die Berliner Dienstmädchen

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  • Silvio52
    Erfahrener Benutzer
    • 17.06.2021
    • 230

    #31
    Meine Urgroßmutter war ebenfalls "Dienstmagd" allerdings in Danzig. Es sieht aus, als ob sie beim Dienstherrn wohnte, was ihr zwei uneheliche Kinder einbrachte.

    Was passierte dann eigentlich? Ich vermute, die Hauherrin wird sie rausgeworfen haben. Was wurde mit den Kindern? Was passierte bei Eheschließung, damit hätte sie nicht mehr 7/24 zur Verfügung gestanden. Fragen über Fragen.
    Suche FN: Dülge (Stettin, Lublin) / Streich und Hintz (Großpolen, Lublin) / Seeger (Elbing, Danzig und Berlin) / Havemann, Thiede und Stolz (Breslau, Bernau und Berlin).

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    • #32
      Ja, ganz genau. Du hast absolut recht. Es war genau wie im Kommunismus, nur das es den einfachen Arbeitern und Bauern besser ging. Auch den Juden ging es deutlich besser, da sie in der Sowjetunion viele wichtige Positionen bekleideten. Nur unter Stalin ging es auch den einfachen Arbeitern und Bauern schlecht, da er völlig Unschuldige in die Gulags nach Sibirien deportiert hatte, nur damit Sibirien besser erschlossen wird. Und er hat die schlimme Hungersnot in der Ukraine ausgelöst, in der 3 bis 7 Millionen Ukrainer gestorben sind. Stalin war also genau so ein Tyrann wie der Zar und kein Stück besser. Das einzige positive war, dass er die Nazis im Zweiten Weltkrieg besiegt hatte. Und gerade der Sieg im Große Vaterländische Krieg spielt in der Sowjetunion eine zentrale Rolle, dadurch wollte Stalin das russische Volk zusammenhalten. Denn dadurch konnte er zeigen, dass die Nazis noch viel schlimmer waren als er selbst und er dadurch all die schlimmen Dinge rechtfertigen konnte, die er gemacht hatte. Der Zar hatte also alles, welches er dem russischen Volk angetan hat, als negatives Karma wieder zurückbekommen. Da bis heute die russischen Archive aus der Sowjetzeit der Öffentlichkeit verschlossen sind, werden viele schlimmen Dinge bewusst geheim gehalten. Meine Vorfahren waren aber Sozialisten, nicht Kommunisten. Da haben sie einen großen Unterschied gemacht. Sie waren also nicht so radikal wie die Kommunisten. Denn sowohl der Stanislaw war gegen die Vereinigung der SPD mit der KPD zur SED als auch der Franciszek war gegen die Vereinigung der PPS mit der PPR zur PZPR. Mein Ururopa war auch gegen die Stalinisierung Polens. Aber ihm blieb wie auch meinem Uropa nichts anderes übrig als Kommunist zu werden. Alle russischen Kommunisten wie Lenin, Stalin und Feliks Dzierżyński waren ursprünglich Sozialdemokraten und Sozialisten. Und aus dieser Zeit haben sie auch meinen Ururgroßvater kennengelernt. Sie haben sich erst später radikalisiert und wurden Kommunisten. Obwohl es eigentlich den echten Kommunismus in keinem Land des Ostblockes gab. Es war immer der Sozialismus mit dem Endziel des Kommunismus irgendwann in der Zukunft.
      Zuletzt ge?ndert von Gast; 09.11.2021, 15:10.

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      • Geschichtensucher
        Erfahrener Benutzer
        • 03.09.2021
        • 729

        #33
        Vom Dienstmädchen zur Ehefrau

        Zitat von Silvio52 Beitrag anzeigen
        Meine Urgroßmutter war ebenfalls "Dienstmagd" allerdings in Danzig. Es sieht aus, als ob sie beim Dienstherrn wohnte, was ihr zwei uneheliche Kinder einbrachte.

        Was passierte dann eigentlich? Ich vermute, die Hauherrin wird sie rausgeworfen haben. Was wurde mit den Kindern? Was passierte bei Eheschließung, damit hätte sie nicht mehr 7/24 zur Verfügung gestanden. Fragen über Fragen.

        Ich glaube, eine Eheschließung war per se eine Verbesserung im Status (eingeschränkt natürlich, wenn es ein "schlechter Mann" war).


