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Alt 25.08.2019, 14:11
Benutzerbild von Ralf-I-vonderMark
Ralf-I-vonderMark Ralf-I-vonderMark ist offline männlich
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Registriert seit: 02.01.2015
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Ausrufezeichen Vorfahren der Nord- und Mitteleuropäer kamen aus der russischen Steppe und dem Kaukasus

Hallo zusammen,

zwar handelt es nicht um die individualisierbare, namentliche Erforschung der Vorfahren.
Aber gleichwohl gehört auch die Frage, woher die Menschen kamen, welche vor 3.000 und mehr Jahren Mitteleuropa besiedelten irgendwie im weiteren Sinn zur Ahnenforschung und ist höchst interessant. Daher möchte ich auf die neueren, auf genetischer Forschung beruhenden Erkenntnisse aufmerksam machen, welche geradezu überraschend und spannend sind.

Hierzu ist der Artikel „Jamnaja – Reiter aus der Steppe“ vom 07.06.2019 sehr informativ:
vgl. https://www.scinexx.de/dossier/erbe-der-steppenreiter/
und https://www.scinexx.de/dossierartike...osse-wandel-2/
und https://www.scinexx.de/dossierartikel/die-dritte-welle/
und https://www.scinexx.de/dossierartike...frische-milch/
und https://www.scinexx.de/dossierartike...vierte-wurzel/
und https://www.scinexx.de/dossierartike...serer-sprache/

Der Stand der Forschung vom 18.06.2015:
vgl. http://scimondo.de/5075/wir-sind-erben-der-jamnaja-halbnomaden/
und am 20.05.2015: https://www.scinexx.de/news/geowisse...aeter-zurueck/
Interessant auch: https://www.t-online.de/nachrichten/...teppe-kam.html

Erst in den letzten Jahren wurde durch die Forschung festgestellt, dass die Jamnaja, halbnomadische Viehzüchter aus den Steppen des Ostens nach Mitteleuropa einströmten und unsere Kultur und unser Erbgut geprägt haben.

Denn etwa 75 % DNA der Schnurkeramiker in Deutschland lässt sich auf die Jamnaja zurückführen. Die aus den Steppenreitern hervorgegangenen Angehörigen der Glockenbecherkultur haben die alte Bevölkerung abgelöst. Die Linienbandkultur verschwand völlig. Möglicherweise gehen 2/3 der heutigen mittel- und nordeuropäischen Männer auf die Jamnaja zurück. Genanalysen von Toten aus den Grabhügeln der Jamnaja-Kultur zeigten, dass sie genetisch den heutigen Europäern sehr ähnlich waren.

Die Jamnaja als Reitervolk waren mit Streitäxten und Pfeil und Bogen bewaffnet und haben die Schnurkeramik und die Grabhügel verbreitet, die Laktosetoleranz den Europäern vererbt und den Pesterreger nach Europa gebracht.

Die Jamnaja stammen ursprünglich aus dem Kaukasus und haben die mit ihnen nicht verwandte und ausgestorbene Botai-Kultur übernommen, welche als erste Kultur mit der Domestikation der Pferde begonnen haben. Dadurch kamen die Jamnaja ans Reiten. Allerdings sind die Botaipferde nicht die Vorfahren der heutigen Hauspferde. Ein Bezug der Jamnaja bzw. ihrer Nachfahren besteht auch zu den Kurgan-Kulturen und der Sintatschta-Kultur (vor 4.800 – 3.650 Jahren), welche Kupferbergbau im großen Stil betrieben haben, über eine bedeutende Bronzeherstellung verfügten und den Streitwagen erfunden haben. Die Sintatschta-Kultur wiederum ist aus der Poltavka-kultur entstanden, welche ein Ableger der Rinderzucht betreibenden Jamnaja-Kultur ist.


