Zusatz Meiersche/Meyrsche im 18. Jhdt.

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  • Pollmeier_MS
    Benutzer
    • 09.03.2019
    • 21

    [gelöst] Zusatz Meiersche/Meyrsche im 18. Jhdt.

    Jahr, aus dem der Begriff stammt: Anfang 18. Jhd.
    Region, aus der der Begriff stammt: Werne, Westfalen

    Hallo zusammen,
    im Kirchenbuch von Werne (bei Unna) taucht ab dem ersten Drittel des 18. Jhdts. auf einmal bei manchen Frauen der Zusatz "Meiersche" auf (zumindest lese ich das...)

    Meistens in Familien, die häufig, aber nicht immer, mit dem Zusatz "Schulte" verbunden sind.

    Ein Beispiel: Anna Elisabeth Krevet (verheiratete Schulte Gedemberg) wird 1764 in einem Taufeintrag als Patin Anna Elisabetha Krevet Meirsche Gedemberg aufgeführt.

    oder, von 1717
    Anna (Schulte) Gemberg Meyersche Becking (s. Anhang)


    Ist das schonmal jemandem untergekommen?

    Vielleicht, im Sinne von Adelung ("die Meierinn, ein sehr altes Wort, welches überhaupt eine Person bedeutet, welche mehr als andere ist, andern Personen ihrer Art, oder auch wohl einer Sache vorgesetzet ist") die Frau oder Witwe des Familienoberhaupts?
    Angehängte Dateien
    FN: Schweinhuber d'Oullenbourg (Baden-Württemberg u. Frankreich) - Woirhaye - Lévy (Frankreich) - Weinhagen (Ruhrort und Rheinland) - Scriverius (Niederrhein) - Erdmann/Schulte Gimberg (Münsterland u. Metz)
  • AKocur
    Erfahrener Benutzer
    • 28.05.2017
    • 1371

    #2
    Hallo,

    ich würde annehmen, dass die Begriffe als Synonyme genutzt wurden, bzw. ein Pfarrer da "Hochdeutschen" wollte und ein vermeindlich plattdeutsches "Schulte" in vermeindlich hochdeutsches "Meier/Meyer" veränderte. Zumindest ist es mir in der Zeit in Westfalen häufiger begegnet, dass Pfarrer Namen oder Namensteile "hochdeutschten".

    Les dir mal diesen Artikel durch: LEOPOLD SCHÜTTE, Absetzbare Wirtschafter: Die Schulten im alten Westfalen, aus: Westfälische Zeitschrift 159, 2009.
    Der sollte die Frage ausführlich klären.

    LG,
    Antje

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    • Pollmeier_MS
      Benutzer
      • 09.03.2019
      • 21

      #3
      Hallo,

      vielen Dank für den Hinweis. Den Artikel werde ich mir auf jeden Fall am Wochenende mal vornehmen.

      Es stimmt auf jeden Fall, dass so ab 1700 auf einmal die Elskes, Gretkes und Gördts verschwinden und durch Elisabeth etc. ersetzt werden.

      Für mich passt die "Hochdeutsch"-Theorie aber noch nicht ganz... warum werden nur Frauen "gemeiert", die Männer bleiben aber Schulten?

      Zum Teil sind auch im gleichen Eintrag Schulte und Meyrsche/Meiersche nebeneinander: Getauft wird ein Kind von Joan Henrich Schulte Gemberg, Taufpatin ist Anna Elis. Krevet Meirsche Gedemberg.


      Einen schönen Start ins Wochenende!
      FN: Schweinhuber d'Oullenbourg (Baden-Württemberg u. Frankreich) - Woirhaye - Lévy (Frankreich) - Weinhagen (Ruhrort und Rheinland) - Scriverius (Niederrhein) - Erdmann/Schulte Gimberg (Münsterland u. Metz)

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      • consanguineus
        Erfahrener Benutzer
        • 15.05.2018
        • 5533

        #4
        Guten Morgen!

        @Antje: ein hochinteressanter und hervorragender Artikel zum Thema. Vielen Dank für's Teilen!

