Uneheliche Kinder im 19. Jahrhundert

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  • Baptist
    Erfahrener Benutzer
    • 27.09.2010
    • 426

    #16
    Grüß Dich Joanna,

    ich habe vom Erzbischöflichen Archiv die Kopie einer Seite aus dem
    Ortsfamilienbuch wo meine Vorfahren gelebt haben.
    So viel ich weis, wurden diese Seiten zu einem späteren Zeitpunkt aus
    den Matrikelbüchern herausgeschrieben.
    Zunächst stehen da die Eltern meiner Theres, die 1800 geheitatete haben.
    Darunter wurden die Kinder des Ehepaares aufgelistet.
    Theres war das 6. Kind geboren 1809 und darunter als Randvermerk steht,
    etwas kleiner geschrieben und nicht leicht zu lesen, Mater, also Mutter
    von Sebastian Pertl und das Geburtsdatum 1833.
    Auf meine Rückfrage im Archiv hat man mir gesagt, dass dieser Sebastian,
    der 1874 unter dem Namen Stadler geheiratet hat, mein direkter Vorfahre ist.
    Ich frage mich halt wie und wann kam der Sebastian bei welcher Behörde zu seinem
    amtliche Familiennamen Stadler.
    Ein Servus aus der Schanz
    Baptist

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    • gki
      Erfahrener Benutzer
      • 18.01.2012
      • 4842

      #17
      Hallo Baptist!

      Zitat von Baptist Beitrag anzeigen
      Ich frage mich halt wie und wann kam der Sebastian bei welcher Behörde zu seinem amtliche Familiennamen Stadler.
      Ergab sich der nicht ganz logisch aus der Tatsache daß seine Mutter so hieß? Du müßtest Dir bei Google mal die gesetzlichen Vorschriften der Zeit raussuchen.
      Gruß
      gki

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      • Kauschat
        Benutzer
        • 18.08.2008
        • 9

        #18
        Umgang mit unehelichen Kindern

        Es gab sehr unterschiedliche Umgangsweisen (Erfahrungen in den Kirchenbüchern meiner Heimatgemeinde Glauburg-Glauberg):
        a. Soldaten erhielten keine Genehmigung zur Heirat durch seine militärische Vorgesetzten (so konnte der o.a. Vater wohl erst nach dem Ausscheiden aus dem Militär heiraten)
        b. Bis ins 18. Jahrhundert untersagten die Fürsten Ehen vor dem 25. vollendeten Lebensjahr und/oder bei keiner gesicherten Einkommenssituation. Kinder kamen manchmal trotzdem!
        Manchmal waren das erste und/und oder das 2. Kind unehelich, danach kam die Heirat und dann weitere Kinder
        c. Manchmal untersagten auch die Eltern Ehen. Bis ca. 1970 lag die Volljährigkeit bei 21 Jahren, früher evtl. auch noch höher. Erst wenn mindestens einer der Eltern volljährig war, konnte das Paar heiraten.
        Komischerweise sind bis ca. 1750 praktisch keine uneheliche Geburten verzeichnet, weder einheimische noch auswärtige. Dann gibt es aber Phasen, wo mehrere Kinder pro Jahr unehelich werden.
        d. Es gab wohl auch eine soziale Differenzierung: Ich habe sogar eine "Dynastie" gefunden, wo in 3 Generationen die Mädchen unehelich geboren wurden und wieder uneheliche Töchter hatten. So wurde der Familienname über 3 Generationen weitergegeben, was sonst über Töchter nicht möglich war.
        Uneheliche Kinder hatten häufig auch Mädchen, die auswärts in Haushalten oder auf Bauernhöfen "in Stellung" waren, mehrfach sind auch Bauern- und Müllersknechte als Vater angegeben.
        e. Überhaupt zu den Namen: Wenn kein Vater eingetragen war, erhielt das Kind automatisch den Familiennamen der Mutter. Nur zeitweise erhielt es den Namen eines eingetragenen Vaters, also nicht durchgängig.
        f. Verschiedentlich ist vermerkt, dass sich ein Vater zur Vaterschaft bekannt hat, manchmal steht auch gar nichts eingetragen. Nur einmal ist vermerkt, dass die junge Frau einen Vater benannt hat; der habe sich aber "freigeschworen"!
        Ebenfalls nur einmal steht im Kirchenbuch, dass ein Mann seine Ehefrau zu ihrer Herkunftsfamilie zurückgeschickt habe, da das geborene Kind nicht von ihm sei und damit der Ehebruch bewiesen sei.
        g. Auffällig ist auch, dass uneheliche Kinder teilweise keine gute Lebenserwartung hatten: oft sind uneheliche Kinder relativ schnell gestorben.
        h. 2 x taucht der Begriff "Huhrenkind" auf. Ob es nur das Werturteil des Pfarrers zu unehelicher Kindschaft war (dann hätte der Begriff vielleicht öfter auftauchen müssen) oder ob tatsächliche "Tätigkeit" vorlag, ist unklar.

