweiges dieser Familie schreibt:

    "Es interessiert das Wapen. Das gleiche Wappen wird von dem Mecklenburger, dem ostpreußischen Stamm und unserem Stamm geführt. Es ist das alte Wappen der schlesischen Adelsfamilie (S. Siebmacher Bd.VI, Abt. 8, Teil II, S. 104).
    Seit wann unser Stamm dieses im Siegelring überlieferte Wappen führt, habe ich leider noch nicht feststellen können. Lt. einem Verwandten wurde es bei der Verleihung des persönlichen Adels an Eduard Rindfleisch-Würzburg (siehe hier:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Eduard_von_Rindfleisch)
    1890 vom Münchner Heroldsamt 'ausgegraben', und diese Angaben sollen mit der Familientradition genau übereinstimmen."

    Vorher schreibt er, dass "dieses schlesische Geschlecht in seinen letzten Linien 1633 und 1772 als erloschen bezeichnet" wird.

    Die Rindfleischs sind sicher eine ungewöhnliche Familie, die mal hier und mal dort auftaucht, nahezu spurlos an einem Ort zu verschwinden scheint, um dann in einem weiteren Umkreis als sonst allgemein üblich wieder aufzutauchen. Aber: Siegelringe tauchten in unseren für gewöhnlich bürgerlichen Kreisen erst auf, als die Leute Hofämter bekleideten und sich den dort üblichen Moden anpassten. Die Bürgermeister und Amtsleute, die mit ihrem persönlichen Siegel private Verträge bezeugten, benutzten Petschaften. Siegelringe wären viel zu teuer gewesen.

    Die "Akte Rindfleisch", die wir vom Großvater Ernst Vierthaler geerbt haben, ist eine der umfangreichsten, vor allem wegen der Korrespondenz. Vier Familienforscher haben sich Jahrzehnte bemüht, um die Vorfahren von Johann Jacob zu finden, dem ersten, der in Köthen auftaucht (1742) und sind doch nicht weiter gekommen als bis zu seinem Großvater. Verbindungen zu allen anderen Rindfleischs halten sie für durchaus möglich, auch zu der schlesischen Familie, aber es ist einfach nichts nachzuweisen. (Wen es interessiert: Johann Jacobs überaus spannende Geschichte findet sich im thread "Familie Rindfleisch in Hessen".)

    Also: kann es stimmen, dass der Münchner Herold ein Wappen auf einen anderen Rindfleisch noch einmal eingetragen hat, einfach weil es eben da war und es niemanden mehr gab, der es sonst führen konnte? Auf Eure Antwort bin ich gespannt (und: es tut mir leid, dass alles so lang geworden ist, aber manchmal kann ich nicht kürzer!)

    Liebe Grüße an Euch und Dank für Eure manchmal wirklich sehr interessanten Antworten auf unsere Fragen
    Cornelia
    Angehängte Dateien
  • Billet
    Erfahrener Benutzer
    • 21.01.2007
    • 1985

    #2
    Zu "Rindfleisch" lesen Sie auch hier :
    Wappen-Billet.de
    M.d.WL.
    M.d.MWH.

    Kommentar

    • Lenz
      Erfahrener Benutzer
      • 08.07.2007
      • 421

      #3
      Hallo Cornelia,

      Georg Eduard Rindfleisch wurde am 02.04.1891 in Bayern als Ritter Georg Eduard von Rindfleisch in den Adelstand erhoben. Ob er bei seiner Erhebung in den Adelsstand das hier gezeigte Wappen der Schlesischen Familie v. Rindfleisch verliehen bekommen hat, kann ich allerdings nicht sagen. Hierzu könnte aber das Bayerische Hauptstaatsarchiv Auskunft geben.

      Möglich ist es aber allemal.

      Mit freundlichem Gruß Lenz
      Zuletzt ge?ndert von Lenz; 06.08.2011, 10:56.

