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  • Friedrich
    Moderator
    • 02.12.2007
    • 11326

    peperit in via

    eitrei

    Es handelt sich um einen Taufmatriken-Eintrag im Jahr 1819 aus der Pfarre St. Veit (heute Graz-St.Veit/Steiermark/Österreich).
    Der Eintrag ist in Deutsch und Kurrentschrift außer ganz am Schluss die letzten 3 Worte sind in Latein und in lateinischer Schrift: "peperit in via". Die Betreuer im Diözesanarchiv konnten es auch nicht lösen. Der Hintergrund könnte sein: Die Mutter ist ledig, es ist kein Vater eingetragen. Die Mutter ist nicht aus St. Veit sondern aus dem angrenzendem St. Stefan. Alle anderen ihrer Kinder kommen in St. Stefan zur Welt. Beim 2. Kind bekennt sich der Vater in St. Stefan zum Kind, beim 3. sind sie verheiratet. Diese erste Kind eine Theresia, gibt in ihrem späteren Leben, bei den Taufen ihren Kinder immer als Geburtsnamen, den Namen dieses Mannes an, der tatsächlich auch ihr Vater sein dürfte. Im hohen Alter nimmt sie ihn sogar zu sich auf und er stirbt dann auch bei dieser seiner vermutlichen Tochter.
    Ich habe etliche Seiten vor und zurück geblättert aber nirgends gesehen, dass der Pfarrer wo anders diesen oder einen ähnlichen Zusatzeintrag gemacht hat.

    niederrheinbaum

    "In via" bedeutet "unterwegs" oder "auf dem Weg". Das hat wohl damit zu tun, dass die Geburt nicht im Heimatort der Mutter erfolgte, sondern wohl tatsächlich, als sie unterwegs war.

    "Peperit" kommt von "pario" und ist die Vergangenheitsform von diesem Ausdruck. "Pario" heißt "hervorbringen, gebären".
    Das passt also.
    Zusammen bedeuten die Worte demnach, dass sie die Tochter "unterwegs geboren hat".
    Interessante Anmerkung in dem Taufbuch! Was die Pfarrer so alles bei ihren Einträgen vermerkten. Das hilft einem heute oft weiter.
    Auch die Geschichte der Frau und des Vaters ihrer Kinder ist interessant.

    eitrei

    Genau so ist es. Die Adresse, die bei der Geburt angegeben ist, ist weder der Wohnort der Mutter noch des von mir angenommen Vaters, sondern liegt ziemlich genau auf halber Strecke der Wohnort der beiden (6-8 km).
    Was ich leider nicht mehr herausfinden werde, ob es eine Spontangeburt war, oder ob die Frau unterwegs zum zukünftigen Vater war, oder es auf dem Heimweg war.
    "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
    (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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    • Friedrich
      Moderator
      • 02.12.2007
      • 11326

      Procurator

      Edda

      ich habe heute in einem Ortsfamilienbuch aus Ostfriesland folgenden Taufeintrag gefunden:
      Name Vorname Datum Name des Kindes Procurator
      ab dem 5. Kind
      Name Bürgermeister Datum Name des Kindes
      Ist Procurator ein Beruf? Was habe ich mir darunter vorzustellen? Die Taufeinträge waren zwischen 1707 und 1720.

      niederrheinbaum

      Procurator kommt aus dem Lateinischen und heißt übersetzt: Verwalter, Stellvertreter, Geschäftsführer.
      Als Berufsbezeichnung für den Vater, Paten usw. wäre es also logisch in dem Eintrag.
      Könntest Du vielleicht den entsprechenden Eintrag genauer beschreiben oder einen Scan hinzufügen?

      Edda

      Das würde heißen, dieser Vorfahre war zunächst Stellvertreter des Bürgermeisters ( sowas wie 2. Bürgermeister heute).
      Lediglich der Verfasser des OFB's hat bei den ersten Kindern den Beruf hinten und als der Ahn Bürgermeister war direkt nach dem Nachnamen ohne Vornamen gestellt.
      "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
      (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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      • Friedrich
        Moderator
        • 02.12.2007
        • 11326

        Hauekollekte

        Marlies

        was bitte ist eine "Hauekollekte"?
        Aus dem Amtsblatt Aachen 1870:
        ...... zur Aufbringung der Kosten für den Neubau der kath. Pfarrkirche zu Bergheim-Müllekoven bei den katholischen Einwohnern eine abzuhaltende Hauekollekte bewilligt hat .....
        Ob der Schriftsetzer hier wohl in die "falsche Schublade" gegriffen hat und es ist eine Hauskollekte gemeint?