        Meine Oma jedenfalls brauchte ab der Hochzeit nicht mehr zu arbeiten. Vor ihrem Hintergrund war das, anders als heute, sicherlich ein Glück. Ein eigener Haushalt brachte eine gewisse Autonomie und machte stolz. Mein Opa war Gärtner in der Luisenstädtischen Gemeinde in Berlin-Kreuzberg, sicher kein Großverdiener. Aber es reichte für eine eigene Wohnung und dafür, dass meine Oma nicht mehr in Stellung musste und mindestens eine ihrer verwaisten minderjährigen Schwestern zu sich nehmen konnte.

        Zeit ihres Lebens war am wichtigsten, was "die Leute" von ihrer Familie denken. Sicher ein Relikt aus der prekären Kindheit.
        Beste Grüße, Iris

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        • #34
          Die Mutter von Richard Robert Lipinski in Danzig musste als Witwe ihre 4 Kinder alleine versorgen. Das Geld der Mutter alleine hatte nicht ausgereicht. Deswegen haben die Kinder noch neben der Schule auf der Werft gearbeitet. Und als sie bei ihrem Vater und der Stiefmutter in einem Dorf westlich von Danzig gelebt haben, mussten sie auch in der Nachernte helfen, wo sie noch tiefer graben mussten als die Erwachsenen bei der normalen Ernte.

          Franciszek und Lenin lernten sich während einer gemeinsamen Haftzeit in Polen kennen. Lenin hatte insgesamt sieben Mal auf dem Sofa bei meinen Ururgroßeltern in der Wohnung in der Poniatowskistraße geschlafen. Immer wenn Lenin in Leipzig war, hatte er bei meinen Ururgroßeltern übernachtet. In dem Jahr 1900 war Wilhelm Liebknecht, Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Hugo Haase, Franciszek Trąbalski und Lenin in einer gemeinsamen Organisation und wohnten in Leipzig.
          Die Maryanna Maćkowiak war für ihre Zeit schon sehr fortschrittlich, da sie zusammen mit ihrem Ehemann zu den Parteitreffen ging, während der Stanislaw oder manchmal andere Genossen und Nachbarn auf seine jüngere Geschwister aufgepasst haben. Sie war ihrem Ehemann völlig gleichgestellt. Hingegen war die Ehefrau des Stanislaw deutlich rückschrittlicher, da sie nur als Hausfrau gearbeitet hat und sich um die Kinder gekümmert hat.
          Zuletzt ge?ndert von Gast; 09.11.2021, 16:43.

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          • Juergen
            Erfahrener Benutzer
            • 18.01.2007
            • 6041

            #35
            Hallo allerseits,

            Im sozialdemokratischen "Vorwärts" von 1899 ist eine Statistik zu den Dienstboten
            und Dienstmädchen in Berlin zusammengefasst in einem Artikel:
            --> https://www.deutsche-digitale-biblio...N4?issuepage=9

            So eine größere Kammer, wo früher das Dienstmädchen, aber auch schon mal
            Kinder schliefen, hatten wir früher auch in der Wohnung.
            Die ging von der Küche ab, war natürlich unbeheizt, ausser die Küche selbst wurde beheizt.

            Hier noch ein Artikel (aus m.M. nach konservativer Sicht) von 1903 der ua. die Stellung des DM mit einer Arbeiterin vergleicht in Bezug auf Verdienst:
            Die Dinstbotenfrage ist nicht nur eine Frauenfrage ...
            --> https://www.deutsche-digitale-biblio...t=&issuepage=5

            Die Schlafkammern werden auch erwähnt, angeblich hätten Arbeiterinnen kleinere Kammern.
            Gemeint sind sicherlich ledige Arbeiterinnen, und Dienstmädchen sowieso.

            Gruß Juergen
            Zuletzt ge?ndert von Juergen; 09.11.2021, 17:06.

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            • Juergen
              Erfahrener Benutzer
              • 18.01.2007
              • 6041

              #36
              Übrigens unter Hitler musste meine Mutter als jugendliches BDM Mädchen ins "Pflichtjahr " oder sö ähnlich bezeichnet, praktisch als Dienstmädchen tätig bei irgendeinem Haushalt in der Gegend, wo sie selbst wohnte.
              Das gefiel ihr garnicht, ihr Vater holte sie dann dort weg. Unter anderem ekelte sie sich vor das Windeln wechseln des Babys noch.
              Später beim eigenen Baby, war das was anderes.
              Die "gnädige Frau" des Hauses, dachte scheinbar, sie bekämen ein ausgebildes Dienstmädchen praktisch kostenlos gestellt, das alles zu machen hat, was die Dame befiehlt.

              Gruß Juergen
              Zuletzt ge?ndert von Juergen; 09.11.2021, 19:55.