        @PollmeierMS: auf S. 217 findest Du, was Du suchst.

        Viele Grüße
        consanguineus
        Suche:

        Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
        Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
        Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
        Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
        Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
        Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

        Kommentar

        • Xylander
          Erfahrener Benutzer
          • 30.10.2009
          • 6450

          #5
          Hallo zusammen,
          ich kenne den Begriff aus SW-Westfalen, auch bei einer Schultenfamilie. Wenn ich die Erklärung des Heimatforschers Fritz Lehmhaus richtig im Kopf habe (finde ihn grad mal wieder nicht) geht er zurück auf die Bedeutung von major/Meier als Hausverwalter, wurde ursprünglich für Ehefrauen von höhergestellten Personen verwendet, sozusagen als eigener Titel, später allgemein für Ehefrauen gesetzteren Alters und würdevoller Ausstrahlung, etwa wie Matrone. Also keine Verwechselung und keine Verhochdeutschung, sondern ein eigener Ehrentitel. Der Schulte war der Schulte und seine Ehefrau war seine Meyersche.

          Dies ausm Kopf, den Artikel muss ich lesen. Sehe gerade es ist der Schütte, den kenne ich, hatte aber vergessen, dass er sich zu dem Thema äußert.

          Viele Grüße
          Xylander
          Zuletzt geändert von Xylander; 12.07.2019, 08:45.

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          • holsteinforscher
            Erfahrener Benutzer
            • 05.04.2013
            • 2491

            #6
            Moinsen zusammen,
            es gab den Begriff der Haus- und Hofmeiers, ein hohes Verwaltungsamt. Wenn der
            Begriff Meiersche/Meier gleich mehrfach im KB auftaucht müsste man schauen, ob
            es sich hierbei tatsächlich um ein Verwaltungsamt handelt, ferner stellt die Angabe
            Schulte/Dorfschulte i.d.R. keine Berufsangabe dar.
            Was mir jetzt in den Sinn kommt, sind die sgn. Meierhöfe > Milchbauern > Milchbetriebe.
            Die besten Grüsse von der Kieler-Förde
            Roland...


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            • consanguineus
              Erfahrener Benutzer
              • 15.05.2018
              • 5533

              #7
              Moin Roland,

              die Milchviehbetriebe haben mit dieser Geschichte von Pollmeier nichts zu tun. Ich habe mich sowieso immer gefragt, warum man mancherorts einen Milchviehbetrieb als Meierhof bezeichnete. Bis vor 60 Jahren hatte doch eh jeder Hof noch Milchvieh. Wozu also diese besondere Bezeichnung? Aber das nur nebenbei...

              Viele Grüße
              consanguineus
              Suche:

              Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
              Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
              Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
              Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
              Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
              Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

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              • AKocur
                Erfahrener Benutzer
                • 28.05.2017
                • 1371

                #8
                Zitat von Xylander Beitrag anzeigen
                Also keine Verwechselung und keine Verhochdeutschung, sondern ein eigener Ehrentitel. Der Schulte war der Schulte und seine Ehefrau war seine Meyersche.
                Wäre toll wenn du da noch die Quelle finden würdest. Mir ist das so nämlich noch ganz und gar nicht klar, warum man die Ehefrau eines Schulten als Meyersche bezeichnet haben soll, ihn aber nicht ebenso als Meyer. Warum kriegt sie einen "Ehrentitel" der ihren Familiennamen verändert und er nicht?

                LG,
                Antje

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                • Xylander
                  Erfahrener Benutzer
                  • 30.10.2009
                  • 6450

                  #9
                  Hallo Antje,
                  oh! Da muss ich suchen, das kann ein bisschen dauern. Aber eins kann ich jetzt schon sagen: ihr Familienname wird nicht verändert. Der wird ja in den Beispielen genannt. Meyersche ist ihre Bezeichnung als Ehefrau und Verwalterin des Hauses. Stell Dir einfach, das stünde hausfraw statt meirsche. Nur wurde eben nicht eben jede Hausfrau=Ehefrau als Meyersche bezeichnet.