        Xtine

        ich vermute es ist die Hauskollekte.
        Sieh mal hier: http://www.heimatverein-liedberg.de/005-301.htm
        Im 2. größeren Absatz von unten ist einmal von Haus- und einmal von Haukollekte die Rede, offensichtlich ist beidesmal das Selbe gemeint. Ich tippe mal, daß Dein Schreiber sich auch verschrieben (vertippt?) hat.

        Marlies

        der Eintrag stammt aus dem offiziellen Amtsblatt Aachen, ist also gedruckt erschienen. Wahrscheinlich hat der Schriftsetzer in die falsche Schublade gegriffen und es ist wohl wirklich eine Hauskollekte gemeint.
        So eine Hauekollekte hätte aber sicher auch Wirkung gezeigt, jeder der nicht spendet, wird "verhauen"
        "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
        (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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        • Friedrich
          Moderator
          • 02.12.2007
          • 11326

          Beruf Waldschätzbeamter

          elritze

          kann mir jemand aufschlußreiches über diesen Beruf sagen? In einem Dokument fand ich "Waldschätzbeamter in Windischgrätz".

          Marlies

          Ein Schätzer war/ist jemand, der eine Sache nach ihrem Wert einschätzt, in "Deinem" Fall also den Wald. Sie waren Sachverstädinge für einen bestimmten Bereich, es gab z.B. auch Brotschätzer oder Fruchtschätzer

          elritze

          Bedeutet das, dass mein Vorfahre (ein Agraringenieur) bei der Stadt Laibach angestellt war, oder bei einem Waldbesitzer/Gutsherrn (?) in Windischgrätz?

          Marlies

          in der Ecke, in der Windischgrätz liegt, kenn ich mich zu wenig aus, als dass ich einschätzen könnte, ob Beamter dort die gleiche Bedeutung hatte wie bei uns. Mit "Titelvergabe" war man ja eine Zeitlang sehr großzügig
          "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
          (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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          • Friedrich
            Moderator
            • 02.12.2007
            • 11326

            Thuger./Thugur.- latein. Berufsbezeichnung?

            juicer

            Mein Problem ist es, den Berufsstand meines Urururgroßvaters zu ermitteln. Daher bitte ich euch um Hilfe bei der Auflösung des "Rätsels"...

            Xtine

            tugurium = Hütte
            Vielleicht ist so etwas wie ein Häusler gemeint?

            juicer

            Häusler könnte durchaus möglich sein.
            In der nächsten Zeile ist nochmals das Wort "Thuger." (-soweit ich es lesen kann) verzeichnet.

            Irmgard

            ich würde sagen, das ist kein Beruf, sondern der Familienname der Cath(arina).

            Ursula

            Ich habe einen tegularius gefunden. Das ist ein Ziegler

            Irmgard

            Die von Christine B. genannte Erklärung T(h)ugur-ium würde der Kürzungsregel entsprechen.
            "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
            (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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            • Friedrich
              Moderator
              • 02.12.2007
              • 11326

              Abkürzungen in Kirchenbüchern: ap, av, b.

              Raschjutta

              in Kirchenbüchern stehen öfter bei den Geburtsdaten folgende Abkürzungen, was bedeuten sie?
              z. B.:
              ap 1606
              av 1594
              b. 14/03/1607

              Marlies

              ap. könnte für Apostolisch stehen, a.p. für vergangenen oder auch gegenwärtigen Jahres, man müßte sich also die Daten der vorherigen Eintragungen anschauen.
              ist ein Sterbedatum genannt, könnte b. für "beerdigt" stehen

              niederrheinbaum

              In hiesigen Kirchenbüchern steht die Abkürzung "ap" auch häufiger für "aprilis", also den Monat April, "av" für "augustus", also den Monat August.

