Vom deutschen Bauernadel und polnischen Kohleadel

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  • Hina
    Erfahrener Benutzer
    • 03.03.2007
    • 4661

    Vom deutschen Bauernadel und polnischen Kohleadel

    Die Geschichte zur Geschichte

    Warum auch immer - es ist nicht erst seit dem neuerlichen Boom in der Ahnenforschung so, dass viele Familien der Überzeugung sind, sie stammen von einem Adelsgeschlecht ab. Der eine geht der Sache auf den Grund und überprüft den Wahrheitsgehalt, der andere akzeptiert die Geschichte so, wie sie eben ist.

    Viele Menschen kennen sie, die Geschichten der Großmütter und Großväter, die einem als Kind mit in den Schlaf gegeben wurden. Nein, es waren nicht die schaurigen Geschichten der Brüder Grimm von Hänsel und Gretel, die von der bösen Hexe einsperrt wurden oder von der Großmutter, die der böse Wolf verschlang, nein, diese Geschichten sind wahr, denn sie stammen aus der eigenen Familie. Diese Geschichten haben nur eines, sie gleichen sich wie ein Ei dem anderen.

    So wurde erzählt, dass es eine Ahnin gab, die jung und hübsch und sehr tüchtig war und sich auf dem Hof des adeligen Gutsbesitzers verdingte. Der Gutsbesitzer interessierte sich nicht nur für ihre fleißige Arbeit, er interessierte sich auch für sie selbst. Die Liebe war groß aber nicht standesgemäß. Eine Heirat war nicht möglich. Dennoch erwartete die Ahnen ein Kind der Leidenschaft. Leider konnte sich der Gutsherr zu diesem Kinde nicht bekennen und so ging sie an einen fremden Ort, gebar das Kind und schwieg für den Rest ihres Lebens, doch jeder in der Familie weiß, wer der Vater war.

    Eine andere Geschichte handelt von der Tochter einer Adelsfamilie, die als Nonne ins Kloster geschickt wurde. Sie sollte eine strenge religiöse Erziehung genießen und nie an den Freuden der Liebe und Mutterschaft teilhaben können. Die Adelstochter war tot unglücklich, doch es gab eine Fügung, die nur der Herrgott senden konnte. Es trug sich zu, dass ein kriegführendes Heer durch die Lande zog und zur Nacht Quartier machte. Man erwählte das Kloster als Lager. Dort verliebte sich ein Soldat in diese unglückliche junge Frau aus edlem Hause, befreite sie und nahm sie mit fort. Sie heirateten gegen den Willen ihrer Eltern und sie musste auf all ihr Erbe verzichten aber sie ward froh und glücklich bis an ihr Lebensende und ihre Nachkommen blühen bis heute fort.

    Eine weitere Familiensage besagt, dass der Name der Familie leider einen bedauerlichen Makel aufweist. Eigentlich waren wir ja mal „von“, so heißt es. Nur leider trug es sich zu, dass ein Ahne seinen Lebenswandel nicht so ruhmreich führte. Er trank, er zockte, er liebte das lockere Leben. Leider stürzte er damit die ganze Familie in den Ruin. Das einzige was blieb, um die Familie durchzubringen, war der Verkauf des Adelstitels. Man konnte notfalls auch ohne das „von“ leben, es ist nur ein Jammer drum, denn schließlich konnte man daran erkennen, welch edlem Geblüt die Familie entstammte.

    Dagegen haben es andere gut, sie haben ihr „von“ im Namen und so werden die Geschichten des edlen Geblüts erzählt. Leider scheinen die Vorfahren nicht so recht weitsichtig mit ihrem Besitz umgegangen zu sein, denn in den letzten Generationen finden sich nur noch Bauern, Handwerker und Dauerstudenten. Das Vermögen ist leider bei einem der vielen kostspieligen Kriege drauf gegangen.