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        • Kauschat
          Benutzer
          • 18.08.2008
          • 9

          #19
          "Freie Ehe"

          Ein Nachtrag: mein Urgroßvater ist unehelich geboren in einer "freien Ehe", wie das in Familienunterlagen ganannt wird.
          Hintergrund: Die Mutter war Witwe eines Militärmusikers und hätte vermutlich bei einer Wiederverheiratung eine Hinterbliebenenversorgung gefährdet. Es kamen also 3 Kinder mit dem Geburtsnamen der Mutter Timp (also nicht dem Ehenamen des Militärmusikers Schramm). Erst später hat der Vater die Legitimierung bei Gericht für alle Kinder beantragt. So taucht dann bei der Heirat dessen Familienname Fabian auf.

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          • gki
            Erfahrener Benutzer
            • 18.01.2012
            • 4842

            #20
            Zitat von Kauschat Beitrag anzeigen
            g. Auffällig ist auch, dass uneheliche Kinder teilweise keine gute Lebenserwartung hatten: oft sind uneheliche Kinder relativ schnell gestorben.
            Du meinst, daß die Lebenserwartung schlechter war als bei ehelichen Kindern?

            Ich hatte mal über Google eine statistische Auswertung gefunden, die einen solchen Zusammenhang für einige oberbayrische Pfarren nicht nachweisen konnte. Leider finde ich sie gerade nicht.
            Gruß
            gki

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            • dorsch
              Erfahrener Benutzer
              • 24.12.2011
              • 295

              #21
              Zitat von Kauschat Beitrag anzeigen
              Es gab sehr unterschiedliche Umgangsweisen (Erfahrungen in den Kirchenbüchern meiner Heimatgemeinde Glauburg-Glauberg):
              [...]
              b. Bis ins 18. Jahrhundert untersagten die Fürsten Ehen vor dem 25. vollendeten Lebensjahr und/oder bei keiner gesicherten Einkommenssituation. [..]
              c. Manchmal untersagten auch die Eltern Ehen. Bis ca. 1970 lag die Volljährigkeit bei 21 Jahren, früher evtl. auch noch höher. Erst wenn mindestens einer der Eltern volljährig war, konnte das Paar heiraten.
              [...]
              Bismarck vereinheitlichte die Volljährigkeits-Regelungen, die in den meisten Staaten bei 25 Jahren (in einigen aber auch bei 24, 22, und bei euch in Hessen auch damals schon bei 21 Jahren) lagen, 1875 durch generelle Herabsetzung auf 21 Jahre. 1950 wurde das Volljährigkeitsalter in der DDR auf 18 Jahre abgesenkt, erst 25 Jahre später, am 1.1.1975, auch in der BRD.

              Das Heiratsalter war damit nicht zwingend identisch und unterlag besonderen eigenen Regelungen (→ Für Einzelheiten guckstu hier:
              http://wiki-de.genealogy.net/Vollj%C3%A4hrigkeit)
              LG
              Dorothee
              „Krönung der Alten sind die Enkel und der Stolz der Kinder sind ihre Ahnen“ (Sprüche, Kap.17, Vers 6)

              Suche nach FN Leidiger in Thüringen.