                  Viele Grüße
                  Xylander
                  Zuletzt geändert von Xylander; 12.07.2019, 09:29.

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                  • AKocur
                    Erfahrener Benutzer
                    • 28.05.2017
                    • 1371

                    #10
                    Hallo Xylander,

                    naja, es gibt genügend Frauen im KB Werne (ich hab mal in die Taufen der 1760er Jahre geschaut), die als Vorname Schulte Sowieso drinstehen, dagegen nicht eine einzige Hausfrau Sowieso.
                    Und es erklärt auch nicht, warum der Ehemann der Meyerschen Sowieso nicht analog als Meyer Sowieso auftaucht.

                    Ich wüsste gerne, welche Frauen genau davon betroffen sind. Sind es die Ehefrauen der Familienoberhäupter eines Schulte Sowieso Hofes? Oder gar die Witwen? Jede oder nur manche? Tauchen sie ausschließlich als Meyersche Sowieso auf oder auch mal als Schulte Sowieso? Wenn sich Lehmhaus (oder auch jemand anderes) diesen Fragen gewidtmet hat, wäre das toll. Ansonsten wüsste ich halt gerne, wie er seine Ansicht begründet.


                    LG,
                    Antje

                    PS: Wäre es mein Forschungsgebiet würde ich mir meine oben genannten Fragen durchaus untersuchen. Ich forsche zwar auch in Westfalen, aber in meinen Orten scheint es diese Sitte nicht zu geben.

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                    • Xylander
                      Erfahrener Benutzer
                      • 30.10.2009
                      • 6450

                      #11
                      Hallo Antje,
                      ich denke nicht, dass es eine feste Regel gab, vielmehr eine Art lokalen Brauch. Der war wahrscheinlich aber nicht bindend, wurde nicht konsequent angewendet und war nicht über die Zeiten stabil. Zudem kann sich der mündliche Sprachgebrauch vom schriftlichen im KB unterschieden haben.

                      Nach meiner Erinnerung beantwortet auch Lehmhaus Deine Fragen nicht restlos. Ich suche, hab zumindest seine Schrift "Das Unterdorf" gefunden, wo ich es vermute. Und seinen "Schultenhof Sprockhövel" muss ich eh nach was anderem durchsehen.

                      LG
                      Xylander

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                      • Pollmeier_MS
                        Benutzer
                        • 09.03.2019
                        • 21

                        #12
                        Hallo zusammen,

                        allen vielen Dank für die hilfreichen Antworten.


                        Nachdem ich am Wochenende den Artikel nochmal mit Verstand gelesen habe (und nicht nur zwischen Aufstehen und Arbeit überflogen) ist meine Frage erst einmal beantwortet, denke ich: Die Frau bzw. Witwe des Bauern auf dem Schultenhof wird als Meyersche, Meirsche oder Mersche bezeichnet.

                        Irgendwann mache ich (glaube ich) mal eine Auswertung wer aus "meinen" Schultenfamilien in welchem Kontext so bezeichnet wird. Vielleicht lassen sich da auch Entwicklungen in der Familie ableiten (ist z.B. der alte Schulte gestorben etc.)
                        Euch allen einen guten Start in die Woche!
                        FN: Schweinhuber d'Oullenbourg (Baden-Württemberg u. Frankreich) - Woirhaye - Lévy (Frankreich) - Weinhagen (Ruhrort und Rheinland) - Scriverius (Niederrhein) - Erdmann/Schulte Gimberg (Münsterland u. Metz)

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                        • Xylander
                          Erfahrener Benutzer
                          • 30.10.2009
                          • 6450

                          #13
                          Hallo zusammen,
                          den Text von Lehmhaus habe ich nun gefunden, er zitiert bzw. übersetzt einen Lehnbrief von 1552 Aber zur Erhellung von Antjes Fragen trägt er nicht bei:
                          Ich, Wennemar von der Recke, Droste zu Blankenstein, habe namens meines Herrn Johanns, Herzog zu Cleve und Grafen von der Mark, seiner fürstlichen Gnaden Hof mit der Mühle zu Sprockhövel mit alle seinem Zubehör vertan. Nämlich Diderich, der alte Schulte und Druide (Gertrud) seine Hausfrau und Meyersche*) auf diesem Hofe sind beide alt geworden und können die Arbeit nicht mehr tun...
                          *) Zu Meyer - Schulte. Meiersche ist die Hausfrau des Meiers. Das Wort ist in der Form Meersche noch heute in Gebrauch und bezeichnet eine behäbige Frau, die nach Wohlstand aussieht.
                          Aus Fritz Lehmhaus Der Schultenhof in Sprockhövel, Sprockhövel 1930.