      Kommentar

      • gustl
        Erfahrener Benutzer
        • 25.08.2010
        • 676

        #4
        Hallo Lenz,

        also: Eduards Adel war ein persönlicher, der konnte nicht vererbt werden. Und: das Wappen wurde nicht mit verliehen, er hat es eintragen lassen (oder jemand anderes hat das in seinem Auftrag erledigt), so sagen das jedenfalls meine Unterlagen hier. Das würde aber bedeuten, dass seine männlichen Nachkommen dieses Wappen nun völlig zu Recht führen können. Das kommt mir etwas eigenartig vor. Wenn ich dem link von Herrn Billet folge (vielen Dank, Herr Billet, für Ihre schnelle Antwort), dann hilft mir auch der Münchner Herold, der das Wappen ja "ausgegraben" und dann auf Eduard eingetragen haben soll, nicht weiter, denn dieses verlinkte Forum läuft ja unter dessen web-Seite. Grübel!
        ... und erstmal Dank und viele Grüße
        Cornelia

        Kommentar

        • Lenz
          Erfahrener Benutzer
          • 08.07.2007
          • 421

          #5
          Hallo Cornelia,

          und wer sagt uns, ob Ihre Unterlagen tatsächlich auch korrekt sind? Nur die Unterlagen aus dem Hauptstaatsarchiv können letztendlich einen genauen Aufschluß darüber geben.

          Mit freundlichem Gruß Lenz

          P.S. Und ein bürgerliches Wappen Rindfleisch ist nicht beim "Münchner Herold", sondern in der Deutschen Wappenrolle eingetragen. Ansprechpartner ist hier der Herold zu Berlin.

          Kommentar

          • Billet
            Erfahrener Benutzer
            • 21.01.2007
            • 1985

            #6
            Dazu hatte Herr Friedhard Pfeiffer unter :

            geschrieben:
            "Hallo,
            außer dem von Herrn Billet gezeigten Wappen Rindfleisch gibt es noch ein Wappen Rindfleisch "Geteilt, oben in Gold das wachsende rote Rind, unten in Schwarz drei bis zur Teilung aufsteigende goldene Spitzen. Kleinod: Das Rind wachsend. Decken: Schwarz-gold und rot-silber."
            Außerdem ist in der Deutschen Wappenrolle unter der Antragsnummer 4040/42 ein (bürgerliches) Wappen Rindfleisch eingetragen, jedoch nicht veröffentlicht.
            Es betrifft die Familie Rindfleisch aus Schönfeld bei Pappenheim, Kreis Eichstätt. Ansprechpartner hierfür dürfte Peter Rindfleisch, Ogdenstr. 46, 95030 Hof, sein.
            Mit freundlichen Grüßen
            Friedhard Pfeiffer"
            Wappen-Billet.de
            M.d.WL.
            M.d.MWH.

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            • gustl
              Erfahrener Benutzer
              • 25.08.2010
              • 676

              #7
              Lieber Herr Billet,

              ich hatte das in Ihrem link angegebene Forumsthema schon ausführlich studiert, bevor ich meine Frage hier eingestellt habe. Auf den Seiten des Vereins "Münchner Herold" bin ich auf insgesamt vier Rindfleischwappen gestoßen.

              Meine Frage war aber: Kann es sein, dass auf Eduard von Rindfleisch 1890 oder kurz danach das alte "schlesische" Wappen eingetragen worden ist?

              Es ist eine eher akademische Frage, denn Eduard hatte keine Söhne.

              Dass sich auch die Köthener Rindfleischs dieses "schlesischen" Wappens bedient haben, steht außer Frage, ob sie dazu eine Berechtigung hatten, ist dagegen durchaus fraglich.

              Ob es eine Verbindung zu dem Herrn aus dem Landkreis Eichstätt gibt, der das bürgerliche Wappen angemeldet hat, kann ich nicht sagen. Ich will ihn aber einmal anschreiben, um das abzuklären.

              Mit freundlichen Grüßen
              Cornelia

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              • Billet
                Erfahrener Benutzer
                • 21.01.2007
                • 1985

                #8
                @ Hallo Cornelia

                Die im Index des "Münchner Wappen-Herold" genannten Eintragungen zur Schreibweise "Rindfleisch" sind Hinweise zu Hinterlegungen in den verschiedenen Sammlungen:
                Nr.: 5439 DWR = Deutsche Wappenrolle
                Diese Eintragung betrifft die bereits erwähnte Familie Rindfleisch aus Schönfeld bei Pappenheim, Kreis Eichstätt. Ansprechpartner hierfür dürfte Peter Rindfleisch, Ogdenstr. 46, 95030 Hof,

                Nr.: 5440 bis 5442 = BSWH
                = Bücherei deutscher Sippenwappen
                Diese dort genannte Eintragung zu "Rindfleisch" liegt mir leider nicht vor.
                Wappen-Billet.de
                M.d.WL.
                M.d.MWH.

                Kommentar

                • gustl
                  Erfahrener Benutzer
                  • 25.08.2010
                  • 676

                  #9
                  ... diese drei Bände BSWH sind in der Staatsbibliothek einzusehen und dieselbe kann ich in 20 Minuten mit der S-Bahn erreichen...

