Mutter stirbt im Wochenbett - und was ist mit dem Neugeborenen?

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  • Melanie_Berlin
    Erfahrener Benutzer
    • 31.12.2007
    • 1300

    Mutter stirbt im Wochenbett - und was ist mit dem Neugeborenen?

    Hallo liebe Mitforschende,

    Aufgrund neuer familiärer Umstände bei uns kam mir heute ein Gedanke in den Kopf, der mir bisher noch nie so bewusst war. Die Sterblichkeitsrate im Wochenbett war ja vor Jahrhunderten hoch und jeder von uns wird in den Ahnenlisten einige Fälle finden, wo die frischgebackene Mama im Wochenbett verstarb. Manchmal starb auch das Kind, manchmal aber auch nicht.

    Nun gab es vor Jahrhunderten sicherlich kein Milchpulver und Männer konnten schlecht stillen. ;-) Was machte man dann mit den Babys? Suchte man im Dorf eine andere Mutter, die als Amme fungierte? Oder musste man dann einfach in Kauf nehmen, dass das Baby innerhalb der nächsten Tagen höchstwahrscheinlich vertrocknen wird?
    Viele Grüße,
    Melanie
  • holsteinforscher
    Erfahrener Benutzer
    • 05.04.2013
    • 2491

    #2
    Moinsen Melanie,
    in vielen großeren Städten gab es sgn. Michküchen/Säuglingsmilchküchen.
    [s.a.: www.kiel.de › ... › Stadtgeschichte › Kieler Frauenporträts]
    Hier findet man einen kleinen Beitrag zur Alten Kieler Milchküche]
    In den ländlichen Regionen versuchte man aber auch, die Kinder mittels
    Tiermilch und Breie am Leben zu erhalten. Es gab sogar Regionen, in denen
    das Stille eher als unschicklich angesehen wurde.
    Das Ammenwesen war in den ländlichen Regionen eher seltener anzufreffen, aber
    natürlich auch möglich. Hier sind es wieder eher die Städte, in denen sich nicht
    selten ein regelrechtes Ammenwesen entwickelte [bis um 1850].
    Mit den besten Grüssen von der Kieler-Förde
    Roland
    Die besten Grüsse von der Kieler-Förde
    Roland...


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    • scheuck
      Erfahrener Benutzer
      • 23.10.2011
      • 4383

      #3
      Mutter stirbt...

      Hallo, Melanie!

      In Ergänzung zum Beitrag des holsteinforscher....

      Ziegenmilch ist das Mittel der Wahl, wenn man nichts anderes zur Verfügung hat. - Ob nun auf dem Land auch jeder eine entsprechende Ziege zur Verfügung hatte, ist eine andere Frage, aber.....
      Im Gegensatz zur Kuh-Milch hat die Ziegen-Milch einige Vorteile:

      Besonders wertvoll ist die Ziegenmilch wegen ihres hohen Gehaltes an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Die gesunde Flüssigkeit beinhaltet Kupfer, Zink, Phosphor, Kalzium, Kalium, Natrium und Magnesium. Außerdem wartet sie mit den Vitaminen A, B1, B2, C, D und E auf. Gerade ihr hoher Vitamin D Gehalt wirkt sich bei der Zubereitung von Säuglingsnahrung positiv aus, denn Vitamin D trägt zur Rachitis Prophylaxe bei.

      so sagt Wikipedia jedenfalls
      Herzliche Grüße
      Scheuck

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      • mesmerode
        Erfahrener Benutzer
        • 11.06.2007
        • 2724

        #4
        hallo,
        wenn es keine Amme gab, bekamen die Babys 2/3 Milch.
        2 Teile Milch, 1 Teil Wasser und später etwas Haferflocken dazu.
        dann alles aufkochen. Bei Ziegenmilch die etwas mehr Fett enthielt
        gab man etwas mehr dazu.

        Uschi
        Schlesien: Gottschling, Krischock, Bargende, Geburek, Missalle
        Niedersachsen : Bleidistel, Knoke, Pipho, Schoenebeck, Plinke
        NRW : Wilms, Oesterwind, Schmitz, Wecks
        Rheinland Pfalz : Ingenbrandt, Schmitt, Ries, Emmerich

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        • Melanie_Berlin
          Erfahrener Benutzer
          • 31.12.2007
          • 1300

          #5
          An Tiermilch dachte ich gar nicht, weil man ja heutzutage auf Kuhmilch im ersten Lebensjahr verzichten soll. Aber auf dem Land ist natürlich Tiermilch gar nicht abwegig.

