Was geschah mit Martin Haagen?

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  • Ryusoken
    Erfahrener Benutzer
    • 28.10.2018
    • 119

    Was geschah mit Martin Haagen?

    Hallo zusammen,

    ich habe hier einen ziemlich seltsamen Fall, bei welchem ich mit meinen Interpretationsversuchen an ein Ende gelangt bin.
    Am 30.09.1890 wird in Berlin ein gewisser Martin Cohn als Sohn des jüdischen Kaufmanns Julius und seiner Ehefrau Rosa Cohn geb. Barczinski geboren. Er heiratet am 15.11.1923 in Berlin Käthe Hamburger, die Ehe wurde am 08.01.1926 geschieden.
    Am 20.01.1934 wird der 43-jährige Martin Cohn von dem kinderlosen Eugen Haagen und seiner Ehefrau Lina Dette adoptiert.
    Kurz darauf heiratet er am 08.06.1934 in Berlin Hedwig Neumann, hier verliert sich die Spur.

    Den Verlust der Spur habe ich mit zunächst damit erklärt, dass Martin Haagen womöglich im Holocaust ermordet wurde, wäre da nicht seine äußert seltsame Geburtsurkunde:
    Zunächst wären dort drei seltsame Bleistiftanmerkungen:
    "Senator 3.10.56 Dv(?)"
    "Amtgericht(?) Schöneberg 9.6.64"
    "[kann ich nicht entziffern] 12.9.67"

    Mit denen kann ich nicht so richtig etwas angefangen. Dann seltsamste ist aber folgender Vermerk:
    "HW. Tod erklärt
    Zeitp. d. Todes
    31.12.57
    StA. I in Bln (w.)
    1548/65"

    sowie:
    "Aufhebung
    der T mit Wirkg.
    vom 9.8.66"

    Die drei kryptischen Bleistift Anmerkungen, welche ich schon nicht interpretieren und teils nicht lesen kann. Dann auch noch 1965 für im Jahre 1957 verstorben erklärt und 1966 wird diese Todeserklärung wieder aufgehoben?
    Dazu noch die Tatsache, dass ich keinerlei Aufzeichnungen zwischen 1934 und 1945 finden kann. Bei ancestry nichts, bei Arolsen nichts, im Bundesarchiv nichts (invenio Namenssuche).
    Zu seiner zweiten Ehefrau Hedwig Neumann finde ich auch nichts weiteres. Die Eheschließungsurkunde von den beiden enthält auch keinerlei Randvermerke.
    Übersehe ich irgendwo das Offensichtliche? Bin ich nicht in der Lage Suchmaschinen und Datenbanken zu bedienen?
    Möglicherweise hat einer von euch eine Idee.

    Grüße
    Sönke
  • Posamentierer
    Erfahrener Benutzer
    • 07.03.2015
    • 1028

    #2
    Hallo Sönke,


    ein spannender Beitrag!
    "[kann ich nicht entziffern] 12.9.67"
    Ich lese dort "Rechtsanwalt Dörfer(?) Bln. (für Berlin).


    Übersehe ich irgendwo das Offensichtliche?
    Na ja, in der Heiratsurkunde zu seiner zweiten Eheschließung heißt er "Haagen", nicht mehr Cohn, was ja nach einer Adoption zu erwarten ist.
    Unter dem Namen findest Du auch eine Seite für ihn bei Ancestry (die Du aber vermutlich kennst).



    Spannend wäre die Frage, weshalb die Todeserklärung unwirksam geworden ist. Da würde es sich lohnen beim Amtsgericht/Landesarchiv nachzugucken. Möglicherweise ist er erst nach dem 12.9.1967 verstorben.
    Lieben Gruß
    Posamentierer

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    • Su1963
      Erfahrener Benutzer
      • 08.01.2021
      • 1243

      #3
      Meine erste Idee wäre, dass Martin Hagen Deutschland verlassen hat und eventuell im Ausland verstorben ist. Auch wenn die Todeserklärung in Berlin ausgestellt und wieder aufgehoben wurde, sagt das ja nichts über den (vermeintlichen) Sterbeort. Dazu müsste man die Gerichtsakten zur Todeserklärung einsehen - sofern sie noch erhalten sind.

      In MyHeritage gibt es einen Stammbaum zur den 3 Geschwistern und der ersten Ehefrau von Martin Cohn/Haagen. Dort ist zu entnehmen, dass die ältere Schwester Toni Cohn im Jahr 1963 (also mit ca. 80 Jahren) nach Brasilien gereist ist. Das könnte gut zu Nachforschungen zum Verbleib von Martin und der anschließenden Todeserklärung passen.