                  Kommentar

                  • Lenz
                    Erfahrener Benutzer
                    • 08.07.2007
                    • 421

                    #10
                    Ich habe heute Nachricht vom Bayerischen Hauptstaatsarchiv erhalten. Hier ein Auszug:

                    Personenforschung: Hier Wappen des Dr. Georg Eduard v. Rindfleisch

                    Dem königlichen Hofrat und Universitätsprofessor zu Würzburg, Dr. Georg Eduard Rindfleisch wurde zum 27. Dezember 1890 das Ritterkreuz des Verdienstordens der Bayerischen Krone von Prinzregent Luitpold von Bayern verliehen, womit der "persönliche" Adel der Ritterklasse verbunden war.

                    Am 2. April 1891 wurde Ritter v. Rindfleisch in die Bayerische Adelsmatrikel eingetragen. Im Zuge des Immatrikulationsverfahrens hat Ritter von Rindfleisch auch einen Entwurf des von ihm gewünschten Wappens, mit folgendem Hinweis, beigefügt: "Da ich einer im fünfzehnten bis siebzehnten Jahrhundert angesehenen Breslauer Patrizierfamilie entstamme, deren Andenken durch mehr als zwanzig Grabmonumente an der Elisabethkirche zu Breslau erhalten ist, so verfüge ich bereits über ein altes Familienwappen, welches ich gehorsamst beifüge".

                    Die als Vorlage für den Matrikelbogen vorgelegte Wappenzeichnung trägt auch den Vermerk: "Siebmacher II, 49" und entspricht in der Darstellung dem von Ihnen als Anlage zugesandten Wappen "Rindfleisch I"

                    Und dies ist das Wappen, dass ich an das Bayerische Hauptstaatsarchiv gesandt habe:



                    Mit freundlichem Gruß

                    Lenz

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                    • gustl
                      Erfahrener Benutzer
                      • 25.08.2010
                      • 676

                      #11
                      Hallo Herr Lenz,

                      bitte entschuldigen Sie, daß ich erst heute auf Ihr posting antoworte. Vielen Dank, daß Sie sich die Mühe gemacht haben, "Onkel Eduards" Wappen zu finden. Seine Geneaologie ist allerdings zweifelhaft. Eduard wurde in Köthen geboren und ist mit Sicherheit ein Nachkomme des Johann Jacob Rindfleisch, der aus Kopenhagen nach Köthen geholt wurde. Johann Jacob stammte aus Hessen und eine Verbindung zu den schlesischen Rindfleischs ist nicht nachgewiesen. Das wurde zwar vermutet, aber trotz aller Bemühungen ist es bis damals und auch später nicht gelungen, eine Verbindung herzustellen.

                      Die Rindfleischs waren allerdings überzeugt, zu der schlesischen Familie zu gehören. Ich denke, sie sollten einen Grund dafür gehabt haben. Nötig hatten sie es eigentlich nicht so sehr. Manchmal weiß man nicht genau, was man von alten Familienüberlieferungen halten soll, kann sein, kann auch nicht sein ...

                      Eduards Begründung trägt so nicht, ist aber vielleicht richtig? Wer weiß.

                      Vielen Dank jedenfalls für Ihre Mühe!

                      Cornelia

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                      • Hina
                        Erfahrener Benutzer
                        • 03.03.2007
                        • 4661

                        #12
                        Hallo Cornelia,

                        im Grunde hat es niemand nötig, an einer Abstammungsgeschichte, die nicht belegt ist, festzuhalten . Totzdem, in unzähligen Familien, die gleichnamig mit einer bekannten Familie sind, existieren sie und die Nachkommen werden hartnäckig darauf eingeschworen. Nur ganz selten macht sich jemand dann an die Arbeit, der Sache auf den Grund zu gehen, dann muss man aber feststellen, dass bis auf die Namensgleichheit nur in ganz seltenen Fällen etwas an der Geschichte dran ist. Auffällig ist in solchen Fällen aber fast regelmäßig, dass es dann auch noch ein paar weitere Hinweise als nur die mündliche Überlieferung gibt. Das ist alles ganz unabhängig vom Stand der Familie, in der die Legende existiert. Ich verweise da gerne auch mal auf die berühmte Cotta-Familie in Eisenach, deren wirklich sehr illustere Familiengeschichte mit mehrmaliger Wappenverleihung, Nobilitierung und Adelserneuerung ganz simpel auf die Arbeit eines seiner Zeit als "seriösen" Historiker bekannten Geschichtsfälschers beruht. Erst die "dritte" Erhebung in den Adelsstand eines Familienzweiges entspricht den Tatsachen. Möglicherweise sind Deine Zweifel berechtigt, denn mündliche Überlieferungen funktionieren über die Generationen wie stille Post, einer fragt nach der Namensgleichheit, der nächste überlegt, der dritte meint, der vierte weiß es. Ich würde mich da an die mühevollen Forschungsarbeiten der Familie halten, die diesen Nachweis (bisher) nicht erbringen konnten. Der Name Rindfleisch ist ja zudem auch alles andere als selten. Dennoch kam es nicht selten vor, dass Familien mit einem nicht nachweislich berechtigten Wappen siegelten und das auch von niemandem hinterfragt oder beanstandet wurde. Man konnte auf ähnliche Weise sogar Adel "ersitzen".