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              • Familenfreude
                Erfahrener Benutzer
                • 08.03.2021
                • 107

                #37
                Woher?

                Hallo Balduin,
                Danke für die ausführliche Schilderung. Da ich auf der Suche einer Familiengeschichte bin die v.a. mit den Berufen zu tun hat meine Frage an Dich:
                Woher weißt du das alles? Wo findet man solche Infos oder alles mündliche / schriftliche Familienüberlieferung?
                Einen guten Abend!

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                • #38
                  Hallo,
                  mein Uropa hatte tatsächlich als Rentner seine gesamten Kindheitserinnerungen aufgeschrieben. Es sind mehr als 40 Seiten. Ich bin wirklich erstaunt, wie viel er noch wusste. Vor allem der Richard Robert Lipinski hatte seine gesamte Kindheit genau aufgeschrieben. Mir ist es wirklich ein Rätsel, wie er sich noch an die ganzen Details erinnern konnte, denn er hatte ja kein Tagebuch geschrieben. Die Kindheitserinnerungen von Richard Robert Lipinski umfassen 28 Seiten, allerdings hatte der Stanisław auch viele allgemeinen Informationen zur politischen Lage in Polen, dem Russischen Kaiserreich und dem Deutschen Kaiserreich beschrieben.

                  Ansonsten würde es mich auch sehr interessieren, wie man solche Informationen ohne Familiengeschichten herausfindet. Vor allem würde ich gern mehr über das Leben meiner Vorfahren aus dem Russischen Kaiserreich herausfinden. Denn meine Familie im Russischen Kaiserreich war auch sehr ungewöhnlich, da mein Alturgroßvater, der Steuerbeamter in Riga namens Ludwig Stanislaus v. Twardowsky genannt Hartmann (* 1790) 10 Jahre lang eine uneheliche Beziehung mit der Müllerstochter aus Kurland namens Julianne Charlotte Zahn (* 1805) hatte, bevor er sie geheiratet hatte. Bei der Geburt des ersten Kindes im Jahr 1818 war der Vater 28 Jahre alt und die Mutter nur 13 Jahre alt ist, welches damals ein ziemlich großer Skandal war. Heute wäre das schlimmer Kindesmissbrauch. Sie hatten insgesamt unfassbare sieben voreheliche Kinder und dann nochmal drei eheliche Kinder. Seine Ehefrau ist mit nur 30 Jahren verstorben. Dann hatte er ihre jüngere Schwester geheiratet. Mit ihr hatte er nochmal drei Kinder. Er hatte also witzigerweise insgesamt genau sieben voreheliche Kinder und sieben eheliche Kinder. Ich bin trotzdem sehr froh darüber, dass es bei der Heirat nicht um Geld oder wie eigentlich normal beim Adel, dass man nicht wegen Liebe heiraten konnte, sondern der zukünftige Ehepartner von den Eltern ausgesucht wurde. Da waren sie also schon sehr fortschrittlich, obwohl es gerade im 19. Jahrhundert große Veränderungen gab.

                  Eigentlich kann ich mit dem Adel rein gar nichts anfangen, aber immerhin bin ich froh, dass er dem polnischen Adel angehörte, da der polnische Adel deutlich fortschrittlicher war als in anderen Ländern. Außerdem ist Polen das Land, in dem es mit Abstand die meisten Adeligen und die ärmsten Adeligen gab. Zudem wurden sehr viele polnische Adelige durch die Vielzahl an Aufständen gegen die Besatzer enteignet. Deswegen haben die meisten polnischen Kleinadeligen bürgerliche Frauen geheiratet. Zudem gab es viele Sozialisten, die zum polnischen Kleinadel gehörten. Feliks Dzierżyński gehörte zum Beispiel zum polnischen Kleinadel. Außerdem bin ich stolz darauf, dass der polnische Adel im Jahr 1791 die erste moderne Verfassung in Europa verabschiedet hatte. Die Revolution wurde nach französischem Vorbild vor allem durch Tadeusz Kościuszko in Polen verbreitet, der der größte polnische Nationalheld ist. Er forderte Gleichheit und Freiheit auch für die einfachen Arbeiter und Bauern. Nur passte das dem rückschrittlichen und konservativen Preußen und Russland nicht und deshalb wurde Polen geteilt. Im Jahr 1794 hatte Tadeusz Kościuszko während des Kościuszko-Aufstand die Leibeigenschaft abgesetzt und er hatte sich einen Bauermantel übergezogen. Er hatte Seite an Seite mit den polnischen Bauern gekämpft, die nur mit Sensen bewaffnet waren und gegen preußische und russische Armee keine Chance hatte. Obwohl sie anfänglich noch große Erfolge gefeiert hatten, konnten sie gegen die Übermacht von zwei Seiten nichts ausrichten. Der Vater des Ludwigs v. Twardowsky namens Fedor Twardowsky war genau wie Tadeusz Kościuszko ein Offizier in der polnischen Kronarmee. Und zwei Verwandte von mir haben am Kościuszko-Aufstand teilgenommen. Im Jahr 1807 gründete Napoleon für seine treuen Polen das Herzogtum Warschau.