      LG Susanna

      Kommentar

      • sternap
        Erfahrener Benutzer
        • 25.04.2011
        • 4071

        #4
        er könnte spanienkämpfer oder nach frankreich geflüchteter, im untergrund wirkender, gewesen sein.
        nach dem krieg auswanderung möglich nach argentinien, brasilien, kanada, australien, israel.
        england oder schweden als fluchtort wäre seltener.
        freundliche grüße
        sternap
        ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
        wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




        Kommentar

        • Svenja
          Erfahrener Benutzer
          • 07.01.2007
          • 4337

          #5
          Hallo

          Wenn er nach Brasilien ausgewandert ist und in Rio de Janeiro oder Sao Paulo angekommen ist, müsste man ihn in den Brazil Immigration Cards bei familysearch oder auch ancestry finden. Auch zur Schwester Toni Cohn sollte man eine solche finden können. Wichtig zu wissen ist, dass auf der zweiten Seite dieser Karten manchmal noch sehr wichtige Informationen vermerkt wurden. Zu Brasilien gibt es auch ein Online-Archiv mit Zeitungen und Zeitschriften, auch aus der Zeit der Todeserklärung. Das Problem ist, dass die Suche dort sehr umständlich und aufwändig sein kann, wenn man nicht wenigstens weiss, in welcher Provinz in Brasilien man suchen muss. Dann kommt noch dazu, dass man nicht weiss, unter welchem Namen er und seine Frau dort gelebt haben. Im folgenden Thread habe ich erklärt wie man bei der Suche in diesem Online-Zeitungsarchiv vorgehen sollte.

          Hallo Kollegen, gibt es digitalisierte (OCR) Zeitungen von Rio de Janeiro für die Jahre 1965-1975? Ich suche die Namen Anna und August Kraus. Danke für eure Mühe. Viele Grüße Oskar


          Gruss
          Svenja
          Zuletzt ge?ndert von Svenja; 28.02.2022, 01:02.
          Meine Website über meine Vorfahren inkl. Linkliste:
          https://iten-genealogie.jimdofree.com/

          Interessengemeinschaft Oberbayern http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=38

          Interessengemeinschat Unterfranken http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=37

          Interessengemeinschaft Sudetendeutsche http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=73

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          • holsteinforscher
            Erfahrener Benutzer
            • 05.04.2013
            • 2491

            #6
            Moinsen Sönke,
            hier ist es wohl sinnvoll, die Standesämter/Amtsgericht, die auf der Taufurkunde angegeben sind, zu kontaktieren.
            Schaut man sich den Sterbeeintrag von Eugen (Israel) Haagen an, StaA-Berlin 23.10.1939/3443, wird zwar angegeben *glaubenslos, früher mosaisch*, muss Eugen mit der Verordnung vom 17.08.1938, mit Wirkung vom 12.01.1939, den Zweitnamen *Israel* tragen.
            Meine Vermutung ist, Martin hat sich im Ausland/Innland (?) in Sicherheit gebracht, der weitere Verlauf könnte sich nunmehr aus den angeführten Urkunden ergeben, insbesondere, wer diese Anzeigen auf den Weg gebracht hat. Die zeitliche Verzögerung bei solchen Vorgängen ist nicht ungewöhnlich, da ja alles was zur Anzeige gebracht wird, auch geprüft werden muss.
            Zuletzt ge?ndert von holsteinforscher; 28.02.2022, 12:44.
            Die besten Grüsse von der Kieler-Förde
            Roland...


            Kommentar

            • Ryusoken
              Erfahrener Benutzer
              • 28.10.2018
              • 119

              #7
              Hallo zusammen,

              zunächst einmal danke euch allen für eure Beiträge!
              Danke an Posamentierer für die Lesehilfe, würde auch sagen, dass dort Rechtsanwalt steht. Dörfer hatte ich schon entziffert bekommen, war mir aber unsicher. Es gab in der Innsbrucker Str. 35 einen Rechtsanwalt und Notar namens Dörfer, passt also.
              Bei ancestry gibt's zwei Eintragungen zu ihm. Einmal den Wegener-Stammbaum (<- Den administiere ich für nen Freund von mir) und Tichauer (<- Da habe ich die weiteren Daten her von der Cohn Sippe).
              Ich vermute auch, dass er im Ausland starb. Bei Sterbefällen in Deutschland wurden ja die Geburtsstandesämter informiert, hätte dann eigentlich einen Randvermerk geben müssen.