          Danke für eure Erklärungen!
          Viele Grüße,
          Melanie

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          • Karla
            • 23.06.2010
            • 1017

            #6
            Es gab aber meistens immer jemanden , der ausgeholfen hatte . Meine Oma war auch eine Amme !
            Ich muss das auch mit geerbt haben, denn ich hätte locker Zwillinge füttern können .
            Soviel Milch hatte ich bei meinen beiden Kindern .

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            • Rieke
              Erfahrener Benutzer
              • 13.02.2012
              • 1285

              #7
              Zitat von Melanie_Berlin Beitrag anzeigen
              Oder musste man dann einfach in Kauf nehmen, dass das Baby innerhalb der nächsten Tagen höchstwahrscheinlich vertrocknen wird?
              Das wird wohl niemand einfach so in Kauf genommen haben. Selbst in den schlimmsten und aermsten Verhaeltnissen werden die Menschen versuchen, einen Ersatz zu finden, um das Baby am Leben zu erhalten, und alles, was irgendwie naehrstoffhaltig sein koennte, in Wasser aufgeloest einfloessen.

              An Tiermilch dachte ich gar nicht, weil man ja heutzutage auf Kuhmilch im ersten Lebensjahr verzichten soll.
              Warum man heutzutage auf Kuhmilch (nur) im ersten Lebensjahr verzichten soll (und danach nicht?), ist mir ein Raetsel. Kann das gesteuert sein von den Trockenmilchherstellern?
              Aber verzichten wuerde ich wohl auch schon aus einem anderen Grunde; heute ist die Milch homogenisiert, d.h. die Fett- und Eiweissmolekuele sind dermassen zerschlagen, dass sie ohne Probleme durch den Darm direkt ins Blut gehen und das sowohl fuer einen fruehkindlichen Organismus als auch fuer Erwachsene nicht gut ist (um es einfach auszudruecken). Dazu gibt es viele Informationen im Netz.

              Wenn keine Amme gefunden werden konnte, dann war die 2/3 Milch, wie Uschi schon sagte, wohl die beste Loesung.
              Oder eben Ziegenmilch.

              Liebe Gruesse
              Rieke
              Meine Spitzenahnen....
              waren arm aber reinlich. Ihr Motto? Lieber leere Taschen als volle Hosen.

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              • roi
                Erfahrener Benutzer
                • 15.11.2006
                • 377

                #8
                Auf dem Land gab es kein Ammenwesen, dort war das Stillen natürlich normal. In unsrer Gegend wurden bis zur zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts aber auch keine Ziegen gehalten. In der Not wird man es mit verdünnter Kuhmilch versucht haben. Ich denke aber, dass ein überlebendes Neugeborenes eher einer gerade stillenden Nachbarin oder Verwandten zur Pflege übergeben wurde, weil man wusste, dass es dann die besten Chancen hatte.

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                • Amoena
                  Erfahrener Benutzer
                  • 11.06.2011
                  • 456

                  #9
                  Hallo,
                  in früheren Jahrhunderten starben Frauen sehr oft bei der Geburt oder im Wochenbett. Oft sind kurze Zeit später auch die Kinder gestorben. Erfahren habe ich dies, als ich das Kirchenbuch 2. Hälfte des 19. Jh. bis Anfang des 20. Jh. meiner väterlichen Linie gelesen habe. Besonders erschreckend war die Kindersterblichkeit.
                  Nach dem Erzählen unserer Omas und älterer Frauen war es früher üblich, das Kind zu einer stillenden Frau zu bringen. Oft hat eine Frau aus der Verwandtschaft oder Nachbarschaft das Kind mitgestillt.
                  Nebst Milch hat das Kind auch eine liebevolle Pflege gebraucht. Oft haben ältere Geschwister dies übernommen. Wenn es an "Liebe" mangelte, konnte es tragisch enden.
                  Ich habe mein erstes Kind mit der Kuhmilch gefüttert, nach ärztlicher Anweisung. Stillen durfte ich nicht, da mir und dem Kind Krankenhauskeime eingetragen wurden. Meine Schwiegereltern hatten eine Kuh, 5 % Fettgehalt. Das genaue Rezept weiß ich nicht mehr, aber ich habe Haferflocken in Wasser gekocht, später auch Reis, dann durch das Sieb passiert, dann dieses "Breichen" mit abgekochter Milch vermischt und in Fläschchen gefüllt.
                  Liebe Grüße,
                  Amoena

                  Kommentar

                  • Friwigi
                    Benutzer
                    • 22.05.2008
                    • 61