                        Viele Grüße
                        Hina
                        "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

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                        • gustl
                          Erfahrener Benutzer
                          • 25.08.2010
                          • 676

                          #13
                          Weißt Du, liebe Hina, eigentlich ist es doch eine ganz nette Geschichte, daß einer der Rindfleischs das von ihnen so begehrte Wappen eine Zeit lang ganz offiziell führen durfte. Es ist damit sicher eine Eitelkeit befriedigt worden (und wer wäre nicht frei davon) und kein Schaden angerichtet, denn Eduard hatte ja keine Söhne.

                          Die Cotta-Geschichte kenne ich nicht, ich weiß aber, daß sich nicht erst die alten Römer ihre Familiengeschichten erdichten ließen, bei ihnen läßt es sich allerdings nachweisen.

                          Viele Grüße
                          Cornelia

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                          • Hina
                            Erfahrener Benutzer
                            • 03.03.2007
                            • 4661

                            #14
                            Das findet man immer mal wieder, dass Wappen einfach nur auf Grund von Familienüberlieferungen bestätigt wurden. Letztendlich ist das aber wirklich nur etwas amüsant, hat aber ganz sicher niemanden geschadet. Meine väterliche Familie führte ein Wappen und das zusammen mit weiteren sieben! zwar mehr oder weniger namensgleichen Adelsfamilien, bei denen aber bis heute weder nachgewiesen werden kann, dass sie eines Ursprungs sind, noch dass sie wirklich "schon immer" adelig waren und auf das bereits im 15. Jh. bekannte Wappen zurückzuführen sind und so wurden die alle sicherheitshalber nochmal in den Adelsstand erhoben . Mein Großonkel hat kurzerhand aus den sechsstrahligen Sternen im Wappen achtstrahlige Sterne machen lassen. Nun ist es kein Clanwappen mehr . Und so gibt es jede Menge Kuriositäten in diesen Bereichen.

                            Nach dem damals sehr anerkannten Historiker Paullini stammten die Cotta von den Römern ab .

                            Viele Grüße
                            Hina
                            "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

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                            • gustl
                              Erfahrener Benutzer
                              • 25.08.2010
                              • 676

                              #15
                              ... ich bin froh, dass ich diese Probleme nicht habe! Unter einem Bürger(meister)hut ist eben nicht so viel Platz wie unter dem eines Fürsten.

                              Mir reicht es schon, dass ein Ururgroßvater ein Sammler unter all den Nimrods war und mir vor einigen Monaten die Briefe seines Bruders in die Hände gelegt wurden, die besagter Großvater über fünfzig (50!) Jahre gesammelt hat. Ich habe angefangen, sie abzutippen und festgestellt, daß ich bei nimmermüdem Fleiß eine Woche pro Jahrgang brauche. Aber es ist ein Schatz, da beide Brüder in verantwortlichen Stellungen tätig waren und - jeder auf seine bescheidenen Weise - durchaus politischen Einfuß ausübten. Ich bin jetzt im Jahre 1867 und die Brüder sitzen sich in Berlin am Verhandlungstisch gegenüber, um darüber zu wachen, daß ihre jeweiligen Arbeitgeber den ihnen gebührenden Anteil am ehemaligen Königreich Hannover bekommen. Und Bismarck sitzt zum Ärger beider auf dem "Reptilienfonds". Aber sie freuen sich, ein paar Wochen zusammen zu sein und sind von ihrem Cousin, der ein Colonialwarengeschäft in Berlin betrieb, sicher das eine oder andere Mal verwöhnt worden.

                              Viele Grüße von der z.Zt. in einer ganz anderen Welt lebenden
                              Cornelia

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