              Hintiberi

              Das letztgenannte "b" könnte für "baptizatus" stehen, also das Taufdatum bezeichnen. Einfach mal im Taufregister nachschauen.
              In den meist sehr ausführlichen Sterbeeinträgen in den Kirchenbüchern der kath. Pfarrei Verne bei Salzkotten gibt es oft die Abkürzungen "v.l.b." und "v.l.c." in Verbindung mit einer Jahreszahl.
              So wie ich das bisher erkennen konnte, verweisen diese Angabe immer auf einen Tauf- oder Heiratseintrag, also vermutlich sowas wie "vide librum baptizatorum" bzw. "copulatorum".
              Bsp.:
              Mensis, dies, hora obitus: 1813, Juli 8vâ, hora 7 matutina
              Nomina Mortuorum: Franciscus Josephus Linnenbrink, filius Wilh. Antonii Linnebrink et Cath. Maria Reker, conj. Vern. N.2., V.l.c. 1808
              Status et Tempus vitae: Infans, 1 ann., 9 mens., 9 dies
              Dies sepulotura: Julii, 10mâ.
              Mensis, dies, hora mortus: 1807 Aprilis Sabbathi 11, hora 9 mat.
              pié: S. Sacram, praemunitus
              Nomen Mortuorum: Christoph Tigges in Verne Sub N. 20
              Status et Tempus vitae: aetat. ann. 74 et 2 men., in Mat. 41 ann., relicta 1 prol. maj., viduus per 9 ann., v.l.b. 1733, c. 1757.
              Mensis et des sepultura: 13. Aprilis.
              Wie solche Einträge aufgebaut wurden, lag sicherlich stets im Ermessen des jeweiligen Pastors, aber ich bin immer froh, wenn ich auf so ausführliche und informationslastige Einträge stoße.
              Wie oft steht in den Kirchenbüchern, gerade bei den Sterbeeinträgen nur sowas wie "hujus obiit Herm. Meier."?! Oft kann man bei solchen Spareinträgen die Personen dann gar nicht mehr auseinanderhalten...

              Schlumpf

              Das war eine dumme Marotte der Zeit: Abkürzungen. Nicht immer waren alle gebräuchlich. Wir haben an der Kirche eine Grabplatte mit lauter Buchstaben. Deren Deutung ist fast nicht mehr möglich.
              nun denn:
              A.V = annos vixit = laufenden Jahres
              a. p (oder a. pr) = anni praesenti = gegenwärtigen Jahres
              für das "b" fällt mir allerdings auch nur "baptizata(us)" = getauft ein.

              Raschjutta

              Die Abkürzung b. vor einem Datum leuchtet mir als Taufdatum ein.
              Was hat das für einen Sinn gehabt vor dem Jahr des Todes noch ein av. oder ap. zu schreiben. Es hätte doch gereicht das Todesjahr zu notieren. Oder was haben sich die Pfarrer oder Pastoren dabei gedacht, das sie die Abkürzungen dabei schrieben.

              niederrheinbaum

              Bei meiner Sucherei habe ich einen Eintrag mit "ap 1733" gehabt, bei dem die Abkürzung "ap" für den Monat April stand.
              Der entsprechende Pfarrer hatte dies häufig an den Rand der Einträge geschrieben, teilweise um einen neuen Monat zu kennzeichnen, teilweise durchgängig die Monate als lateinische Abkürzung mit Jahreszahl bei den Einträgen vermerkt.
              Die Abkürzung "av" stand für den Monat August. Siehe mein voriger kurzer Eintrag hier auch.
              "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
              (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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              • Friedrich
                Moderator
                • 02.12.2007
                • 11326

                Berufsbezeichnungen 18. und 19. Jhdt.

                Hoschi32

                Was bedeuten die folgenden Berufe meiner Vorfahren:
                * Inlieger
                * Einlieger
                * Auszügler
                * Familiant
                * Ausgedinger
                * Chalupner
                * Robothgärtner ???

                Xtine

                Inlieger würde ich sagen ist das Gleiche wie Einlieger siehe hier.
                Auszügler
                Familiant dürfte ebenfalls jemand sein, der nur noch in Familie macht. Sei es aus Alters- oder evtl. aus Krankheitsgründen
                Ausgedinger
                Chalupner
                Rothgärtner
                Sollte es vielleicht Rothgärber / Rotgerber heißen?