    Eine weit verbreitete Familiengeschichte existiert vor allem im Ruhrgebiet, dort, wo besonders viele Nachkommen polnischer Bergarbeiter leben. Wir stammen vom polnischen Adel ab, so weiß es jeder Familienzweig und die Familie ist groß. Leider waren viele polnische Adelige durch die reiche Kinderschar so verarmt, dass nur noch die Auswanderung und die Arbeit in der Ruhrkohle als Ausweg erschien. Dennoch blickt die Familie auf ruhmreichere Zeiten zurück. Klarer Beleg dafür ist natürlich, dass wenigstens der Name xxtzxxski blieb, auch wenn er ein wenig eingedeutscht wurde.

    Wer erkennt evtl. eine dieser Geschichten so oder in Abwandlung wieder - das uneheliche Kind, die enterbte Tochter, der verkaufte Adelstitel, das „von“, das keiner zur Kenntnis nimmt, der polnische Adelige in der Kohle?

    Eines haben alle Geschichten gemeinsam, sie MÜSSEN wahr sein, sonst würden sie sich nicht so lange und so klar in der Familie halten.

    Um ein wenig Licht ins Dunkel der Geschichten zu bringen, geht es erst mal in Form eines Fragebogens weiter.

    ************************************************** ***********
    1.
    Existiert eine Gesichte zu einer Adelsabkommenschaft in Ihrer Familie?

    Wenn ja, dann gehen sie weiter zu Frage 2.
    Wenn nein, dann möchte ich Sie nicht langweilen aber vielleicht haben Sie ein wenig Lust auf die Lektüre.

    2.
    Gibt es zu Ihrer Geschichte auch Namen und Belege, z.B. eine Ahnentafel oder Dokumente?

    Wenn nein, dann gehen Sie weiter zu Frage 3.
    Wenn ja, dann kennen Sie sich ja gut aus und es gibt sicher hier nichts neues für Sie.

    3.
    Welche der Geschichten kommt der Ihrigen am nächsten?

    Das uneheliche Kind, dann klicken Sie hier
    Die Befreiung aus dem Bann der Familie, dann klicken Sie hier
    Der verlorene Adelstitel, dann klicken Sie hier
    Das „von“ ist da aber ich werde nie zu einem Adelsball eingeladen, dann klicken Sie hier
    Der polnische Adel, dann klicken Sie hier

    Und ist Ihnen das alles egal, Sie wissen aber, dass Sie unbedingt adelig sein wollen, dann können Sie auch auf die Lektüre pfeifen.

    ************************************************** ***********

    Vielleicht ist dem einen oder anderen anhand der Ausführungen klar geworden, dass so gut wie alle diese Familien-Geschichten ohne nachvollziehbare Hindergrundinformationen einfach nur Geschichten sind. Wer wirklich adeliger Abstammung ist, der weiß es in der Regel auch nicht nur durch eine hübsche Geschichte. Die meisten adeligen Familien schreiben seit je her ihre Stammfolgen nieder, fertigen Familienchroniken an oder es existieren ausreichend Dokumente. Man kennt einfach seine Familienmitglieder.

    Es gibt gemessen an der Häufigkeit der Geschichten äußerst wenige adelige Familien, in denen solch eine Geschichte tatsächlich stattgefunden hat. Diese wurden gerne von Chronisten festgehalten und liefern bis heute den Stoff, aus denen Romane und Filme gemacht wurden, aber eben auch Stoff für Familiengeschichten.

    Wer immer noch von dem Wahrheitsgehalt seiner Familiengeschichte überzeugt ist, der mag weiter daran glauben oder sich auf den Weg der Ahnenforschung machen. Adel ist vielleicht nicht zu finden aber es mag so manch andere spannende Geschichte zum Vorschein kommen und die bildet dann den Stoff für die Geschichten, die man an seine Kinder weitergeben kann und zwar mit Belegen.

    Viele Grüße
    Hina

    PS: Mein Blut ist übrigens rot
    "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

  • #2
    RE: Vom deutschen Bauernadel und polnischen Kohleadel

    Hallo Hina,

    was sind denn beim polnischen Adel die Wappenclan-Namen?
    Gibt es eine Übersicht darüber?