                          Lehmhaus war sich der Fragestellung wahrscheinlich bewusst, anscheinend waren Schulte und Meier als Amtsbezeichnung für ihn Synonyme.
                          Die Hausfrau und Meyersche im Urkundentext würde ich als Ehefrau und Hausverwalterin interpretieren.

                          Nachtrag: das bestätigt die Transkription des Hattinger Heimatforschers Paul Freisewinkel:
                          ... Item int irste heben Diderich Schuilte ind Druide, syne echte huysfrauwe, allde schoulte ind meyresche, ...

                          Viele Grüße
                          Xylander
                          Zuletzt geändert von Xylander; 17.07.2019, 11:38. Grund: Nachtrag

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                          • Xylander
                            Erfahrener Benutzer
                            • 30.10.2009
                            • 6450

                            #14
                            Zitat von AKocur Beitrag anzeigen
                            Hallo Xylander,
                            Ich wüsste gerne, welche Frauen genau davon betroffen sind. Sind es die Ehefrauen der Familienoberhäupter eines Schulte Sowieso Hofes? Oder gar die Witwen? Jede oder nur manche? Tauchen sie ausschließlich als Meyersche Sowieso auf oder auch mal als Schulte Sowieso? Wenn sich Lehmhaus (oder auch jemand anderes) diesen Fragen gewidtmet hat, wäre das toll. Ansonsten wüsste ich halt gerne, wie er seine Ansicht begründet.
                            LG,
                            Antje
                            PS: Wäre es mein Forschungsgebiet würde ich mir meine oben genannten Fragen durchaus untersuchen. Ich forsche zwar auch in Westfalen, aber in meinen Orten scheint es diese Sitte nicht zu geben.
                            Hallo Antje, inzwischen meine ich, es kapiert zu haben.

                            Die Formulierung aus dem Lehnbrief von 1552 Diderich Schuilte ind Druide, syne echte huysfrauwe, allde schoulte ind meyresche,...
                            unterscheidet bei Druide zwischen ihrem Familienstand (eheliche Hausfrau, Ehefrau) und ihrem Aufgabenbereich (Meiersche, Hausverwalterin)

                            Mein Fazit:
                            die Amtsbezeichnungen Meier und Schulte hatten gleiche oder ähnliche Bedeutung, aber verschiedene regionale Verbreitungsschwerpunkte. Die Funktionsbezeichnung Meiersche für die Frauen (und wahrscheinlich auch Witwen) galt jedoch sowohl im Meier-Gebiet als auch im Schulte-Gebiet. Dies im 16. JH und in "reiner Lehre".

                            Davon wird es später und regional unterschiedlich vielfältige Abweichungen gegeben haben. In den KB-Einträgen am Anfang dieses Themas vereint Meiersche anscheinend beide Bedeutungen in sich: Ehefrau und Hausverwalterin.

                            Nun sind Meier und Schulte aber auch zu Familiennamen geworden. Sofern für die Ehefrauen der Herren Meier und Schulte noch die FN-Form mit -sche verwendet wurde, war Frau Meier natürlich die Meiersche. Frau Schulte aber sicher nicht, sie müsste eigentlich die Schultesche geheißen haben. Es sei, denn ihr Ehemann, der Herr Schulte war zugleich der Schulte. Siehe 1552.

                            Ich hoffe, ich habs jetzt nicht völlig vertuckt

                            Viele Grüße
                            Xylander
                            Zuletzt geändert von Xylander; 17.07.2019, 13:57.

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