                Schlumpf

                familiant kommt von lat. famulus = knecht
                Ich kenne einen Robotbauern. Das war ein Frönder. Gut, nicht wahr?
                Ein Frönder war ein Bauer, der Hand- und Spanndienste leisten musste.
                Hand- und Spanndienst: "Die Gemeindesteuern wurden früher von vielen Bauern einfach abgearbeitet. Steuern kosteten Geld und das hatte man früher nicht." So hat mir mein Großvater den Begriff vor über 30 Jahren erklärt.
                Ansonsten:
                "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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                • Friedrich
                  Moderator
                  • 02.12.2007
                  • 11326

                  Zahnen

                  TPrasch

                  ich bin bei einem Sterbebucheintrag auf die Todesursache Zahnen gestoßen.

                  Udo Wilhelm

                  Todesursache "Zahnentwicklung" eingetragen.
                  Häufig hatten kleine Kinder beim Zahnen Durchfall, Hautausschlag, und Fieber, verursacht durch Geschwüre und Entzündungen. Durch Fieber und Durchfall war ein so kleines Kind in wenigen Stunden wegen Flüssigkeitsmangel in einer lebensbedrohlichen Situation und drohte auszutrocknen.

                  roi

                  Der Durchbruch der ersten Zähne (mit etwa einem halben Jahr, Abweichungen häufig) fällt in die Zeit, in der der angeborene "Nestschutz" des Babys, die von der Mutter mitgegebene Immunabwehr nachlässt. Gleichzeitig wurden oder werden viele Kinder in diesem Zeitraum abgestillt, zumindest aber mit zusätzlicher Nahrung versorgt.
                  Der Körper des Säuglings war zu dieser Zeit schon mit dem Zahnen selbst, des nötigen Aufbaus eigener Immunabwehr und der zusätzlichen Nahrung, die oft ja nicht unseren hygienischen und weiteren Erkenntnissen entsprach, sehr gefordert. Die Sterblichkeit im ersten Lebensjahr war deshalb in dieser Phase besonders hoch.
                  Es war also normalerweise nicht das eigentliche Zähnekriegen, das macht das Kind in der Zeit eher quengelig, aber nicht unbedingt krank, sondern die gleichzeitige Empfänglichkeit für Infektionen aller Art sowie Durchfallerkrankungen, der so viele Kinder zum Opfer fielen.
                  "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                  (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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                  • Friedrich
                    Moderator
                    • 02.12.2007
                    • 11326

                    Was ist ein

                    Ursula

                    ich suche gerade für meine Freundin.
                    Nun habe ich bei den Mormonen Bücher aus Lanczyn gefunden. Dort steht, es seien "Metrical books" - church records.
                    Könnt ihr mir sagen, was das genau ist? Sind das ganz normale Kirchenbücher?

                    Hintiberi

                    ich vermute mal, es soll "Matricle books" heißen, dann dürfte es sich um die Kirchenbücher handeln, jap!

                    Joachim v. Roy

                    „metrical books“ ist korrektes Englisch.
                    Die Bezeichnung findet man vor 1918 in den ehemals polnischen Ostgebieten (hier auch bei den jüdischen Gemeinden). Der Begriff leitet sich von dem polnischen Wort „metryka“ = das Kirchenbuch her.
                    "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                    (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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                    • Friedrich
                      Moderator
                      • 02.12.2007
                      • 11326

                      Todesursachen Arbeit, Kinderarbeit, Gichter, böses Mäule, schreiende Arbeit, Brille verzehrt

                      Loi

                      bei meinen Vorfahren um 1700-1900 sind öfters Todesursachen vermerkt die ich nicht verstehe.
                      Wie z. B. bei Säuglingen Arbeit, Kinderarbeit, Gichter, böses Mäule, schreiende Arbeit, bei einem Säugling mit 9 Monaten, lange gekränkelt und Brille verzehrt.

                      gudrun

                      bei einem 9monatigen Kind denke ich, daß das Kind eine Brille verschluckt hat und daran gestorben ist.
                      Gichter bedeutet, daß das Kind wahrscheinlich an Krämpfen verstorben ist, z. B. Zahn-Krämpfe und Fieber-Krämpfe.
                      Bei böses Mäule denke ich an einen Pilzbefall der Mundhöhle.
                      Bei den Krankheitsbezeichnung muß man daran denken, daß es nicht wie heute Mediziner feststellten, sondern daß meistens die üblichen Bezeichnungen für die Krankheit eingetragen wurden.
                      Vielleicht weiß ja jemand hier, was Kinderarbeit in dem Zusammenhang bedeuten kann.