                    #10
                    Mutter stirbt im Wochenbett

                    Meine Urgroßmutter väterlicherseits war Amme bei Fürst Friedrich im Fürstenhaus in Arolsen. Aus welchem Grund die Fürstenmutter nicht selbst gestillt hat, ist mir nicht bekannt.
                    Als Dank bekam jedes Ihrer Kinder einen eingerahmten Spruch hinter Glas vom Fürstenhaus geschenkt. Der Spruch, den meine Großmutter bekam, lautet: Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit! Er hängt heute noch bei uns im Haus neben dem Bild meiner Urgroßgeltern.
                    Eine schöne Advents- und Weihnachtszeit wünscht
                    Friedrich II

                    Kommentar

                    • roi
                      Erfahrener Benutzer
                      • 15.11.2006
                      • 377

                      #11
                      Schon seit dem Mittelalter haben adelige Frauen ihre Kinder meist nicht selbst gestillt. Der Hintergrund: Die Ehefrau eines Fürsten musste für die weiter geführte Dynastie des jeweiligen Hauses sorgen, indem sie wegen der Kindersterblichkeit eben möglichst viele Kinder bekam.
                      Wird ein Kind nicht gestillt, behandelt der Körper die Sache so, als sei das Kind tot. Die Mutter kann dann relativ kurz nach dem Wochenbett wieder schwanger werden. Voll stillende Frau haben häufig erst nach einem Jahr wieder ihre Regel. Manche Frauen haben das auch bewusst zur Geburtenkontrolle eingesetzt, obwohl es natürlich nur sehr bedingt funktioniert.
                      Jedenfalls konnte eine adelige Dame dann jedes Jahr ein Kind bekommen.
                      Später entwickelte sich das in "vornehmen Kreisen" wahrscheinlich zu der Vorstellung, selbst zu stillen sei unfein und wer etwas auf sich hielt, beschäftigte eine Amme. Dabei war das Ziel, möglichst viele Kinder zu bekommen, im 19.Jahrhundert wohl längst passé.

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                      • Amoena
                        Erfahrener Benutzer
                        • 11.06.2011
                        • 456

                        #12
                        Zitat von roi Beitrag anzeigen
                        Wird ein Kind nicht gestillt, behandelt der Körper die Sache so, als sei das Kind tot. Die Mutter kann dann relativ kurz nach dem Wochenbett wieder schwanger werden. Voll stillende Frau haben häufig erst nach einem Jahr wieder ihre Regel. Manche Frauen haben das auch bewusst zur Geburtenkontrolle eingesetzt, obwohl es natürlich nur sehr bedingt funktioniert.
                        Mir ist es neu, dass man seinen Körper beeinflussen kann. Ich weiß, dass es Frauen gibt - ob sie stillen oder auch nicht, die ca. 1 Jahr keine Regel haben. Andere wiederum - auch wenn sie stillen, nach paar Monaten wieder schwanger werden können.
                        Jetzt was anderes. Ich kenne eine Frau, die zur 2. Gruppe gehört (man kann auch sagen: gehörte). Bei ihr sind 2 Kinder ganz plötzlich gestorben, lagen tot im Bettchen. Meine Mutter meinte, die Kinder wären gestorben, weil die Frau - bereits hochschwanger mit dem nächsten Kind, immer noch gestillt hat. Ich habe erfahren, dass die Frau einen Monat vor der Geburt immer noch das vorherige Kind gestillt hatte. Beim anderen Kind genauso.
                        Ich habe versucht, im Internet was zu finden, leider nichts gefunden.
                        Liebe Grüße,
                        Amoena

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                        • Grapelli
                          Erfahrener Benutzer
                          • 12.04.2011
                          • 2223

                          #13
                          Zitat von Amoena Beitrag anzeigen
                          In früheren Jahrhunderten starben Frauen sehr oft bei der Geburt oder im Wochenbett.
                          Das hab ich interessehalber mal nachrecherchiert: Im 19. Jahrhundert macht die Müttersterblichkeit etwa 1 % - 1,5 % an der Gesamtsterblichkeit der Frauen aus (LINK). Nach dieser Quelle (Seite 4) ging in Baden um 1865 etwa eine von 137 Schwangerschaften tödlich aus.

                          Für eine Frau mit 5 Schwangerschaften liegt die Überlebenswahrscheinlichkeit dann bei 96,4 Prozent, bei 10 Schwangerschaften sinkt sie auf knapp 93 Prozent (wenn man andere Todesursachen unberücksichtigt lässt). Das ist sicher mehr, als die meisten vermuten würden!