    Schöne Grüße aus Düsseldorf

    Astrid

    Nachfahrin eines JANKOWSKY aus Nettschunen

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    • Billet
      Erfahrener Benutzer
      • 21.01.2007
      • 1985

      #3
      @ schaefera

      Hier gibt es einiges zum polnischen Adel zu lesen:


      und auch hier:
      Wappen-Billet.de
      M.d.WL.
      M.d.MWH.

      Kommentar

      • Hina
        Erfahrener Benutzer
        • 03.03.2007
        • 4661

        #4
        RE: Vom deutschen Bauernadel und polnischen Kohleadel

        Hallo Astrid,

        ergänzend möchte ich noch sagen, es nutzt wenig, danach zu suchen, welche Wappen und Wappenclan-Namen zum entsprechenden -ski-Namen verzeichnet sind. Da stößt man durchaus auf die verschiedensten. Ans Ziel kommt man erst, wenn man tatsächlich seine Familie erforscht. Ansonsten hat man sehr schnell das Problem, dass man immer noch nicht weiß, ob man auf der richtigen Spur ist, zumal gleicher -ski-Name am selben Ort mit und ohne Adel überall vorkam. Allerdings sind Nachforschungen zu Dokumenten in Polen nicht gerade einfach und das verleitete dann die unzähligen in Deutschland lebenden -skis dazu, sich selbst zu "adeln".

        Bisher ist mir persönlich nur eine einzige Familie bekannt, in der die Familien-Geschichte vom verarmten ausgewanderten Adel dann stimmte. Dort war tatsächlich auf der Geburtsurkunde der Mutter auch der Wappenclanname eingetragen und da die Familie Preußen huldigte, führten sie auch das deutsche Adelsprädikat "von".

        Viele Grüße
        Hina
        "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

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        • #5
          RE: Vom deutschen Bauernadel und polnischen Kohleadel

          Hallo Claus und Hina,

          danke für die Links und für die ausführliche Antwort.


          Da ich mich noch nie besonders für den polnischen Adel bzw. den Kohleadel interessiert habe bin ich gerade auf dem Weg meinen Wissenschatz zu erweitern.

          Da in meiner Familie weder die Familiengeschichte von dem verlorenen "von" herumgeisterte und Ururopa schon um 1850 in Charlottenburg (kein Bezug zum Kohlenpott) lebte komme ich auch gar nicht auf den Gedanken das "mein Jankowsky/ski" irgendwie von Adel war.
          Das einzigste "Gerücht" was mir diesbezüglich zu Ohren gekommen ist, dass seine Schwiegertochter vor der Ehe als Wäscherin für das Charlottenburger Schloß gearbeitet haben soll.
          Das ist für mich eine glaubhafte und realistische Geschichte zumal Uroma auch wirklich diesen Beruf ausübte.

          Ich wünsche euch einen schönen Tag

          Astrid

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          • Hina
            Erfahrener Benutzer
            • 03.03.2007
            • 4661

            #6
            RE: Vom deutschen Bauernadel und polnischen Kohleadel

            Hallo Astrid,

            der Kohleadel ist eigentlich nur das Sinnbild. Diese Geschichten gibt es auch anderswo, nur dort auf Grund der Zahl der Einwanderer ganz besonders oft.

            Ich denke, das was in Deiner Familie gesagt wird, dürfte einen recht hohen Wahrheitsgehalt haben. Um diese Zeit war Charlottenburg noch eine selbständige Stadt. Wer Charlottenburg und seine Geschichte kennt, der weiß, dass fast alles wirtschaftliche dort in irgendeiner Form mit dem Schloß aber vor allem auch mit den vielen Ämtern zu tun hatte. Es war im Grunde ein Refugium, was sich durchaus von Berlin unterschied. Nicht von ungefähr wird übrigens Charlottenburg von den Alteingesessenen immer noch Charlottengrad genannt, da es unzählige Einwanderer gab, die dort das Leben prägten. Eine besondere "vornehme" Eigenheit hat Charlottenburg heute noch. Die in Berlin üblichen Hinterhäuser werden in Charlottenburg Gartenhäuser genannt. Auch wenn man nicht in der ersten Reihe lebte, man hatte einfach Stil .