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              • #22
                Zitat von Baptist Beitrag anzeigen
                Grüß Dich Joanna,

                ich habe vom Erzbischöflichen Archiv die Kopie einer Seite aus dem
                Ortsfamilienbuch wo meine Vorfahren gelebt haben.
                So viel ich weis, wurden diese Seiten zu einem späteren Zeitpunkt aus
                den Matrikelbüchern herausgeschrieben.
                Zunächst stehen da die Eltern meiner Theres, die 1800 geheitatete haben.
                Darunter wurden die Kinder des Ehepaares aufgelistet.
                Theres war das 6. Kind geboren 1809 und darunter als Randvermerk steht,
                etwas kleiner geschrieben und nicht leicht zu lesen, Mater, also Mutter
                von Sebastian Pertl und das Geburtsdatum 1833.
                Auf meine Rückfrage im Archiv hat man mir gesagt, dass dieser Sebastian,
                der 1874 unter dem Namen Stadler geheiratet hat, mein direkter Vorfahre ist.
                Ich frage mich halt wie und wann kam der Sebastian bei welcher Behörde zu seinem
                amtliche Familiennamen Stadler.
                Hallo Baptist (ist das Dein Vor- oder Zuname?),

                Du solltest für Deine Fragen ein eigenes Thema eröffnen. Sie gehen hier ansonsten unter.

                Wenn ich Dich richtig verstehe, liegt Dir kein Geburtseintrag vom Sebstian vor. Also fordere eine Kopie mit allen Randvermerken an. Vielleicht erklärt sich dann, wie erst der Name Pertl und dann Stadler zustande kommen.

                Gruß Joanna

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                • Baptist
                  Erfahrener Benutzer
                  • 27.09.2010
                  • 426

                  #23
                  Grüß Dich Joanna,

                  Baptist ist mein zweiter Vorname. Komplett Johann Baptist, nicht nur in
                  Bayern, sondern auch früher in Italien und Frankreich sehr verbreitet.

                  Was nun meinen Sebastian Pertl bzw. Stadler angeht bin ich dabei über
                  das zuständige Landratsamt in dessen Archiv, falls vorhanden, eine Urkunde
                  oder Vaterschaftsanerkennung zu erhalten. Vermutlich muss ich mich aber
                  ans Staatsarchiv in München wenden.
                  Ich habe gerade versucht mit dem Landratsamt zu telefonieren, aber niemand erreicht.
                  Vermutlich hat man sich schon in den Pfingsturlaub abgemeldet.

                  So wünsche ich Dir schöne Feiertage und bedanke mich für Deine
                  Antwort auf mein Problem.
                  Ein Servus aus der Schanz
                  Baptist

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                  • #24
                    Hallo Baptist,

                    danke für die freundliche Information zum Namen.

                    Ich wünsche Dir viel Erfolg bei der Suche im Archiv und außerdem schöne Pfingsfeiertage.

                    Gruß aus dem Norden der Republik,
                    Joanna

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                    • Anskeline
                      Erfahrener Benutzer
                      • 26.01.2009
                      • 1565

                      #25
                      Bin mir nicht ganz sicher, ob es hier ins Thema passt, aber extra ein neues eröffnen, wollte ich für meine kleine Frage auch nicht.

                      In der Heiratsurkunde von 1920 eines Vorfahren steht zum Bräutigam, der 1886 geboren ist: "Sohn der verstorbenen unverehelichten XY". Da ich zu der Mutter weiter keine Angaben habe, habe ich in der Ortschronik gestöbert und dort ihren - allerdings häufiger vorkommenden - Namen gefunden. Dort hat eben eine XY 1895 geheiratet.