                      Schlumpf

                      also: arbeit oder kinderarbeit, bzw schreiende arbeit, bei säuglingen:
                      laut genwiki handelt es sich hierbei um geburt und geburtskomplikationen.
                      bei gischter spricht man von einem pestanfall, bei säuglingen wohl eher von krämpfen, wie es gudrun beschreibt.
                      unter "böses mäule" könnte es sich in der tat um pilzbefall in der mundhöhle handeln.
                      unter "brille verzehrt" habe ich auch nichts gefunden.
                      "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                      (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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                      • Friedrich
                        Moderator
                        • 02.12.2007
                        • 11326

                        Bürgerliche Trauung 1912

                        emma2412

                        Jahr aus dem der Begriff stammt: 1912
                        Region aus der der Begriff stammt: Steiermark
                        Ich habe hier den Kirchenbucheintrag der Trauung meiner Urgroßeltern aus Gorß Sankt Florian / Steiermark aus dem Jahr 1912.
                        Da gibt es einige Anmerkungen darunter folgende:
                        "Laut Bericht des Bezirksgerichts Graz Umgebung (Zahl) bürgerlich getraut."
                        Jetzt frage ich mich, was genau ist eine bürgerliche Trauung? Standesämter gibt es in Österreich ja erst ab 1939.
                        Aus dem Eintrag geht kein Datum hervor, ich kann daher nur vermuten, dass sie vor der kirchlichen Trauung bürgerlich getraut wurden.
                        Weiß jemand, ob solche bürgerliche Trauungen heute noch erhalten sind bzw. wo?
                        Und was könnte der Grund für eine solche Trauung gewesen sein? Ich fand das noch bei keinem anderen Trauungseintrag aus dieser Gegend. Das die Braut minderjährig (22 Jahre) war, damit kann es nichts zu tun haben, nehme ich an.
                        Gründe die ich mir vorstellen könnte:
                        Die minderjährige Braut war eine uneheliche Tochter, zumindest laut ihrem Taufeintrag, der sehr verschlüsselte Hinweise auf den Vater wiedergibt (die ich bis heute noch nicht entziffert habe).
                        Oder aber dass die Braut den damals größten Hof in dem Ort geerbt hat. Vielleicht war das für das Grundbuch nötig, in dem nach der Trauung Braut und Bräutigam mit je 50% des Besitzes eingetragen waren. Leider habe ich noch kein Testament zur Erbschaft gefunden, aber das ist wieder ein anderes Kapitel.

                        Marlies

                        ob damit wohl die gleichzeitige Aufnahme als Bürger des Ortes gemeint war/ist?

                        emma2412

                        Die Familie war zu dem Zeitpunkt schon über 300 Jahre in dem Ort ansässig, beide Brautleute sind dort geboren.

                        Marlies

                        das würde, jedenfalls nach "deutschen Recht" nichts heißen, auch Mitglieder alteingesessener Familien mußten sich aufs Neue das Bürgerrecht erkaufen.
                        Ob es allerdings in Österreich genauso war, entzieht sich meiner Kenntnis

                        emma2412

                        Aber dann wäre mir das bei den anderen Trauungen auch aufgefallen, zB bei den Geschwistern des Bräutigams, bei deren Eltern etc. (hier waren die Bräute auch teilweise minderjährig).
                        Die von mir bearbeiteten Bücher sind die Originale, es kann also nicht sein, dass der Hinweis bei der Zweitschrift vergessen wurde oder so.
                        Bürgerrecht erkaufen .. kannst du mir dazu mehr erzählen? Meine Leute waren alles Bauern, die auch recht viel in der Gemeinde getan haben (zB die Glocken bezahlt, Kapelle gebaut und sowas). Bürger waren aber damals wohl eher die Höheren, oder?