            Viele Grüße
            Hina
            "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

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            • Rittermann
              Neuer Benutzer
              • 21.09.2007
              • 4

              #7
              Adelsmärchen

              Zuerst: Familiengeschichten MÜSSEN nicht wahr sein, weil Sie sich so lange halten. Tatsächlich entstehen solche Familiengeschichten durch traditierte Desinformation über ein paar Generationen. Es ist leider ein bekanntes psychologisches Phänomen, dass der Mensch fehlende Erinnerungen positiv ergänzt und sie am Ende selber glaubt. Das ist leider ein Schutzmechanismus unseres Gehirnes. Aus dem Wäschermädl beim Gutsbesitzer wird nach wenigen Generationen die Gattin eines Schloßbesitzers. Oder - ein aktuelles reales Beispiel - in der Familienlegende wurde aus dem bürgerlichen Besitzer einer etwas devastierten Burg nach 200 Jahren ein Baron.

              a) Die Familiengeschichten vom "verkauften" Adel ist leider schon deshalb immer falsch, da es keine Möglichkeit gab, den Adel zu verkaufen. Das ist sowohl für Deutschland, als auch Österreich-Ungarn kompletter Unsinn. Adel wird ausschließlich durch Geburt, oder Verleihung eines Landesfürsten erlangt. Auch bei den heutigen Adoptionen mit klangvollem Namen erwirbt man leider nur den Namen und nicht den Adel. Und selbstverständlich die Möglichkeit sich furchtbar lächerlich zu machen, da man in keinen Adelskalender aufgenommen wird, ausser man schreibt ihn selber.

              b) Ob der polnische Adel - sie Szlachta - eine Auszeichnung ist, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls geht der Anteil der "adeligen Bevölkerung" gegen die 10 Prozent. Leider war der polnische Adel schon am Ende des 18. Jhdts. materiell vollkommen ruiniert, jedoch unglaublich stolz, da jeder polnische Adelige theoretisch König werden konnte. Zeitgenössische Schilderungen erzählen von adeligen Dörfern, in denen sich die "Adeligen" wegen eines Huhnes in die Haare gerieten und ihr kleines Feld mit umgegürteten Schwert bestellten.
              Im Übrigen konnte der polnische Adel tatsächlich per Adoption erlangt werden, was nun den Wert dieser sozialen Stellung ebenfalls nicht unbedingt erhöhte. Die Familien, die tatsächlich eine hervorragende Stellung innehatten, sind hervorragend dokumentiert. Und noch ein kleines Detail: der polnische Adel war untituliert - einen polnischen Grafen, oder Fürsten hat es nie gegeben, sondern immer nur Grafen und Fürsten polnischer Herkunft.

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              • Hina
                Erfahrener Benutzer
                • 03.03.2007
                • 4661

                #8
                RE: Adelsmärchen

                Hallo Herr Rittermann,

                herzlich willkommen im Forum.

                Mein Text ist eine Glosse, deshalb das ironische hervorheben, dass die Geschichten wahr sein MÜSSEN. Ich bediente mich der immer wiederkehrenden Geschichten von Fragestellern. Die grundlegenden Erklärungen zu den einzelnen Geschichtenvarianten sind im Fragebogen verlinkt, weil ich das ganze nicht zu einem noch längeren Text ausarten lassen wollte. Einem wissenschaftlichen Anspruch wird eine Glosse absichtlicherweise nicht gerecht.

                Vielen Dank aber für Ihre sehr informativen Ergänzungen. Besonders die polnische Szlachta ist ja ein recht kompliziertes Thema. Aber gerade das ist es wohl auch, was besonders die "Kohleadligen" dazu brachte, sich als Szlachta-Famlien darzustellen. Armut war ja fast schon ein "Indiz" für polnischen Adel. So konnte man zumindest versuchen, im unwissenden Ruhrgebiet, sein Ansehen vielleicht ein wenig aufzubessern . Ob es tatsächlich geholfen hat?