                          Zurück zum Thema!
                          Herzliche Grße
                          Grapelli

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                          • Brigitte Bernstein
                            Erfahrener Benutzer
                            • 02.08.2010
                            • 590

                            #14
                            Hallo!
                            Laut meiner Oma wurden in ihrem Dorf Ammen zu Hilfe genommen. Oft starb das Kind ja nicht gleich nach der Geburt, sondern in den ersten drei Monaten. Wenn also die Mutter schon gestillt hatte. Diese Mütter boten sich in solchen Notfällen gerne an und sicherten so das Überleben des Kindes dem die Mutter verstorben war. Nach 1900 habe ich kaum noch Geburten bei welchen die Kinder oder gar die Mütter starben. Auch die Mutter meiner Oma also meine Uroma übernahm dieses Amt als sie ein Zwillingspaar zur Welt brachte das aber in den ersten Monaten starb.
                            In Punkt Kuhmilch möchte ich einwerfen, dass es noch bei meiner Geburt laut meiner Mutter völlig normal war, dass Babys mit Kuhmilch ernährt wurden. Säuglingsnahrung gab es ja nicht. Diese wurde halt wie schon geschrieben für das Baby aufbereitet. Bei meiner Schwester sie wurde vier Jahre später geboren gab es schon Milchpulver.
                            Suche im Raum Trautenau, Parschnitz, Alt Rognitz, Deutsch Prausnitz, Bausnitz und Lampersdorf. Meine Namen Rasch, Staude, Reichelt, Letzel,

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                            • Garfield
                              Erfahrener Benutzer
                              • 18.12.2006
                              • 2142

                              #15
                              Zu den letzten paar Beiträgen:

                              Meines Wissens wurde Stillen als natürliche Verhütung eingesetzt, da dies auch die Mutter vor zu vielen schwächenden Schwangerschaften schützte. Bei manchen Frauen wird dies geholfen haben, andere wurden trotzdem sofort wieder schwanger. Ich meine, das Thema hatten wir hier erst kürzlich, finds aber nicht mehr.

                              Laut "Kindheit im Mittelalter" von Shulamith Shahar war es bei den reicheren Familien üblich, das Kind an eine Amme zu geben bzw eine Amme im eigenen Haus anzustellen. Dies wurde schon damals immer wieder kritisiert, da bereits damals bekannt war, dass die eigene Muttermilch das Kind am besten vor Krankheiten schützt.


                              Zum ursprünglichen Thema:

                              Ich würde jetzt aber mal davon ausgehen, dass Neugeborene mit verstorbenen Müttern von Ammen oder Verwandten gestillt wurden, soweit das halt möglich war.
                              Ansonsten wurde bestimmt versucht, das Kind mit anderen Mitteln am Leben zu erhalten.

                              Ich meine mal gelesen zu haben, dass man Kuhmilch sehr lange Zeit gar nicht direkt trank, sondern direkt weiterverarbeitete. Getrunken wurde eher Ziegenmilch. Leider weiss ich nicht mehr, ob das nur in der Gegend hier war (Schweiz) und wann genau .

                              Durch Google bin ich aber noch auf folgendes gestossen:
                              Ohne besondere Vorkehrungen sind Milch und Milchprodukte eine leicht verderbliche Ware - bis zum Ende des 19. Jahrhunderts galt Milch als Gesundheitsrisiko, vor allem bei Kindern. Oft wurde der Tod von Kindern auf den Verzehr von verdorbener Milch zurückgeführt. Es war lange Zeit üblich, die Milch mit Wasser zu "strecken" - der Wasseranteil dieses Gemisches lag bei bis zu 50 Prozent. Diese Vorgehensweise stellte ein zusätzliches Gesundheitsrisiko dar, weil das Wasser oftmals aus verunreinigten Flüssen oder Brunnen stammte und deshalb giftig war. Nur durch das Abkochen von Flüssigkeiten konnte man sich sicher sein, es mit einigermaßen "sauberer" Ware zu tun zu haben.
                              Quelle: www.helles-koepfchen.de
                              Viele Grüsse von Garfield

                              Suche nach:
                              Caruso in Larino/Molise/Italien
                              D'Alessandro in Larino und Fossalto/Molise/Italien und Montréal/Kanada
                              Jörg von Sumiswald BE/Schweiz
                              Freiburghaus von Neuenegg BE/Schweiz
                              Wyss von Arni BE/Schweiz
                              Keller von Schlosswil BE/Schweiz

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