Zum besseren Verständnis habe ich ganz grob (wegen der schwierigen, teilweise voneinander abweichenden Zeitstränge und Begrifflichkeiten) einige Eckdaten zur Besiedlung EUROPAS durch den modernen Menschen Homo sapiens zusammengefasst:
> Erste Jäger und Sammler vor 45.000 Jahren.
> Erste Bauernkulturen kamen vor 10.500 Jahren aus dem Vorderen Orient und dem Mittelmeerraum über Ungarn nach Mitteleuropa und breiteten sich in ganz Europa aus und wurden sesshaft.
(sog. neolithische Revolution)
> Die Bandkeramikerkultur entstand dann vor 7.500 Jahren, ausgehend von Ungarn in ganz Europa; dabei gab es teilweise Vermischung mit Jägern und Sammlung; teilweise getrenntes Nebeneinander; überwiegend wurden Jäger und Sammler aber nach Norden, Skandinavien abgedrängt.
(sog. keramische Jungsteinzeit)
> Jäger und Sammler sind im Norden sesshaft geworden und kehren als Trichterbecherkultur zurück vor etwa 6.200 Jahren (bis vor 4.800 Jahren).
> Schnurkeramiker breiten sich innerhalb weniger Generationen mit Streitäxten und Pferden bis an den Rhein aus und sind wohl entstanden vor etwa 4.800 Jahren in Ostpolen/der Ukraine in einer Synthese aus der Kugelamphorenkultur und den Jamnaja-Kultur (Jamnaja Kultur aus der russischen Steppe, Vorfahren aus dem Kaukasus) ziehen aus der russischen Steppe nach Westen vor etwa 4.800 Jahren (bis vor 4.200 Jahren).
Ursprung der indogermanischen Sprache in Europa; später Einzelgrabkultur
(Beginn der Kupfersteinzeit bis beginnende frühe Bronzezeit)
Nachbarn: Schönfelder Kultur (Stichkeramik); vormals Trichterbecherkultur mit Megalithbestattungen)
> Glockenbecherkultur zieht vom Karpatenbecken nach Mitteleuropa vor 4.600 Jahren (bis vor 4.200 Jahren).
> Aunjetitzer Kultur mit der Sonnenscheibe von Nebra (Mischvolk aus Schnurkeramikern und Glockenbechern; konnten schon Bronze gießen) vor 4.300 Jahren (bis 3.550 Jahren)
Nachfolge durch Hügelgrabkultur; später nördliche Urnenfeldkultur.
[Wie bereits die sog. Schnurkeramiker unterscheiden sich auch die Träger der sog. Aunjetitzer Kultur physisch nicht signifikant von der heutigen Bevölkerung in Mitteleuropa]

Viel Spaß beim Lesen und Viele Grüße
Ralf
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  #2  
Alt 25.08.2019, 15:23
Benutzerbild von HaGer
HaGer HaGer ist offline männlich
Erfahrener Benutzer
 
Registriert seit: 16.11.2009
Ort: Frankfurt am Main
Beiträge: 180
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Hallo Ralf,
sehr interressant und informativ!
Vielen Dank für die Mühe!
Viele Grüße aus Frankfurt
Herbert
__________________
Meine Eltern und Vorfahren stammen aus Zwittau/Sudetenland.
FN: Gerlich, Ille, Makowsky, Lichtneckert, Tempes aus Zwittau
FN: Tiszauer, Tissauer aus Hammer, Lockenhaus, Ungarn
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  #3  
Alt 25.08.2019, 16:43
moehre23 moehre23 ist offline weiblich
Erfahrener Benutzer
 
Registriert seit: 18.07.2014
Ort: Meerbusch
Beiträge: 134
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Hallo Ralf,


auch ich möchte Danke sagen für die Mühe!


Ich finde das sehr interessant und spannend
__________________
Liebe Grüße
Christine
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  #4  
Alt 25.08.2019, 16:58
Benutzerbild von Scherfer
Scherfer Scherfer ist offline
Erfahrener Benutzer
 
Registriert seit: 25.02.2016
Beiträge: 2.512
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Danke, Ralf! Wen das Thema intensiver interessiert, dem empfehle ich wärmstens das Buch "Who we are and how we got there" (2018) von David Reich. Bisher ist das Buch zwar nicht auf Deutsch erschienen, aber das wird wohl bald geschehen.
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