                Herrlich auch, was Sie über den Aufzug mit dem Schwert schreiben. Auch das Zitat aus "Die Bauern" von Wladyslaw Reymont: "Edle Herren, Aaszeug, Sack und Pack. Weichselzöpfe, ohne Pferde kommen sie aus, weil die Läuse sie schon allein vorwärts tragen", sagt sehr viel über die Situation des polnischen Adels aus.

                Viele Grüße
                Hina
                "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

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                • Rebecca
                  Neuer Benutzer
                  • 25.11.2007
                  • 1

                  #9
                  Bauernadel???

                  Ich war gestern auf nem Familientreffen...

                  im nachhinein wurde mir gesagt das wohl mal irgendwer rausgefunden hat das wir bzw unser Nachname oder zum Bauernadel gehört!

                  Jetzt würde ich gerne Wissen, was genau der Bauernadel ist, wo er herkommt etc!

                  Danke

                  Kommentar

                  • Hina
                    Erfahrener Benutzer
                    • 03.03.2007
                    • 4661

                    #10
                    RE: Bauernadel???

                    Hallo Rebecca,

                    sei herzlich willkommen hier im Forum.

                    Den Begriff "Bauernadel" gibt es offiziell nicht. Ich habe ihn nur für meine Glosse verwendet, weil Familien, die "von ...." heißen aber nicht adelig sind - es sind also reine Herkunftsnamen - im Volksmund zuweilen so genannt werden. Entsprechend kommt auch der Begriff "Strandadel" vor. Ich kenne ihn aus Blankenese, gibt es sicher auch noch anderswo in Küstenregionen. In Norddeutschland, Westfalen und besonders in den Niederlanden (van) sind diese Herkunftsnamen mit "von" noch sehr verbreitet. Deshalb sollte man bei Namensträgern mit "von" nicht generell auf Adel schließen, wenn dem "von" ein Ort oder eine Region folgt.

                    Der Begriff Bauernadel widerspricht sich im Grunde sowieso schon selbst. Der Bauer war vom Stand her Bauer, der Adelige vom Stand her Adel.

                    Verwechseln sollte man den "Bauernadel" auch nicht mit dem "Landadel". Diesen gibt es ebenfalls nicht als offiziellen Begriff, die Bezeichnung wird allerdings oft verwendet, wenn es sich um Adelige handelt, die ländliche Güter besaßen.

                    Beim Adel selbst unterscheidet man in Deutschland Fürstliche Häuser, Gräfliche Häuser, Freiherrliche Häuser und untitulierter oder einfacher Adel.

                    Auch der "Uradel" ist kein offizieller Begriff. Er ist eine Erfindung der Herausgeber der "Gothaischen Genealogischen Taschenbücher des Adels" für den alten Adel, der schon vor der Einführung von Nobilitierungen im 13. Jh. bestand. Es waren freie Edelleute, die jedoch keine verbriefte Erhebung in den Adelsstand besaßen, dem sogenannten Briefadel dennoch gleichgestellt waren.

                    Es gibt übrigens noch so einen volksmundlichen Begriff und das ist der "Geldadel", der ebenfalls nichts mit dem Adel zu tun hat, sondern so werden zuweilen Leute, die sehr reich sind, bezeichnet.

                    Viele Grüße
                    Hina
                    "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

                    Kommentar

                    • Rittermann
                      Neuer Benutzer
                      • 21.09.2007
                      • 4

                      #11
                      Nee, ganz so einfach ist die Sache mit dem deutschen Adel leider nicht.
                      1) Aber zurück zum bürgerlichen "von". Das gibt es nicht nur noch in den Küstenregionen, sondern auch in der Schweiz bzw. in verschliffener Form in Vorarlberg in Österreich. Namen, wie zum Beispiel "Zumtobel", "Vonweiler" wurden vor gar nicht allzu langer Zeit noch "zum Tobel" oder "von Weiler" geschrieben. In der Schweiz haben diese Schreibweisen teilweise bis heute überlebt.

