Ein Freiherr als Landstreicher?

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  • Mark Obrembalski
    Erfahrener Benutzer
    • 05.12.2011
    • 140

    Ein Freiherr als Landstreicher?

    Nein, es handelt sich nicht um einen Verwandten von mir - Adlige sind mir da bisher nur in Form von Gerüchten untergekommen. Heute habe ich aber folgende Bekanntmachung im Centralblatt für das Deutsche Reich von 1877, S. 10, gefunden (auf die den Freiherren betreffenden Angaben zusammengekürzt; er steht in einer recht komplex aufgebauten Liste von Vagabunden und Kleinkriminellen):

    "Auf Grund des § 362 des Strafgesetzbuchs [ist] (...) der K. K. österreichische Lieutenant a. D. Karl Freiherr von Sterndahl aus Josephstadt in Böhmen, 36 Jahre alt, durch Beschluß des Großherzoglich sächsischen Direktors des I. Verwaltungsbezirks zu Weimar vom 24. Dezember 1876, (...) nach erfolgter gerichtlicher Bestrafung (...) wegen Landstreichens (...) aus dem Reichsgebiet ausgewiesen worden."

    Dass auch Freiherren Gaunereien begehen können, ist ja klar - aber "Landstreicherei" klingt nun wirklich ungewöhnlich. Kennt Ihr vergleichbare Fälle? Was könnte da vorgefallen sein? Ist er wirklich weit heruntergekommen? Hat er sich mit den falschen, weil einflussreichen, Leuten angelegt? Oder hatte man ihn vielleicht im Verdacht, Spionage zu betreiben, und ihn mangels Beweisen mit Hilfe eines Gummiparagraphen außer Landes geschafft?
  • Hina
    Erfahrener Benutzer
    • 03.03.2007
    • 4661

    #2
    Hallo Mark,

    da kann sehr vieles dahinter stecken. Vielleicht hat er auch "nur" der falschen Frau hinterhergestellt .

    Vagabundierende Adelige gab es aber durchaus. Mangels vernünftiger Ausbildung außer vielleicht das Kriesghandwerk, wenig Talente, evt. mangelnde Intelligenz, schlechte Sozialisierung, wie man so schön sagt, gab es das durchaus. Nicht jede Adelsfamilie war zwangsläufig so vermögend, dass alle Familienmitglieder gut vom "Eingemachten" leben konnten. Ganz im Gegenteil, sehr viele wurden dadurch versorgt, dass sie beim Militär landeten. War diese Karriere aus welchen Gründen auch immer beendet, konnte das durchaus in Landstreicherei enden. Konkrete Beispiele habe ich jetzt nicht zur Hand aber ich habe einen Beitrag über Kolonialistentum in Hessen gefunden, wo auch kurz darauf eingegangen wurde, dass das kein attraktiver Job für Adelige war aber die dort zugange waren, waren meist zuvor vagabundierende Adelige, die sich damit entzogen.

    Ich denke, auch bei der langen Liste der preußischen Adelsenthebungen, die nach schweren Straftaten erfolgten, ist sicher der eine oder andere darunter zu finden, dessen entsprechende Karriere mit Landstreicherei begann.

    Viele Grüße
    Hina
    "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

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