                        Irmgard

                        altkatholiken.net/DieAltkatholischeKirche1938.pdf
                        [Zitat]
                        Inkrafttreten des neuen Ehegesetzes mit 6. Juli 1938.
                        Damit ist nun die obligatorische Zivilehe eingeführt, wobei ein alt-katholisches
                        Anliegen verwirklicht wurde. Erst nach erfolgter standesamtlicher Trauung ist
                        ein Geistlicher berechtigt, die Ehe in der Kirche zu segnen. Mit 31. Juli sind die
                        bisherigen (standesamtlichen) Trauungsmatriken in den Seelsorgeämtern* zu
                        schließen.
                        30
                        Bischof Tüchler schreibt anlässlich des neuen Ehegesetzes an den Führer, an
                        (den Alt-Katholiken) Reichsminister Dr. Hanns Frank und an den Justitzminister
                        in Wien, Dr. Hueber diesebezügliche Dankschreiben.
                        Durch das neue Ehegesetz in Deutschösterreich ist endlich der untragbare und
                        unwürdige Zustand in eherechtlicher Hinsicht, unter dem vor allem die Alt-
                        Katholiken empfindlich zu leiden hatten, behoben worden.
                        [Zitat Ende]
                        "bürgerliche Trauung" wurde vor dem Bürgermeister oder Familiengericht vollzogen, wenn
                        a) die Brautleute verschiedener Konfessionen angehörten
                        d) keine oder eine andere Religion hatten
                        c) kirchliche Gründe dagegensprachen (fehlende Sakramente, Scheidung)
                        d) die Ehe auch nach zivilem Ehestandsrecht vollzogen werden sollte, das vom kirchlichen abweicht.
                        *im Stadtarchiv nach dem Buch des Bezirksgericht Graz <bürgerliche Trauung> fragen.

                        emma2412

                        a und b) scheiden sicher aus
                        c) im kirchlichen Trauungseintrag wurde ein kirlicher und politischer Dispens für das 3. Aufgebot erwähnt .. ob das in diese Richtung geht? Fehlende Sakramente und Scheidung waren nicht vorliegend
                        d) das haben sie getan
                        Das Stadtarchiv ist nur für Graz zuständig. vom Bezirksgericht Graz-Umgebung selbst kam bisher noch keine Antwort, ob sie sowas haben, aber da hoffe ich noch.
                        "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                        (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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                        • Friedrich
                          Moderator
                          • 02.12.2007
                          • 11326

                          Dispens zum Heiraten auf Latein

                          Joahnen

                          Der folgende Text ist die Begründung einer Ehedispens. Katholisch, 1728,
                          Mosel. Es handelt sich um die 4.te Ehe des Mannes mit einer virgo, er ca. 55 Jahre alt, sie 31. Wie der zeitliche Abstand zum Tod der dritten Frau war, ist (noch) unbekannt. Ob die beiden in irgendeiner Form verwandt waren ist ebenso (noch) unbekannt. Jedenfalls kam das erste Kind aus dieser neuen Heirat erst nach 11 Monaten. Frage also: wovon wird dispensiert?
                          Dispens: "super impedimento publicae honestatis propter contractu
                          p sponsum cum sorore sponsae valida sponsalia"

                          mesmerode

                          aber eine Dispens braucht man, noch heute, wenn man einen andersgläubigen heiratet

                          Ursula

                          Bei jeder Kirche, katholisch und evangelisch?

                          mesmerode

                          bei den Katholiken,
                          (bin selbst einer)
                          mein jüngster Sohn hat vor 5 Jahren geheiratet, wollte das ökömenisch machen.
                          Auch dafür sollte er eine Dispens vom Bischof bekommen (und das dauert),
                          darauf hat er verzichtet und sich ev. trauen lassen.