                      In der genealogisch-historisch-biographischen Literatur - zum Beispiel das Genealogische Handbuch des Adels - wird das bürgerliche "von" ausgeschrieben, während das adelige "von" mit "v." ausgezeichnet wird. Es ist mir allerdings aktuell nur ein Beispiel bekannt, dass ich allerdings hier nicht mitteilen möchte.

                      2) zum Begriff "Landadel": der Begriff hat leider relativ wenig mit "ländlichen Gütern" zu tun. Jeder Adelige mit Bauernhof wäre dann - trotz der z. B. in Bayern verbotenen "bürgerlichen Hantierung" (= Adelsverlust) - ein Landadeliger. Nein, der Besitz eines Bauernhofes erhebt einen Adeligen nicht in den "Landadel". Im übrigen steht ein "Landadeliger" vereinfacht dargestellt ziemlich hoch über einen nicht Landadeligen gleichen Adelsrangs (in Österreich bis 1848 immer mindestens Ritter). Denn die hier fälschlicherweise als "ländliche Güter" bezeichneten Besitzungen des sogenannten Landadels waren immer mit irgendwelchen Rechten ausgestattet. Das ging bis zur Landeshoheit, die z. B. auch ein Freiherr innehaben konnte!

                      3) Zum deutschen Adel: Leider ist es nicht so einfach, dass jeder deutsche Fürst gleichrangig mit einem anderen deutschen Fürsten ist.
                      a) Man unterscheidet Hohen und Niederen Adel
                      b) innerhalb des Hohen Adels unterscheidet man zwischen Alt- und Neufürsten
                      c) innerhalb des Niederen Adels unterscheidet man zwischen hochtitulierten (Hochadel) und Untitulierten Adel.
                      d) innerhalb des Niederen Adels wird auch zwischen landgesessenen Adel (Landtafel, Inkolat, Immatrikulation) und nicht landgesessenen Adel unterschieden (s. o.)

                      zu a) zum hohen Adel gehören ausschließlich Familien, die ehemals die Landeshoheit hatten. (z. B. Hessen, Bayern, Baden, Sachsen, Braunschweig etc. etc.) Dazu können u. Umständen auch Freiherren zählen (bis zum 2. Dt. Reich).
                      zu b) die Fürsten des Hohen Adels unterscheiden sich wiederum in Alt- und Neufürsten. Das Trennungsjahr ist glaube ich 1576 (kann mich aber um ein paar Jahre irren.) D. h. die Fürsten v. Liechtenstein sind Neufürsten, während das Haus Hannover-Braunschweig - also die Welfen - Altfürsten sind (und nach Meinung Vieler das vornehmste Haus des deutschen Adels darstellen).
                      c) Niederer Adel sind alle ausschließlich hochtitulierten Häuser, die über keine entsprechenden Besitzungen - also ein souveränes Reichsterritorium - verfügten.
                      Die schon erwähnten Fürsten Palm gehören zum niederen hochtitulierten Adel (= in Deutschland und Österreich: Hochadel, aber nicht: hoher Adel).
                      d) Eine Sonderform des souveränen Reichsbesitzes ist der "landtafelige Besitz". D. h. ein Besitz mit Stimme im Landtag, oder z. B. in einer Reichsritterschaft (s. o.: der Landadel). Betrachtet man die geschichtliche Entwicklung des Adels, so wird klar, dass es sich hier ebenfalls um eine "Urform" des Adels (Besitz eines Gebietes, dass verteidigt werden muss) handelt und entsprechend über dem normalen Briefadel (ohne entsprechenden Besitz) steht.

                      Leider kann ich hier nur einen sehr kurzen gerafften Überblick über die "Ränge" im deutschen Adelssystem geben. Denn es gibt sie nicht in vereinfachter Form! Selbst bei der Anrede einer Person des hochtitulierten Adels muss man leider in der Literatur nachsehen, welche nun die richtige ist. Denn nicht jeder Fürst ist "Durchlaucht" und nicht jeder Graf "Erlaucht". Sofern aber jemand Auskunft benötigt, kann ich gerne helfen.

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