              Ich könnte mir doch auch vom Standesamt I in Berlin die unwirksame "Sterbeurkunde" holen. Dann hätte ich wenigstens einen Anhaltspunkt. Dürfte dann ja auch ein Aktenzeichen enthalten. Damit könnte ich dann weiterkommen. Und irgendjemand muss die Todeserklärung angestrebt haben, aus Jux passiert so etwas doch nicht. Aber wer? Die Ehefrau dürfte es nicht gewesen sein, dazu aber später mehr.

              Mir sind auch schon unterschiedliche Szenarien durch den Kopf gegangen, was der Herr gemacht haben könnte. Ich tippe auf Flucht aus Deutschland, aber die Umstände scheinen interessant gewesen zu sein. Ich finde ja absolut nichts über ihn, in egal welcher Datenbank. Hat er sich vielleicht eine neue Identität zugelegt und ist damit auf und davon ins Ausland?

              Übrigens: Ich bin nochmal tiefer eingetaucht in die Verflechtungen zwischen den Familien und die ganze Adoptionsgeschichte wird noch einmal etwas skurriler. Denn seine zweite Ehefrau, welche er etwa ein halbes Jahr später heiratete war seine Adoptivcousine! Hedwig Neumann hatte auch noch eine Schwester namens Margarete Toni Käthe Neumann, welche einen Johannes Mirus heiratete. Der Vater der Neumann Schwestern war der jüdische Kaufmann Joseph Dette, die Mutter die evangelische Catharina Dette.
              Mir scheint es fast so, als sei der Martin Haagen eher mit der Dette Sippe verflochten, als mit seiner eigenen. Wobei er 1928 noch den Sterbefall seines Vaters anzeigte.
              Nunja, Johannes und Margarete Mirus verschwinden auch und lassen sich in den gängigen Datenbanken nicht finden.
              Jetzt haben wir zwei Schwestern ("Halbjüdinnen"), welche beide wohl spurlos verschwanden. Ich denke auch, dass die beiden ausgewandert sind, aber wohin? Und wann?

              Es bleibt weiterhin spannend.

              Grüße und nochmals danke
              Sönke

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              • Svenja
                Erfahrener Benutzer
                • 07.01.2007
                • 4337

                #8
                Hallo Sönke

                Ich kann dir auch nur raten, beim Standesamt I nachzufragen, da könnten sich dann schon einige Fragen klären. Mit dem Aktenzeichen zum Amtsgericht könntest du dann auch schauen, ob das Amtsgericht oder das zuständige Staatsarchiv die Akten noch hat. Oft ist es allerdings so, dass das Staatsarchiv nur die Beschlüsse zur Todeserklärung aufbewahrt und die gesamten Akten, die zu diesem Beschluss geführt haben, leider nicht mehr existieren.

                Zur Klärung seines Schicksals während des Holocausts beziehungsweise einer möglichen Flucht Ende der 1930er Jahre gibt es noch viel mehr Möglichkeiten etwas herauszufinden, als die Genealogieportale und Datenbanken, die du bereits weiter oben erwähnt hast. Übrigens bei familysearch kann man längst nicht alles bei der Suche mittels Formular finden, sondern vieles, gerade jüdische Dokumente, kann man nur via Katalog-Suche finden. Die Arolsen Archives hast du wohl schon erwähnt, aber hast du auch schon bei JewishGen, Yad Vashem, Mémorial de la Shoah (Paris), Kazerne Dossin (Belgien) oder in der Holocaust Survivors and Victims Database vom United States Holocaust Memorial Museum gesucht?

                Unser Online-Archiv enthält Dokumente zu vielen Millionen NS-Verfolgten ✓Displaced Persons ✓KZ-Lager ✓persönliche Dokumente ▶Jetzt suchen!






                Gruss
                Svenja
                Meine Website über meine Vorfahren inkl. Linkliste:
                https://iten-genealogie.jimdofree.com/

                Interessengemeinschaft Oberbayern http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=38

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                Interessengemeinschaft Sudetendeutsche http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=73

                Kommentar

                • Kasstor
                  Erfahrener Benutzer
                  • 09.11.2009
                  • 13440

                  #9
                  Hallo,

                  Eintrag TB Berlin 1938: Haagen Martin, kosmet. Großvertr. W 30, Speyerer Str. 20

                  Grüße

                  Thomas
                  FN Pein (Quickborn vor 1830), FN Hinsch (Poppenbüttel, Schenefeld), FN Holle (Hamburg, Lüchow?), FN Ludwig/Niesel (Frankenstein/Habelschwerdt) FN Tönnies (Meelva bei Karuse-Estland, später Hamburg), FN Lindloff (Altona, Lüneburg, Suderburg)

                  Ceterum censeo progeniem hominum esse deminuendam

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