                          MartinM

                          ich versuchs mal zu übersetzen: (Dispens) vom Hindernis der öffentlichen Ehre wegen der durch den Bräutigam mit der Schwester der Braut eigegangenen gültigen Verlobung/Ehe. (Sollte eigentlich contracta statt contractu heißen??). Der Bräutigam war wohl zuvor mit der Schwester der Braut verheiratet.
                          "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                          (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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                          • Friedrich
                            Moderator
                            • 02.12.2007
                            • 11326

                            Hühnerpflückerin

                            Marlies

                            ob diese Dame wirklich dem Beruf nachgegangen ist, den uns der Ausdruck vermittelt? (Hamburg 1847)
                            Sellmann Wwe. Franz, Hühnerpflückerin, St. Pauli, Marktstr. über no 103

                            GertrudF

                            da könnte man ja fast meinen, hühner wachsen auf einem Baum
                            Warscheinlich hat die gute Frau die Hühner gerupft, also von ihren federn befreit. :-)

                            Andreas Dick

                            Gertrud wird sicher recht haben:
                            Abpflücken, verb. reg. act. mit den zwey vordersten Fingern der Hand abbrechen. Eine Blume, eine Pflanze, unreifes Obst abpflücken. Ingleichen durch Pflücken, d.i. Rupfen, kahl machen; eine Gans, ein Huhn abpflücken, welche letztere Bedeutung aber mehr Niedersächsisch ist.
                            Quelle: Johann Christoph Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Leipzig 1793–1801

                            web

                            Aus dem Rheinischen Wörterbuch (über Google):
                            Hühner-pflücker -pløkYr Bo, Sieg-OCassel m.: ein Mann, der mit Schlachthühnern handelt. —

                            Marlies

                            auf Ihre Email kann das Staatsarchiv (Hamburg) Ihnen mitteilen, dass die Tätigkeit einer Hühnerpflückerin das Rupfen der Hühner war.
                            "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                            (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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                            • Friedrich
                              Moderator
                              • 02.12.2007
                              • 11326

                              Kamisol von braunen Muck, gollgassen Frauensrock

                              Marlies

                              und wieder bitte ich um "Aufklärung": was bitte ist ein Kamisohl von braunen Muck, 1 gollgassen Frauensrock, die Begriffe stammen aus dem Amtsblatt Minden Diebstahlanzeige für 1824:
                              7) 1 Frauenskleid nebst Kamisohl von braunen Muck
                              8) 1 Frauenskleid von grauem Coating
                              9) 1 gollgassen Frauensrock
                              Kamisol und Frauensrock ist mir klar aber braunen Muck? gollgassen?

                              Irmgard

                              gollgassen heißt: wie eine Golle
                              der Frauenrock war eine kurze Weste mit(!) Halsbesatz ; vergl.Koller bei der Rüstung, hier kommt der Begriff her.
                              muck entspricht dem plattdeutschen "mug = muss", es könnte Musselin / Baumwolle gemeint sein,vielleicht ..
                              muck heißt auch weich und aufgebläht ; vergl. (auf)mucken -
                              ich vermute eher, man meint das Muggengarn, ein locker gedrehtes Garn - also ein weiches Hemd (Bluse) unter dem (Kittel-/Träger)-Kleid zu tragen
                              "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                              (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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                              • Friedrich
                                Moderator
                                • 02.12.2007
                                • 11326

                                Privilegierter Cammerjäger

                                viktor

                                Jahr aus dem der Begriff stammt: 1780
                                Region aus der der Begriff stammt: Eisenacher Land
                                Da stolpere ich doch über einen "privilegierten Cammerjäger". Ich gehe mal davon aus, dass damit nicht die scherzhafte Benennung des Berufsbildes "staatl. geprüfter Desinfektor und Schädlingsbekämpfer" gemeint ist.
                                Was aber bezeichnet es genau?

                                Marlies

                                ich denke schon, dass der Cammerjäger genau das war, was wir heute als Desinfektor und Schädlingsbekämpfer verstehen, umgangssprachlich wird er (jedenfalls in "meiner" Ecke) auch immer noch als Kammerjäger bezeichnet.

                                niederrheinbaum

                                Wie Marlies schon sagt, ist er wirklich ein Schädlingsbekämpfer gewesen, der Herr Kammerjäger.
                                Privilegiert hieß bei uns hier, dass er von der Obrigkeit das "Privilegium ertheilt bekomme, der schädlichen und gar ekelerregenden Lebewesen zu Leibe rücken zu dürfen". So formuliert im 18. Jahrhundert.
                                "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                                (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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