                  Hier gibt es eine sehr schöne Doku, in dem es unter anderem auch um Tadeusz Kościuszko geht: https://www.youtube.com/watch?v=DDB72B_lJ8s
                  Zuletzt ge?ndert von Gast; 10.11.2021, 15:47.

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                  • #39
                    Ich habe noch zwei weitere Vorfahrinnen gefunden. Eine verheiratete Frau, die eine Dienstmagd und Arbeiterin in Angermünde war und ein unverheiratetes Dienstmädchen, die in Klein Lubolz im Spreewald gelebt hatte.
                    Zuletzt ge?ndert von Gast; 10.11.2021, 02:01.

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                    • Geschichtensucher
                      Erfahrener Benutzer
                      • 03.09.2021
                      • 729

                      #40
                      Mal ein rühmliches Beispiel...

                      Fand ich im Riesengebirgsboten von 1840, guckt mal
                      Angehängte Dateien
                      Beste Grüße, Iris

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                      • Geschichtensucher
                        Erfahrener Benutzer
                        • 03.09.2021
                        • 729

                        #41
                        Und noch ein positives Licht auf die "Herrschaft": in der Vormundschaftsakte einer minderjährigen Verwandten las ich gestern, dass sie der Bürgersfrau, bei der sie Dienstmädchen war, den Missbrauch durch den Vater anvertraute und die dann auch mit ihr zur "weiblichen Kripo" ging. Diese Frau war auch bereit gewesen, das Mädchen trotz ihrer nachlassenden Leistungen aufgrund der seelischen Belastung weiter zu beschäftigen, um ihr Stabilität und eine Bleibe zu geben. So lautete dann die Einigung mit der Fürsorgerin bis zu einer Klärung vor Gericht. Gar nicht schlecht.
                        Beste Grüße, Iris

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                        • Posamentierer
                          Erfahrener Benutzer
                          • 07.03.2015
                          • 1028

                          #42
                          Guten Abend,


                          Martina Noack hat ein verwandtes Thema behandelt, das der Kindermädchen oder Spreewälder Ammen im Berlin der Jahre 1900-1914:


                          "Nach Berlin! Spreewälder Ammen und Kindermädchen in der Großstadt"/ Do Barlinja! Serbske sesélnice a źiśarki we wjelikem mesce.
                          Wendisches Museum (Hrsg.), Cottbus (2008), 64 Seiten, zahlreiche Illustrationen, ISBN: 978-3-939656-89-0.


                          Ich selbst kenne das Buch nicht.
                          Lieben Gruß
                          Posamentierer

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                          • TSommerlind
                            Benutzer
                            • 17.01.2022
                            • 10

                            #43
                            Ich hatte seinerzeit noch gefunden!

                            Schultz, Violet: In Berlin in Stellung: Dienstmädchen in
                            Berlin um die Jahrhundertwende Dienstmädchen in Berlin um die
                            Jahrhundertwende 1. Aufl. Edition Hentrich, 2000. 96 Seiten Broschiert



                            LG
                            Tilly

                            Kommentar

                            • TSommerlind
                              Benutzer
                              • 17.01.2022
                              • 10

                              #44
                              Der Link ist ein anderes Werk, nämlich:

                              Archiv für Sozialgeschichte 54, 2014 147
                              Mareike Witkowski
                              Ein Relikt des 19. Jahrhunderts? Hausgehilfinnen von 1918 bis in die 1960er Jahre

                              Kommentar

                              • Hoffnung88
                                Benutzer
                                • 23.03.2023
                                • 46

                                #45
                                Hallo,
                                ich habe eine Frage zu den Möglichkeiten ein Hausmädchen in Berlin zu finden. Wie kann ich eine junge Frau finden die als Hausgehilfin nach Berlin ging. in den Adressbüchern Berlins werden ja nur die Haushaltsvorständen aufgeführt. Wie finde ich so jemanden?
                                Es geht um die Jahre 1933-1945

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