                      Würde, wenn es nun die Gesuchte wäre, trotzdem in der Heiratsurkunde des Sohnes bei der Mutter "unverehelicht" stehen (mein Gedanke wäre: weil sie ja -vermutlich- nicht den Vater ihres Kindes geheiratet hat, also quasi als Hinweis darauf, dass das Kind nichtehelich auf die Welt gekommen ist)? Und in dem Zusammenhang: würde dann in dieser Heiratsurkunde die Mutter mit ihrem Mädchennamen aufgeführt werden und nicht mit dem Nachnamen, den sie durch die spätere Ehe erhalten hat?

                      Falls nein, kann sie es nicht sein, denke ich mal.

                      Kommentar

                      • Elisabeth
                        Erfahrener Benutzer
                        • 29.05.2012
                        • 195

                        #26
                        Hallo Anskeline,
                        Der Pfarrer hätte dann unehelicher Sohn der XY und nicht Sohn der unverehelichten XY geschrieben. Diese Formulierung sagt, dass die Mutter unverehelicht ist.

                        Herzliche Grüße Elisabeth

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                        • Anskeline
                          Erfahrener Benutzer
                          • 26.01.2009
                          • 1565

                          #27
                          Ok, danke! Dann kann die in der Chronik gefundene Person nicht die Mutter sein. Schade.

                          Kommentar

                          • Rheinländer
                            Erfahrener Benutzer
                            • 14.02.2012
                            • 1468

                            #28
                            Hallo zusammen,

                            die Formulierung "unverehelicht" habe ich aber auch bei einer Ahninnen gefunden:

                            1808 wird meine Ahnin als uneheliches Kind geboren und erhält den Namen der Mutter.
                            Die Mutter XY heiratet 2 Jahre später und nimmt also den Namen des Mannes an.
                            Als meine Ahnin 1843 stirbt steht in ihrer Sterbeurkunde: "... Tochter der unverehelichten XY)". Das gibt also nur die Situation zum Zeitpunkt der Geburt an - nicht was danach geschah.

                            Hat der Bräutigam also in diesem Fall hier seine Taufurkunde/Geburtsurkunde zum Eheschließungsakt mitgebracht, so ist die Mutter darauf folglich als "unverehlicht" angegeben... (Ich hoffe es wurde klar, wie ich das meine )

                            Ob das auch in diesem Fall zutreffend ist, weiß ich nicht, aber so war es in meinem Fall!

                            Viele Grüße und einen schönen Tag!
                            Zuletzt geändert von Rheinländer; 13.06.2014, 11:37.

                            Kommentar

                            • Anskeline
                              Erfahrener Benutzer
                              • 26.01.2009
                              • 1565

                              #29
                              Das ist ja quasi fast genau die gleiche Situation wie bei mir!
                              Ich hatte ja auch vermutet, dass es sich auf das nichteheliche Kind bezieht. Dann besteht ja doch noch Hoffnung, dass es bei mir die in der Chronik genannte Person sein könnte.
                              Danke, Rheinländer, deine Erklärung macht Sinn!!

                              Kommentar

                              • Rheinländer
                                Erfahrener Benutzer
                                • 14.02.2012
                                • 1468

                                #30
                                Hallo Anskeline,

                                manchmal liegt die Formulierung vielleicht auch beim Standesbeamten. Habe nochmal in meinen Unterlagen gesucht und dort ist mir noch ein anderer Fall bei meinen Ahnen aufgefallen, da wird die Braut unehelich geboren und in der Heiratsurkunde steht: "Tochter der nun verehelichten...". Da ist nun die geschlossene Ehe der Brautmutter berücksichtigt...

                                Hast du denn schon versucht, an die Sterbeurkunde der Mutter zu kommen? Müsste ja zwischen 1886 und 1920 sein... Vielleicht lässt sich aus den Angaben der Urkunde mehr erfahren?!

                                Leider alles sehr uneinheitlich! Aber ich bin mir sicher, das Rätsel um die Mutter lässt sich lösen Drücke fest die Daumen!

                                Ein schönes Wochenende und viele Grüße!

                                Kommentar

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